S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 18.03.2020 um 10.30 UTC

Zunächst leicht unbeständig, ab dem Wochenende zunehmend wieder sonniger,
kälter als zuvor, im Bergland anfangs teils Schnee und windig.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 25.03.2020

Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Samstag wird das Wetter in
Deutschland von einem Rücken über der Nordsee beeinflusst, indem sich auf dessen
Vorderseite im Bodenniveau ein ausgeprägtes und sehr kräftiges Hochdruckgebiet
mit Zentrum über Norwegen aufplustert. Auf der Südflanke des Hochs ist dabei
noch eine Kaltfront wetterwirksam, die in der Höhe mit einem markanten Trog in
Verbindung steht. Zusammen mit einem schwachen Tief auf der Alpensüdseite wird
demnach Hebung generiert, die in der Südhälfte Deutschlands für Niederschläge
sorgt. Diese gehen zunächst nur in den Hochlagen in Schnee über.

Bis Sonntag soll sich von dem markanten Höhentrog ein kleinräumiges Höhentief
abkapseln und rasch über Westdeutschland und Ostfrankreich hinweg in die
Brittanie verlagern. Auf dessen Bahn sind zunächst weiter Hebungsprozesse
gebunden, die im Südwesten sowie teils auch im Westen schauerartige
Niederschläge bringen können. Auch an den Alpen regnet es aufgrund der
nordwestlichen Strömung und entsprechender Staukomponente weiter. Da auf der
Ostflanke des kräftigen Hoch kalte Luft aus Russland den Weg nach Deutschland
findet, sollen die Regenfälle teils bis in mittlere Lagen in die feste Phase
übergehen. Die Temperaturen im 850 hPa Niveau sollen dabei von -10 Grad im
äußersten Osten und bis +3 Grad im Südwesten am Samstag bis Sonntagfrüh noch
etwas absinken und schließlich Werte zwischen 0 und -11 Grad erreichen.

Ab Sonntag bleibt nach Leseart des derzeitigen IFS Laufes bis zum Ende des
mittelfristigen Zeitraums in weiten Teilen Deutschlands hoher Luftdruck
wetterbestimmend. Das kräftige und großräumige Hoch wandert allerdings von
Skandinavien nach Osteuropa. Damit verliert es selber an Einfluss auf das Land,
hinterlässt aber ein Residuum, welches hierzulande weiter für Absinken sorgt und
somit dynamischen Hebungsprozessen die Energie abgräbt.

Nichtsdestotrotz gibt es auch noch andere „Big Player“, die das Wettergeschehen
zumindest regional beeinflussen und mit der Vorhersagezeit die Prognose
verunsichern. Auf der einen Seite wäre das der Trog über Osteuropa, der seine
Wellenlänge verkürzt, zu einem eigenständigen ausgeprägten Höhentief abtropft
und im Verlauf schließlich über den Balkan und die Adria hinweg nach
Mittelitalien zieht. Auf der Rückseite schaufelt dieses warme und feuchte Luft
teils bis in den Alpenraum hinein nordwärts. Die zyklonalen Strömungsbedingungen
sind auch im süddeutschen Raum zu finden, sodass es auch im Südosten
Deutschlands zur Wochenmitte nach IFS ein paar Niederschlagssignale gibt. Auf
der anderen Seite folgt auf das Hoch über Skandinavien ein Langwellentrog, auf
dessen Südseite kurzwellige Anteile ostwärts geführt werden. An einem, nach
Wochenmitte durchschwenkenden Kurzwellentrog ist am Boden ein Frontenzug
gekoppelt, der von Norden ins Land zieht und dort Wolken sowie geringe
Niederschläge bringen kann. Allerdings kommt er nicht allzu weit voran, da er
spätestens über der Mitte wieder rückläufig wird. Zudem legt sich hoher
Luftdruck über das Frontensystem und nimmt ihm noch die letzte Kraft. Bis auf
ein paar Wolken sollte nicht mehr viel übrig bleiben.

Das neue, gerade schon angeführte Hoch kann sich übrigens auf der Vorderseite
des sich regenerierenden Rückens über dem Ostatlantik und den Britischen Inseln
bilden und auch das Wetter in Süddeutschland beeinflussen. Das Höhentief hat bis
Freitag seinen Weg fortgesetzt und wirbelt zum Ende der kommenden Woche aus
Sicht des IFS (ECMWF) vor der Küste Nordafrikas.

Die Temperaturen auf dem 850 hPa Niveau erholen sich über die kommende Woche
hinweg nur langsam und erreichen am Donnerstag je nach Region Werte zwischen -2
und 5 Grad, wobei die höchsten Temperaturen im Westen liegen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich kommenden Dienstag zeigt der aktuelle 00 UTC Lauf des IFS
eine gute Konsistenz zu seinen Vorläufen. Geringe Abweichungen betreffen
überwiegend die Phasengeschwindigkeit der Geopotential- und Luftdruckmuster
sowie deren Intensität, was wiederum einen gewissen Einfluss auf die räumliche
Verteilung potentieller geringer Niederschläge im Osten und Südosten des Landes
hat.
Ab Mittwoch nimmt die Konsistenz dahingegen ab, indem der Rücken samt
korrelierendem Bodenhoch zunehmend schwächer simuliert wird. Entsprechend würde
tiefes Geopotential sowie entsprechend zyklonale Strömungsverhältnisse bevorzugt
im Süden und Osten an Einfluss gewinnen und die Niederschlagsneigung erhöhen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die deterministischen Hauptläufe weiterer Modelle führender Wetterdienste (GFS,
ICON, GEM, UKMO) stützen bis einschließlich Dienstag die großskaligen
Zirkulationsmuster des IFS (ECMWF). Analog zu den Konsistenzunsicherheiten beim
IFS sind auch bei den anderen deterministischen Modellläufen untereinander
Abweichungen bei der räumlichen Einordnung der Geopotential- und
Luftdruckgebilde sowie deren Intensität zu verzeichnen. Als Beispiel wäre das
flache Tief am Wochenende genannt, welches das Wetter in Deutschland nach IFS
kaum tangiert, während ICON eine östlichere Bahn wählt und somit das Tief dem
Westen und Teilen der Mitte Deutschlands schauerartige Niederschläge bringen
würde.
Ab Mittwoch nehmen dann die Unterschiede teils deutlich zu, was wiederum eng mit
der genauen Zugbahn/Verlagerung des abtropfenden Höhentiefs in Verbindung steht.
Das IFS hat dabei derzeit die südlichste Bahn im Programm. ICON und GFS ziehen
recht einheitlich etwas langsamer und etwas nördlicher über die nördliche Adria,
Norditalien und die Schweiz hinweg westwärts. Das GFS hat sogar noch ein
weiteres Drehzentrum auf dem Spielbrett, welches von Polen über Tschechien sowie
die südliche Mitte Deutschlands nach Westen wandert und sich schließlich wieder
mit dem zweiten südlicheren Drehzentrum vereinigt. Das GEM zeigt insgesamt die
nördlichste Verlagerungsschiene und lässt das sehr großräumige und von Nord nach
Süd weit aufgespannte Höhentief von Osten ins Land drängen, wo es sich
schließlich aufspaltet. Der nördliche Teil wird von der Höhenströmung
eingefangen, der südliche Teil wandert als eigenständiges Höhentief in den
nördlichen Mittelmeerraum. Das UKMO zeigt zum GFS vergleichbar Strukturen.

Insgesamt zeigen die Unterschiede bei der Berechnung der Zugbahn und Intensität
des Höhentiefs, dass eine seriöse Vorhersage vor allem potentieller
Niederschlagsfelder ab Dienstag nur schwer möglich ist.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen diverser Städte in Deutschland zeigen bis einschließlich
Samstag bei einem relativ kleinen Spread eine recht gute Vorhersagegüte
bezüglich der Temperatur in 850 hPa und dem Geopotential in 500 hPa. Ab Sonntag
spreizt sich das ENS landesweit deutlich auf und lässt kaum noch eine Prognose
zu. Die Abweichungen innerhalb des IFS-Ensembles betragen bei der Temperatur
z.B. am Dienstag über 16 Grad. Beim Geopotential sind es am gleichen Tag 35 hPa.
Insgesamt zeigen die Mehrzahl der Modellläufe des ENS im Norden, Westen und
Südwesten ab Montag wieder signifikant mildere Temperaturen, während der Anstieg
im Süden mit größeren Wahrscheinlichkeiten deutlich verzögert voranschreitet.
Beim Geopotential sieht eine Mehrzahl der Member ab Montag wieder höheres
Geopotential dominierend.
Die Unsicherheiten bei den Rauchfahnen spiegeln sich schließlich auch in den
Meteogrammen durch vergleichsweise große Boxplots bevorzugt bei der Bewölkung
und beim Niederschlag wieder.

Die Clusteranalyse braucht im Zeitraum +72 bis +96h insgesamt drei Cluster, um
die Unsicherheiten im Geopotential- und Luftdruckfeld ausreichend zu erklären.
Dabei beschreiben alle Cluster eine blockierende Wetterlage mit einem
ausgeprägten Rücken über den Britischen Inseln und der Nordsee. Die Abweichungen
sind gering und betreffen meist nur den südwesteuropäischen Raum, wo ein Trog
bzw. Höhentief verschieden stark gezeigt werden.
Im Zeitraum von +120 bis +168h werden zur vollständigen Beschreibung aller
Unsicherheiten schon sechs Cluster benötigt, die untereinander meist recht große
Unterschiede aufweisen, jedoch weitgehend noch dem Schema einer Blockierung
zugeordnet werden. Ähnliche Strukturen liefern lediglich die ersten beiden
Cluster. Sowohl den Rücken als auch das Höhentief zeigen bzw. verlagern Cluster
1 und 2 sehr ähnlich. Die Unterschiede bei diesen beiden Interpretationen sind
überwiegend auf dem Atlantik zu finden, wo der Langwellentrog sowie kurzwellige
Anteile auf dessen Südflanke verschieden dargestellt werden. Beide Cluster
zusammen würden somit mit 24 Repräsentanten inklusive dem Kontrolllauf das
Wetter in Mitteleuropa dominieren und kommen dem deterministischen Modelllauf
des ICON sehr nahe. Cluster 3 mit 10 Member ähnelt den Ausführungen des
deterministischen GFS mit einem in Nord-Süd-Richtung ausgedehnten tiefem
Geopotentialfeld mit wohl zwei Drehzentren. Das vierte Cluster mit 6
Repräsentanten beschreibt ziemlich genau die Entwicklungen des deterministischen
IFS-Laufes und das sechste Cluster spiegelt die Verteilungen des GEM wieder.
Cluster 5 ist von den anderen Clustern komplett abgekoppelt und präsentiert
einen Abtropfprozess des markanten Troges viel früher und lässt in der Folge
einen mächtigen Höhentiefkomplex über Südwesteuropa wirbeln. Von einem Höhentief
über dem Balkan, der Adria oder Italien fehlt hier jede Spur. Diesen Ansatz
sehen insgesamt sechs ENS-Mitglieder so.
Im Zeitraum +192 bis +240h beschreiben vier Cluster die Unsicherheiten im
Geopotential- und Luftdruckfeld. Die ersten beiden Cluster verbleiben dabei
weiter im blockierenden Schema, während das Cluster 3 in die Wetterlage einer
positiven NAO wechselt. Cluster vier zeigt die Strukturen eines atlantischen
Rückens. Nach Leseart des ersten Clusters würde Mitteleuropa und somit auch
Deutschland bei antizyklonalen Verhältnissen weiter an überwiegend freundlichem
Wetter partizipieren. Ein großräumiges Höhentief bäumt sich zwar auf dem
Ostatlantik auf, scheint aber noch keinen Einfluss auf das Wetter von
Deutschland zu haben. Cluster 2 mit dem Kontrolllauf und 14 Member bleibt bei
dem großräumigen Höhentief im zentralen südlichen Mittelmeerraum und tangiert
Deutschland nur am Rande etwas. Meist sollte auch bei diesem Cluster
freundliches Wetter vorherrschen. Das dritte Cluster schreibt die Geschichte des
sechsten Clusters aus dem vorangegangenen Zeitraum fort. Bei diesen
Interpretationen würde Deutschland zunehmend im Einflussbereich eines Troges
liegen, der das Wetter unbeständig gestaltet. Cluster 4 zeigt die Entwicklung
des deterministischen IFS-Laufs, wo das Land auf der Vorderseite eines
großräumigen Rückens und auf der Rückseite eines Troges erneut in eine nördliche
Strömung gelangt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Abgesehen von geringen Wahrscheinlichkeiten zwischen 5 und 45% am Sonntag und in
der Nacht zum Montag für das Auftreten von stürmischen Böen und Sturmböen
bevorzugt im Bergland, die auch vom EFI durch Hinweise gestützt werden, sind des
Weiteren nur noch regionale signifikante Temperaturabweichungen durch den EFI
aufgeführt.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, bei Temperatur auch MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel