SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.04.2020 um 10.30 UTC
Großwetterlage HM: Ruhiges, vor allem nach Süden/Südwesten zu sonniges und sehr
mildes Wetter. Zum Osterwochenende wahrscheinlich unbeständiger.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 12.04.2020
Keine Frage, Sonnen- und Wärmeanbeter kommen auch in der Mittelfrist auf ihre
Kosten: Beständiges und verbreitet sehr mildes Wetter der Marke „Hoch
Mitteleuropa“ (HM) hält Einzug, wenngleich zumindest der Norden etwas anfällig
gegenüber zyklonalen Streifschüssen zu sein scheint. Doch die Mittelfrist wäre
keine Mittelfrist, wenn man sich nicht auch mit gewissen Unwägbarkeiten
beschäftigen muss. Unglücklicherweise fällt die Sollbruchställe der
mittelfristigen Wetterentwicklung diesmal genau auf das Osterwochenende.
Zu Beginn der Mittelfrist (Mittwoch/Donnerstag) findet sich noch eine
Höhenantizyklone über dem östlichen Mitteleuropa, die aber langsam abgebaut wird
und als Rücken gen Balkaninsel schwenkt. Zeitgleich verstärkt sich allerdings
ein weiterer Rücken, der mit seiner Achse über die Britischen Inseln zur Nordsee
schwenkt. Dazwischen nutzt ein flacher Kurzwellentrog über Skandinavien die
Gunst der Stunde und stößt Richtung Polen, im weiteren Verlauf unter deutlicher
Amplifizierung Richtung Osteuropa vor. Er streift zuvor auch den Norden
Deutschlands. Zwischen einem sich neu formierenden Hoch mit Schwerpunkt über dem
Nordmeer und einem dem Trog vorgelagerten, zur Barentssee ziehenden Sturmtief
dreht die Strömung vorübergehend auf Nordwest, sodass zumindest in den Norden
etwas feuchtere und kühlere Nordseeluft einströmen kann (T850 um 0 Grad, nach
Süden zu bis +8 Grad). Diesem „Kaltluftvorstoß“ wird in den Vorhersagekarten
(TKB) durch eine auf den Norden übergreifende, sich dann aber rasch auflösende
Kaltfront Rechnung getragen. Am Freitag schwenkt der Rücken nach Deutschland,
das korrespondierende Hoch zieht über die Nordsee und Jütland zur südlichen
Ostsee. Die im Norden und Nordosten wirksame feuchte Meeresluft trocknet mit
Übergreifen des Hochschwerpunktes ab und erwärmt sich wieder. Im Verlauf könnte
der Norden allerdings von dem Rücken überlaufender WLA und etwas Hebung erfasst
werden.
Während der leidlich zyklonale Einfluss im Norden (vielleicht auch in der Mitte)
also für vorübergehend mehr Wolken (aber nur geringe Schauerneigung) und etwas
gedämpftere Temperaturen sorgt, setzt sich sonst das oft sonnige und sehr milde
Wetter fort mit verbreiteten Höchsttemperaturen Ü20. In den Wärmehochburgen der
west- und südwestdeutschen Niederungen steigt das Quecksilber bis knapp an die
25-Grad-Marke.
Am Osterwochenende nehmen die Unsicherheiten – wie schon in der Einleitung
angesprochen – sprunghaft zu. Großräumig betrachtet scheint sich über dem
Nordaltantik ein blockierender Rücken aufbauen zu wollen. Kurzwellige Tröge
sollen den sich aufbauenden Rücken an seiner Nordabdachung überlaufen und sich
von Nordwesten Kontinentaleuropa nähern. Ob sie sich danach dem
Nordosteuropäischen Langwellentrog angliedern oder irgendwo weiter westlich als
„Ostereier“ (abgeschlossene Höhentiefs) ihr „Unwesen“ treiben, ist völlig unklar
- und damit auch deren Einfluss auf Deutschland. Es bleibt lediglich zu
konstatieren, dass allgemein zyklonaleres Wettergeschehen in Deutschland
pünktlich zu Ostern wahrscheinlicher wird.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Bis Freitag rechnet das IFS sehr konsistent. Prognoserelevante Unterschiede
zwischen dem neusten IFS-Lauf von 00Z und seinen beiden Vorgängern lassen sich
nicht ausmachen.
Am Wochenende divergieren die Berechnungen mit Fokus auf das Wettergeschehen in
Deutschland allerdings rasch sehr deutlich. Ausprägung und Timing der von
Nordwesten übergreifenden Tröge variieren stark. Während in den beiden gestrigen
Simulationen der antizyklonale Einfluss vor allem nach Süden zu noch längeren
Zeit dominieren sollte, rechnet der heutige IFS00Z-Lauf schon am Samstag einen
markanten Trogvorstoß (und nachfolgendem Abtropfen über Mitteleuropa) mitsamt
kräftiger Zyklogenese und Kaltfrontdurchgang bis zum Alpenbogen. Damit könnte
(je nach Timing) eine markante Gewitter- und/oder Windlage verbunden sein. Die
deterministische Modellbetrachtung alleine lässt allerdings noch keinen Schluss
bezüglich des genauen Wetterablaufes zu, wenngleich unbeständigeres Wetter am
Wochenende wahrscheinlicher geworden zu sein scheint.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Nicht nur innerhalb des IFS-Modelluniversums, sondern auch bei Berücksichtigung
anderer großer Globalmodelle scheint die Wetterentwicklung bis Freitag recht
sicher zu sein. Es zeigen sich keine für Deutschland prognoserelevanten
Unterschiede.
Dies ändert sich zum Osterwochenende: Während GFS einen ähnlich markanten
Trogvorstoß mitsamt landesweitem Kaltfrontdurchgang berechnet (allerdings ohne
Abtropfprozess), simuliert ICON den Trog flacher und weniger wetterwirksam. Es
fällt allerdings auf, dass die meisten Modelle (u.a. GEM und NAVGEM) die
zyklonalere Schiene ab dem Wochenende fahren. Als einziges vorliegendes Modell
favorisiert UKMO weiterhin ein antiyzklonaleres Szenario.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die aus der deterministischen Modellbetrachtung abgeleitete hohe Prognosegüte
bis Freitag findet auch in den probabilistischen Verfahren ihre Entsprechung.
So verlaufen die Rauchfahnen im IFS-EPS für die 850-hPa-Temperatur (T850) und
das 500-hPa-Geopotenzial (H500) ausgewählter deutscher Städte bis Freitag sehr
gut gebündelt. Von einer kleinen „zyklonalen Delle“ im Norden, die nicht in
jedem Ensemble-Mitglied gleichermaßen in Erscheinung tritt, abgesehen, befinden
sich T850 und H500 auf einem Plateau (T850-Median zwischen 4 Grad im Norden und
knapp 10 Grad im Süden). Niederschlagssignale sind selbst in den 90%-Perzentilen
nur rudimentär im Norden und der Mitte vorhanden.
Ab Samstag gehen die IFS-EPS-Rauchfahnen auf wie ein Hefekuchen. Am Montag weißt
die Verteilung einen Gesamtspread von gut 20 Kelvin bei T850 und gut 50 gpdam
bei H500 auf. Während die Member bei T850 im Norden mehrheitlich absacken
(Median am Montag im Norden bei -4 Grad), ist das EPS im Süden ziemlich
unentschieden (Median bei +2 Grad). Der Geopotenzialverlust zeichnet sich
allerdings im Süden ähnlich wie im Norden ab, auch die Niederschlagssignale
nehmen landesweit ab Samstag (Norden) bzw. Sonntag (Süden) zu. Wichtig dabei:
Der Haupt- und Kontrolllauf des IFS (deren Szenario oben beschrieben wurde)
befindet sich dabei unweit der Mediane.
Im Zeitraum +72-96h wird das IF-EPS in 3 Cluster aufgeteilt, die alle der Klasse
„Blocking“ angehören. Prognoserelevante Unterschiede sind nicht erkennbar. Im
Zeitraum +120-168h schrumpft das EPS auf 1 Cluster, der den Übergang zu
„Positive NAO“ vollzieht. Für den Zeitraum +192-240h werden 3 Cluster angeboten.
C1 und C2 (23+15/51) simulieren den Aufbau eines „Atlantic Ridge“ und eine
Austrogung über Mitteleuropa. Auch bei C3 soll sich vorübergehend ein „Atlantic
Ridge“ aufbauen, allerdings soll die Antizyklone rasch ins nördliche
Mitteleuropa ziehen.
FAZIT: Bis Freitag setzt sich das ruhige, meist trockene, vor allem nach Süden
zu auch gänzlich störungsfreie und sehr milde Wetter fort.
Am Osterwochenende nehmen die Unsicherheiten deutlich zu, wenngleich insgesamt
ein Trend zu unbeständigerem Wetter besteht. Ein markanter Kaltfrontdurchgang
mitsamt Niederschlägen und deutlicher Abkühlung ist im Norden wahrscheinlicher
als im Süden und allgemein noch nicht in Sack und Tüten.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Das zumeist antizyklonale Wetter kommende Woche lässt höchstwahrscheinlich keine
markanten Wettererscheinungen zu.
Auch die Wahrscheinlichkeiten für Wind-/Sturm bzw. (starke) Gewitter ab dem
Wochenende fallen aufgrund der Unsicherheiten noch gering aus.
Basis für Mittelfristvorhersage
Bis Freitag IFS(det.)+IFS-MIX, danach IFS-EPS.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser