SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 130800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.12.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: WW (Winkel West) Übergang zu SWz Südwest zyklonal)
Wiederholt Frontpassagen, meist in Okklusionsform, dabei häufig windig, vor
allem am Samstag und bedingt (Norden) auch noch am Sonntag teils stürmisch.
Zudem wiederholt Niederschlag, anfangs teils bis in tiefe Lagen als Schnee, im
Zuge steigender Temperaturen im Laufe des Wochenendes bis in höhere Lagen in
Regen übergehend.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
Freitag… der 13., Tag 1 nach der bürointernen Weihnachtsfeier und dem bitteren
Aus von Gladbach in der Europaligue – schwerer könnte der Start des Frühdienstes
kaum ausfallen. Zum Glück ist die Wetterlage leicht und überschaubar, sonst wäre
die Angelegenheit hier kaum zu stemmen ;).
Spaß beiseite, ran an den Speck. Aktuell liegen weite Teile Mitteleuropas und
auch Deutschland an der Nordostabdachung der gut ausgeprägten Frontalzone, die
vom mittleren Nordatlantik kommend bis nach Nordwestafrika gerichtet ist. Noch,
muss man dazusagen, denn ihre Exposition wird sich in den nächsten Tagen
merklich ändern, was eine grundlegende Änderung der Großwetterlage nach sich
zieht. Leider nicht in die Richtung, in die es die Winterfreunde gerne hätten,
sondern diametral entgegengesetzt, aber ist mehr Thema der Mittelfrist. Zurück
zur Kurzfrist, in der sich heute ein leicht kränklicher Höhentrog über den
Vorhersageraum legt, dem es ein wenig an höhenkalter Luft mangelt (keine -30°C
oder darunter in 500 hPa). Korrespondierend dazu hat über der westlichen Nordsee
das Tief TONI festgemacht, dessen Ausläufer heute unser Wetter bestimmt –
zumindest in weiten Teilen. Eine erste vorlaufende Okklusion hat die
Südwesthälfte bereits hinter sich gelassen und dabei etwas Schneefall und Regen
gebracht. Dieses Exemplar schwächt sich in den nächsten Stunden auf seinem Weg
nach Nordosten ab bzw. löst sich ganz auf, schließlich läuft es gegen ein über
Russland liegendes Hoch an. Von Westen her folgt aber alsbald die „zweite Welle“
in Form eines okkludierenden Frontensystems. Hierbei sind die Hebungsprozesse
etwas intensiver, weil trogvorderseitig Support geleistet wird durch PVA und
anfangs auch noch WLA. Im Bereich der Niederlande oder kurz davor hat sich an
der Okklusion ein kleines Teiltief gebildet, das im Tagesverlauf auf
Nordwestdeutschland übergreift, um von dort in aller gen Osten zu ziehen.
Für weite Teile der Nordosthälfte bedeutet das mit Ausnahme einiger Hochlagen
sowie dem anfänglich im sächsischen Elbtal noch auftretenden Böhmischen Wind
einen vergleichsweise windschwachen Tag. Auch an der See wird der Südostwind von
Westen her sukzessive schwächer, so dass für die Küste MVs keine Windwarnung
nötig ist. Im Süden und Südwesten dagegen legt der auf Südwest drehende Wind im
Tagesverlauf allmählich zu mit Böen 7 Bft, vereinzelt 8 Bft, im höheren Bergland
vermehr 8-9 Bft, in exponierten Hochlagen 10 bis 11 Bft.
Wettermäßig gestaltet sich die Angelegenheit so, dass sich die Niederschläge aus
dem Südwesten über den Süden und die Mitte ost-nordostwärts ausbreiten (bis etwa
zur Elbe), wobei die heute früh noch erkennbare Trennung zwischen den beiden
Gebieten verschwindet. Wichtiger als das ist auch die Tatsache, dass der
Niederschlag anfangs bis in tiefe Lagen als Schnee fällt, bevor die
Schneefallgrenze in der einfließenden erwärmten Meereskaltluft (T850 -1/-2°C)
und den nachfolgenden schauerartigen Niederschlägen von Westen her auf 500 bis
700 m steigt. Gerade nach Süden hin kann sich auch in tiefen Lagen vorübergehend
eine 1 bis 3 cm dicke/dünne Schneedecke bilden, Glätte inclusive. Dort, wo der
Schneefall in Regen übergeht und sich noch Reste von Kaltluft mit negativen
Belagstemperaturen halten (heute Morgen vor allem im Südwesten), kann es
kurzzeitig und lokal auch mal gefrierenden Regen mit Glatteis geben, allerdings
wird sich das im Laufe des Vormittags entspannen. Ansonsten fallen in mittleren
und höheren Lagen der westlichen und südwestlichen Mittelgebirge sowie im
Südstau des Thüringer Waldes 5 bis 10 cm Neuschnee, wobei im Hochschwarzwald
zusätzlich die Gefahr von Schneeverwehungen gegeben ist.
Im größten Teil Ost- und Nordostdeutschland bleibt es bis zum Abend weitgehend
niederschlagsfrei und auch für längere Zeit noch aufgelockert. Temperaturmäßig
stehen heute Maxima von 1 bis 5°C, am Rhein und näherer Umgebung 6 bis 8°C auf
der Karte.
In der Nacht zum Samstag beginnt die Frontalzone allmählich gegen den
Uhrzeigersinn zu kippen, so dass vor allem der Westen und Süden des Landes unter
stärkeren Höhenwind kommen. In der weiterhin flotten südwestlichen bis
westlichen Bodenströmung wird die nächste Frontalwelle von Westen herangeführt,
die am frühen Morgen etwa am Dreiländereck D-B-NL aufschlägt. Nach einer
vorübergehenden Windpause legt der nur kurzzeitig auf Süd rückdrehende, schon
bald aber wieder auf Südwest springende Wind im Südwesten (vor allem zwischen
Eifel und Allgäu) wieder zu mit Böen 7-8 Bft, im Bergland je nach Ausrichtung
und Höhe entsprechend mehr bis zu 11 Bft (z.B. Feldberg im Schwarzwald).
Ansonsten regeneriert sich die Okklusion etwas und der zugehörige Niederschlag
erfasst zunehmend auch den Osten und Nordosten. Dabei kann es auch mal bis ganz
runter schneien und glatt werden, nicht zuletzt deswegen, weil die Temperatur
zuvor auf 0°C oder sogar etwas darunter zurückgeht. Gegen Morgen erfolgt dann
aber ein langsamer Temperaturanstieg. Die von ICON im NO angebotene gefrierende
Regenphase erscheint angesichts einer quasiisothermen Schichtung um den
Gefrierpunkt und einer ausreichenden Sättigung auch unter -10°C bis in mittlere
Troposphärenschichten (=> Eiskeime) nicht sehr wahrscheinlich und wird von
anderen Modellen auch nicht angeboten.
Während also eine Portion Niederschlag im Nordosten ankommt, schwappt die
nächste mit Annäherung der Frontalwelle bereits auf den Westen und Südwesten
über. Verantwortlich für die Hebung zeichnet kräftige WLA unterstützt von etwas
PVA auf der diffluenten Vorderseite der Frontalzone. Anfangs kann es – aber nur
ganz kurz – relativ weit runter schneien, bevor die Schneefallgrenze bis zum
Morgen deutlich ansteigt, im SW auf über 1000 m. Oberhalb etwa 500 bis 800 m
fallen noch mal einige Zentimeter Neuschnee, in exponierten Staulagen bis zu 10
cm. In einigen Hochlagen kommt es zudem zu Schneeverwehungen.
Samstag… macht die Zonalisierung der Frontalzone weitere Fortschritte. Sie
respektive der zugehörige Jet sind in hohem Maße daran beteiligt, dass die Welle
sehr zügig über die nördliche Mitte nach Osten durchgewunken wird und den
Nachmittag schon in Polen verbringt. Kein Wunder also, dass sich der zugehörige
Niederschlag ebenfalls rasch von SW nach NO verlagert. Dabei fällt, wenn
überhaupt, nur ganz kurz Schnee bis in tiefe Lagen (im Südosten, Ecke Byerischer
Wald ist kurz auch mal Glatteis denkbar), bevor die Schneefallgrenze rasch auf
600 bis 800 m, im Süden auf über 1000 m steigt. Das ändert sich auch im
Tageverlauf nicht, wenn sich in der postfrontal einfließenden und sehr gut
durchmischten Atlantikluft (T850 -1 bis -4°C, ganz im Süden leichte Plusgrade)
noch einige Schauer, in Nordseenähe vielleicht ein kurzes Gewitter entwickeln.
Zum Teil lockert die Wolkendecke aber auch mal etwas auf, vor allem im Süden und
später auch im Westen, und es gibt längere trockene Phasen.
Im Fokus steht am morgigen Samstag eindeutig der Südwest- bis Westwind, der auf
der Süd-Südwestflanke der Welle ein Maximum aufweist, aber auch postfrontal bei
üppigem Gradienten ein sehr bewegtes Leben führt. Mit Ausnahme des Nordostens
muss verbreitet und wiederholt mit Böen 7-8 Bft, vereinzelt sogar 9 Bft
gerechnet werden. Auf den Bergen geht es entsprechend noch höher (auf den Bergen
geht es immer höher, gemeint ist der Wind) bis hin zu Orkanböen. Zum Abend hin
sind auch an der Nordsee schwere Sturmböen 10 Bft möglich, während der Wind im
deutschlandweiten Binnenland dann tendenziell schon ein paar Gänge
runterschaltet, vor allem in tiefen Lagen.
Die Temperatur steigt auf 4 bis 9°C, am Oberrhein stellenweise bis zu 11°C.
In der Nacht zum Sonntag wandert ein flaches Zwischenhoch zügig über den
Vorhersageraum nach Osten. Es sorgt nur für eine kurze Wetterberuhigung sowohl
im Hinblick auf den Wind (an den Küsten und auf den Bergen bleibt es allerdings
durchweg stürmisch) als auch auf den Niederschlag. Es dauert nicht lange, da
nähert sich bereits das nächste okkludierende Frontensystem von Westen her an.
Es ist im Besitz eines kleinen Randtiefs, das um Mitternacht über Schottland
liegt und ein Ableger des inzwischen zu den Färöers ausgewanderten TONIs
darstellt. Weit nach Osten ausgreifende WLA lässt rasch skaligen Niederschlag
aufkommen, der sich auf die gesamte Südwesthälfte und die Mitte ausbreitet.
Schnee fällt nur anfangs und das auch nur kurz und in den höchsten Lagen. Bis
zum Morgen steigt die Schneefallgrenze über das Kammniveau der Mittelgebirge
hinaus (T850 1 bis 5°C, Richtung Alpen bis zu 8°C!).
Mit dem Niederschlag kommt auch der Wind, der abermals kurzeitig auf Süd
rückdreht, um dann wieder auf Südwest zu springen. In der Westhälfte muss dabei
mit ersten Böen 7 Bft, in einigen Leelagen 8 Bft gerechnet werden, auf den
Bergen entsprechend mehr.
Sonntag… verschiebt sich die Frontalzone mehr und mehr nach Norden. Im Zuge
einer mordmäßigen Austrogung über dem Ostatlantik dreht die Höhenströmung auf
West-Südwest und nimmt dabei ganz langsam leicht antizyklonale Züge an. Was kein
Wunder ist, wölbt sich doch über dem zentralen Mittelmeerraum ein breiter
Höhenrücken auf.
Wie auch immer, im Bodenniveau sowie in den unteren Troposphärenschichten ist
der Strömungszustand mitnichten antizyklonal aufgestellt. Klein-TONI zieht von
Schottland zum Skagerrak und sorgt dafür, dass die Okklusion zackig über den
Vorhersageraum ostwärts schwenkt. Bereits zum adventlichen Mittagessen ist der
zugehörige skalige Regen über Polen und der Ostsee angelangt. Allerdings legt
sich die nachfolgende Kaltfront höhenströmungsparallel und damit stark
schleifend, wenn nicht wellend über Süddeutschland, wo es in Teilen Bayerns und
BWs (nach IFS auch noch etwas weiter nördlich) zu Regenfällen kommt. Ansonsten
trennt die Kaltfront milde und langsam abtrocknende Meeresluft
südwesteuropäischen Ursprungs (T850 3 bis 7°C) im äußersten Süden von erwärmter
subpolarer Meeresluft (T850 +1 bis -4°C) weiter nördlich. Mangels ausreichend
Labilität hält sich die Schauerneigung in Grenzen, am ehesten gibt es in
Nordseenähe ein paar konvektive Duftmarken, kurze Gewitter nicht ausgeschlossen.
Der Schwerpunkt des Windes verlagert sich über die Mitte zusehends in den
Norden, wobei der Südwestwind Böen 7, im küstennahen Binnenland sowie in einigen
Leelagen 8 Bft auf die Platte bringt. An der Küste steht durchweg ein Sturmtag
ins Haus (Nordsee/westliche Ostsee vermehrt 8-9 Bft, vereinzelt 10 Bft, sonst
eher 7-8 Bft). Auf den Bergen bleibt es ebenfalls noch längere Zeit stürmisch
mit Böen bis 10/11 Bft in exponierten Lagen. In den Alpen wird es zunehmend
föhnig, auch wenn Anströmrichtung und Druckdifferenz Süd-Nord (Drucküberschuss
im Süden) erst am Montag den Föhn so richtig in Fahrt kommen lässt.
Gelegentlichen Sonnenschein gibt es vor allen an den Alpen und im südlichen
Vorland sowie nördlich der zentralen Mittelgebirgsschwelle zu erhaschen. Dabei
steigt die Temperatur auf glühweinfeindliche Werte zwischen rund 7°C im
Nordosten und bis zu 15°C im Oberrheingraben sowie im südlichen Alpenvorland.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle ziehen an einem Strang, die Unterschiede sind gering und erfordern
keinen anderen Vorhersagekurs.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann