SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 18.09.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa (West antizyklonal), am Wochenende in TrW (Trog Westeuropa) übergehend

Sommerliche Kurzfrist (OLDENBURGIA) mit anfänglichen Schwächen im Norden
(ANDREAS).

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC

Donnerstag… setzt die Atmosphäre zu einem turnaround an, der uns zum Ende des
astronomischen Herbstes – am kommenden Montag um 20:19 GZ ist sogenannte
Tag-und-Nacht-Gleiche – noch mal eine ordentliche, wenn auch nur kurze
sommerliche Dröhnung bringt. Dabei ist der heutige Donnerstag eine Art
Übergangstag, an dem es noch recht große Unterschiede zwischen Nord und Süd
gibt. Während die einen, nämlich die im Süden schon die Vorzüge des Hochs
OLDENBURGIA genießen können, müssen die anderen noch die Launen des
Shapiro-Keyser-Tiefs ANDREAS ertragen. Doch der Reihe nach.

Aktuell befindet sich über Südeuropa hohes Geopotenzial mit Schwerpunkt über dem
westlichen Mittelmeer. Als Gegenspieler fungiert ein Höhentief mit Vertikalachse
unweit von Jan Mayen. Dazwischen verläuft die Frontalzone, die zunehmend
antizyklonal konturiert wird, was ihr das Aussehen eines sehr breiten, aber
flachen Rückens verleiht, der sich heute vom nahen Atlantik bis zum östlichen
Mitteleuropa erstreckt. Flankiert wird der Rücken von zwei Trögen, einem über
Westrussland/Ukraine/Schwarzes Meer und einem über dem Atlantik, der für uns in
gar nicht mal allzu weit entfernter Zukunft relevant wird. Zunächst aber gilt es
den Blick auf andere Protagonisten zu werfen, womit wir unweigerlich bei
OLDENBURGIA wären. Über tausende von Kilometern zieht sich das Bodenhoch vom
Seegebiet westlich der Iberischen Halbinsel bis hinüber nach Bulgarien und
Rumänien. Das Zentrum mit etwas über 1025 hPa ist über den Alpen bzw.
Norditalien und dem nördlichen Balkan auszumachen, von wo es nur wenig abrückt.
Was noch ein bisschen fehlt, ist die Expansion nach Norden, die eher schleppend
vonstattengeht und ein Mitgrund dafür ist, warum die Nordhälfte wettertechnisch
heute noch hinterherhinkt. Von den Alpen bis hoch zur Mainlinie sowie etwas
darüber hinaus scheint hingegen die Sonne von einem vielfach wolkenlosen,
schlechtestenfalls leicht bewölkten Himmel. Und da T850 sowohl absinkbedingt als
auch advektiv von 10 bis 14°C am Morgen auf 13 bis 17°C am Abend ansteigt, lässt
sich auch die 2m-Temperatur nicht lumpen. In der zuvor eingeflossenen,
mittlerweile zur Ruhe gekommenen maritimen Subpolarluft (mPs) erwärmt sich die
Luft auf 23 bis 27°C, worüber man wahrlich nicht meckern kann.

Vom Süden über die Mitte in den Norden, wo die Warmfront des von den Färöers
Richtung Südnorwegen ziehenden Tiefs ANDREAS gerade dabei ist, uns ostwärts zu
verlassen. Die Kaltfront bleibt noch außen vor, weshalb der Tag im zyklonalen
Warmsektor des Tiefs verbracht wird. Zwar wandert die Zone der stärksten WLA
ebenfalls nach Osten, gleichwohl wird mit west-südwestlicher Strömung ziemlich
feuchte Meeresluft herangespült, in der dichte Wolken und gelegentlich leichter
Regen oder Nieselregen Trumpf sind. Weitgehend trocken mit zunehmenden
Auflockerungen bleibt es in der westlichen und zentralen Mitte, welche die
Übergangszone markieren. Trotz Wolken und Regen, richtig kühl wird es auch in
der Nordhälfte nicht. 19/20°C sind es unmittelbar an der Küste, bis zu 24 oder
gar 25°C in der Mitte. Spürbar ist der west-südwestliche Wind, der
tagesgangbedingt etwas aufbrist. Die stärksten Böen (7 Bft, vereinzelt 8 Bft)
sind auf den Ostfriesischen Inseln, in Schleswig-Holstein, der vorpommerschen
Ostseeküste sowie in den Hoch- und Leeelagen der nördlichen Mittelgebirge zu
erwarten. Keine Überraschung, dass der Brocken mit einigen glatten Sturmböen 9
Bft das Rennen um den heutigen Tagessieg machen wird (Odds 1:1).

In der Nacht zum Freitag zeigt der breite Rücken erkennbare Tendenzen einer
Amplitudenvergrößerung. Ursache ist die Verlagerung des atlantischen Troges
respektive eines eingebetteten Tiefs gen UK/Irland. Vorderseitige WLA sorgt für
Potenzialanstieg, wobei die Hauptachse des Rückens morgen früh knapp westlich
der deutschen Westgrenze zu finden ist. Was mein Rücken kann, kann mein Bauch
auch, denkt sich OLDENBURGIA und beginnt, sich ebenfalls nordwärts auszuweiten.
Damit nimmt auch das Absinken zu, was wiederum weitere Auflockerungen bzw.
Wolkenauflösung zur Folge hat. Die Zone mit wolkigem bis stark bewölktem Himmel
wird in den Norden und Nordosten gedrückt, wo es vor allem in SH und im
Ostseeumfeld auch noch zeitweise regnen kann. An den Küsten bleibt es zunächst
auch noch windig mit einzelnen Spitzen der Stärke 7 Bft, bevor der Wind zum
Morgen hin abnimmt, aber nicht einschläft.

Im großen Rest der Nation steht eine überwiegend klare oder nur gering bewölkte
Nacht auf der Karte, was bevorzugt in den Tälern und Flussniederungen des Südens
sowie der Mitte teils dichten Nebel auf den Plan ruft. Darüber hinaus kann es
gerade in einigen Senken und Mulden Süddeutschlands ziemlich frisch werden mit
bis zu 5°C oder sogar etwas darunter. Dagegen bleibt es nach Norden hin
regelrecht lau mit 17 bis 14°C.

Freitag… wölbt sich der Rücken noch stärker auf bei gleichzeitiger Verlagerung
der Hauptachse nach Deutschland. Zur Mittagszeit erstreckt sich der Rücken vom
westlichen Mittelmeer bis hoch nach Mittelskandinavien. Leicht stromab versetzt
finden wir unsere OLDENBURGIA, die ihr Zentrum gegenüber heute etwas nach Osten
verlagert. Das bringt uns auf ihre sogenannte warme Seite in eine ageostrophisch
südliche, im Süden eher östliche Strömung, mit der noch wärmere Luft advehiert
wird. Bis zum Abend steigt T850 auf bemerkenswerte rund 16°C im Küstenraum bis
zu 22, vereinzelt sogar 23°C im Süden. Dazu scheint in weiten Teilen des Landes
die Sonne, im Süden meist sogar von einem wolkenlosen Himmel. Es verwundert also
keinesfalls, dass wir verbreitet einer Spanne von 25 bis 30°C entgegensehen
können.

Einschränkungen gibt es nach wie vor im hohen Norden, wo sich zunächst noch die
Wolken aus der Nacht halten. Regen fällt aber kaum noch und auch die Bewölkung
wird im Tagesverlauf von Süden her mehr und mehr angefressen bzw. nach Norden
rausgedrückt. Was bleibt, sind einige Cirren insbesondere über der Norddeutschen
Tiefebene, die leichter, über den Rücken hinweglaufender WLA geschuldet sind.
Der Wind weht im Süden schwach (meist um Ost), sonst schwach bis mäßig (im
Norden von Südwest auf südliche Richtungen drehend), nur an der vorpommerschen
Küste sowie auf dem Brocken anfangs noch frisch.

Die Nacht zum Samstag ist rasch erzählt. Rücken und Bodenhoch verlagern sich
ebenso wie der atlantische Potenzialtrog geringfügig nach Osten, was uns unter
eine zunächst noch antizyklonal konturierte südwestliche Höhenströmung bringt.
Ohnehin ist das gesamte Setup weiterhin antizyklonal geprägt, was eine vielfach
gering bewölkte oder klare Nacht mit Nebelfeldern vornehmlich in der Südhälfte
zur Folge hat. Ob es im Nordwesten schon für dichtere mittelhohe oder hohe
Wolken reicht, ist fraglich. Die o.e. Kaltfront jedenfalls bleibt schleifend
noch weit außen vor. Während es in einigen Senken, Tälern und Mulden wieder bis
in den einstelligen Bereich abkühlt (nicht ganz so frisch wie nachts zuvor),
wird es in mittleren Lagen (Inversion), aber auch in einigen Leeelagen (leicht
föhnig) mit rund 18°C sehr mild bleiben.

Samstag… bekommt das spätsommerliche Intermezzo bereits wieder eine erste
Delle. Zwar wird die Kaltfront durch eine Teiltiefbildung im Raum UK/Irland noch
zurückgehalten. Dafür kommt der Trog etwas näher und die südwestliche
Höhenströmung wird vor allem nach Nordwesten hin durchgeglättet. Das bewirkt
dort nicht nur zunehmende Wolken- und abnehmende Sonnenanteile, am Nachmittag
und Abend sind vornehmlich zwischen NRW und Nordsee bzw. SH zudem erste schlappe
Schauer möglich. Der große Rest des Landes darf sich aber über einen weiteren
Hochsommertag im Spätsommer freuen, an dem verbreitet die Sonne scheint (im
Südosten teils wolkenlos) und die Temperatur sogar noch einen draufsetzt. So ist
die Wahrscheinlichkeit hoch, dass im Südwesten die 30°C-Marke am einen oder
anderen Ort knapp überschritten wird, was manchem vielleicht schon wieder too
much ist. Nich uffrege liebe LeutŽ, ist nur für einen Tag. Ansonsten stehen
(auch im Nordwesten) 25 bis 30°C Höchsttemperatur auf dem Zettel, einzig direkt
an der See und natürlich in höheren Lagen wird es nicht ganz so warm.

In der Nacht zum Sonntag ist es zumindest im Westen und Nordwesten vorbei mit
der Beschaulichkeit. Aus dem zuvor blassen Teiltief wird ein kleiner giftiger
Wirbel mit Kerndruck zwischen 1000 und 995 hPa, dessen Positionierung
modellübergreifend noch unterschiedlich gesehen wird: Doggerbank (ICON, UK10),
Südengland (IFS) oder gar Irische See (GFS), man wird sehen. Trotz dieser
Diskrepanz ist man sich einig, dass die zugehörige Kaltfront immer näher kommt.
In deren Vorfeld erkennt man eine deutliche Feuchteflusskonvergenz, die mit
hohen Scherwerten einhergeht, während die Lapse-Rates nicht besonders ausgeprägt
sind (Hauptlabilität deutlich weiter südöstlich). Trotzdem steht etwas MU-CAPE
zur Verfügung, so dass neben dem sicher auftretenden schauerartigen Regen trotz
fehlender synoptisch-skaliger Hebungsimpulse (übergreifende KLA wirkt eher
dämpfend) auch Gewitter auf der Rechnung stehen. Regen und Gewitter setzen noch
in der ersten Nachthälfte zwischen Rheinland und Nordsee respektive SH ein, um
sich später bis zur Mitte vorzuarbeiten. Im Einzelfall können die Gewitter
durchaus kräftig ausfallen, wobei Starkregen ganz oben auf der Liste
begleitender Parameter steht.

Im Osten und Süden kommt das Ganze noch nicht an, dort verläuft die Nacht meist
gering bewölkt oder klar mit einigen Nebelfeldern. Im Südosten wird es mit bis
zu 8°C auch am frischesten, während es sonst mit 19 bis 14°C ziemlich mild
bleibt. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass vor allem in der ICON- und
UK10-Variante (östlichste Position des Tiefs) der Südwestwind über der Deutschen
Bucht stark bis stürmisch auffrischen würde.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Umstellung der GWL hin zum kurzen Spätsommerintermezzo ist unstrittig. Ab
der Nacht zum Sonntag nehmen die Unschärfen zu, was im Text bereits erörtert
wurde. Unterschätzen sollte man die Kaltfront auf keinen Fall (gilt auch für den
Sonntag), auch wenn die größte Labilität und das meiste CAPE (tagsüber)
abgesetzt vom frontalen Geschehen simuliert wird. Die Modelle agieren gerne mal
defensiv, wenn es an klaren dynamischen Antrieben mangelt. Was
Low-CAPE-high-shear-Bedingungen auch ohne die ganz großen Impulse von oben
bewirken können, hat man eindrucksvoll am vergangenen Montag gesehen (KF-Passage
von Nordwesten mit einigen knackigen Gewittern im Osten und Süden).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann