SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 12.11.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Zunächst SWa (Südwest antizyklonal), zum Wochenende zunehmend HNz (Hoch
Nordmeer zyklonal)

Milde bis sehr milde Südwestströmung. Ab Donnerstag zunehmend Viererdruckfeld
mit einsetzender Frontogenese plus Dauerregen in Norddeutschland.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC

Mittwoch… gelangen wir unter eine stark antizyklonal konturierte südwestliche
Höhenströmung rückseitig eines Potenzialrückens, dessen Hauptachse heute Abend
von Algerien über Austria bis hoch zum Baltikum reicht. Rückenrückseite bedeutet
gleichzeitig Trogvorderseite, und tatsächlich finden wir über dem nahen Atlantik
einen positiv geneigten Höhentrog mit integriertem hochreichenden Zentraltief
(PEPE; int Claudia) west-südwestlich von Irland. Der Trog reicht weit nach
Norden über die Norwegische See hinweg bis in die Polgegend, was vorderseitig
einen mordsmäßigen Südwestfetch bedingt. Aber auch bodennah erstreckt sich die
Südwestströmung über tausende von Kilometern, weil sich dem Meister PEPE noch
weitere Spießgesellen angeschlossen haben (QUIRIN und ODIN), die den heutigen
Tag dicht vor oder aber über Skandinavien verbringen. Kurzum, es ist evident,
dass angesichts solcher Rahmenbedingungen von Winter bei uns keine Rede sein
kann. Im Gegenteil, es wird eine milde bis sehr milde Luftmasse subtropischer
Herkunft advehiert (xSp), in der nicht nur T850 einen mächtigen Satz nach oben
macht. Sind es heute früh noch 4 bis 10°C (niedrigste Werte im Osten und
Nordosten), stehen zum Tagesende 8 bis 15°C auf der Anzeigetafel. Dass so eine
kräftige niedertroposphärische WLA selbst im von niedrigem Sonnenstand und von
tiefleigenden Inversionen geprägten November nicht spurlos an den bodennahen
Luftschichten vorbeigeht, lässt sich erahnen.

Okay, in den Nächten wirdŽs vor allem dort, wo der Himmel klar oder nur dünn
bewölkt ist (Cirren) und – wichtig – kein Wind geht, strahlungsbedingt frisch,
auch wenn es schon deutlich kältere Novembernächte gegeben hat. Immerhin reichte
es in der vergangenen Nacht vor allem im Süden, vereinzelt auch in der Mitte für
leichten Frost. Dagegen konnten der Westen und Nordwesten (etwas Wind,
gebietsweise bewölkt) mit zweistelligen Temperaturen um 10°C aufwarten. Es
bedarf keiner tiefgründigen Erörterung, dass diese Werte im Laufe des Tages nach
oben gehen, wenn auch mit unterschiedlichen Raten. Der Tageserwärmung am
zuträglichsten ist die Gemengelage Sonne, Wind und Leeseite. Scannt man die
Bundesrepublik hinsichtlich dieser Eigenschaften ab, kommt man heute
unweigerlich auf Westdeutschland, insbesondere den Nordrand der dortigen
Mittelgebirge, man kommt auf den Südwesten (wo T850 auf die höchsten Werte
ansteigt) und man kommt auf das höhere Alpenvorland. Tageshöchsttemperaturen von
16 oder 17, vereinzelt gar 18 oder 19°C laden dazu ein, sein Käffchen (oder
gerne auch einen Grünen Tee) am frühen Nachmittag im Freien zu genießen.

Aber auch sonst wird dieser 12. November mit 9 bis 15°C alles andere als kalt.
Gewisse Einbußen (teils nur um 6/7°C) gilt es am ehesten in großen Teilen
Bayerns, etwa von den Donauniederungen bis hoch nach Unter- und Oberfranken, zu
akzeptieren. Zum einen ist die Durchmischung aufgrund fehlender Luftbewegung
miserabel, zum anderen hält sich gebietsweise (Südthüringen gehört durch Stau am
Thüringer Wald auch dazu) zäher Nebel oder Hochnebel, der sich auch nicht
überall auflöst. Kurz noch ein Blick nach Norddeutschland, wo nicht nur die über
die Nordsee verlaufende Frontalzone nicht fern ist. Hinzu kommt die Annäherung
der Kaltfront von QUIRIN, die für den Durchzug mehr oder weniger dichter Wolken
und in Nordseenähe sowie nördlichen SH sogar für ein paar Tropfen sorgt.

Bliebe abschließend noch ein Satz zum Wind, der auf der Nordsee aus südlichen
Richtungen kommend vorübergehend einen Zahn zulegt, was sich insbesondere in
Nordfriesland und auf Helgoland (Kreis Pinneberg) in Form einiger steifer Böen 7
Bft äußert. Bereits am Nachmittag tritt der Wind im Zuge einer allmählichen
Gradientaufweichung aber schon wieder Rückzuggefechte an. Für den Brocken gilt
das nicht, dort gehtŽs nach anfänglichen Böen 7-8 Bft hoch auf 8-9 Bft, kommende
Nacht dann sogar bis zu 10 Bft (Low-Level-Effekte).

In der Nacht zum Donnerstag tut sich nicht viel an der großräumigen
Konstellation. Okay, Tief QUIRIN zieht über Mittelskandinavien hinweg Richtung
Lappland, was für uns aber nur von peripherer Bedeutung ist. Der über der
Nordsee befindliche Frontenzug zieht sich etwas nach Norden zurück, so dass im
äußersten Norden und Nordwesten zwar noch Wolkenfelder übrigbleiben, aber kein
Regen mehr. Ansonsten präsentiert sich der Himmel über weiten Teilen des Landes
gering bewölkt (Cirren) oder klar, was mit etwas Glück die Möglichkeit eröffnet,
Polarlichter zu erhaschen. Schwierig wirdŽs diesbezüglich nur in Teilen
Süddeutschlands, wo sich Nebel/Hochnebel tagsüber nicht aufgelöst haben und sich
nun wieder etwas ausbreiten oder aber neuer Nebel entsteht (gebietsweise
Donauniederungen mit nördlichem Alpenvorland, örtlich Oberrhein, Main und
Bodenseeregion). Das ganz große Nebel- und Hochnebelpotpourri, bei dem weite
Flächen „zugemüllt“ werden, ist nach übereinstimmender Meinung der diversen
numerischen Produkte aber nicht zu erwarten. Was zu erwarten ist, ist leichter
Frost, insbesondere in Senken, Mulden und Tälern südlich der Donau bis hinüber
zum Bayerischen Wald sowie vereinzelt auch etwas weiter nördlich.

Donnerstag… offenbart sich dem geneigten Betrachter (genau genommen ist das
auch am Mittwoch schon der Fall) ein wunderschönes Viererdruckfeld auf der
Wetterkarte: im Norden ein Pärchen mit Hoch Grönland/Island und dem Meister
QUIRIN über der südlichen Barentssee. Im Süden ein weiteres Duo bestehend aus
Tief PEPE weiterhin west-südwestlich von Irland und hohem Luftdruck über
Südosteuropa (inkl. Resten des ehemals auch bei uns nicht unbekannten Hochs
WENCKE). Während Pärchen #1 versucht, polare Kaltluft möglichst weit nach Süden
zu verfrachten, vertritt Pärchen #2 die Interessen der Warmduscher, indem es
milde bis sehr milde Luft mediterraner bis nordafrikanischer Herkunft möglichst
weit nach Norden transportiert. Wer am Ende bei uns die Oberhand behält, kann
der heutigen Synoptischen Übersicht Mittelfrist (ab heute Mittag im Netz und an
allen einschlägigen Kiosken erhältlich) entnommen werden. Fakt ist, dass eine
derartige Konstellation äußerst frontogenetisch wirkt, bei uns aber erstmal die
Warmluft das Zepter in der Hand behält, auch wenn im Norden erste zaghafte
Tendenzen in Richtung kühler (von kälter möchte man noch gar nicht sprechen)
erkennbar sind.

Zum Wetter, das am morgigen Donnerstag dem Süden und der Mitte trotz der
weiterhin am Himmel durchziehenden Cirren (diese sind bei kräftiger WLA einfach
nicht zu verhindern) viel Sonnenschein bringt. Dabei stehen die Chancen sehr
gut, dass sich sogar die lästigen Grautöne in Süddeutschland gänzlich auflösen.
Zwar ist der Wind im Süden noch immer alles andere als überragend (auch wenn an
und in den Alpen leichter Föhn aufkommt), mit Hilfe des Absinkens (=> Drücken
der Inversion in Bodennähe => Entrainment trockener Luft von oben) reicht es
aber wahrscheinlich aus, eine entsprechende Abtrocknung zu generieren. In
Straubing, Regensburg oder Neuburg wird man diese Botschaft äußerst wohlwollend
vernehmen, gehört man doch dort neben einigen anderen Kandidaten normalerweise
zu den absoluten Losern herbst-/winterlicher Hochdrucklagen.

Je weiter wir uns dem nord- und nordwestdeutschen respektive westfälischen
Tiefland nähern, desto eher müssen wir uns auf Wolken, teils mehrschichtig und
Richtung Küsten auch richtig dicht, einstellen. Die Nähe zur Frontalzone bleibt
erhalten, wobei der Rücken in seinem Westteil immer mehr wegerodiert wird und
einer glatten und indifferenten west-südwestlichen Höhenströmung weicht. Die
Kaltfront dringt im Laufe des Tages von der Nordsee in den Nordwesten ein und
induziert auf seiner Vorderseite zunehmend leichten Regen, der bis in den Norden
NRWs ausgreift. Viel wirdŽs bis zum Abend nicht sein, was sich aber schon in der
Folgenacht deutlich ändern wird.

Thema Wind, bereits in den frühen Morgenstunden legt der Südwest über der
Nordsee wieder zu mit Böen 7 Bft an der Küste SHs. Der Brocken powert weiter mit
9-10 Bft, aber auch einige andere exponierte Hochlagen ziehen allmählich an mit
Spitzen 7-8, Fichtelberg 9 Bft. In Ostsachsen könnte der Böhmische Wind erste
Akzente in Form einiger steifer Böen 7 Bft setzen. Das schlagzeilenträchtigste
Element des Tages ist freilich die Temperatur, die es verbreitet auf 12 bis 19°C
bringt. In Teilen BaWüs sowie am Alpenrand sind laut MOS sogar 21 oder 22°C drin
(leichte Zweifel wegen der Cirren und auch Saharastaub), aber auch im
Erzgebirgsvorland sowie im Westen (wenn dort nicht schon zu viel Bewölkung
aufschlägt) sind stellenweise 20°C drin – nicht schlecht Herr Specht.

In der Nacht zum Freitag setzen sich die frontogenetischen Prozesse über
Norddeutschland fort. Bereits am Abend beginnt der Wind in SH und an den Küsten
auf nördliche Richtungen zu drehen (Nordsee Nordost, sonst um Nord), was mit
einem beginnenden Luftmassenwechsel verbunden ist. Noch nicht die volle
Kaltluftdröhnung, davon sind wir noch weit entfernt. Immerhin geht T850 bis zum
Morgen auf rund 0°C an der Grenze zu Dänemark zurück, während gleichzeitig im
äußersten Süden 16, lokal vielleicht 17°C registriert werden. Frontogenetisch
sind auch die Wettererscheinungen im Norden, wo sich ein sehr gut definierter
zonaler Regenstreifen etabliert, der vom westlichen NDS und mindestens mal vom
Norden NRWs bis hinüber zur Oder reicht. Möglicherweise angefacht durch
Querzirkulation können nach Westen hin strichweise 10 bis 15, lokal vielleicht
um 20 l/m² innert 12 Stunden fallen, sonst weniger. Ganz im Norden von SH
(postfrontal) bleibt es trocken.

Diese Aussage trifft auch auf die Mitte und den Süden zu, die von der
Frontogenese noch nichts mitbekommen. Vor allem im Süden koppelt sich die flache
Grundschicht wieder ab, was lokal leichten Luft- und gebietsweise Bodenfrost,
aber insgesamt nur wenig Nebel zur Folge hat.

Freitag… wird der vom zentralen Mittelmeerraum bis nach Mitteleuropa reichende
Rücken in seinem Nordteil immer weiter geglättet, was dem langsam Vorstoß der
Frontalzone geschuldet ist. Die Betonung liegt dabei auf „langsam“, was auch
Auswirkungen auf die Bodenfrontalzone hat. Die kommt unterhalb der Zonalströmung
in Form einer zonal über die Norddeutsche Tiefebene verlaufenden
Luftmassengrenze weder vor noch zurück, was für die Norddeutschen keine gute
Nachricht ist. Wie einbetoniert bleibt dort nämlich der Regenstreifen liegen und
sorgt z.T. bis in den Samstag hinein für stundenlangen Dauerregen.
Hauptbetroffen sind NDS (außer der Süden), der Großraum HH + südliches SH, das
nördliche Sachsen-Anhalt sowie weite Teile MVs inkl. Nord-BB und Berlin.
Akkumuliert man die Regenmengen bis Samstagmittag 12 UTC, kommen im besagten
Streifen 36-48-stündig 10 bis 30, strichweise bis zu 40 l/m² zusammen. Ob es
noch etwas mehr wird, wie von ICON6 kleinräumig für das Osnabrücker Land
angedeutet, muss abgewartet werden. Die erforderliche Stationarität ist gegeben,
der dynamische Support aus der Höhe hingegen fällt ehr mau aus. Weit überzogen
scheinen die von UK10 apostrophierten 40 bis 75 l/m² in 48 Stunden für das
gesamte südwestliche NDS inkl. Münsterland und Ostwestfalen. Es soll nicht
verschwiegen werden, dass es ganz im Norden aufgrund der Zufuhr deutlich
abgetrockneter Polarluft (xPs) und dem damit einhergehenden Druckanstieg
(kräftiger, gen Jütland und Deutsche Bucht gerichteter Keil) weitgehend trocken
mit Auflockerungen bei allerdings nur noch 8, 9, maximal 10°C (T850 0 bis -2°C).

Die Mitte und der Süden des Landes verbleiben im weit offenen Warmsektor von
Dauerbrennertief PEPE, der sich langsam aber sicher dem Westrand der Biskaya
nähert (die zugehörige Warmfront markiert im Grunde die o.e. LMG über
Norddeutschland). Das mittlere Drittel stellt dabei einen Übergangsbereich dar,
in dem es mal mehr (nach Norden hin), mal weniger (nach Süden hin) bewölkt
zugeht, aber trocken bleibt. Etwa südlich von Main und Mosel scheint nach
Auflösung weniger Nebelfelder trotz weiterhin vorhandener Cirren die Sonne.
Dabei dürfte die 20°C-Marke ganz im Süden punktuell erneut geknackt werden (T850
um 15°C, am Alpenrand zunehmend föhnig, Druckdifferenz Bozen-Innsbruck 6 hPa),
während sonst 13 bis 19°C, in der Norddeutschen Tiefebene 10 bis 14°C auf der
Karte stehen.

Am Abend und in der Nacht zum Samstag kommt im Nordwesten, schwerpunktmäßig an
der Nordsee ein scharfer Ostwind in Gang (Böen 7, offene See 8 Bft), der die
Kaltluftzufuhr verschärft. Bis auf -5°C sinkt T850 am Morgen (Rügen), trotzdem
dürfte es am kalten Rand des langsam nach Süden vorschiebenden Regenbands nicht
schneien, weil es mit Ankunft der Kaltluft beginnt deutlich abzutrocknen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Entwicklung als solche ist unstrittig, Viererdruck ist in allen gängigen
Modellen en vogue. Noch nicht abschließend geklärt ist die genaue Regenmenge im
besagten Streifen, die von Donnerstag beginnend (so richtig erst in der Nacht)
bis Samstag fällt.
Zudem sei nochmal der Hinweis erlaubt, dass die in weiten Landesteilen permanent
andauernde WLA einen hohen, wenn auch meist transparenten Cirrenanteil bewirkt.
Der kann sich ebenso dämpfend auf die Temperaturentwicklung auswirken wie der
von den gängigen Modellen simulierte Saharastaub, der es mal wieder bis nach
Mitteleuropa schafft.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann