SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.10.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SEa (Südost antizyklonal), zum Wochenende Übergang zu SWz (Südwest
zyklonal) bzw. TB (Tief Britische Inseln)
Heute und Morgen ruhiges Hochdruckwetter, nur im äußersten Süden/Südwesten
leicht zyklonal. Weiterhin verbreitet Nachtfrost und gebietsweise dichter Nebel.
Am Freitag beginnende Umstellung der Großwetterlage mit zunehmendem Wind auf den
Bergen.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
Mittwoch… zeigt sich die großräumige Potenzialverteilung ziemlich
unaufgeräumt: schwache Frontalzone über Nordeuropa mit Trog über Nordosteuropa,
Höhentief weit draußen auf dem Atlantik, Rücken über Westeuropa, ein weiterer
Trog über dem westlichen Mittelmeer und und und. Und bei uns? – Eine
vergleichsweise flaue nordwestliche Höhenströmung mit einem KW-Trog, der gerade
dabei ist, den äußersten Südosten in Richtung Österreich zu verlassen. Ihm folgt
gegen Abend von Benelux ein weiteres KW-Exemplar, das aber mehr den Südwesten
unseres Landes ansteuert. Zusammengefasst eine sehr undynamische Lage ohne die
ganz großen synoptisch-skaligen Aufreger, weswegen wir auch gleich mal auf die
Verhältnisse am Boden sowie in der unteren Troposphäre zu schreiben kommen.
Da fällt natürlich nach wie vor das umfangreiche Hoch OLDENBURGIA ins Auge, das
nordwest-südost-exponiert vom Seegebiet südlich Islands bis zur Balkanhalbinsel
reicht und dabei mitten über Deutschland verläuft. Heute Mittag findet man zwei
Schwerpunkte mit etwas über 1030 hPa, von denen der eine unweit von Schottland,
der andere über Norddeutschland liegt. Beide werden wohl bis zum Abend leichtem
Druckfall zum Opfer fallen, was an der Gesamtausrichtung aber nichts ändert. Im
Süden wird das Hoch von einem schier unendlich anmutenden, wellenden Frontenzug
begrenzt, der vom mittleren Nordatlantik kommend über Frankreich und den
Alpenraum bis weit nach Osten (ist gar nicht mehr auf dem Atlas drauf; nee,
Scherz) reicht. Schwache frontale Hebungsprozesse tangieren den äußersten Süden
unseres Landes, was die dort auftretende kompakte Bewölkung und die zeitweiligen
Niederschläge erklärt. Letztere werden auch heute tagsüber nicht ganz zum
Erliegen kommen, allerdings zeichnet sich am Alpenrand zum Nachmittag ein
Nachlassen oder sogar gänzliches Aufhören ab, während der Regen im südlichen BW
geringfügig nach Norden ausgreift. Die anfänglich bei 1000 bis 1200 m liegende
Schneefallgrenze an den Alpen steigt allmählich an.
Kommen wir zum großen Rest der Republik, der im Gegensatz zum äußersten Süden
trotz des leicht zyklonal angehauchten Geeiere in der Höhe weitgehend
antizyklonal aufgestellt ist. Die am Sonntag und Montag eingeflossene polare
Meeresluft hat sich beruhigt, wie man so schön sagt (so richtig unruhig war sie
ja vorher auch nicht) und vor Ort noch etwas modifiziert. Konkret, sie hat sich
zumindest dort, wo es längere Zeit klar war, abgekühlt, was uns vergangene Nacht
verbreitet leichten Frost gebracht hat (im Osten lokal bis zu -5°C, am Boden och
etwas darunter). Das wird sich tagsüber natürlich wieder ändern, wenn in weiten
Teilen die Sonne scheint. Ein paar Einschränkungen gibt es freilich: so kann es
in der Mitte, vor allem vom Thüringer Becken bis nach Sachsen hinüber etwas
länger dauern, bis sich Nebel und Hochnebel aufgelöst haben. Und im Süden sowie
im Westen tauchen hohe und mittelhohe Wolken am Himmel auf, die aber keinen
großen Schaden anrichten.
Kurzum, der heutige Mittwoch verläuft in Deutschland ruhig und unspektakulär bei
Tageshöchstwerten zwischen 5 und 12°C mit den Maxima im Südwesten.
In der Nacht zum Donnerstag läuft der KW-Trog aus dem Südwesten auf die Alpen
zu, was ihm nicht gut bekommt. Anders ausgedrückt, er flacht bis zum Morgen
soweit ab, dass er vor allem mit leicht altersschwachen Augen kaum noch
auszumachen ist im Potenzialfeld. Immerhin soll er den wellenden Frontenzug
kurzzeitig etwas aktivieren, was im äußersten Süden mit einer leichten
Intensivierung des Niederschlags (erste Nachthälfte) gewürdigt wird. Ein
erneutes Absinken der Schneefallgrenze ist im Zuge niedertroposphärischer WLA
nicht zu erwarten.
Wohl erwarten muss man mit Ausnahme des äußersten Südens und Südwestens sowie
des unmittelbaren Küstensaums eine Frostnacht mit Tiefstwerten von 0 bis -5°C,
in BB sowie im östlichen NDS vereinzelt sogar etwas darunter. Am Erdboden kann
es freilich noch etwas kälter werden. Darüber hinaus bildet sich in der
Nordhälfte gebietsweise dichter Nebel mit Sichtweiten unter 150 m, wobei es an
der einen oder anderen Stelle durchaus auch mal glatt werden kann durch
gefrierenden Nebel.
Donnerstag… schiebt sich tatsächlich der o.e. Höhenrücken von Westen her bis
nach Deutschland vor. Dadurch verlagert sich der Schwerpunkt des Bodenhochs
etwas nach Osten, es reicht aber immer noch ein 1025-hPa-Keil über Nord- und
Nordostdeutschland hinweg bis weit raus auf die Nordsee. Zwischen dem Keil und
einer über Frankreich bis in den Mittelmeerraum verlaufenden Tiefdruckrinne (in
die übrigens der wellende Frontenzug eingebettet ist), nimmt der Gradient
geringfügig zu. Zwar erwächst daraus keine große Windlage, doch es reicht, um
mit Hilfe des Tagesgangs und etwas Supergeostrophie eine östliche Bodenströmung
anzukurbeln, die substanziell mithilft, den vorhandenen Nebel und Hochnebel zu
tilgen. Der sollte bis Mittag weitgehend weg vom Fenster sein, so dass dem
größten Teil des Vorhersageraums ein sonniger Nachmittag ins Haus steht. Einzig
im äußersten Süden muss man diesbezüglich weiter darben, weil sich noch immer
frontale Bewölkung hält, aus der allerdings kaum noch Niederschlag fällt. Und
auch im äußersten Norden, knapp nördlich der Divergenzachse des Bodenhochkeils,
können einige Wolkenfelder durchziehen, ohne dass es nass wird. Die
Temperaturspanne verharrt bei 5 bis 12°C mit den höchsten Werten am und um den
Rhein herum.
In der Nacht zum Freitag wandert der Höhenrücken unter leichtem
Amplitudenverlust langsam über Deutschland hinweg ostwärts. Damit schwächt sich
der Bodenhochkeil etwas ab respektive zieht sich geringfügig nach Südosten
zurück, was an der antizyklonalen Ausrichtung bei uns aber nicht viel ändert.
Allerdings setzt von Westen her WLA ein, was die Zufuhr hoher und mittelhoher
Wolken in die westlichen Landesteile fördert und dort die Frost- und
Nebelneigung verringert (wohl aber nicht gänzlich auf null drückt). Auch im
äußersten Süden und Südwesten, wo weiterhin Wolken des wellenden Frontenzugs
vorhanden sind, spielen Frost und Nebel eine untergeordnete bis gar keine Rolle.
Im restlichen Deutschland allerdings geht die Temperatur mit Ausnahme der
meisten Küstenabschnitte noch mal in den Keller, meint, Luftfrost zwischen 0 und
-6°C. Außerdem bildet sich bei klaren Verhältnissen wieder gebietsweise Nebel.
Freitag… beginnt die Großwetterlage allmählich zu kippen. Der Höhenrücken
wandert endgültig nach Osten ab und auch die bis dato treue OLDENBURGIA zieht es
in die Weiten Russlands. Während die Höhenströmung auf Südwest bis West dreht,
kippt der Bodenwind zwischen einem Tiefkomplex über dem nahen Ostatlantik und
dem abdankenden Hoch auf Südost bis Süd. Bei stabiler Schichtung frischt der
Wind besonders in exponierten Hochlagen des Berglands soweit auf, dass es für
Böen 7-8 Bft, auf dem Brocken später vielleicht sogar 9 Bft reicht. Auch in
Ostsachen kann es bei entsprechend orografischer Ausrichtung die eine oder
andere 7er-Böen geben (Böhmischer Wind „light version“). Ob es auch an der
Nordsee oder sogar an der Ostsee für steife Böen reicht, muss angesichts der
meist ablandigen Windkomponente abgewartet werden. Am anfälligsten dafür scheint
Helgoland zu sein.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die WLA von Westen her das ganze Land
erfasst. Dabei löst sich aus dem nun bröckelnden Frontenzug eine isolierte
Warmfront, die einsam und heimatlos den Vorhersageraum nordostwärts überquert.
Wenn man so will mimt sie den Weichensteller für die sich pünktlich zum
Wochenende einstellende zyklonale und unbeständige Witterung. Dass es im
Tagesverlauf in den westlichen Landesteilen anfängt zu regnen, ist aber weniger
der einsamen Warmfront als vielmehr dem nächsten Frontensystem geschuldet, das
von UK und Frankreich ostwärts unterwegs ist. Die vorlaufende mehrschichtige
Bewölkung erfasst bis zum Abend auch den gesamten Osten, zuvor besteht dort (vor
allem zwischen Lausitz und Vorpommern sowie im südöstlichen Bayern) aber noch
mal die Chance auf Sonnenschein, wenn sich der Nebel aufgelöst hat.
Angesichts kontinuierlich steigender 850-hPa-Temperaturen (Anstieg bis Tagesende
auf 4°C im Nordosten und bis zu 9°C am zunehmend föhnigen Alpenrand) geht es
auch in 2m Höhe langsam bergauf, auch wenn Grundschicht und untere Troposphäre
vielfach noch entkoppelt sind. Im Süden und Westen geht es hoch auf 8 bis 13°C,
an Hoch- und Oberrhein lokal bis zu 15°C, sonst auf 6 bis 10°C.
In der Nacht zum Samstag zieht ein ausgeprägter KW-Trog von Nordwesten her auf
Irland zu. Auf seiner sehr ausgeprägten diffluenten Vorderseite setzt starker
Druckfall ein, dessen Ergebnis ein unter 975 hPa aufweisendes Doppeltief ist mit
Kernen über Schottland und knapp westlich der Hebriden. Das zugehörige, oben
bereits schon mal erwähnte Frontensystem greift in Verbindung mit andauernder
WLA auf Deutschland über, so dass der zugehörige Regen auch die östlichen
Landesteile erfasst. Noch divergieren die RR-Prognosen (ICON eher defensiv,
Externe eher progressiv), aber es ist durchaus denkbar, dass es in den zentralen
und südwestlichen Mittelgebirgen mit Hilfe von Stau für 10 bis 15, lokal
vielleicht sogar 20 mm/12 h reicht.
Ansonsten legt der südliche Wind noch etwas zu, was den Höhenlagen je nach
Exposition Spitzen von 8 bis 10 Bft bringt – nicht nur in den Mittelgebirgen,
sondern auch in den Alpen, wo sich mehr und mehr eine Föhnlage einstellt. In den
Niederungen bzw. tiefen Lagen hingegen agiert der Wind weiterhin mit angezogener
Handbremse. Ein paar 7er-Böen in Ostsachsen sowie an und besonders auf der
Nordsee, vielleicht noch in anfälligen Leelagen, das warŽs. Erledigt hat sich
auch erst mal das Thema Frost, im Gegenteil, die Temperatur steigt in weiten
Teilen des Landes bis zum Morgen sogar an (inverser Tagesgang).
Modellvergleich und -einschätzung
Die bevorstehende Umstellung der Großwetterlage wird von allen gängigen und
nicht gängigen Modellen angeboten. Kleine, aber nicht warnrelevante Unterschiede
betreffen u.a. das Timing der am Freitag von Westen übergreifenden Regenfälle,
die von GFS am schnellsten und am weitesten nach Osten ausgreifend simuliert
werden.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann