SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Montag, den 19.08.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
BM

Im Südosten Regen, dabei einzelne starke Gewitter, auch im Nordwesten einzelne
Gewitter. Im Süden in der Nacht zu Dienstag einsetzender und bis in den Mittwoch
anhaltender Dauerregenden, Dienstag im Nordseeumfeld weiter kurze Gewitter. Ab
Mittwoch Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC

Montag… liegt Deutschland komplett unter dem hoch reichenden Tiefdruckkomplex
BERND, wobei der nur schwach ausgeprägte Höhenkern aktuell östlich von Island zu
finden ist. Er verlagert sich im Laufe des Tages nach Süden und erreicht am Abend das südliche Nordmeer. Die insgesamt nur schwach ausgeprägte Hauptachse
des Troges ist im 500-hPa-Niveau über Irland hinweg auf den Atlantik gerichtet,
sie kommt im Tagesverlauf nach Südosten voran und erreicht zum Abend die westliche Biskaya, greift damit aber noch nicht auf das westeuropäische Festland
über. Die Trogvorderseite zeigt dabei über Deutschland eine schwach zyklonale
und dabei sehr gleichmäßige Krümmung. Im Bodendruckfeld ist über dem Nordmeer
und weiten Teilen Nord- und Mittelskandinaviens ein großräumiges, mehrkerniges
Tiefdruckgebiet auszumachen. Es zeigt im Tagesverlauf insgesamt eine leicht nördliche Verlagerungstendenz, wobei die Kerne diesen in
unterschiedlichem Maße
mitgehen. Während ein Kern über dem Nordmeer liegt und im Tagesverlauf weder
große Verlagerungs- noch Druckänderungstendenzen zeigt (sein Kerndruck verharrt
auf einem Niveau von etwas unter 995 hPa), zieht ein zweiter Kern von Nordschweden in Richtung Nordkap. An letzteren ist ein Frontensystem gekoppelt,
das sich über Nordwestrussland und das Baltikum nach Mitteleuropa zieht. Dort
wird es aktuell auch über dem Süden Deutschland analysiert, wobei es sich vom
Erzgebirge bis nach Südbaden erstreckt und zum Abend Nieder- und Oberbayern erreichen soll. Der rückseitige Druckanstieg sorgt für die Ausbildung einer Hochdruckbrücke, die vom Atlantik zum Baltikum reicht. Die entsprechende Luftmassengrenze ist beispielsweise an den pseudopotentiellen Temperaturen erkennbar, die im Südosten noch durchweg über 50 Grad, von der Oder bis zur Saar
zwischen 40 und 50 Grad und in der Nordwesthälfte meist unter 40 Grad liegen,
aber z.B. auch in den 850er Temperaturen, die im Südosten Werte von 10 bis 15
Grad, in den übrigen Gebieten dagegen nur einstellige Werte erreichen. Die Luftmasse im Südosten ist dabei schon deutliche stabiler geschichtet als noch am
Vortag, die ICON-EU Lapse-Rates liegen nur noch lokal unter -0,6 K/100m. Dies
zeigt sich auch daran, dass im Tagesverlauf nur noch moderat CAPE aufgebaut wird, was auch der im Südosten schon dichten Bewölkung geschuldet ist. Die entsprechenden Werte von ICON-EU liegen am Nachmittag punktuell um 500 J/kg, was
auch von GFS oder COSMO-D2 gestützt wird. Defensiver ist diesbezüglich EZMW (Lauf gestern 12 UTC), aber nicht bezüglich der absoluten Werte, die ebenfalls
in der Spitze um 500 J/kg liegen, sondern vielmehr bezüglich des zeitlichen Verlaufs, da das Ausräumens der energiereichen Luft dort rascher von statten
gehen soll und die CAPE-Werte am Mittag und Nachmittag schon deutlich absinken,
während die erstgenannten Modelle ihre CAPE-Maxima mit dem Tagesgang am Nachmittag erreichen sollen. Bei PPW-Werten um 35 mm (ICON-EU) ist Starkregen im
Laufe des Tages im Südosten grundsätzlich vorstellbar, allerdings deutlich unwahrscheinlicher als noch am Vortag. Die entsprechenden 1-stündigen COSMO-D2-EPS-Wahrscheinlichkeiten (>15 mm) liegen nur noch bei maximal 10%, am
Alpenrand auch etwas höher, für die entsprechenden 6-stündigen Starkregenwahrscheinlichkeiten (>20 mm) gilt quantitativ das gleiche. Die entsprechenden Unwettersignale (>25 mm einstündig oder >35 mm 6 stündig) sind in
extrem schwacher Form allenfalls am Alpenrand auszumachen. In der Summe ist im
Südosten also gewittrig durchsetzter Regen zu erwarten, der hier und da eine
Starkregenwarnung erforderlich machen könnte, bei dem Unwetter aber nur unter
sehr ungünstigen Bedingungen auftreten sollte. Abgesehen vom Südosten muss noch
ein Blick auf den Nordwesten gerichtet werden. Dort weht ein lebhafter wind, der
an der Nordsee und im angrenzenden Binnenland auch mal eine Böen Bft7 produzieren kann. Da im Nordwesten auch die Schichtung labiler ist als im Binnenland (Trognähe, T500 um -20 Grad), sind auch im Nordseeumfeld Schauer oder
kurze Gewitter möglich. Da dort der Grundwind schon kräftig ist, sind in kräftigen Umlagerungen auch stürmische Böen oder Sturmböen denkbar.

In der Nacht zu Dienstag greift der Trog etwas nach Osten aus, seine Achse erreicht den Westen Frankreichs und die Iberische Halbinsel. Somit verbleibt
Deutschland komplett auf seiner Vorderseite, wobei sich nichts an der leicht
zyklonalen Krümmung ändert. Die unterhalb der südwestlichen Höhenströmung schleifend lagernde Front beginnt über der Schweiz und dem Südwesten Deutschlands zu wellen, wodurch sich von der Schweiz her die Niederschläge wieder verstärken und entlang der Donau nach Ost-Nordost ausgreifen. Verstärkt
werden diese Prozesse durch ein kleinräumiges und recht schwaches Tief, dass in
der Nacht von Ungarn kommend in die Slowakei zieht. Diese, entfernt an eine Vb-Lage erinnernde Zugbahn des Tiefs sorgt über dem Südosten für eine Gegenstromlage (bodennah Nordostwind, Höhe Südwestwind), wobei diese Konstellation die Niederschlagsbildung verstärkt. Entsprechend kommen laut ICON,
EZMW oder auch GFS bis zum Morgen 5 bis 10 mm zusammen (nicht ganz einig sind
sich die Modelle, ob die neuerlichen Niederschläge direkt an der Front (EZMW)
oder etwas abgesetzt davon (ICON) ihr Maximum entwickeln sollen). Ansonsten gestaltet sich die Nacht ruhig. Im Norden lässt der Wind nach, teils klart es
dort auf. Von Süden greift die Aufgleitbewölkung bis in den
Mittelgebirgsraum
aus, und zwischen diesen Wolken und der teils klaren Nordsee ziehen mittelhohe
und hohe Wolkenfelder durch. In der im Süden feuchten Grundschicht, teils aber
auch im Mittelgebirgsraum kann sich Nebel bilden.

Dienstag… kommt die Trogachse im Laufe des Tages weiter nach Osten voran und
steht am Abend an der deutschen Westgrenze. Damit bleibt die Höhenströmung weiterhin eine Südwestliche, wobei mit Annäherung der Trogachse die 500er Temperatur im Nordseeumfeld nochmals etwas (auf -23 Grad zum Abend hin) sinkt.
Somit ist dort erneut mit Schauern und einzelnen Gewittern zu rechnen. Da der
Grundwind aufgrund der sich verstärkenden Hochdruckbrücke und dem damit auseinanderziehenden Gradienten etwas nachlässt, lassen auch die an die Schauer
und Gewitter im Nordwesten gekoppelten Windböen nach. Meist sollten steife Böen
Bft 7 in Verbindung mit den konvektiven Umlagerungen das Maß der Dinge sein,
einzelne stürmische Böen sind aber nicht gänzlich ausgeschlossen. Ganz anders
ist die Situation im Süden und Südosten. Dort bleibt die Gegenstromlage bis in
den Abend und teils auch bis in die Nacht erhalten, da das kleinräumige Tief von
der Slowakei kommend allmählich bis nach Südpolen zieht und damit als Gegenspieler der südwestlichen Höhenströmung erhalten bleibt. Zwar schwächt sich
die Gegenstromlage gebietsweise ab, aber dort wo sie sich abschwächt ist zumindest die Scherung weiterhin hoch, was Hebungsprozesse ebenfalls begünstigt.
Somit kommt es im Süden und Südosten weiterhin zu kräftigen Regenfällen, die
sich im Laufe des Tages verstärken. Bezüglich des genauen Ablaufs sind sich die
Modelle noch uneinig. Währen ICON bezüglich der Niederschläge eine Doppelstruktur aufweist, was darauf hindeuten könnte, dass die Aufgleitvorgänge
etwas abgesetzt von der Front stattfinden, scheint EZMW eher auf eine rückläufige Bewegung der Front und damit auf eine Wellenbildung als Grund für
die sich intensivierenden Regenfälle zu setzen. Wie auch immer, als Niederschlagsschwerpunkt kristallisiert sich ein breiter Streifen heraus, der
von Südbaden und dem Südwesten Bayerns bis ins Böhmische Becken verläuft. Ob
auch Sachsen von warnwürdigen Regenmengen angekratzt wird, ist noch nicht klar.
Auf jeden Fall sollten die Regenmengen im ockerfarbenen Bereich liegen, Unwetter
sehen die Modelle also nicht, liegen doch die 24-stündigen Spitzensummen (bis in
den Mittwoch hinein) bei ICON, GFS oder auch EZMW um 40 mm, die 12-stündigen
dagegen um 30 mm, so oder so kein Unwetterereignis. Zwischen den Quellwolken im
Nordwesten und den bis in die östlichen Mittelgebirge ausgreifenden dichten Wolken des Südens (jeweils mit Höchstwerten um 20 Grad) wird der Wettercharakter
insgesamt freundlich und die Temperaturen steigen auf 20 bis 26 Grad mit den
höchsten Werten in Brandenburg.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der scharfe, mittlerweile aber zum Randtrog
degradierte Höhentrog unter Abschwächung über Deutschland hinweg nach Osten und
erreicht ausgangs der Nacht Oder und Neiße. Die Vorderseitige Hebung hält auch
den Regen im Süden in Gang, auch wenn das kleinräumige „Gegenstrom-Tief“ nunmehr
recht rasch nach Ostpolen abwandert. Wie oben schon angedeutet wurde ist noch
nicht klar, wieviel Regen am Ende fallen wird. Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass sich die Hochdruckbrücke verstärkt mit auflockernder Bewölkung insbesondere im Westen und Nordwesten. Dort, wo es zuvor geregnet hat
und länger aufklart, bildet sich Nebel. Im Nordseeumfeld steigen die 500 hPa-Temperaturen wieder etwas an, was zusammen mit dem Tagesgang die Gewitterneigung sinken lässt.

Mittwoch… lässt die Dauerregensituation im Südosten nach, und danach gehen der
Tag und auch die Nacht zu Donnerstag voraussichtlich warnfrei über die Bühne.
Zwischen dem nach Osten abziehenden Randtrog und dem Haupttrog, der auf Westeuropa übergreift, nimmt die Höhenströmung ein sehr schwach antizyklonal
geprägtes Muster an, wobei zusätzlich eine konvergente Struktur über weiten Teilen Deutschlands für Absinken sorgt (Ausnahme: äußersten Nordwesten). Im Bodendruckfeld ist die Hochdruckbrücke das dominierende Gebilde. Sie kräftigt
sich über Osteuropa, was auch dem weiter abziehenden Tief geschuldet ist, wird
andererseits über dem Ärmelkanal aber abgebaut, was seine Ursache in den Hebungsprozessen vorderseitig des bzw. im Bereich des neuen Haupttroges hat. In
der Nacht zu Donnerstag bleibt als Residuum der Brücke ein großräumiges Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über Westpolen übrig, unter dessen Absinken auch
die allerletzten Regengebiete über dem äußersten Südosten Deutschlands ihr Ende
zeitigen. So ist es insgesamt in der Nacht zu Donnerstag trocken und verbreitet
klar, gebietsweise bildet sich Nebel.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die Situation am heutigen Montag recht ähnlich. Deutlichere Unterschiede zeigen sich ab der Nacht zum Dienstag bezüglich der
sich anbahnenden Dauerregensituation im Süden. Hier werden die Abläufe noch etwas unterschiedlich prognostiziert, was dann auch Auswirkungen auf die Niederschlagsmuster und die Niederschlagsspitzen hat. Details zu den Modellunterschieden wurden im Text angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas