S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 12.09.2025 um 10.30 UTC

Frühherbst lässt grüßen – wechselhafter und teils windiger bis stürmischer
Wetterabschnitt. Meist mäßig warm, mitunter auch leicht kühl.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 19.09.2025

Ein kurzer flüchtiger Blick auf nur wenige synoptische Basisfelder (Isobaren,
akkumulierter Niederschlag) reicht aus, um eine Reisewarnung auszusprechen.
Meidet die Nordsee, liebe Leute, es sei denn – und ich kenne einige, die so
gestrickt sind – ihr liebt windige bis stürmische Bedingungen mit wiederholten
Regengüssen und Gewittern. Dann seid ihr zwischen Borkum, Wangerooge und Sylt
respektive dem nicht weit entfernten Küstensaum genau richtig. So sieht das aus,
wenn sich im Frühherbst eine zyklonale Westlage mit leicht südwestlichem
Einschlag einstellt, die auch in anderen Regionen unserer Nation einen sehr
wechselhaften Wettercharakter zur Folge hat.

Steigen wir ein am kommenden Montag, dem offiziellen Starttermin des
mittelfristigen Prognosezeitraums. Er zeigt über dem mittleren Nordatlantik eine
gut ausgeprägte Frontalzone mit einem breiten, aber flachen Trog im Bereich
UK/Irland und der Biskaya, der sich ostwärts verlagert. Auf der kalten Seite hat
sich ein veritables Sturmtief mit Kerndruck um 985 hPa etabliert (ZACK), das im
Tagesverlauf von den Hebriden via Schottland zur nördlichen Nordsee zieht, um am
Dienstag in Südnorwegen onshore zu gehen. Das zugehörige Frontensystem mit einer
relativ schwach ausgeprägten Kaltfront überquert den Vorhersageraum
ost-südostwärts, wobei im Warmsektor ein Schwall wärmerer Meeresluft (T850 10
bis 13°C) den Weg zu uns findet.

Im öffentlichen Blickpunkt des Geschehens dürfte aber die Windentwicklung
stehen. An den Küsten wird es stürmisch (Südwest bis West), wobei die Nordsee an
beiden Tagen dabei ist, wohingegen die Ostsee erst am Dienstag einsteigt. In der
intensivsten Phase (voraussichtlich Nacht zum Dienstag) können insbesondere an
der schleswig-holsteinischen Nordseeküste schwere Sturmböen 10 Bft auftreten,
sonst dürfte es meist bei Böen 8-9 Bft bleiben. Stürmisch wirdŽs übrigens nicht
nur an der See, auch das nord- und nordwestdeutsche Binnenland dürfte einige
Böen 8 Bft, vielleicht auch mal eine glatte „9“ (z.B. in Verbindung mit
konvektiven Umlagerungen) abbekommen. Wie weit und in welcher Form das
Starkwindfeld auf den zentralen Mittelgebirgsraum ausgreift, muss im Detail noch
geklärt werden. Fakt ist, dass der Süden am wenigsten betroffen ist. Im
Gegenteil, dort sorgt leichter Zwischenhocheinfluss (Brücke zwischen Azoren- und
Russlandhoch) mit smarter föhniger Komponente vor Eintreffen der Kaltfront gar
für sonnige oder heitere Verhältnisse mit Temperaturen bis zu 25 oder 26°C, was
per definitionem ein (Spät)Sommertag wäre – geht doch!

Am Dienstag schwenkt der Trog rasch über uns hinweg, während sich das Bodentief
über dem norwegischen Festland beginnt aufzufüllen. Dahinter zonalisiert die
Strömung, was vor allem der Nordhälfte einen weiteren windigen bis stürmischen
Tag beschert. In der frisch eingeflossenen erwärmten Meereskaltluft (Rückgang
T850 auf Werte um 5°C, nur im Süden noch etwas darüber) entwickeln sich im
Norden und Westen, bedingt auch in der Mitte Schauer und einzelne Gewitter,
wobei der meiste Regen im äußersten Norden und Nordwesten abgeladen wird.
Beschaulicher geht es im Süden, wo ein vorstoßender Keil des Azorenhochs für
Ruhe und Ordnung sorgt. Anfangs am Alpenrand sowie im südöstlichen Bayern noch
etwas Regen (Reste der Kaltfront), ansonsten aber weitgehend trockene
Verhältnisse und auch weniger Wind als im Norden bei allerdings nur noch rund
20°C.

Am Mittwoch wird es richtig spannend, wenn nach kurzem Zwischenhocheinfluss ein
kleines Tief auf Kontinentaleuropa zusteuert. Als flache Wellenstörung weit
draußen auf dem Atlantik gestartet soll sich ein giftiger Wirbel der Marke
Schnellläufer entwickeln. Wenn bei der Namensgebung der BWK/FU Berlin nichts
Unvorhergesehenes dazwischenkommt, eröffnet das Tief den 4. Durchlauf im Jahr
2025 mit dem Namen ANDREAS. Doch das nur am Rande. Nach aktueller Version von
IFS 00 UTC überquert das Tief zur Mittagszeit mit rund 995 hPa Südengland, um
gegen Abend bereits von den Niederlanden her bei uns anzuklopfen. Gegen
Mitternacht ist der Spuk schon wieder vorbei, wenn sich der kleine Wirbel nach
Passage der Norddeutschen Tiefebene nach Polen verabschiedet. Vor allem die
Mitte und der Süden kämen bei diesem Szenario in den „Genuss“ von Starkwind bis
Sturmstärke. Es sei aber bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen werden,
dass diese Lösung im Modellvergleich Alleinstellungsmerkmal aufweist. Die
meisten Modelle sind deutlich langsamer und weiter nördlich aufgestellt.

Wie auch immer, nach Lesart von IFS stellt sich am Donnerstag eine hochreichende
nordwestliche Strömung bei uns ein, die windiges, wechselhaftes (Schauer) und
leicht unterkühltes (T850 um 5°C) Wetter bringt. Für Freitag deutet sich
Zwischenhocheinfluss an (flacher progressiver Rücken mit abgeschlossener
Bodenhochparzelle), der im Norden aber von einer durchschwenkenden Warmfront
gestört wird. Die Front kündigt übrigens das nächste Tief an, das am Wochenende
von nahen Atlantik her nördlich an uns vorbeiziehen soll.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich nächsten Dienstag zeigt IFS (ECMF) eine in sich konsistente
Entwicklung. Demnach scheint es ausgemachte Sache zu sein, dass wir (der Norden
mehr als der Süden) am Montag und Dienstag in den Wirkungsbereich eines über die
nördliche Nordsee ostwärts ziehenden Sturmtiefs gelangen. Dies wird übrigens
auch von anderen Globalmodellen so gesehen.
Unsicher wird es im Laufe des Mittwochs sowie am Donnerstag, wenn nämlich von
Westen das nächste Tief auf unsere Breiten zusteuert. Anscheinend handelt es
sich dabei um ein sehr launiges Exemplar, das der Numerik einiges an
Kopfzerbrechen bereitet. Die neueste Masche von IFS lässt das Tief wie oben
beschrieben in der Nacht zum Donnerstag als Schnellläufer zügig über
Norddeutschland hinwegziehen. Es muss aber ganz klar konstatiert werden, dass
das nur eine von vielen möglichen Lösungen darstellt. Die Existenz des Tiefs ist
unstrittig, Timing, Zugbahn und Intensität sind es mitnichten. Gleichwohl lässt
sich subsummieren, dass der Mittelfristzeitraum über weite Strecken von
wechselhaftem, teils windigem bis stürmischem Frühherbstwetter geprägt ist. Erst
zum Ende hin deutet sich eine wahrscheinlich nur kurzzeitige Beruhigung mit
Zwischenhocheinfluss an.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Was den ersten Teil der Mittelfrist angeht, zeigen die die „Big Five“ (IFS,
ICON, GFS, GEM, UK10) erfreulich ähnliche Lösungen. Okay, bei ICON z.B. die
Kaltfront am Montag weniger wetterwirksam (kaum Regen) als bei den anderen, aber
sonst passt die Übereinstimmung ziemlich gut.
Das ändert sich ab Mittwoch, wenn das nächste Tief vom Atlantik im Anmarsch ist.
Einzig das kanadische GEM kommt der IFS Lösung insofern nahe, als dass ebenfalls
ein Schnellläufer gerechnet wird, der aber weiter nördlich über den Süden
Jütlands ziehen soll. Ansonsten ist das Tief wie schon erwähnt langsamer
unterwegs und auch weiter nördlich. Entsprechend verzögert sich auch der
nachfolgende Zwischenhocheinfluss (außer bei GEM), der aber in allen Modellen
angedeutet wird,

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis einschließlich Dienstag zeigen die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener
deutscher Städte einen eng gebündelten Verlauf (Temperatur 850 hPa und Potenzial
500 hPa), womit der Hauptlauf nachhaltig gestützt wird. Ab Mittwoch beginnen die
Kurven zu divergieren, wobei gerade bei Pot500 aber ein vorübergehender
Aufwärtstrend erkennbar ist. Was dieser wert ist, wird man sehen vor dem
Hintergrund, dass weiterhin Regensignale angeboten werden. Die Tatsache, dass in
den T850-Rauchfahnen norddeutscher Städte am Mittwoch nicht wenige
Ensemblelösungen über dem Hauptlauf liegen, kann als Indiz einer nördlicher
Zugbahn angesehen werden, bei der kurzzeitig wärmere Luft angezapft würde. Bei
der deterministischen Variante wäre das nicht der Fall.

Dass im ersten Zeitfenster der Clusterung (T+72…96h, Montag/Dienstag) satte
sechs Schubladen geöffnet werden, soll an dieser Stelle nicht tiefer erörtert
werden. Alle zeigen das Tief über der nördlichen Nordsee und alle sind wenig
überraschend dem Klimaregime NAO+ zugeordnet.
Von Mittwoch bis Freitag (T+120…168h) reduziert sich die Anzahl auf drei. CL 3
(11 Fälle) wechselt zum Ende hin auf das Regime „Atlantischer Rücken“, ansonsten
bleibt es bei NAO+. Eine Schnellläuferpassage über die Norddeutsche Tiefebene
lässt sich aus den Clustern nicht ablesen. Hierfür müsste man wohl in die Tiefen
der Einzellösungen hinabsteigen, was aus Zeitgründen aber nicht gemacht wird. Es
deutet sich aber auch auf Basis der Probabilistik an, dass die Hauptlaufvariante
einen wenn auch äußerst charmanten Ausreißer darstellt.
Auffallend in der Clusterung der erweiterten Mittelfrist (T+192…240h, Samstag
bis Sonntag) ist der eindeutige Trend in Richtung „Atlantischer Rücken“. Die
Frage ist nur, wie dieser sich im Detail bei uns auswirkt. Da lassen die fünf
Cluster noch einiges an Spielraum (NWa oder NWz, aber auch Wa). Relativ sicher
scheint aber, dass erst noch ein weiteres Tief nördlich vom Vorhersageraum
ostwärts zieht.

FAZIT:
Die Vorhersage für den ersten Teil der Mittelfrist (Montag/Dienstag) seht auf
einem sehr festen Fundament. Sowohl die Modelle als auch die Statistik haben
sich auf eine Tiefpassage über die nördliche Nordsee festgelegt, die bei uns vor
allem im Norden den ersten Herbststurm bringt. Ab Mittwoch wird die Prognose
unsicherer, allerdings scheint die IFS-Lösung (Schnellläufer Norddeutschland)
doch ziemlich allein dazustehen. Wahrscheinlicher ist, dass das nächste Tief
ähnlich wie der Vorgänger zu Beginn der Woche ebenfalls weiter nördlich
durchzieht. So oder so, über weite Strecken wechselhaftes und windiges bis
stürmischen Frühherbstwetter ist uns sicher.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Signifikante Wettererscheinungen fokussieren sich mittelfristig im Wesentlichen
auf den Parameter WIND/STURM. Das erste Ereignis als solches am Montag/Dienstag
ist sicher. Gerade für die Nordsee, am Dienstag aber auch an der Ostsee deutet
sich ein erster Herbststurm an, der nicht unterschätzt werden sollte, sehr
wahrscheinlich aber auch nicht über die Stränge schlägt. Böen 8-9 Bft sind
obligatorisch, einige Böen 10 Bft zumindest in der Hochphase (voraussichtlich
Nacht zum Dienstag) wahrscheinlich. Noch nicht ganz geklärt ist, wie weit das
Sturmfeld nach Süden auskeilt. Die Wahrscheinlichkeit ist aber hoch, dass weite
Teile Nord-, aber auch Regionen Westdeutschlands von Böen 8 Bft, vereinzelt 9
Bft betroffen sind. Auf exponierten Hochlagen sind Böen 8 bis 11 Bft zu
erwarten, wobei es im Südosten am windschwächsten ist.
Hinsichtlich der zweiten Entwicklung ab Mittwoch/Donnerstag wurde schon viel zur
Unsicherheit geschrieben, weshalb hier auf weitere Erläuterungen verzichtet
wird.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass gerade im Norden (Schwerpunkt Nordsee +
Peripherie) immer mal wieder Gewitter auftreten können, Platzregen und kleiner
Hagel, insbesondere aber Sturmböen inklusive.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modell-Mix. Die HRES-Variante von Mittwoch/Donnerstag
geht nicht in die offizielle Vorhersage ein.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann