#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Samstag, den 18.10.2025 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 18.10.2025 um 10.30 UTC
Wechselhaft und (sehr) mild. Donnerstag und Freitag nimmt die Wahrscheinlichkeit
einer Sturmlage besonders im Norden weiter zu.
Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 25.10.2025
Die Antwort auf die Frage des „Warum?“ kann heute nur schwer beantwortet werden.
Warum kommt es zu diesem nachhaltigen Wechsel der Witterung?
Zwar haben wir seit Wochen etwas mehr Bewegung in und nun zunehmend auch aus den
Tropen heraus mit einer progressiven MJO, deren Einfluss sollte aber noch keine
Fernwirkung auf die aktuelle Mittelfrist ausüben. Es fällt aber auf, dass mit
Beginn dieser Mittelfrist die Rossbywellen nach tagelang stationärem Verhalten
mit Blick auf die Nordhemisphäre verbreitet mobil werden, teils retrograd, teils
unter Verlagerung nach Osten. Dies fällt zusammen mit einer regionalen
Verschärfung des 2PVU Gradienten mit anschließendem Wellenbrechen, was die
Wellen auf synoptischer Ebene verschiebt. Gleichzeitig kühlt die Stratosphäre
nun besonders über dem kanadischen Sektor verstärkt ab, was sich aber noch nicht
direkt auf die Troposphäre auswirkt. Erschwert wird die Einschätzung zudem an
einigen fehlenden (nicht aktualisierten) Datensätzen, was auf den „shutdown“ in
den USA zurückzuführen ist. Ansonsten ergeben sich aber keine treibenden
Einflüsse per Telekonnektion, sodass dieser Wechsel eher auf die Wellendynamik
zurückzuführen ist und regional durch (hyper)barokline Bereiche beeinflusst
wird.
Die Mittelfrist, die sich vom Dienstag, den 21. Oktober bis Samstag, den 25.
Oktober erstreckt, wird bei uns durch eine Wellenprogression beeinflusst, die
sich in Form eines über Nordeuropa liegenden Langwellentroges äußert, der sich
u.a. innerhalb des Zeit-Längendiagramms des IFS-ENS zum Ende der Mittelfrist mit
seiner Achse weiter nach Osten verlagert. Von daher verwundert die milde, teils
auch sehr milde Witterung dieser Mittelfrist nicht, die nach Ostverlagerung der
Achse von einer kühleren Phase abgelöst wird.
Am Dienstag wirkt sich der Langwellentrog schon auf unser Wetter aus, indem eine
umfangreiche Zyklone über Schottland eine Okklusion nach Deutschland lenkt. Bei
wechselnder Bewölkung kommt es immer wieder zu Schauern, vor allem im Osten und
in Leelagen kann sich aber auch die Sonne für längere Zeit durchsetzen. Unsicher
ist noch eine optionale Kurzwellenpassage über die Mitte hinweg nach Osten, die
für den Süden länger anhaltende Regenfälle zur Folge haben könnte.
Am Mittwoch ändert sich noch wenig. Postfrontal der Okklusion kommt es zu
zeitweiligen, geringen Niederschlägen, ehe es in der Nacht zum Donnerstag im
Zuge einer von Westen nahenden Warmfront im Westen zu länger anhaltenden
Regenfällen kommt. Diese bringen dem Westen 12-std. nennenswert Nass mit 5 bis
10 l/m², in Staulagen regional bis 20 l/m².
Diese Warmfront steht im Zusammenhang mit einer komplexen und dynamischen
Entwicklung vor den Toren Westeuropas, die bereits im Tagesverlauf des Dienstags
beginnt. Dabei wird im breiten Zustrom eine sehr feuchte Luftmasse aus
subtropischen bis tropischen Bereichen in eine beginnende Zyklogenese eingebaut,
wobei die PWATs jenseits des 99-iger Perzentils zu finden sind bzw. bereits
jetzt mit ersten Anzeichen für rekordverdächtige Feuchtewerte für Oktober
aufwarten. Hinzu kommt aus heutiger Sicht ein konstruktives Einbinden
vorderseitig eines dynamischen Höhentroges vor Irland/Schottland sowie die
potentielle Durchquerung eines 170kt Höhenjets in 300 hPa. Unsicherheiten gibt
es noch einige, was vor allem die zeitliche Dauer der Tiefdruckentwicklung
betrifft, doch EZ ist recht konstant mit dem Signal einer kräftigen
Tiefdruckentwicklung über Nordwesteuropa, die in die Nordsee zieht. Im IFS-ENS
ergibt sich auch noch eine erhebliche Memberstreuung beim Kerndruck mit 970-980
hPa Lösungen und erschwerend kommt hinzu, dass die dominante Zyklogenese durch
Verschmelzung mehrerer kleinerer Tiefdruckgebiete entsteht, was ebenfalls
Unsicherheiten induziert („vorticity merging“ ist innerhalb der Numerik ein
größerer Unsicherheitsfaktor).
Die Zeichen sind aber deutlich vorhanden, dass sich am Donnerstag eine kräftige
Zyklone über der Nordsee einfindet und die Option einer rasanten
Intensivierungsphase nach Durchquerung des Jets ist definitiv gegeben (ggf. auch
auf unter 970 hPa). Zum Freitag deutet sich eine Ostverlagerung des Bodentiefs
an, was durch stetigen Geopotentialanstieg südlich vor Grönland/Island
hervorgerufen wird.
Nehmen wir den aktuellen Modelllauf als Ausgangslage (und das ist schon eher die
Spitze der aktuell vorhandenen modellübergreifenden Lösungen), dann würde der
Donnerstag ein äußerst spannender Wettertag werden. Im Zuge einer doppelten
Warmfrontpassage würde ein umfangreicher Warmsektor über Deutschland aufgespannt
werden mit T850 Werten von +9 bis +13 Grad von Nord nach Süd. Zusätzlich würden
teils länger anhaltende und konvektiv verstärkte Niederschläge auf Deutschland
übergreifen. Neben markanten 24 std. Niederschlagsmengen von 30 bis 50 l/m² nahe
des Okklusionspunktes in Schleswig-Holstein stünden über der Mitte und dem
Südwesten ebenfalls beachtliche 15 bis lokal 30 l/m² sowie im Nordwesten ein
erhöhtes Risiko für organisierte Konvektion auf dem Programm. Zudem würde mit
rascher Zunahme des Gradienten im Warmsektor Sturm im Bergland sowie im Umfeld
der Deutschen Bucht ein Thema werden.
Im Verlauf der Nacht zum Freitag bis Freitag tagsüber würde eine beachtliche
Sturmlage über Norddeutschland drohen mit Passage eines sub-970 hPa Bodentiefs
über Dänemark nach Osten. 850 hPa Winde jenseits von 150 km/h wären bodennah für
wiederholte 100 km/h Böen im Norden und orkanartige Böen bis Orkanböen im
Küstenumfeld gut, nach Süden mit einer sukzessiven Abschwächung der Böenspitzen.
Im Zuge der herumgeholten Okklusion müssten im Norden (Schleswig-Holstein) mit
weiteren, teils markanten Niederschlägen gerechnet werden, was 36-48std.
unwetterartige Mengen bedeuten würde. Ansonsten wäre der Freitag im Rest der
Republik ein windiger, insgesamt aber auch ein freundlicher Tag, sieht man von
temporären Schauerpassagen ab.
Für Donnerstag/Freitag wurde aber bewusst auf den Konjunktiv gesetzt, da es in
dieser dynamischen Ausgangslage noch weitere Modellanpassungen geben wird, die
sich auf alle Parameter verstärkend, oder aber auch abschwächend auswirken
können. Abseits dieser Unsicherheiten gibt es aber deutliche Anzeichen einer
deftigen Sturmlage in Teilen Nordwest- bis Mitteleuropas, deren Entwicklung
weiter genau verfolgt werden sollte.
Zum Ende der Mittelfrist bei zyklonal geprägter nordwestlicher Höhenströmung
weiterhin wechselhaft, ohne jedoch markante Mengen zu erreichen. Es bleibt
besonders im Norden und Osten windig, im Bergland und in Küstennähe stürmisch.
Die Maxima liegen meist im milden, teils auch sehr milden Bereich von 13 bis 18
Grad, besonders am Donnerstag im Süden teils auch um 20 Grad. In den Nächten
bleibt es frostfrei bei Minima von West nach Ost zwischen 13 und 4 Grad.
Der Südwestwind bleibt auch abseits des optionalen Sturmereignisses am
Donnerstag/Freitag ein dominantes Thema. Wiederholt frischt der Südwestwind böig
auf, zeitweise mit Sturmböen im Bergland sowie entlang der Küsten. Feinere
zeitliche Schwerpunkte hängen von eingebetteten Kurzwellen ab und werden
innerhalb der jeweiligen Kurzfrist behandelt.
In der erweiterten Mittelfrist weiter unbeständig und von Westen zögernde
Wetterberuhigung.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Mittelfrist wird laufübergreifend recht homogen gesehen in Form einer
wechselhaften und dynamischen Westwindwetterlage. Auch die Entwicklung eines
Sturmtiefs zum Donnerstag/Freitag über Großbritannien und in der Folge unter
allmählicher Auffüllung nach Schweden ziehend wird recht homogen behandelt,
wenngleich es geringe zeitliche Unschärfen gibt.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Beim Blick auf die anderen Modelle ergeben sich keine neuen Erkenntnisgewinne.
Der größte Unterschied liegt in der Geometrie der zu erwartenden umfangreichen
Zyklone über Nordwesteuropa, sodass es zu geringen zeitlichen Diskrepanzen z.B.
bezüglich der Frontpassagen kommt. Ansonsten wird aber dieser wechselhafte und
zum Donnerstag/Freitag auch stürmische Witterungsabschnitt von allen Modellen
mitgetragen.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Clusteranlyse beginnt mit einem Cluster und dem klimatologischen Regime der
positiven NAO. Deutschland liegt dabei im Einflussbereich eines umfangreichen
Langwellentroges über Nordwesteuropa.
Mittwoch bis Freitag zeigen 3 Cluster eine zwischen positiver und negativer NAO
wechselnde Dominanz des klimatologischen Regimes. Der Kontrolllauf liegt dabei
im ersten Cluster. Alle Lösungen heben am Donnerstag eine kräftige
Tiefdruckentwicklung über der Nordsee hervor, wobei die größten Unsicherheiten
darin bestehen, wie weit nach Süden (Südeuropa) dieser Trog ausgreift. Cluster 2
würde besonders für den Norden, Cluster 1 für den Norden und die Mitte und
Cluster 3 deutschlandweit für eine stürmische Witterung gut sein. In der Folge
verbleiben wir unter Trogeinfluss bei einem weiterhin angespannten Gradienten.
Zum Ende der Mittelfrist sorgt eine bereits angesprochene Keilaufwölbung über
dem Nordostatlantik nicht nur für eine sukzessive Ostverlagerung des
Langwellentroges, sondern auch für ein einheitliches klimat. Regime des
Atlantikrückens bei nur einer Clusterlösung (was aber bei dieser dynamischen
Ausgangslage angezweifelt wird und es wird in der Folge mit einer größeren
Clusteranzahl gerechnet).
Diese Zuversicht bleibt über die Mittelfrist hinaus mit nur einem Cluster
bestehen, der wechselnde Trog-/Keilpassagen andeutet.
Die Meteogramme geben keinen weiteren Wissensgewinn und heben einen milden und
wechselhaften Witterungsabschnitt hervor. Die Rauchfahnen zeigen bis zum
Donnerstag eine gute Bündelung der Member, bevor es danach bei der 850 hPa
Temperatur nach unten geht (allerdings mit zeitlichen Unschärfen). Beim 500 hPa
Geopotenzial ergeben sich ab Donnerstag noch größere Unsicherheiten, die auf die
Geometrie des Troges zurückzuführen sind (wie weit dieser nach Süden reicht).
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND:
Der Südwestwind bleibt das dominante Thema während dieser Mittelfrist. Am
Dienstag und Mittwoch werden im Bergland sowie im Küstenumfeld zeitweise
markante Böen erwartet. Je nach Passage kurzwelliger Anteile ergeben sich
regionale/zeitliche Schwerpunkte beim Böenpotenzial, die aber jetzt noch nicht
herausgearbeitet werden können.
Donnerstag und Freitag stehen im Fokus mit Blick auf einer potenziell
überregionalen Sturmlage, die dank einer dynamischen und hochenergetischen
Ausgangslage mittlerweile als wahrscheinlich anzusehen ist. Nach dem jüngsten
Modelllauf müsste man besonders in der Nacht zum Freitag und Freitag tagsüber im
Norden teils mit schweren Sturmböen, küstennah gar mit orkanartigen Böen rechnen
(Bft 10 bis 11), was im ENS aber noch mit überschaubaren Wahrscheinlichkeiten
(10 bis regional 20%) hinterlegt ist. Deutlich solider werden Bft 8/9 Böen
hervorgehoben. Dass der aktuelle 00Z Lauf eine der kräftigeren Optionen abbildet
ist auch im ENS mit breiter Intensitätsstreuung beim Kerndruck (965-980 hPa)
hinterlegt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Sturmlage im Norden
mittlerweile wahrscheinlich erscheint, wie intensiv diese ausfällt (Bft 10 und
mehr) ist aber noch unsicher.
Am Samstag bleibt es in einer zyklonal geprägten Nordwestströmung im Bergland
sowie im Umfeld der Küsten stürmisch.
DAUERREGEN:
Von Donnerstag zum Freitag regnet es besonders in Richtung Schleswig-Holstein
wiederholt kräftig, teils auch konvektiv verstärkt oder mit Gewittern
durchsetzt. Auch hier hängen die Spitzen des Niederschlags von der Zugbahn des
Bodentiefs ab. Nach dem jüngsten Modelllauf müsste man im äußersten Norden 48
std. mit markanten Mengen um 50 l/m², regional auch mit unwetterartigen Mengen
um 70 l/m² rechnen. Diese Niederschlagsmengen sind aber noch sehr unsicher.
GEWITTER:
Am Donnerstag wäre ein für diese Jahreszeit beachtliches Risiko organisierter
Konvektion im Nordwesten Deutschlands vorhanden, das aber je nach Zugrichtung
des Bodentiefs noch äußerst unsicher ist. Die einbezogenen Luftmassen sind aber
potenziell labil, sodass diese Option weiterhin verfolgt werden sollte.
Beim EFI ergeben sich alle notwendigen Signale für eine potenziell dynamische
Sturmlage. Der EFI Feuchtefluss ist die Tage zuvor über dem östlichen
subtropischen Atlantik erhöht, wobei sich diese Werte mit SOT 1 (und mehr) zum
Donnerstag nach Deutschland ausweiten. Der potenziell labile Warmsektor weist
bis in den Westen Deutschlands reichend anormal hohe EFI CAPE/Scherungswerte
auf. Auch der EFI Böenspitze ist deutschlandweit zu diesem Zeitraum erhöht,
allerdings noch recht „breitgelaufen“, sodass noch kein klarer Schwerpunkt zu
erkennen ist. Zuletzt ist auch der EFI Niederschlag besonders im Norden erhöht,
allerdings noch mit recht geringen Spitzen. Auch dieses Risiko wird durch die
Entwicklung der synoptischen Felder beeinflusst, sodass mit einer allmählichen
Herausarbeitung von Schwerpunkten (Böen/Regenmengen) in weiteren Modellupdates
zu rechnen ist.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy