SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 20.10.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWz
Mild und zunehmend unbeständig mit zeitweiligem Regen und Schauern, vereinzelt
auch kurze Gewitter. In einigen Kammlagen, am Dienstag auch im Nordseeumfeld
stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln (schwere) Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC

Montag… stellt sich die Wetterlage um auf eine unbeständige und milde
zyklonale Südwestlage, die uns auch in den kommenden Tagen beschäftigen wird und
am Donnerstag bzw. in der Nacht zum Freitag dann auch mit recht hoher
Wahrscheinlichkeit in einen ersten Herbststurm mündet (dazu mehr in der
Mittelfristübersicht).
Bis dahin halten sich die markanten Wetterereignisse aber im Rahmen und
beschränken sich weitgehend auf Sturmböen in den Gipfellagen, das Ganze geht
also erst einmal mit „gebremsten Schaum“ einher.
Bereits aktuell befindet sich ein hochreichender Tiefdruckkomplex im Bereich der
Britischen Inseln. Das zugehörige Bodentief „IRAWAN“ wies in der 00 UTC-Analyse
über dem Südwesten von Island einen Kerndruck von knapp über 980 hPa auf, hat
sich inzwischen bis weit in die mittlere Troposphäre vorgearbeitet und somit den
Höhepunkt seiner Entwicklung überschritten. Es zieht unter nur zögernder
Abschwächung bis zum Abend nach Südostengland (Großraum London), wobei es knapp
nördlich von Schottland zu einer weiteren Randtiefentwicklung kommt und der
ganze Komplex sowohl in der Höhe als auch am Boden somit eine Dipol-Struktur
annimmt.
Diesem Tiefdruckkomplex steht ein Höhenrücken über dem östlichen Mitteleuropa
gegenüber, der im Tagesverlauf nur langsam ostwärts abgedrängt wird. Daraus
ergibt sich über dem Vorhersagegebiet eine südsüdwestliche Höhenströmung, die
mit Annäherung des vom Tiefdruckkomplex ausgehenden und noch etwas
amplifizierenden Höhentroges, der abends Frankreich erreicht, noch ein wenig
aufsteilt und eine zunehmend zyklonale Kontur bekommt.
Die mit dem Rücken korrespondierende Hochdruckzone hat sich inzwischen weit nach
Ost- und Südosteuropa zurückgezogen und inzwischen greift ein erstes, weitgehend
okkludiertes Frontensystem auf den Westen Deutschlands über. Mangels
Schubkomponente kommt es nur langsam ostwärts voran und erreicht abends in etwa
die östliche Mitte. Der dynamische Hebungsinput im Frontbereich hält sich in
Grenzen; zwar fällt präfrontal und mit Frontpassage verbreitet schauerartiger
Regen, dennoch reicht es meist nur für wenige l/m², im Lee einiger Mittelgebirge
eventuell auch nur für ein paar Tropfen, während in einigen Südweststaulagen der
west- und südwestdeutschen Mittelgebirge etwas mehr als 10 l/m² fallen können.
Von Warnrelevanz ist allerdings der Wind, angesichts der stabilen Schichtung
präfrontal aber erst einmal lediglich in höheren Lagen bzw. im Lee einiger
Mittelgebirge sowie an einigen exponierten Küstenabschnitten mit Böen Bft 7,
vereinzelt auch Bft 8 aus Süd bis Südost. In exponierten Gipfellagen sind auch
Sturmböen (Bft 9) möglich, auf dem Brocken am Nachmittag/Abend auch schwere
Sturmböen (Bft 10).
In großen Teilen der Osthälfte sowie im Südosten bleibt es bis zum Abend noch
weitgehend trocken und vor allem von der vorpommerschen Ostseeküste bis zum
Osterzgebirge scheint auch meistens die Sonne.
Auch postfrontal lockern die Wolken im Westen am Nachmittag auf. Mit Annäherung
des Höhentroges geht aber die Advektion höhenkälterer Luft einher, was zu einer
gewissen Labilisierung der Luftmasse führt, zumal es bodennah und
niedertroposphärisch auch postfrontal sehr mild bleibt (T850 hPa 7 bis 8 Grad).
Die diffluente Vorderseite des Troges generiert mit PVA auch einen, wenngleich
nicht allzu großen dynamischen Hebungsinput, so dass zum Abend hin von
Frankreich und Benelux her eine relativ rege Schauertätigkeit im Südwesten und
Westen des Landes einsetzt. Mit etwas Cape sind dabei auch einzelne kurze
Gewitter nicht ausgeschlossen. Auch, wenn der Gradient postfrontal etwas
auffächert, sorgt nun die Labilität für bessere Durchmischung, so dass vor allem
in Schauer- und Gewitternähe auch in den Niederungen steife Böen (Bft 7) möglich
sind, wobei der Wind auf Südwest dreht. Die Luftmasse weist zudem markante
Scherung auf, die Hodografen sind in den unteren 1 bis 1,5 km leicht gekurft.
Entsprechend sind auch kurzlebige flache Superzellen mit Sturmböen nicht ganz
ausgeschlossen.
Insgesamt steht ein milder Tag ins Haus. Die Höchsttemperaturen erreichen meist
Werte zwischen 11 und 16 Grad. Etwas kühler bleibt es im Luv einiger
Mittelgebirge, milder wird es dagegen mit der besseren Durchmischung im Westen
mit 14 bis 18 Grad; selbst die 19 Grad sind mit etwas Sonnenschein am
Niederrhein nicht ganz ausgeschlossen.

In der Nacht zum Dienstag nimmt der südliche Dipol samt Höhentrog etwas an Fahrt
auf und greift auf das Vorhersagegebiet über, das zugehörige Bodentief zieht zur
mittleren Nordsee. Somit bekommt die Front vorübergehend eine deutliche
Schubkomponente und überquert nun auch die Osthälfte rasch ostwärts, gerät aber
über dem Alpenraum bzw. dem äußersten Süden Deutschlands ins Schleifen. Nach wie
vor hält sich die Niederschlagstätigkeit in Grenzen, in der Lausitz und in
Südostbayern kommt kaum mehr was an. Lediglich entlang der schleifenden Front
kann es mit Annäherung einer flachen Frontalwelle ausgangs der Nacht im
äußersten Südwesten etwas kräftiger regnen (ICON-EU und -D2 mit mehr als 10 l/m²
in den Staulagen des Südschwarzwaldes). Postfrontal kommen die Schauer und
anfangs noch kurzen Gewitter allmählich nach Osten voran und erfassen zumindest
auch noch die mittleren Landesteile. Vor allem in Schauernähe sind nach wie vor
einzelne steife Böen aus Süd bis Südwest möglich, anfangs auch einzelne
stürmische Böen nicht ausgeschlossen. Ansonsten beschränken sich warnrelevante
Böen (Bft 8 bis 9) (vorderseitig des Bodentroges, der morgens den Wesen und
Südwesten überquert hat, aus Süd bis Südost) auf die Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge und der Alpen, wobei auf exponierten Gipfeln (Brocken,
Feldberg/Schwarzwald) auch schwere Sturmböen möglich sind. Auch über der offenen
Nordsee und auf einigen Inseln mit auflandigem Wind gibt es steife, morgens auf
Helgoland eventuell auch stürmische Böen.
Insgesamt bleibt es nachts relativ mild, lediglich in windgeschützten Regionen
im Südosten kühlt es bei aufgelockerter Bewölkung örtlich auf nahe 5 Grad ab, in
einigen Mittelgebirgstälern auch darunter. Im Nordwesten weisen die Minima
dagegen oft zweistellige Werte auf.

Dienstag… schwenkt der Höhentrog unter Konturverlust über das Vorhersagegebiet
hinweg nordostwärts, gefolgt von einem weiteren Kurzwellentrog, der abends
Benelux erreicht. Das Bodentief über der mittleren Nordsee füllt sich auf, übrig
bleibt aber ein recht scharfer Trog, der über die Deutsche Bucht und
Nordwestdeutschland hinweg nordwärts Richtung Skagerrak schwenkt. Der Dipol
nördlich von Schottland bleibt dagegen als zentralsteuerndes Tief erhalten.
Die über dem Alpenraum schleifende Front kommt nun wieder etwas nordwärts, nach
Süddeutschland voran, wird aber dynamisch nur wenig gestützt, so dass sich die
Niederschlagstätigkeit in Grenzen hält und die Wolken zwischendurch sogar etwas
auflockern. Mit ein wenig Einstrahlung nehmen die dort gebietsweise auftretenden
Regenfälle mehr konvektiven Charakter an, wobei auch kurze Gewitter nicht ganz
ausgeschlossen sind.
Häufige Schauer und auch kurze Gewitter gibt es dagegen mit Durchschwenken des
Troges und Annäherung des weiteren Kurzwellentroges im Westen und Nordwesten,
abgeschwächt vielleicht auch noch auf die mittleren Landesteile ausweitend. Die
Labilität hält sich mangels Höhenkaltluft (T500 hPa um -20 Grad, T850 hPa um +6
Grad) allerdings sehr in Grenzen, so dass es fraglich ist, ob es überhaupt mal
für ein Gewitter reicht, am ehesten noch über der Nordsee. Bei markanter
Scherung und einem mit Durchschwenken des Bodentroges auch vorübergehend recht
veritablen Gradienten steigt die Wahrscheinlichkeit für steife, vereinzelt auch
für stürmische Böen aus Südwest vor allem in Schauernähe an. Im Nordseeumfeld
gibt es verbreitet steife, in freien Lagen auch stürmische Böen, in einigen
Gipfellagen auch Sturmböen. Nach Durchschwenken des Bodentroges nimmt der Wind
am Nachmittag und Abend vor allem im Binnenland aber bereits wieder ab.
In der Osthälfte sowie in den mittleren Landesteilen hält sich die
Schauertätigkeit dagegen sehr in Grenzen, oft bleibt es trocken. Vor allem nach
Osten zu (Lausitz, Erzgebirgsvorland) kann sich auch häufiger die Sonne
durchsetzen. Allgemein bleibt es bei guter Durchmischung mild mit Höchstwerten
zwischen 13 und 18 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Kurzwellentrog von Benelux her über den
Norden und die Mitte des Landes hinweg ostwärts und hält die Schauertätigkeit
aufrecht, wobei die Schauer mit Durschwenken des Troges über die Mitte hinweg
nun auch nach Süden ausgreifen. Insgesamt fehlt es aber für kräftigere
Entwicklungen an Höhenkaltluft und an Labilität, so dass die Mengen – außer
vielleicht im Nordseeumfeld – nur gering ausfallen.
Die schleifende Front wird vorübergehend über die Alpen hinweg nach Süden
gedrückt, geht dann aber über Westeuropa über in eine Frontalwelle westlich der
Biskaya, deren Warmfront morgens auf Westfrankreich übergreift.
Der Wind nimmt über dem Vorhersagegebiet weiter ab, in einigen Kamm- und
Gipfellagen gibt es aber noch stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln anfangs
Sturmböen. Auch über der Nordsee bleibt es bei steifen, exponiert auch
stürmischen Böen aus Südwest, nach Durchschwenken des Bodentroges aus West. Bei
nur wenig Auflockerungen der andauernden Advektion erwärmter Meeresluft bleibt
es mit Minima zwischen 12 und 7 Grad relativ mild.

Mittwoch… stößt von Nordwesten her ein markanter Randtrog ins Seegebiet
westnordwestlich der Britischen Inseln vor und regeneriert den Höhentrogkomplex
über Westeuropa. An der Südflanke des neuen Randtroges entwickelt sich eine
markante Frontalzone mit mehr als 160 kn in 300 hPa im Bereich eines kräftigen
Jetstreaks. Zum Abend hin gerät dann die oben angesprochene und Richtung
Südengland ziehende Frontalwelle in den linken Ausgangsbereich des Jets und kann
sich in der Nacht zum Donnerstag zu einer veritablen Sturmzyklone entwickeln.
Hierzulande stellt sich allerdings nach Durchschwenken des Kurzwellentroges
unterhalb einer relativ glatten bzw. nur leicht „flatterhaften“ west- bis
südwestlichen Höhenströmung mit beginnender WLA eine gewisse Wetterberuhigung
ein. Einzelne Schauer gibt es anfangs vor allem noch im Norden und Nordosten,
diese klingen am Nachmittag und Abend aber mehr und mehr ab. Von Westen nähert
sich sann aber bereits die Warmfront der Frontalwelle, deren Progression von den
Modellen allerdings noch unterschiedlich simuliert wird. Während die
WLA-induzierten leichten Regenfälle nach Lesart des ICON-EU grade so den
südwest- und süddeutschen Raum erfassen (mit maximal wenigen l/m², lediglich im
Stau des Südschwarzwaldes bis an die 10 l/m²), simuliert das GFS eine weitere
flache Welle entlang der Front über dem Ärmelkanal, die abends Belgien erreicht.
Entsprechend würden die WLA-induzierten Regenfälle am Nachmittag und Abend
bereits weite Teile des Vorhersagegebietes erfassen, wenngleich auch nur mit
geringen Mengen. Lediglich im Nordosten, im Südosten sowie im Lee einiger
Mittelgebirge bleibt es trocken.
Während die unterschiedlich simulierten Niederschläge lediglich prognose-, aber
nicht warnrelevant sind, kann die GFS-Entwicklung aber durchaus Einfluss auf das
Warnmanagement bzgl. des Windes aufweisen. Nach Lesart des ICON-EU dürfte der
Wind nämlich, nach anfänglich noch steifen Böen über der Nordsee und stürmischen
Böen in einigen Gipfellagen, im Tagesverlauf keine Warnrelevanz mehr aufweisen.
Mit der Wellentiefentwicklung des GFS kann es am Nachmittag und Abend dagegen
zumindest in den höheren Lagen der westlichen, südwestlichen und zentralen
Mittelgebirge erneut stürmische Böen aus Südwest geben.
Wie auch immer sich letztendlich der Wetterablauf im Detail gestaltet – es
bleibt mild (T850 hPa meist zwischen 4 und 8 Grad), aber allzu viel Sonnenschein
ist nicht zu erwarten, am ehesten vielleicht noch nach Osten zu sowie an den
Alpen. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 13 und 17 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag vollzieht sich dann die oben angesprochene
Sturmtiefentwicklung, wobei die Modellunterschiede diesbezüglich noch ziemlich
groß sind. ICON-EU (und sehr ähnlich auch UK10) simuliert das Tief
Donnerstagfrüh mit einem Kerndruck von unter 970 hPa im Bereich der Doggerbank –
GFS dagegen mit etwa 980 hPa über dem Norden Belgiens, ähnlich wie der gestrige
IFS-Lauf von 12 UTC.
Wie auch immer – wir geraten auf der Vorderseite des Tiefs bzw. des scharfen
Höhentroges unter eine zyklonale und stark diffluent konturierte südsüdwestliche
Höhenströmung. Entsprechend setzen bei kräftigem dynamischen Hebungsantrieb
(PVA) von Westen her schauerartige Regenfälle ein, die rasch nach Osten
vorankommen, den äußersten Osten und Südosten aber wohl noch nicht erreichen.
Mit Annäherung des Troges und einer eventuellen Frontpassage in den Frühstunden
kann es dann im Westen/Südwesten eventuell auch kräftigere schauerartige
Regenfälle bzw. einzelne Gewitter geben.
Im Fokus steht allerdings die Windentwicklung, die im Detail aber noch nicht
wirklich abschätzbar ist. In den Hochlagen und über der Nordsee dürfte es aber
ausgangs der Nacht für stürmische Böen bzw. Sturmböen aus Süd bis Südost
reichen, auf exponierten Gipfeln für schwere Sturmböen. In den Niederungen
springt der Wind angesichts der stabilen Schichtung wohl zunächst nur in einigen
Lee-Lagen an, erst mit Passage einer eventuellen Fronst sind dann im Westen
erste stürmische Böen bzw. Sturmböen möglich.
Insgesamt bleibt es nachts relativ mild mit Minima zwischen 12 und 7 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung

Heute und am Dienstag fahren die Modelle einen einheitlichen Kurs, prognose- und
warnrelevante Unterschiede sind kaum auszumachen.
Das ändert sich dann bereits am Mittwoch tagsüber mit einer vom GFS und
abgeschwächt auch vom IFS simulierten Wellenentwicklung entlang der Warmfront,
die im ICON-EU nicht auftaucht. Diese Differenzen haben auch relativ großen
Einfluss auf die Sturmtiefentwicklung in der Nacht zum und am Donnerstag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff