SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 010800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.10.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
NWz
Heute im Norden und der Mitte gebietsweise kräftiger Regen, lokal Dauerregen.,
stellenweise konvektiv verstärkt mit Gewittern; auch in der Mitte und im Süden
Gewitter. Frischer Wind, in den Mittelgebirgen steifen Böen bis Sturmböen. In
der Nacht im Süden ebenfalls Dauerregen. Am Mittwoch weiter wechselhaft, im
Süden anhaltender Dauerregen, einzelne Gewitter und teils windig, am Donnerstag
Wetterberuhigung.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
Dienstag… liegt Deutschland unter der recht weit südlich verlaufenden
Frontalzone auf der Vorderseite eines Langwellentroges, der aktuell mit seiner
Hauptachse von Skandinavien über die Britischen Inseln bis zur westlichen
Biskaya reicht. Auf seiner Vorderseite ist die Höhenströmung in 500 hPa noch
leicht antizyklonal gekrümmt, allerdings glättet sie im Tagesverlauf etwas durch
und dreht leicht auf Südwest. Mit dem Trog verbunden ist ein großräumiges
Tiefdruckgebiet, welches sich über ganz Skandinavien und über weite Teile West-
und Mitteleuropas erstreckt. Innerhalb dieses Tiefkomplexes ist für uns der bzw.
sind für uns die südlichen Kerne von besonderem Interesse (NILS I und NILS II).
Der westliche der beiden Kerne ist dabei in den frühen Vormittagsstunden über
dem Süden Irlands zu finden, während der östliche dabei ist, von der Nordsee
nach Norddeutschland hereinzuziehen. Er bleibt bezüglich seiner Intensität im
Tagesverlauf weitgehend unverändert (Kerndruck laut ICON-EU und COSMO-D2 von 997
hPa auf 996 hPa sinkend), erreicht zum Abend das nordwestliche Polen und
markiert klar die Warmfrontwelle, die im Tagesverlauf mit Ihren Regenfällen über
den Norden hinwegzieht. Da die Front auf der Rückseite des Wellentiefs etwas
nach Süden gedrückt wird und die kräftigsten Niederschläge entsprechend etwas
nach Süden gedrückt und bis ins Bergische Land vorankommen sollen, ergibt sich
im 12-Stunden-Zeitraum bis 18 UTC ein Hauptniederschlagsstreifen, der sich von
der Ostsee und der Oder im Nordosten bis zum Münsterland, zum Niederrhein und
zur Eifel im Westen erstreckt. Ein solches Muster bieten sowohl die
Globalmodelle (ICON, EZMW, GFS) wie auch die höher auflösenden Modelle (EURO4,
COSMO-D2) an. Die Ensembles bieten in diesem Zeitraum nur sehr geringe
Wahrscheinlichkeiten von etwa 10% für das Überschreiten der Warnschwellen (>25
l/qm in 12 Stunden) an, das ändert sich aber, wenn man die Nacht mit in die
Betrachtung einbezieht. Dann liegen die Wahrscheinlichkeiten vom Bergischen Land
bis ins Ruhrgebiet bei bis zu 40% (EZMW- und ICON-EPS), aber auch in einem
Streifen vom Münsterland bis in den Raum Hannover, wo COSMO-LEPS
Wahrscheinlichkeiten von bis zu 40% für mehr als 30 l/qm in den 24 Stunden bis
Mittwochmorgen sieht. Letztendlich ist die südliche Intensivierung auch einem
kleiräumigen Tief geschuldet, dass sich in der Nacht über NRW nach Osten schiebt
und das nicht nur die Deutsche Modellkette, sondern beispielsweise auch GFS oder
ARPEGE auf dem Schirm haben. Letztendlich bleibt diesbezüglich eine gewisse
Unsicherheit bestehen, entsprechend der DWD-Warnphilosophie wurden entsprechende
Warnungen aber ausgegeben. Ein alternatives Vorgehen wäre gewesen, die stärksten
Niederschlagsereignisse in diesem Zeitraum als Starkregen zu bewarnen. Dies
deshalb, da die Luftmasse südlich der Front einiges an Schauer und
Gewitterpotential besitzt. Zwar muss man einräumen, dass aus der Höhe mit der
sich durchglättenden Strömung keine oder kaum Hebungsimpulse kommen, allerdings
ist die Luftmasse mit LAPSE-Rates unter -0,6 K/100m recht labil geschichtet, mit
PPW-Werten um 25 mm ist die Luftmasse ferner sehr feucht, und auch etwas CAPE
bis um 300 J/Kg wird simuliert (Werte aus ICON-EU). Entsprechend könnten mit
orografischer Unterstützung durchaus kräftige Schauer oder einzelne Gewitter
ausgelöst werden, was für die Mitte und den Süden, mit Ausnahme des recht
trockenen Südostens gilt. Diese sind isoliert betrachtet ob der raschen
Verlagerung nicht mit Starkregen verbunden (höchstens und nur eventuell im
gradientschwächeren Südwesten), mehrere Zellen hintereinander oder die
Einbettung in das großräumige Regengebiet könnten aber für das Reißen von
Starkregenschwellen reichen. Wie auch immer – gesetzt wurden letztendlich auf
die Dauerregenschiene. Angesprochen wurde – über den Umweg der raschen
Verlagerung möglicher konvektiver Zellen – auch schon der Gradient, der auf der
Südflanke der Tiefkerne recht kräftig ausgeprägt ist (er ist im Küstenumfeld und
im Süden deutlich weiter aufgefächert!). Damit geht in einem Streifen vom Westen
und Südwesten bis etwa zur Neiße ein kräftiger Wind einher, der in tieferen
Lagen in Böen steif, in höheren Lagen stürmisch ist oder sogar die Sturmstärke
erreicht. Exponierte Kamm- und Gipfellagen bieten sogar noch etwas mehr.
In der Nacht zum Mittwoch lassen im Nordwesten die Niederschläge nur sehr
zögerlich nach, da es auch postfrontal noch zu Regenfällen kommt. Die Front
selbst erreicht bis zum Morgen etwa eine Linie Eifel – Neißemündung. Sie macht
sich nicht nur durch die Niederschläge bemerkbar, sondern liefert auch einen
markanten Windsprung, wobei der Wind an der Front von Südwest auf Nord-Nordwest
dreht. In die Front eingelagert finden sich mehrere kleinräumige Tiefs (so bei
ICON-EU. COSMO-D2, ARPEGE), die nicht nur die südwärtige Verlagerung der Front
hemmen, sondern auch für lokale Regenmaxima sorgen. Dabei ist aufgrund des zeit-
und gebietsweise diffusen Druckfelds auch nicht eindeutig feststellbar, ob das
westliche Tief (NILS I) eher nach Frankreich oder nach Westdeutschland zieht.
Klar ist aber, dass
mit Frontpassage vor allem im Bergland Wind- und exponiert stürmische Böen
auftreten können, aber auch an der Nordsee können wieder Windböen aufkommen.
Einen Blick wert ist noch der Süden, wo der von Westen heranziehende Trog Hebung
generiert. Darauf reagieren die Modelle mit kräftigen und gewittrigen
Regenfällen, die sich Verlauf bei manchen Modellen zu einem großräumigen Cluster
formieren sollen, der insbesondere den Süden Bayerns treffen soll. Einzelne
Gewitter sind auch im Laufe der Nacht an der Front nicht ausgeschlossen,
insgesamt sollen die Regenfälle bis weit in den Mittwoch andauern und dann
wieder etwas mehr schauerartigen Charakter annehmen. Da die Front in der Nacht
zum Donnerstag die Alpen erreicht und dann eine typische Staulage einsetzt, die
dann weiteren Regen bringt, ist auch eine Dauerregenwarnung über 24+X-Stunden
denkbar (zur Staulage weiter unter mehr).
Mittwoch… kommt der Langwellentrog nur sehr zögerlich nach Osten voran, das in
seine Rückseite Kaltluft (500 hPa -28 Grad) einfließt und den Trog so
regeneriert. Die Kaltfront kommt weiter nach Süden voran und erreicht zum Abend
die Alpen. Postfrontal trocknet die Luft sehr rasch aus, wird aber durch die
einfließende Höhenkaltluft labilisiert. Auch wenn am Nachmittag für den
Nordwesten noch etwas CAPE gerechnet wird, sollte es für eventuelle Schauer und
Gewitter im Binnenland nur vereinzelt, über oder unmittelbar an den Küsten
dagegen etwas verbreiteter reichen, wo die eingeflossene kalte Luft (T850 nur
knapp über null Grad) etwas erwärmt, insbesondere aber angefeuchtet wird – und
wo die Inversion, die in etwa 600 hPa zu finden ist, nicht so stark ausgeprägt
bzw. nicht vorhanden ist. Während somit der Norden und Westen einen insgesamt
freundlichen Mittwoch vor der Brust haben, kommt es an und vor der nach Süden
ziehenden Front weiter zu Schauern und auch Gewittern. Insbesondere von
Ostbayern bis zum Bodensee hält sich eine labile (Lapse-Rates -0,6 K/100m) und
feuchte (PPWs bis 25 mm) Schliere, in der sich im Tagesverlauf auch wieder etwas
CAPE aufbauen kann (um 200 J/kg). In möglichen Gewittern, insbesondere aber
entlang der weiterhin von einem markanten Windsprung markierten Front kann es zu
steifen und eventuell auch zu stürmischen Böen kommen. Der Wind ist auch an der
Nordsee ein Thema, weil ein Bodentrog von Südschweden zur westlichen Nordsee
schwenkt. Dieser sorgt über der Nordsee wieder für einen sich etwas
verschärfenden Druckgradienten, so dass auf den Inseln und im unmittelbar
angrenzenden Binnenland Böen Bft 7 auftreten können.
Mit der die Alpen erreichenden Front und der damit verbundenen Winddrehung auf
Nordwest stellt sich an den Alpen in der Nacht zum Donnerstag die ober schon
erwähnte Staulage ein, voraussichtlich werden dabei aber die Schwellen für
markanten Dauerregen nicht gerissen, zumindest, wenn man den 12-Stunden-Zeitraum
bis 06 UTC ansetzt (weder nach der Deterministik noch nach der Probabilistik).
Mit den Niederschlägen des Vortages wäre allerding die o.e. langlaufende
Dauerregenwarnung denkbar. Rückseitig der Front fließt mit einer dann
nordwestlichen Strömung maritime Polarluft ein, sodass die 850-hPa-Temperatur
auf Werte um 0 Grad sinkt, insbesondere im Süden auch darunter, was die
schneefallgrenze in den Bereich von 1500 bis 1800 m drückt. Da der
Langwellentrog endgültig nach Polen auswandert und wir auf die Vorderseite eines
westeuropäischen Höhenrückens kommen, setzt in der einfließenden Polarluftmasse
vor allem im Süden Absinken ein, das für Wolkenauflockerungen sorgt. Im Norden
und Osten machen sich noch die Höhenkaltluft des Troges sowie der Bodentrog
bemerkbar, somit bleiben Schauer auch größtenteils auf dieses Gebiet beschränkt,
an den Alpen halten sich ob der Staulage nach dichte Wolken. Da der Gradient
aufzieht, schwächt sich der Wind im Vergleich zu den Vortagen deutlich ab.
Allenfalls an der Küste und in den Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es noch
einzelne steife Böen.
Donnerstag… und in der Nacht zu Freitag gelangt Deutschland mehr und mehr in
den Einflussbereich eines Höhenrückens. Mit dem damit verbundenen Absinken zieht
der Gradient auseinander. Der Wind weht damit zu Beginn nur noch im Osten
lebhaft, aber wohl nicht mehr warnwürdig, später lässt er auch dort, wie schon
im Westen, weiter nach. In der Nacht zu Freitag setzt im Westen vorderseitig
eines neuen Tiefdruckgebiets schon wieder Druckfall ein, aber auch dann fließt
mit einer, tendenziell mehr auf Nord drehenden Strömung, weiterhin erwärmte
maritime Polarluft ein (850-hPa-Temperatur um null Grad). Im Nordosten ist noch
die Höhenkaltluft des Troges zu erkennen, die dort für eine weiterhin leicht
labile Schichtung und einzelne Schauer sorgt. In den Nächten ist durch den
schwachen Gradienten gebietsweise mit Nebel zu rechnen, und bei längerem
Aufklaren kann es leichten Frost geben.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle simulieren die Abläufe recht ähnlich, im Detail zeigen sich aber
Unterschiede, die im Text teilweise angesprochen wurden. Diese
Modellunterschiede haben aber keinen Einfluss auf die Warnstrategie.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas