SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 210800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Sonntag, den 21.07.2019 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HM (Hitze, nee Hoch Mitteleuropa)
Heute im Südosten noch Gewitter, einzelne Unwetter nicht ausgeschlossen. Im weiteren Verlauf der Woche zunehmender Hochdruckeinfluss und aufkommende Hitzewelle.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
Sonntag… liegt Deutschland am östlichen Ausgang der – noch! – relativ glatt
über den mittleren Nordatlantik bis zum europäischen Kontinent verlaufenden Frontalzone. Das wird sich aber in den nächsten Tagen signifikant ändern, wenn
nämlich aus der von kurzen Wellen geprägten Zonal- eine veritable, in Richtung
Omega tendierende Meridionalströmung wird. Bereits aktuell erkennt man über dem
östlichen Teil des Atlantiks ein mächtiges antizyklonal konturiertes Wolkenschild, dessen Formation zumindest vage andeutet, in welche Richtung sich
das Ganze entwickeln wird. So kommt heute noch weiter westlich eine Austrogung
in Gang, die stromab eine antizyklonale Aufwölbung der Potenzialflächen bedingt,
was zunächst aber noch sehr breit und entsprechend flach erfolgt. Aber was nicht
ist, kann ja noch werden, und es wird – ganz sicher.
Bevor wir uns hier aber in den Tiefen des Atlantiks verlieren (genauer gesagt
„in den Höhen über dem Atlantik“), schauen wir auf Deutschland, das in Teilen
einen unruhigen Samstag hinter sich hat. Ursache dafür, und jetzt kommen wir
noch mal zurück zur Frontalzone, ist ein kurzwelliger Höhentrog, der gerade dabei ist, den Vorhersageraum ostwärts zu überqueren. Ihm vorgeschaltet ist eine
Kaltfront, die in den Analysen nicht ganz einfach zu finden ist, was mehrere
Gründe hat: schwache Baroklinität, geringe Taupunktunterschiede post-/präfrontal, kein vernünftiger Windsprung, von Druckanstieg überlaufen und
und und). Es kann aber als unstrittig angesehen werden, dass ein Großteil der
Nordwesthälfte unseres Landes die Passage der Front bereits hinter sich hat, und
dass sie sich in den nächsten Stunden unter weiterer Abschwächung (überlagerter
Druckanstieg, abnehmende Interaktion mit dem scheidenden Höhentrog) weiter nach
Südosten in Richtung Alpen „schleppt“.
Heute Morgen beschränkt sich ihre Wirksamkeit im Wesentlichen auf breitgelaufene, nicht mehr organisierte Konvektion in Form gewittriger Regenfälle im Südosten (Schwerpunkt Bayern). Der Südosten, also etwa vom Südteil
der Schwäbischen Alb bzw. Oberschwaben bis hinüber zum Bayerischen, vielleicht
auch noch bis zum Oberpfälzer Wald/Vogtland sowie südlich davon, ist dann auch
die Region, wo es Tagesgang und Kaltfront im weiteren Verlauf schaffen sollten,
ein paar kräftige Zellen entstehen zu lassen. Zwar setzt von Nordwesten her eine
allmähliche Stabilisierung ein, ein wirklicher Luftmassenwechsel findet aber
nicht statt. Feuchtigkeit ist noch ausreichend vorhanden (PPW um 30 mm, spez.
Feuchte 12-13 g/kg), auch kann trotz der anfänglich starken Bewölkung ML-CAPE
generiert werden (lokal um oder etwas über 1000 J/kg). Kurzum, es muss mit einzelnen Krachern gerechnet werden, die von Starkregen, Hagel und Sturmböen
begleitet sein können. Großartig organisierte Strukturen zeichnen sich aufgrund
geringer Scherwerte und dem zu großen Abstand zum Trog nicht ab, was die Unwettergefahr klein hält. Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass die
verantwortlichen Warnmeteorologen in wenigen Einzelfällen mal die rote Karte
zücken müssen. Am späten Nachmittag und Abend jedenfalls zieht dich das konvektive Geschehen mehr und mehr in den äußersten Süden und Südosten des weiß-blauen Freistaats zurück.
Bleibt also noch die Frage zu klären, wie der Sonntag im großen Rest der Republik verläuft. Gar nicht mal so schlecht, könnte man vereinfacht sagen, obwohl das ja immer Geschmackssache ist. Gemessen an dem, was in den nächsten
Tagen auf uns zukommt, sollte man heute auf alle Fälle noch mal tief durchatmen.
Ein sich vom Atlantik bis nach Mitteleuropa vorarbeitender Bodenhochkeil sorgt
für eine Mischung aus Sonnenschein und einigen Quellungen (im hohen Norden ist
vorübergehend auch hochnebelartiger Nordseestratus am Start, der im weiteren
Verlauf aber zunehmend von der turbulenten Durchmischung durch den auffrischenden Wind sowie den Tagesgang angeknabbert bzw. perforiert wird), die
nur noch einige wenige kurze Schauer produzieren dürften. Zwar ist die Luftmasse
nach Osten hin (vor allem Teile BBs, Sachsen) in der Mittagszeit noch ausreichend labil geschichtet (wenn die von unten bis 800 hPa reichende indifferente Schichtung (siehe Frühsondierung von Lindenberg) labilisiert wurde)
und auch feucht genug, um ausreichend CAPE zu generieren (MU-CAPE teils über
1000 J/kg), so dass es bei günstiger Interaktion mit dem o.e. KW-Trog für Gewitter reichen könnte. Dagegen spricht allerdings ein möglicherweise zu frühes
Rauslaufen des Troges sowie die von Westen her einsetzende deutliche Abtrocknung
der Luftmasse (siehe Prognosesoundings). Im Norden und Westen, wo der Luftmassenwechsel am griffigsten ausfällt bzw. ausgefallen ist (Rückgang T850
auf 10 bis 7°C), kann man gemäßigte Temperaturen von 20 bis 26°C genießen, während es sonst 25 bis 30°C sind.
Im äußersten Norden, wo ein flacher Bodentrog durchschwenkt (er markiert das
südliche Ende des über Südskandinavien zum Auslaufmodell degradierten Tiefs THEO), frischt der auf nahezu glatt West drehende Wind für ein paar Stunden böig
auf mit Spitzen 6-7 Bft, bevor im Laufe des Nachmittags der sich von Süden aufwölbende Bodenkeil dem Ganzen den Hahn abdreht.
In der Nacht zum Montag sorgt weiterer Druckanstieg für ein rasches Ende der
anfangs im äußersten Süden und Südosten noch auftretenden Konvektion. Die Bewölkung lockert respektive löst sich auf, was weiten Landeteilen eine klare
Nacht beschert. Im Süden, wo durch die Regenfälle und Gewitter die Grundschicht
noch etwas angefeuchtet ist, bildet sich stellenweise Nebel. Im Norden und Nordwesten tauchen im Laufe der Nacht vermehrt hohe Schleierwolken, später auch mittelhohe Wolken auf. Sie sind das Ergebnis kräftiger WLA, die von UK und der Nordsee allmählich auf unseren Raum übergreift. Angekündigt wird damit die Warmfront eines kleinen Randtiefs (UWE),
das um Mitternacht die Färöer-Inseln kontaktiert, um von dort weiter zur südlichen Norwegischen See zu ziehen. Gegen Morgen könnte es auf den Nordseeinseln erste zaghafte Tröpsche geben. Mit 17 bis 10°C, in einigen Mittelgebirgstälern sogar darunter, geht die Temperatur in den meisten Regionen
in die lüftungsfreundliche Komfortzone zurück. Nutzt die Chance, liebe Freunde,
und reißt die Schlafzimmerfenster auf, bald wird das kein Vergnügen mehr sein,
vor allem in der Westhälfte.
Montag… setzt sich die Umstellung der Großwetterlage unaufhaltsam fort. Von
West nach Ost heißt es global betrachtet: Austrogung – Aufwölbung – Austrogung.
Deutschland gelangt dabei zunehmend und mit Nachdruck in den sich von Südwesteuropa über Frankreich nach Norden aufwölbenden Höhenrücken, der verstärkt für Absinken sorgt. Im Bodenniveau wird ein umfangreiches, von seinem
Absolutluftdruck gar nicht mal so potentes Hoch (YVONNE) generiert (etwas über
1020 hPa, was für hochsommerliche Verhältnisse aber durchaus normal ist), das
der Südhälfte einen sonnigen und sehr warmen bis heißen Wochenstart mit relativ
dünnen Wolken (hohe Cirren) beschert. T850 steigt auf 13 bis 18°C, was unter dem
Strich Höchstwerte von 26 bis 32°C, an Hoch- und Oberrhein vereinzelt vielleicht
sogar 33°C beschert.
Je weiter man allerdings nach Norden kommt, desto dichter fällt die Bewölkung
aus. Grund dafür ist sich vorübergehend verstärkende WLA, die den sich aufwölbenden Rücken problemlos überläuft, was übrigens auch für die o.e. Warmfront gilt. So wird morgen von der Nordsee her ein schwaches, aber spürbares
Regengebiet (Regen und Nieselregen) über SH und das nördliche Niedersachsen in
Richtung MV ziehen, wobei die südliche Grenze des Regens von der Numerik noch
leicht unterschiedlich angegeben wird (die deutsche Modellkette ist mit Hannover-Braunschweig am südlichsten aufgestellt). Einigkeit herrscht aber dahingehend, dass am Ende des Tages nur wenige Millimeter, teils sogar weniger
als ein Millimeter gemessen werden. Am Nachmittag ist das Ganze an der Nordsee
durch und mit etwas Glück bekommt man noch etwas Sonne ab.
Mit oder ohne Sonne, die Temperatur übt sich im Norden und Nordosten zunächst
noch in dezenter Zurückhaltung, ohne dass man angesichts von 20 bis 26°C von
kühlen Verhältnissen sprechen könnte. Zu beachten gilt es den von südlichen Richtungen auf Südwest drehenden Wind, der hinter der Warmfront vor allem über
der Nordsee vorübergehend an Fahrt aufnimmt. Auf den Nordfriesischen Inseln und
den Halligen könnte es für die eine oder andere steife Böe 7 Bft reichen.
In der Nacht zum Dienstag überquert die Warmfront den Nordosten mit dichter Bewölkung und etwas Regen, der aber nach Mitternacht Richtung Polen abzieht.
Dahinter lockert die Bewölkung von Westen her auf, hier und da bildet sich flacher Nebel. Im großen Rest des Landes verläuft die Nacht unter Hochdruckeinfluss gering bewölkt oder klar. Mit 18 bis 10°C liegen die Tiefstwerte noch im kommoden Bereich, einzig im Südwesten sowie in größeren Städten Westdeutschlands bleibt es vereinzelt schon wärmer.
Dienstag… gelangt Deutschland endgültig unter den von Südwesteuropa respektive
Nordwestafrika nach Norden gerichteten Höhenrücken. Ein Keil reicht dabei bis
nach Südskandinavien, ein zweiter bis hoch nach Island. Der Schwerpunkt des korrespondierenden Bodenhochs liegt zur Mittagszeit mit etwas über 1022 hPa mitten über Deutschland. Es sorgt für Sonne satt, wobei es aufgrund des starken
Absinkens und der schwachen horizontalen Advektionsverhältnisse in der mittleren
und oberen Troposphäre selbst Cirren schwer haben, sich über dem Bundesgebiet zu
präsentieren. Wer sicher Wolken sehen möchte, sollte sich Richtung Osten und
Nordosten orientieren, wo sich unterhalb der dort bei etwa 800 hPa liegenden
Absinkinversion einige Quellungen bilden.
Die Erwärmung respektive Aufheizung der Luftmasse macht weitere Fortschritte. So
geht es in 850 hPa bis zum Abend hoch auf 14/15°C im Nordosten und bis zu 20°C
im äußersten Süden und Südwesten. Die Quittung erfolgt auf dem Fuße, die 30°C-Marke rückt vor bis in den Osten und Norden. Im Südwesten reicht es punktuell schon für 35°C, vor allem am Oberrhein, an Mosel und Saar. Die Refugien mit weniger als oder so gerade 30°C beschränken sich auf die Zonen von
der Nordsee über den Hamburger Raum bis nach Berlin und nördlich davon sowie
vielleicht noch an der Neiße. An den Küsten dürfte sich aufgrund der großen Temperaturunterschiede zwischen Meer und Land vielerorts Seewind ausbilden, der
die Temperatur zumindest teilweise auf unter 25°C drückt.
Die Nacht zum Mittwoch tut sich wetterlagenmäßig wenig, temperaturmäßig schon.
So wird es im Westen und Südwesten gebietsweise sowie in den großen Innenstädten
nicht mehr unter 20°C abkühlen (=> sogenannte Tropennacht), während sonst die
Tiefstwerte zwischen 20 und 13°C liegen.
Modellvergleich und -einschätzung
Es ist eigentlich alles gesagt. Die einzig kleine, für das Warnmanagement relevante Unsicherheit betrifft die genaue räumliche Verteilung der aktuell die
übliche vormittägliche Depression durchlebende, später aber noch mal einsetzende
Konvektion. Nowcasting heißt hier das Stichwort.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann