#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Dienstag den 09.09.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 090800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.09.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
Im Westen nachlassende Starkregenfälle! Später im Nordosten (vor allem in
Elbnähe) Gewitter, teils bis Mittwoch andauernd. Ansonsten leicht wechselhaft,
mäßig warm.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
Dienstag… startet wie erwartet mit einem monumentalen Regenereignis im Westen
Deutschlands, das seinen Höhepunkt aber überschritten haben dürfte.
Spitzenreiter bis heute früh um 04 UTC waren Bedburg bei Mönchengladbach mit
rund 130 l/m² innert 6 Stunden, gefolgt von MG selbst (genau genommen der
Ortsteil Wickrathberg), wo mit Hilfe gewittriger Verstärkungen knapp 118 l/m²
innerhalb von 6 Stunden registriert wurden. Leider zu viel, wie der aktuellen
Nachrichtenlage zu entnehmen ist. Auch sonst wurden in der Region um MG herum
die höchsten Mengen mit 40 bis 80, lokal um 100 l/m² registriert. Inzwischen
lässt sich anhand der Radarstrukturen sowie der gemessenen Stundensummen aber
eine abnehmende Tendenz ableiten, auch wenn es zwischen Niederrhein und Saarland
sowie in Teilen Badens immer noch ordentlich gallert (Stand früher Morgen).
Verantwortlich für das Wetter zeichnen ein scharf geschnittener Randtrog im
Zusammenspiel mit einem flachen Tief an einer Kaltfront und einer hochreichend
gesättigten, aber nur mäßig labilen (abgehobene mixed layer) Luftmasse, die in
der vergangen Nacht für einige Stunden ihr stärkstes Spiel gespielt haben. In
den nächsten Stunden schwenkt der Trog nord-nordostwärts über den Vorhersageraum
hinweg, wobei sich das vorderseitige PVA-Maximum kontinuierlich abschwächt. Auch
das Bodentief verlässt seine Frühposition über dem nördlichen Oberrheingraben
und Südbayern (Doppelkern) in Richtung Nordosten, wobei es zunehmend die Form
einer Rinne annimmt. Die Front markiert den südwestlichen Rand der Rinne und
folgt dieser auf den Fuß. Folgerichtig dreht sich das Regengebiet gegen den
Uhrzeigersinn, so dass der südliche und mittlere Teil im Laufe des Vormittags
ost-nordostwärts Richtung Bayern und Mitteldeutschland schwenken, während der
nördliche Part ganz langsam von NRW in Richtung Emsland respektive Niederlande
zieht. Es kann weiterhin nicht ausgeschlossen werden, dass in den Regen einzelne
Gewitter eingelagert sind und auch nicht-elektrische konvektive Verstärkungen
sind weiterhin am Start. Möglich, dass für Teile des Emslands noch eine
Starkregenwarnung ausgegeben werden muss und auch in NRW kann es lokal immer
noch mal kräftig regnen. Trotzdem, die Wahrscheinlichkeit für Starkregen nimmt
immer weiter ab, weil die beteiligten Systeme einfach nicht mehr so gut
harmonieren wie noch in der Nacht.
Rückseitig sickert von Frankreich, Belgien und Luxemburg eine relativ stabile
und abgetrocknete subpolare Meeresluft ein (mPs; Rückgang T850 auf 10 bis 7°C),
in der es weitgehend trocken bleibt. Während sich zwischen NRW und Ostfriesland
dichte Wolken halten, lockert es Richtung Südwesten wenigstens ein bisschen auf.
Mehr Sonne gibt es von Ostbayern bis hoch nach SH und zur Ostsee, wo sich
anfangs noch die blockierende Wirkung des umfangreichen Hochs NINA über
Nordosteuropa mit trockener Kontinentalluft bemerkbar macht. Im Tagesverlauf tut
sich aber auch im Nordosten was, vor allem in Elbnähe. Dort schlägt in den
Abendstunden die Rinne mit ihrem konfluenten Windsystem auf (O/SO vs. W/NW), was
mit einer Feuchteflusskonvergenz einhergeht. Zwar versucht von Polen her
weiterhin trockenen Luft dagegenzuhalten, doch gerade von der Ostsee wird
zusehends feuchte Luft in die Rinne advehiert. Kurzum, etwa von Ostsachsen bis
hoch nach SH entwickeln sich ab dem Spätnachmittag einzelne Schauer. Die
Labilität bleibt sparsam, trotzdem können auch erste einzelne Gewitter (markant
wegen Starkregen um oder etwas über 15 l/m², kleiner Hagel und Böen 7-8 Bft
nicht ausgeschlossen) mit von der Partie sein.
Während die Temperatur im regnerischen Westen teils bei 15 bis 18°C verharrt,
wird im Osten gebietsweise sogar ein Sommertag (25/26°C9 erreicht.
In der Nacht zum Mittwoch bleiben die Reste des o.e. Randtrogs nebst Bodenrinne
über bzw. im Bereich der Elbe liegen. Es geht weder vor noch zurück: Im
Nordosten blockt weiterhin das fette Hoch, von Westen rückt ein neuer Trog nach,
dessen Achse am frühen Morgen etwa 200 km westlich unserer Westgrenzen zu liegen
kommt. Zwischen den beiden Systemen wölbt sich ein flacher Rücken auf, der
zumindest in Teilen des Landes für leichten, im amorphen Bodendruckfeld nicht
wirklich erkennbaren Zwischenhocheinfluss sorgt. Bei teils starker, teils
aufgelockerter Bewölkung bleibt es im Süden und Westen inkl. westlicher Mitte
weitgehend trocken. Im Falle längerer Wolkenarmut bildet sich teils dichter
Nebel.
Interessant bleibt es im Nordosten im Bereich der stationären Rinne. Dort deutet
sich in der ersten Nachthälfte im nördlichen und mittleren Teil sogar eine
Verstärkung der konvektiven Umlagerungen an, was in SH sowie im Bereich der
unteren Elbe einzelne kräftige Gewitter auf den Plan ruft. Diese ziehen langsam
nordwestwärts und können dabei durchaus rückwärtig anbauen, was die Gefahr von
Starkregen bis hin zu Unwettern (mehrstündiger Starkregen) erhöht – nicht
flächig, aber zumindest lokal. Auch südwestlich der Elbe kann es noch ein paar
Schauer geben, die der alternden Front in die Schuhe geschoben werden können.
Am mildesten bleibt die Nacht direkt an der See sowie im Nordosten, wo es nicht
unter 18 bis 14°C abkühlt. Dagegen geht die Temperatur sonst teilweise in den
einstelligen Bereich zurück, in der Eifel punktuell sogar bis nahe 5°C.
Mittwoch… kommt es ganz anders als gestern Morgen noch angenommen. Zwar
schwenkt der o.e. Trog zu uns herein, doch das Bodentief, das er generiert, hat
ganz andere Pläne als gestern noch angenommen. Kurzum, die Zyklogenese wird
südlich der Alpen angestoßen (12 UTC Oberitalien/nördliche Adria), um von dort
in einem weit nach Ost ausholenden Bogen erst nordostwärts, dann nordwärts zu
ziehen. Damit wird eine um einige hundert Kilometer weiter östlich angesiedelte
Vb-Zugbahn gewählt, was freilich Auswirkungen auf das hiesige Wetter hat, das
sich leicht diffizil gestaltet. Auf alle Fälle werden wohl nur wenige Regionen
in den Genuss skaligen Regens kommen, genau genommen das südöstliche Bayern, wo
es im Tagesverlauf von Österreich her anfängt zu regnen.
Ansonsten geht das Übergreifen des Troges mit einer leichten Labilisierung der
eingeflossenen subpolaren Meeresluft einher, was insbesondere im Süden und
Südwesten einzelne Schauer auf den Plan ruft. Gebietsweise wird in der recht
feuchten Luft (PPWs 25 bis 30 mm) sogar etwas CAPE generiert, so dass auch ein
kurzes Gewitter (gelb, max. ocker wegen Starkregen) nicht ausgeschlossen werden
kann. Schauer und Gewitter prägen auch den Tag im äußersten Norden und
Nordosten, wo weder das alte Trogresiduum noch die Rinne aufgrund der
andauernden Blockierung richtig loslassen können. Am Nachmittag und Abend könnte
es gerade Richtung Ostsee und dem nördlichen SH sogar zu einer weiteren
Interaktion der Restrinne mit dem neuen Trog kommen. Starkregen steht weiterhin
im Fokus, die Unwettergefahr nimmt aber ab. Der meiste Sonnenschein dürfte im
regengebeutelten Westen sowie im äußersten Nordwesten verbucht werden.
Höchsttemperatur meist zwischen 19 und 23°C, im Alpenvorland z.T. nur 17°C,
Richtung oder und Neiße bis zu 25°C.
In der Nacht zum Donnerstag legt sich der Potenzialtrog diagonal von Nordwest
nach Südost exponiert über den gesamten Vorhersageraum. Das o.e. Vb-Tief zieht
über Mähren und die Westslowakei in Richtung Ostpolen. Die zugehörigen
Regenfälle streifen den äußersten Osten unseres Landes, vereinzelte eingelagerte
Gewitter nicht ausgeschlossen. Ansonsten richtet sich der Blick nach Westen,
genau genommen ins Seegebiet zwischen Schottland/Irland und Island, wo
mittlerweile XERXES platzgenommen und seinen prominenten Vorgänger WALTER
ersetzt hat. Der „alte Perser“ hat unzweifelhaft Talent und wird sich bis
Freitag voraussichtlich zu einem veritablen Sturmtief mit einem Kerndruck um 975
hPa mausern. Als erstes aber sendet uns XERXES eine teilokkludierte Kaltfront,
die am frühen Donnerstagmorgen den äußersten Westen erreicht. Bereits im Vorfeld
beginnt es von Benelux und Frankreich her schauerartig zu regnen, wobei auch ein
kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen ist. Zwischen diesen Schauern und dem Regen
im äußersten Osten ist leichter Zwischenhocheinfluss mit einigen Nebelfeldern
wirksam. Tiefstwerte 15 bis 8°C
Donnerstag… schwenkt die Trogachse langsam nordostwärts. Rückseitig dreht die
zyklonal konturierte Höhenströmung auf West bis Südwest. Derweil schwenkt die
Front ostwärts durch, nicht ohne ein paar Schauer oder kurze Gewitter zu
platzieren. Ein richtig zusammenhängendes Regenband ist aber nicht erkennbar.
Postfrontal strömt ein neuer Schwall erwärmter Meereskaltluft (mPs; T850 9 bis
5°C) ein, die im Nordwesten durch etwas Höhenkaltluft (T500 um -20°C) sukzessive
labilisiert wird. Folgerichtig können sich dort einzelne Schauer oder kurze
Gewitter (Böen 7-8 Bft) entwickeln. Auch sonst lebt der Südwestwind mitunter
leicht, in einigen Hochlagen sowie an der Nordsee auch stärker auf (7 Bft,
exponiert 8 Bft). Thermisch pendeln wir uns zwischen 18 und 24°C ein.
Die Nacht zum Freitag verbringen wir auf der Südostflanke des inzwischen zum
Großherrscher (Groß im wahrsten Sinne des Wortes) aufgestiegenen XERXESŽ, dessen
Kern sich langsam den Färöers nähert. Die südwestliche Höhenströmung bleibt
zyklonal gekrümmt, was den wechselhaften Wettercharakter konserviert. Von
Frankreich her zieht ein neues Gebiet mit schauerartigem, vereinzelt gewittrigem
Regen in den Westen und Südwesten, das sich rasch ostwärts ausbreitet. Am
interessantesten wird es aber an der Nordsee, wo nicht nur der Südwestwind Žne
Stufe zulegt (vermehrt Böen 8 Bft). Pikant auch die Mischung aus labiler
Höhenkaltluft (T500 um -23°C über T850 um +5°C) und relativ warmem
Oberflächenwasser, was mit diabatischer Unterstützung die konvektive
Umlagerungsmaschinerie in Gang setzt. Vor allem über See bilden sich vermehrt
Gewitter (Böen 8-9 Bft), die natürlich auch die Inseln und das küstennahe
Binnenland treffen können.
Modellvergleich und -einschätzung
An der grundsätzlichen Entwicklung bestehen modellübergreifend keine Zweifel. Es
sind wie so oft die Details, in diesem Fall vor allem die Konvektion, die noch
unscharf daherkommen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann