SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Freitag, den 17.05.2019 um 10.30 UTC
Nach wechselhaftem Wochenstart mit teils kräftigen Gewittern zur Wochenmitte Wetterberuhigung und etwas kühler. Zum übernächsten Wochenende hin wieder zunehmende Gewittergefahr.
Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 24.05.2019
Nach dem die Hälfte des „Wonnemonats“ Mai vergangen ist, lässt sich festhalten, dass dieser bisher viel zu kalt ausgefallen ist. Bei einem deutschlandweiten Temperaturdurchschnitt von etwa 8,2 Grad beträgt die Abweichung aktuell rund -3,8 Grad im Vergleich zum Wert der
international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Zu verdanken haben wir dies einer negativen NAO, die für sich wiederholende
Blockierungslagen sorgte. Damit wurde immer wieder der Weg frei für kalte Luftmassen, die aus Norden oder Nordosten zu uns geführt wurden.
Stellt sich also die Frage, ob die Fans höheren Temperaturen demnächst auch mal wieder auf ihre Kosten kommen? Tatsächlich verbleibt die NAO in den nächsten Tagen voraussichtlich im schwach negativen Bereich, erst zum Ende des Monats hin
gibt es Ansätze für einen Umschwung hin zu einer positiven NAO. Die Blockierung zeigt sich aktuell durch einen von Südosteuropa bis ins Nordmeer und fast nach Grönland aufgewölbten negativ geneigten Keil, der auch zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Montag noch vorhanden sein wird.
Als Gegenspieler lässt sich ein ebenfalls negativ geneigter
Langwellentrog ausmachen, der am Montag von Süd-Grönland bis zum zentralen Mittelmeer reicht und mit mehreren Drehzentren ausgestattet ist. Am Boden manifestiert sich diese Konstellation in einer Großwetterlage „Tief Mitteleuropa (TM)“, die eher schwachgradientig aufgestellt ist. Dabei fließt etwas mildere Luft mit T850 hPa von 5 bis 10 Grad ein.
Im Verlauf der Woche macht der Langwellentrog Boden nach Nordosten hin gut und schnürt der Keil etwas ein. Im Zuge dessen spaltet sich ein Höhentief aus dem südlichen Teil des Langwellentrogs ab und zieht bis Freitag bis zur Ukraine weiter. Auf die Großwetterlage TM folgt daher die Großwetterlage „Trog Mitteleuropa (TrM)“. Der „übrig gebliebene“ Teil des Langwellentrogs bleibt aufgrund der Blockierung zwischen Süd-Grönland und den Britischen Inseln „hängen“ und wird durch einen vom Nordostatlantik heranrauschenden neuen Trog regeneriert. Zwischen diesen beiden Systemen wölbt sich ein Rücken auf, der Verbindung aufnimmt zu dem eingangs erwähnten Keil und der in der Wochenmitte dann über uns hinwegzieht. Bei Drehung der Strömung auf Nordwest kann sich wieder etwas kühlere Meeresluft mit T850 hPa von 3 bis 8 Grad durchsetzen, freilich ohne natürlich an die sehr kalten Luftmassen der vergangenen Tage heranzukommen.
Mit dem neuen Trog gelangt Deutschland nach vorübergehenden
Hochdruckeinfluss auf dessen Vorderseite in eine südwestliche Strömung, mit der nun sehr warme und
feuchte Luftmassen subtropischen Ursprungs auf uns zu kommen. Die T850 hPa steigen demnach auf 8 bis 12 Grad im Norden und auf 10 bis 17 Grad im Süden. Die
Qualität der Luftmasse und dynamischer Antrieb aus der Höhe (diffluente Trogvorderseite, kräftige Hebung) lassen die erste Schwergewitterlage des Jahres
am Freitag möglich erscheinen.
In der erweiterten Mittelfrist ab Samstag zieht der Trog bereits über Deutschland hinweg nach Osten ab. Das zugehörige Bodentief verdrängt mit seinem Frontensystem die warme Luft, womit die T850 hPa bei neuerlich nordwestlicher Strömung rasch wieder auf 2 bis 7 Grad sinken. Die Feuchtefelder zeigen, dass das Wetter am übernächsten Wochenende wechselhaft bleibt.
Eine Zonalisierung der Strömung (und folglich eine positive NAO) ist also für die Mittelfrist nicht zu erkennen. Dennoch liegen die Temperaturen in den nächsten Tagen höher als in der ersten Maihälfte. Wesentlicher Aspekt ist dabei,
dass die Blockierung nun weiter östlich stattfindet und andere Strömungsverhältnisse bei uns zulässt, sodass wärmere Luftmassen den Weg zu uns finden können. Das Temperaturdefizit der ersten Maihälfte wird dadurch aber nur etwas ausgeglichen, da sich die warme bis sehr warme Luft durch die sich abwechselnden Trog/-Keilmuster im Rahmen der meridionalen Strömung kaum länger durchsetzt.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des aktuellen EZMW-Laufs von 00 UTC zu seinen beiden gestrigen Vorläufen lässt sich nur bis Dienstag als gut bezeichnen. Danach zeigen die Läufe zwar noch die gleichen Muster, in den Details gibt es aber relevante Unterschiede. So ließ der gestrige 00 UTC-Lauf aus dem „übrig gebliebenen“ Trog über den Britischen Inseln ab Mittwoch ein Höhentief abspalten, das bis Freitag bis nach Deutschland ziehen sollte. Damit wäre dem Trog über den Britischen Inseln quasi die Kraft geraubt worden und der Zwischenhocheinfluss bei uns zur Wochenmitte hin wäre schwächer ausgefallen. Im neuen Lauf wird der Trog über den Britischen Inseln deutlich kräftiger vorhergesagt und die südwestliche Strömung mit der Zufuhr feuchter Warmluft verstärkt sich. Schauer und Gewitter zum Ende der Woche hin können damit kräftiger ausfallen. Bereits der gestrige 12 UTC-Lauf
zeigte solche Anwandlungen. Auch in diesem Lauf ist kaum noch etwas vom Höhentief zur Wochenmitte über Deutschland zu sehen.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
ICON und GFS folgen der EZMW-Variante nur bedingt. Zwar lassen sich die grundlegenden Muster wiederfinden, die Details sind aber doch unterschiedlich. So hält beispielsweise das GFS noch am kleinen Höhentief über Deutschland zur Wochenmitte fest, misst ihm jedoch kaum noch Bedeutung bei. Der nachfolgende Trog tropft beim GFS und auch beim ICON bis zur Biskaya oder der Iberischen Halbinsel ab, womit Schauer und Gewitter am Freitag (Ende des Vorhersagezyklus des ICON) noch südwestlich von uns verbleiben würden. Dem GFS zufolge würden sie dann in der Nacht zum Samstag und am Samstag von Südwesten her nach Deutschland ziehen und voraussichtlich nicht ganz so stark ausfallen wie nach der EZMW-Variante, da das Höhentief schwächer aufgestellt ist als der Trog (Isohypsendrängung in 500 hPa geringer) und die Tageszeit ungünstiger ist. GEM folgt im Wesentlichen der ICON-Lösung (kein Höhentief über Deutschland, abspaltendes Höhentief vom Trog über den Britischen Inseln, spätere und schwächere Konvektion am
Freitag/Samstag). NAVGEM wiederum lässt aus dem nach Osten abziehenden Höhentief in der Wochenmitte noch ein kleines Höhentiefresiduum über Deutschland über, dass sich dort bis zum Ende des Vorhersagehorizontes des Modells am Freitag halten soll. Der nachfolgende Trog über den Britischen Inseln zeigt sich auch, dieser wird aber noch zurückgehalten. Ihm kann man ebenfalls Abtropftendenzen (über Frankreich) andichten.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles zeigen sowohl beim Geopot 500 hPa als auch bei der T850 hPa für diverse deutsche Städte jeweils einen engen Spread bis zum Dienstag und bestätigen bis dahin den Hauptlauf. Danach öffnet sich der Spread, wobei es aber meist einen gut definierten Median gibt, in dem Haupt- und Kontrolllauf verbleiben. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Am Donnerstag und Freitag
ragen Haupt- und Kontrolllauf bei T850 hPa aus dem Median heraus und vollführen einen Sprung nach oben. Da die Mehrheit der Mitglieder des Ensembles aber zur etwas kälteren Lösung tendiert, ist der
Warmluftvorstoß am Donnerstag/Freitag keinesfalls gesichert. Und damit natürlich auch nicht eine mögliche Schwergewitterlage.
Die Clusteranalyse des EZMW liefert für Dienstag bis Donnerstag 3 Cluster mit dem Blockierungs-Regime, was die negativ vorhergesagte NAO bestätigt. Der Trog über den Britischen Inseln am Donnerstag samt Haupt- und Kontrolllauf finden sich in C1 und C2 mit insgesamt 35 Mitglieder wieder. C3 dagegen simuliert einen
kräftigeren Rücken, der am Donnerstag noch über uns liegt und von einem Höhentief über dem zentralen Mittelmeer flankiert wird.
Für Freitag bis Sonntag liegen ebenfalls 3 Cluster vor (neutrale bis negative NAO). C1 und C2 mit 41 Mitgliedern und Haupt- und Kontrolllauf lassen den Trog über uns hinwegziehen, C3 mit 10 Mitgliedern dagegen setzt auf ein Abtropfen des
Trogs zur Iberischen Halbinsel hin und ähnelt so der ICON- bzw. GFS-Lösung.
FAZIT: Die zyklonal geprägte Großwetterlage „TM“ mit relativ hohen Temperaturen bis zum Dienstag steht. Danach stellt sich von Westen her vorübergehend etwas kühlerer Hochdruckeinfluss ein, bevor es zum Wochenende hin spannend wird. Die Modell- und Ensembleergebnisse suggerieren mehrheitlich, dass entweder ein Trog oder ein sich abspaltendes Höhentief von Westen oder Südwesten her auf Deutschland übergreift und möglicherweise kräftige Schauer und Gewitter bringt. Zuvor könnte am Freitag vorübergehend sehr warme Subtropikluft einfließen. Dabei
ist aber noch zu klären, wann dieses Übergreifen stattfindet (Freitag oder Samstag?) und letztlich auch, in welcher Ausprägung (Höhentief oder Höhentrog?, diffluente Vorderseite?, Zeitpunkt des Eintreffens).
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
EFI gibt am Montag und Dienstag deutliche Signale mit Werten bis 0.8 für überdurchschnittlich viel Niederschlag. Der weitaus meiste Regen dürfte dabei im
Rahmen von konvektiven Entwicklungen in kurzer Zeit fallen. Angesichts von PPW-Werten bis zu 35 mm und langsam ziehenden Zellen ist markanter Starkregen zu
erwarten, lokal treten wahrscheinlich unwetterartige Mengen auf. Am Erzgebirge und am Alpenrand ist auch mehrstündiger Stark- oder sogar Dauerregen nicht ausgeschlossen. Schwerpunkt der Gewitterentwicklungen ist am Montag fast ganz Deutschland außer der äußerste Westen, am Dienstag hauptsächlich die Osthälfte.
Am Mittwoch treten noch letzte kräftige Gewitter an der Grenze zu Polen auf, auch diese können mit Starkregen einhergehen.
Zum Wochenende hin nimmt die Gewitterneigung nach vorübergehendem Minimum wieder
deutlich zu. Kräftige Entwicklungen bis hin zu einer Schwergewitterlage mit entsprechenden Begleiterscheinungen sind durchaus möglich, werden aber von EFI noch nicht durch die entsprechenden Parameter propagiert.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW-MOS, EZMW-Ens.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler