#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Samstag, den 27.09.2025 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 27.09.2025 um 10.30 UTC
Anfangs im Süden und Westen, später regional im Osten leicht wechselhaft. Sonst
unter Hochdruckeinfluss freundlich und mild, im Osten und Süden kühl. Zum
Wochenende wieder wechselhafter.
Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 04.10.2025
Gleich vorweg: Diese Mittefrist verspricht bei uns eine sehr ruhige zu werden.
Genug Zeit, um einmal im Detail den größten Störenfried während dieser
Mittelrist, Hurrikan HUMBERTO, genauer unter die Lupe zu nehmen. Sollte
vorzugsweise die Beschreibung der Mittelfrist für Deutschland von Interesse
sein, dann bitte bis zum Absatz „Mittelfrist“ springen.
Bevor wir aber beginnen noch kurz ein Update der Allgemeinparameter.
Die MJO ist mehr oder weniger als fragil/schwach zu bezeichnen, ohne ernst zu
nehmende Anstalten einer neu ansetzenden Oszillation und befindet sich weiterhin
im Einheitskreis des RMM (real-time multivariate MJO) Index, sodass andere
niederfrequente Modi die aktuell rege Tropensturmaktivität im
Pazifik/Nordatlantik stützen. Für den Nordatlantik wurde dies durch das
Zusammenspiel einer afrikanischen „easterly wave“ mit einer äquatorialen
Rossbywelle ermöglicht, deren Resultat nun in Form von HUMBERTO und PTC9 über
den westlichen Bereichen des Nordatlantiks zu bestaunen ist.
NAM und NAO pflegen bei weiterhin negativer (an die ONI angelehnter)
Gesamtimpulsbilanz der Atmosphäre (AAM) und vorerst noch wenig direktem Input
aus den Tropen ein recht tristes Dasein peripher der Neutralität. Einzig die PNA
weist nun wieder einen deutlichen Wechsel ins Positive auf, ausgelöst durch die
Fernwirkung des Taifuns NEOGURI über dem Westpazifik, dessen umfangreicher
polwärtiger Outflow (per kräftiger, rein divergenter Windanalyse) den
Polarfrontjet bei den Aleuten beständig angefacht hat und dessen daraus
resultierendes Brechen der Rossbywelle nun den PNA Wechsel forciert. Die per
downstream development stromab transferierte zonale Wellenenergie wird
allerdings in der Folge durch den Werdegang des Hurrikans HUMBERTO im
Nordatlantik nicht nur gestört, sondern auch nachhaltig verändert (siehe
Zeit-Längendiagram des IFS-ENS).
Da HUMBERTO solch eine Bedeutung besitzt nehmen wir uns kurz die Zeit und
schauen ihn uns mal genauer an. Aktuell (27.09. 08Z) hat sich der Hurrikan bis
in die Kategorie 4 heraufgearbeitet, weist nun allerdings ein kleines
Intensivierungsplateau auf, was einerseits einem beginnenden ERC (eyewall
replacement cycle) geschuldet sein dürfte (Microwave-based probabiliy of ERC,
M-PERC nun mittlerweile bei über 70% für solch ein Ereignis), andererseits
laufen wir nun auch langsam in ein tageszeitenbedingtes temporäres Minimum der
Konvektion, sodass die Satelliten-basierte Echtzeitanalyse (Advanced Dvorak
analysis) nun ein Plateau bei grob 125 kt Mittelwind anzeigt. Somit scheint die
rasante Intensivierungsphase vorerst unterbunden, was im Einklang mit einem
Rückgang der numerischen Indizes für rasante Intensivierungsraten z.B. dem
statistisch-dynamischen Verfahren SHIPS steht. Auf dieser Erkenntnis aufbauend
ist jedoch mit dem nächsten Organisationsschub eine weitere Intensivierung bis
in den Kat.5 Bereich vorstellbar, sollte die weiter westlich positionierte PTC9
nicht zu stark Einfluss ausüben.
Wichtig ist die Erkenntnis eines noch kompakten, mit einem ERC nun aber radial
anwachsenden intensiven Tropensturms, da dessen Einfluss peripher des
eigentlichen Sturmzentrums immer nachhaltiger ausfällt (z.B. formt der Outflow
von HUMBERTO mit seinem negativen PV Outflow eine zonale Hochdruckbrücke
nördlich des Sturms, deren Intensität über das Eindrehen von HUMBERTO nach
Nordost in Richtung Europa entscheidet). Sowohl in Ensemblevorhersagen, wie auch
im Superensemble erkennt man bis zum Eindrehen am Dienstag eine recht runde
Ensembelellipse (einrahmende der einzelnen Member), die danach mit Eindrehen
nach Nordost und Annäherung an die Frontalzone jedoch rasch oval/elliptisch
verformt wird. Dies hebt die Unsicherheiten hervor, wie schnell HUMBERTO nach
Nordosten eindreht bzw. ggf. von der sich westlich entwickelnden PTC9 temporär
zurückgehalten wird. Da beim Eindrehen tropischer Stürme die Numerik
bekannterweise große Probleme hat, ist wohl bis auf Weiteres mit anhaltenden
Unsicherheiten zu rechnen. ICON (deterministisch) schlägt zudem (wohl peripher
von PTC9) einen Haken direkt nach dem Eindrehen vor (zeitliche Verzögerung) und
DeepMind von google zeigt zeitnah ein unrealistisches Abschwächen von HUMBERTO,
gefolgt von einem realistischen zweiten Intensivierungsschub bis hin zu Kat 4.
AICON ist mehr als 50 hPa abseits des realen Kerndrucks (in Linie mit den
meisten Globalmodellen) und hat in der Folge große Probleme überhaupt eine
Intensivierung nahe der Realität einzuläuten.
All diese Feinheiten sind nun von großer Bedeutung bei den Fragen, inwieweit und
vor allem ab wann HUMBERTO durch einen sich entwickelnden synoptisch-skaligen
Höhentrog über dem Nordosten der USA eingebunden wird. Je konstruktiver diese
Interferenz stattfindet, desto eher wird HUMBERTO als gewaltiges Sturm- bis
Orkantief über den nördlichen Nordatlantik in Richtung Europäisches Nordmeer
geführt (ggf. Sturmgefahr Nordwesteuropa). Es wird aber noch komplexer, da
stromab von HUMBERTO durch seinen kräftigen Höhenoutflow mit Verschärfung des
Höhenwindfeldes eine Sekundärzyklone induziert werden könnte, die ebenfalls
Potenzial für eine kräftige Entwicklung aufweist.
All dies hängt aber letztendlich von der aktuell noch nicht zu beantwortenden
Frage des Eindrehens ab, wo es modellübergreifend noch mehr als 5 Längengrad an
Differenz gibt. Tendenziell rücken die Modelle insgesamt aber näher zusammen und
lassen HUMBERTO nun östlich des 70. Längengrads eindrehen.
Die erste indirekte Auswirkung des numerischen Chaos hat sich seit vorgestern in
Form einer deutlichen Intensivierung des Keils über Nordwesteuropa ausgewirkt,
der nun effektiv ein von Osten nahendes Höhentief/einen Kaltlufttropfen am
Erreichen Deutschlands (mehr oder weniger effektiv) hindert. Interessant ist zu
erwähnen, dass vorgestern das IFS-ENS auch innerhalb der Cluster keine derartige
Option zuließ. Dies wurde erst im folgenden 12Z Termin (vorgestern) eingebaut.
MITTELFRIST:
Somit gestaltet sich die nun anstehende Mittelfrist vom Dienstag, den 30.
September bis zum Samstag, den 04. Oktober unter dem immer stärker werden
Einfluss des von Nordwest- nach Mitteleuropa wandernden Keils vergleichsweise
ruhig.
Anfängliche Regenfälle am Dienstag im Süden und Schauer im Westen peripher einer
feuchten Luftmasse und präfrontal einer frontolytisch agierenden Kaltfront
klingen im Tagesverlauf ab. Was in der Folge an Niederschlägen übrig bleibt sind
von Montag bis einschließlich Freitag einige Schauer (diabatisch forciert) über
der Ostsee und einzelne Schauer peripher des Höhentief/Kaltlufttropfens über
Osteuropa in Richtung Lausitz und östliches Bayern/östlicher Alpenrand. Ab wann
eine erste atlantische Front von Freitag zum Samstag von Westen auf Deutschland
übergreift ist noch unsicher. Dass sich eine Umstellung auf zunehmend „zonal“
anbahnt wird von den meisten Modellen gestützt. Aber auch hier gilt, dass
HUMBERTO noch Unsicherheiten induziert (wenngleich in der Wetterregimevorhersage
des IFS-ENS eine sukzessive Zunahme der positiven NAO zum Monatswechsel zu
erkennen ist).
Abseits der Niederschläge gestaltet sich das Wetter (abgesehen einer lokal bis
in den Vormittag wirkenden Grenzschichtdynamik) meist freundlich oder sonnig,
mit dichteren Wolkenfeldern am Dienstag im Westen und in der Folge bevorzugt im
Osten.
Die Maxima liegen zwischen milden 13 und 18 Grad, gehen aber im Süden und Osten
allmählich eher auf kühle 10 bis 13 Grad zurück. Die Minima liegen zwischen 7
und 1 Grad, lokal auch mal um 0 Grad im Osten. Regional muss je nach Aufklaren
in der von Osten teilweise einsickernden trocken-kalten Kontinentalluft mit
leichtem Frost in Bodennähe gerechnet werden. Küstennah bleibt es mit rund 11
Grad milder. Regionale Nebelbildung in den Nächten ist nicht ausgeschlossen,
wenngleich die Abtrocknung dies eher mindern sollte.
Der Wind aus Ost bis Nordost weht meist schwach bis mäßig, küstennah und im
exponierten Bergland teils auch stark böig. Zum Ende der Woche erfolgt ein
allmähliches Rechtdrehen auf südliche Richtungen mit einer Windzunahmen
besonders über der Deutschen Bucht (allerdings mit ablandiger Komponente).
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die jüngsten 6 Läufe des IFS haben sich immer mehr auf eine sehr ruhige
Witterung innerhalb der nun anstehenden Mittelfrist geeinigt. Dabei ergeben sich
kaum noch Diskrepanzen, wobei ein von Osteuropa nahendes Höhentief immer
östlicher nach Süden in Richtung Mittelmeer abgelenkt wird. Ein Durchbrechen
westlicher Winde mit zunehmenden Niederschlagswahrscheinlichkeiten ist erst zum
Ende der Mittelfrist zu erwarten.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bei den anderen Modellen ergeben sich ähnliche (Un)Sicherheiten. Alle heben den
dominanten Einfluss eines Keils hervor, der nach Mitteleuropa wandert.
Gleichzeitig wird das Höhentief über Osteuropa nach Süden abgelenkt bzw.
fragmentiert der Wirbel in kleinere Protagonisten. Dies kann ggf. für den Osten
von Deutschland noch mit Blick auf die Niederschlagsoptionen für temporäre
Überraschungen gut sein.
Stromab des nahenden HUMBERTO zeichnen sich zum Ende der Mittelfrist innerhalb
der Numerik größere Unsicherheiten ab, ab wann von Westen atlantische Fronten
auf Mitteleuropa übergreifen. UK10 und ICON sind diesbezüglich euphorischer als
IFS/NCEP.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die aktuelle Clusteranalyse beginnt mit 3 Clustern und dem dominanten
klimatologischen Regime der Blockierung. Deutschland liegt am Dienstag besonders
im ersten und zweiten Cluster (+Kontrolllauf) zwischen dem Keil und dem
umfangreichen Höhentief im Niemandsland der Geopotenzial- und Druckfelder.
In der Folge werden zwei Cluster mit einem Überhang der Blockierung angeboten
(Kontrolllauf im ersten Cluster). Bis Freitag dominiert im ersten Cluster der
nach Mitteleuropa wandernde und sich abschwächende Höhenkeil mit ruhigem Wetter,
was so im Grunde auch im zweiten Cluster gezeigt wird, wenngleich sich dort der
Keil etwas rascher abschwächt und somit ein früheres Übergreifen von
atlantischen Fronten ermöglicht werden würde.
Zum Ende der Mittelfrist nehmen die Unsicherheiten deutlich zu (4 Cluster,
nahezu mit einer Zweiteilung des klimat. Regimes in „Blockierung“ oder
„positiver NAO“). Hier entscheidet letztendlich der Werdegang von HUMBERTO,
wohin die Reise geht. Funfact am Rande ist die recht homogene Clusterbesetzung
mit den Membern, die somit bisher keine Richtung vorgeben. Es verwundet nicht,
dass in der Folge das Chaos innerhalb der Clusteranalyse mit vier Clustern und
einem bunten Strauß an jeglicher Auswahl klimat. Regimevorhersagen angeboten
wird.
Die Meteogramme zeigen am Dienstag im Süden noch etwas Niederschlag, bevor dann
der trockene Mittelfristabschnitt folgt. Zum Freitag/Samstag nehmen die
Niederschlagssignale wieder zu. Bei den Temperaturwerten ändert sich insgesamt
wenig, im Osten wird es peripher des Höhentiefs/Kaltlufttropfens etwas kühler
und der Wind spielt bis zum Ende der Mittelfrist meist kein Thema.
Die Mittelfrist über sind die Rauchfahnen eng gebündelt und streuen in der Folge
erheblich dank HUMBERTO. Der Kontrolllauf liegt bei der 850 hPa Temperatur dann
eher am oberen Ende und macht dies auch beim 500 hPa Geopotenzial. Auch dies
zeigt, wie wichtig eine einigermaßen gute Handhabe der außertropischen
Umwandlungsprozesse ist.
GEFS sieht die Entwicklung mittlerweile recht ähnlich, wenngleich mit geringen
zeitlichen Unschärfen mit Blick auf das Eintreffen des Niederschlags zum Ende
der Mittelfrist (NCEP deutlich antizyklonaler als IFS).
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Einzig zum Freitag/Samstag sind auf Helgoland und den Halligen markante Böen
(Bft 8) aus Süd nicht ausgeschlossen. Ansonsten wird der ruhige
Witterungsabschnitt auch von einem inaktiven EFI hervorgehoben (sieht man von
leicht unterdurchschnittlichen Temperaturwerten im Süden und Osten ab).
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX, UKMET, CMC, HWRF und HMON.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy