#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Freitag den 07.11.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 070800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.11.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Sa (Süd antizyklonal)
Zum Wochenende weiterhin ruhiges, aber zunehmend flächendeckend graues
Novemberwetter, dabei am Sonntag gebietsweise etwas Regen.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
Freitag… ist das gekommen, was kommen musste. Nach mehreren Tagen mit
angenehmer Novembersonne wurde jetzt auch im Rhein-Main-Gebiet das Hallendach
geschlossen. Hochnebel hat Einzug gehalten und damit fürs erste die Schotten
dicht gemacht. Und es spricht alles dafür, dass sich das am bevorstehenden
Wochenende auch nicht ändert. Im Gegenteil, der Trend, immer größere Areale ein-
oder auszugrauen, setzt sich weiter fort, bis am Sonntag so gut wie keine
Landstriche oder Bergkuppen mehr übrigbleiben, die aus dem grauen Sud
rausgucken.
Zur Lage der Nation, die sich unter einem inzwischen zonal exponierten
Höhenrücken befindet, welcher von Osteuropa bis zur Nordsee, Benelux und
Frankreich gerichtet ist. Die Tage zuvor war der Rücken noch meridional
aufgestellt, doch inzwischen wurde an der „unteren Wirbelsäule“ herumgedoktert.
Von der einen, der westlichen Seite, wurde der Rücken von einem Cut-Off-Tief
unterlaufen, das sein Drehzentrum heute früh unweit der Balearen hat. Von Osten
her sorgt ein weiteres Höhentief, das als Kaltlufttropfen (KLT) unterwegs ist
und derzeit über dem nördlichen Balkan positioniert ist, für Potenzialverlust.
Die Höhentiefs nähern sich im Tagesverlauf etwas an und beginnen sich um eine
virtuelle Achse zu drehen, was ein wenig an den berühmten Fujiwhara-Effekt bei
tropischen Wirbelstürmen erinnert. Nun, von tropischen Stürmen sind unsere
europäischen Exemplare zwar weit entfernt, trotzdem interagieren sie
miteinander, was an ihrer Positionsänderung deutlich wird. Zum Datumswechsel hat
der mediterrane Wirbel das Tyrrhenische Meer erreicht (und dabei eine
elliptische Form angenommen), während der KLT kurz vor Grenzübergang von Serbien
nach Kroatien steht.
So weit, so gut, alles ganz schön weit weg mag man denken, was hat das mit uns
hier zu tun? Nun, auf den ersten Blick tatsächlich nicht viel. Wenn man
allerdings genauer hinschaut, erkennt man vor allem nach Süden hin einen wenn
auch nur geringfügigen Potenzialverlust, der aber ausreicht, die bis dato nahezu
überall aufliegende Absinkinversion Schritt für Schritt anzuheben. Mit anderen
Worten, die dünne und durch nächtliche Ausstrahlung verbreitet ausgekühlte
Grundschicht wird gestreckt, was bei gleichzeitig abnehmendem Druckgradienten
(das Hoch VIANELDE liegt weiterhin in der Ukraine, das Tief NIKSALA über dem
nahen Atlantik mit Ableger (initiiert durch den Cut-Off) dicht bei Korsika)
sowohl der Bildung als auch der Konservierung (tagsüber) von Nebel und Hochnebel
äußerst förderlich ist. Und wenn das nicht reicht, kommt Advektion ins Spiel wie
heute früh im westlichen Niedersachen und Westfalen, wo – möglicherweise bedingt
durch einen kleinen Bodentrog – eine Portion Stratus-/Stratocumulusbewölkung aus
Belgien und den Niederlanden importiert wurde.
Trotz der geschilderten Eintrübungsmechanismen bleiben heute noch genügend
Gebiete übrig, in denen die Novembersonne nochmal zeigen kann, was in ihr
steckt. Vor allem in weiten Teilen der Nordhälfte lässt sich Klärchen nicht
lumpen, auch wenn es gebietsweise (z.B. im Nordwesten oder im Bereich der
unteren Elbe + SH + Westmecklenburg) nicht von Anfang an klappt. Im Süden
hingegen ist man gut beraten, entweder in höhere Gefilde zu flüchten oder den
Landstrich zwischen Saarland und Rheinland aufzusuchen, sofern man sich nicht
dort schon befindet. Ansonsten viel Dauergrau, das sich gar nicht oder erst spät
(ausgehend von den Mittelgebirgsrändern) auflöst bzw. auflockert.
Beim Wind muss man sehen, wie lange der mal mehr, mal weniger auflodernde
Böhmische Wind in Ostsachsen noch durchhält (der Druckgradient zwischen dem BB
und Ostsachsen nimmt weiter ab und richtig kalt ist das BB ja auch nicht).
Ansonsten bleibt die Luftbewegung im Zuge des weiter auffächernden Gradienten
sehr flau, was sich auch auf die Temperaturentwicklung auswirkt. Die
Durchmischung wird immer schwächer, Überströmungseffekte im Lee der
Mittelgebirge ebenfalls. Nichtsdestotrotz reicht es in der gealterten, mit
Ausnahme der dünnen Grenzschicht schon fast kontinental anmutenden subtropischen
Luftmasse (xSp/cSp; T850 heute Mittag 8 bis 13°C) am Nordrand der westlichen
Mittelgebirge bis hinüber ins Rheinland bzw. zum Niederrhein für sehr milde 15
bis 17°C. Ansonsten stehen in den Gebieten mit längerem Sonnenschein 9 bis 15,
bei zähem Nebel/Hochnebel 2 bis 9°C auf der Karte, wobei es in Teilen der
Donauniederungen sowie des nördlichen Alpenvorlands am frischesten bleibt.
In der Nacht zum Samstag setzt sich die Streckung der Grundschicht und damit
auch die Ein(hoch)nebelung fort. Ausgenommen bleiben die Gebiete zwischen
Erzgebirge und Vorpommern, wo die Luft mit leichtem Einschlag von Polen her
weiterhin sehr trocken ist. Dazu kommen der äußerste Westen sowie allgemein
höhere Lagen, wobei man sich dort auch nicht mehr überall darauf verlassen kann,
den Mond und die Sterne zu sehen. Die Inversionsuntergrenze steigt auf 600 bis
1000 m, so dass manche nicht ganz so prominent herausragende Kuppe in den Nebel
oder Hochnebel eintaucht. Dort, wo es tagsüber nicht aufgegangen ist, bleibt die
Temperaturkurve flach und die Frostgefahr gering. Dort, wo es noch längere Zeit
offen ist oder bleibt, kann es – wenn auch nicht flächendeckend – auf unter 0°C
abkühlen (Süden, Mitte, Osten). Die Frostprognose ist und bleibt eine
Herausforderung, wobei sich der Verdacht aufdrängt, dass die MOS-Verfahren zu
offensiv ans Werk gehen, insbesondere dort, wo es tagsüber dicht bleibt. Sollte
der Böhmische Wind nicht schon vorher die Grätsche gemacht haben, was nicht
unwahrscheinlich ist, spätestens in der Nacht ist dann Schluss.
Samstag… geraten wir in eine Art barischen Sumpf mit geringen
Luftdruckgegensätzen um 1015 hPa herum. Im Hochsommer würde so eine
Konstellation mit der „richtigen“ Luftmasse ungute Gefühle auslösen, Stichwort
„unorganisierte Schrottkonvektion“. Im November hingegen bleibt der Puls unten,
sind doch die Auswirkungen gang andere. Zunächst aber ein kurzer Exkurs zu
unseren „Höheneiern“ über Südeuropa, wo sich durch eine weitere Abtropfung ein
neuer Wirbel über dem westlichen Mittelmeer dazugesellt. Der soll uns zunächst
aber nicht jucken, konzentrieren wir uns auf das Bestandspärchen, bei dem nun
tatsächlich der Fujiwhara-Effekt zuschlägt. Nach dem Motto „friss oder stirb“
setzt sich der KLT am Ende durch, wobei dieser via Ungarn in Richtung
Dreiländereck Slowakei-Tschechien-Österreich zieht. Gleichzeitig verliert das
mediterrane Höhentief seinen Status und schwenkt als unbedeutender Randtrog über
die Adria in Richtung Balkan. Mit Annäherung des KLTs wird bei uns – wenn auch
ganz seicht – Potenzial abgebaut, wodurch der Rücken (im Grunde ist es nur noch
ein Keil) in den Westen und Nordwesten des Landes ausweichen muss. Die
Grundschicht wird weiter gestreckt, teilweise steigt die Inversion bis nahe 800
hPa an. Darunter sammelt sich ausreichend Wasserdampf, um den Tag mit Grautönen
auszuschmücken und wir sollten auch nicht verwundert sein, wenn es hier und da
sogar mal etwas nieselt aus dem Hochnebel bzw. Stratus.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die roten oder orangen Flächen
in der MOS-Vorhersage der Sonnenscheindauer immer kleiner werden. Übrig bleibt
nur noch ein Streifen zwischen Sachsen und Vorpommern, wo die Luft trockener ist
und sich die Sonne für längere Zeit die Ehre gibt. Dazu gesellt sich der
äußerste Westen vom Saarland bis zum Niederrhein, wenn auch nicht ganz astrein
und mit Wolken. Und natürlich das höhere Alpenvorland sowie die höchsten Lagen
der Mittelgebirge, auch wenn man wahrscheinlich hoch hinaus muss auf über 900
bis 1000 m, was z.B. im Taunus, im Vogelsberg oder im Westerwald (um nur einige
zu nennen) schwierig wird – herzlich Willkommen im November 2025, wie man ihn
sich landläufig vorstellt.
Thermisch stehen dort, wo die Sonne noch Impulse setzen kann, 9 bis 13, ganz im
Westen lokal bis zu 15°C auf dem Zettel. Ansonsten heißt es verbreitet
einstellige Werte zwischen 2 und 9°C (am kältesten das nördliche Alpenvorland
über die Donau hinweg bis nach Mittelfranken) zu akzeptieren.
In der Nacht zum Sonntag bzw. am frühen Morgen erreicht der KLT Tschechien. Zwar
sind die dynamischen Pärchen (PVA/NVA, WLA/KLA) alles andere als lehrbuchmäßig
angeordnet. Trotzdem werden Hebungsprozesse induziert, die vor allem auf
tschechischer Seite Wirkung zeigen (Regen). Möglicherweise greift aber auch
schon etwas Niederschlag auf das Erzgebirge sowie dessen Vorland über (aktuell
noch Modellunterschiede).
Ansonsten ist die Story rasch durcherzählt: weiteres Schließen letzter Lücken
mit Nebel und Hochnebel, dazu örtlich Nieselregen und deutlich abnehmende
Frostwahrscheinlichkeit (voraussichtlich nur noch vereinzelt ganz im Süden und
Südosten).
Sonntag… bleibt uns sie amorph anmutende Druckverteilung erhalten, auch wenn
von Frankreich her ein schmaler Keil des Azorenhochs versucht, Fühlung zum
Vorhersageraum aufzunehmen. Vergeblich, wenn man der Numerik Glauben schenken
mag, woran es eigentlich keine Zweifel gibt. Zu dominant das Höhentief
respektive der KLT, das zwar nicht direkt auf Deutschland übergreift, sich dafür
aber über Tschechien einen Wolf kreiselt. Das reicht aus, um quasi das ganze
Land unter Wolken oder Hochnebel zu setzen, wobei nun auch die höheren Berge
immer schlechtere Karten haben. Grund ist ein weiteres Anheben, z.T. sogar ein
gänzliches Auflösen der Inversion, wobei Letzteres mitunter auch positive
Effekte haben kann (Aufbrechen von Hochnebel + Übergang in konvektiv geprägte
Bewölkung). Im vorliegenden Fall ist es aber so, dass insbesondere über der
Südhälfte und Teilen der Mitte zusätzlich mittelhohe und hohe Wolken
durchziehen, aus denen zeitweise etwas Regen, in den Hochlagen des Bayerischen
Waldes bei T850 um 0°C sogar etwas Schnee fällt. Aufhellungen oder
Auflockerungen sind am ehesten noch im Grenzbereich zu Benelux zu erhaschen,
ansonsten brauchtŽs schon viel Glück für Žne Lücke.
Zwar gibt der Wind nicht viel her, trotzdem bedarf er einer kurzen Erwähnung,
weil er nämlich mit Ausnahme der östlichen Landesteile (dort weiterhin um Süd)
auf westliche Richtungen dreht. Ein Mitgrund dafür, dass es in der Westhälfte
mit 8 bis 13°C ziemlich mild bleibt, während sonst auch nicht gerade üppig kalte
4 bis 10°C erreicht werden.
Die Nacht zum Montag bringt wenig Änderung, heißt, viele Wolken oder
Nebel/Hochnebel, zeit- und gebietsweise leichter Regen (am wenigsten oder nichts
im Westen sowie im Nordosten), kein Frost.
Modellvergleich und -einschätzung
Abgesehen von den üblichen modellspezifischen Unschärfen (z.B. Parametrisierung
der Grenzschicht) performt die Numerik ziemlich einheitlich. Die fortschreitende
Vergrauung im meteorologischen Kontext wird sich hierzulande nicht aufhalten
lassen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann