SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.09.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
WALTER vs. blocking NINA – von Westen, am Mittwoch dann von Süden zunehmend
unbeständig mit teils kräftigen und Gewittern durchsetzen Regenfällen.
Dienstagfrüh im Westen und Südwesten Unwettergefahr durch heftigen Starkregen!

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC

Montag… startet die neue Woche und sie tut das mit einem beginnenden
Wetterwechsel, der einige sehr interessante Facetten zu bieten hat. Nach dem
gestrigen Spätsommersonntag – der Dank geht an NINA, dem fennoskandischen
Monumentalhoch – wird nun auf eine zyklonale Schiene gewechselt. Zur Wahrheit
gehört aber auch, dass das Ganze schrittweise und recht undynamisch erfolgt, so
dass z.B. heute der gesamte Osten und Nordosten sowie große Teile Ostbayerns von
dem Wechsel noch gar nicht viel bis nix mitbekommen. Konkret, am Rande des
1030+x-hPa-Hochs mit Zentrum über der Kola-Halbinsel bzw. dem Weißen Meer
gelangt mit ost-südöstlicher Strömung eine trockene Kontinentalluft in die
genannten Gebiete, in der verbreitet die Sonne scheint. Ein über Polen
lagerndes, aber leicht übergriffiges Höhentief stört dabei nicht wirklich, weil
es mit der stabilen und trockenen Luftmasse so gar nichts anfangen kann. Einzig
ein paar flache Quellungen unterhalb der bei 800 hPa positionierten
Absinkinversion sowie von Westen her ein paar Cirren lassen sich nicht
verhindern. Summa summarum also ein angenehmer spätsommerlicher Wochenstart mit
Nachmittagstemperaturen zwischen 22 und 26°C.

Anders die Situation in den westlichen Landesteilen, wo bereits in den frühen
Morgenstunden dichte Wolken, Regenfälle und sogar erste vereinzelte Gewitter
aufgeschlagen sind. Absender ist kein Geringerer als WALTER, seines Zeichens
knackiges Sturmtief südlich von Island. Vergangene Nacht konnte WALTER mit rund
980 hPa Kerndruck analysiert werden (zwar fehlt die 980iger Kernisobare in der
Wetterkarte, aber in dem datenarmen Seegebiet ist sie aufgrund der gesamten
Isobarenkonstellation durchaus vorstellbar), womit er den Höhepunkt seiner
Karriere erreicht oder sogar schon leicht überschritten haben dürfte. Auf alle
Fälle zieht es WALTEER im Tagesverlauf in Richtung isländische Südküste, wobei
er sich langsam auffüllt. Während das Tief selbst also weit von uns entfernt
bleibt, sieht es mit seinen „Hilfssystemen“ anders aus. Da wäre zum einen ein
ausladender, weil weit nach Süden reichender Potenzialtrog, der es zwar schwer
hat, gegen den fennoskandischen Block voranzukommen, trotzdem aber in den
nächsten Tagen den europäischen Kontinent in Angriff nimmt.

Schneller als der Trog ist die unmittelbar vorgeschaltete teilokkludierte
Kaltfront des Tiefs (ein Warmsektor konnte in der Nachtanalyse nicht mehr
detektiert werden), die kurz davor steht, den Westen und Nordwesten unseres
Landes zu okkupieren. Die Front folgt einer vorlaufenden Bodenrinne (Südost- vs.
Westwind), deren westlicher Rand von einen Regenband markiert wird – jenem
Regen, der oben bereits erwähnt wurde. Auffallend ist die die gewaltige
Feuchteflusskonvergenz im Bereich der Rinne respektive unmittelbar vor der
Front. Das PPW geht hoch auf 35 mm oder mehr (in der präfrontal trockenen
Kontinentalluft sind es z.T. nicht mal 15 mm), die Grundschichtfeuchte (0 bis
500 m) steigt auf rund 11/12 g/kg. Weniger überragend sind Lapse-Rate und
Labilität der Luftmasse, weshalb neben der Tageszeit das elektrisch-konvektive
Element bisher noch nicht so wirklich zum Zuge kam.

In den nächsten Stunden kommen Rinne und Regenband langsam ostwärts voran, wobei
die Progression im Süden etwas flotter vonstattengeht als weiter nördlich. Das
„Problem“ ist, dass sich beide mit einem schmalen Höhenrücken auseinandersetzen
müssen, der weder richtig voran- noch zurückkommt. Im Osten blockt das o.e.
Höhentief, von Westen drückt der Trog. Kurzum, der Rücken wird regelrecht in die
Zange genommen, entpuppt sich aber als äußerst resilient. Entsprechend schwächt
sich der Regen auf seinem Weg gen Mitte und Süden tendenziell eher etwas ab,
zumal von Osten her auch noch trockenere Lauft eingemischt wird. Gleichwohl
können sowohl lokaler Starkregen (durch die langsame
Verlagerungsgeschwindigkeit) als auch einzelne eingelagerte Gewitter (ebenfalls
starkregenlastig) nicht ausgeschlossen werden. Zum Nachmittag hin können sich
dann auch zwischen Rinne und nachfolgender Front, also im Westen und Südwesten
sowie im südlichen Bayern einzelne Überentwicklungen bilden. Mangels ausreichend
Organisation (kaum Scherung) und fehlender Mobilität dürfte es sich um
starkregenaffine Einzeltäter mit Unwettergefahr handeln, während kleiner Hagel
und Wind (Böen 7-8 Bft) eher eine untergeordnete spielen.

Die Temperatur erreicht im Westen und Süden 19 bis 24°C. Der anfangs vor allem
über der Deutschen Bucht noch frisch daherkommende Südostwind schwächt sich im
Laufe des Vormittags mehr und mehr ab.

In der Nacht zum Dienstag macht der Höhentrog vor allem in seinem Südteil etwas
Boden nach Osten hin gut. Bedingt durch einen bei Irland rückseitig einlaufenden
KW-Trog (der den Gesamttrog sozusagen regeneriert) mutiert der vormalige
Haupttrog zu einem scharf geschnittenen Randtrog, der es in sich hat. Die
Vorderseite ist vor allem über Frankreich und Benelux fast lehrbuchartig
diffluent konturiert und weist entsprechend ein veritables PVA-Maximum auf, das
nur wenig durch schwache KLA teilkompensiert wird. Die Höhendivergenz, die
dieser Trog erzeugt, ist immens, was für starke und flächige Hebung spricht.
Dabei kommt es zu Druckfall respektive zur Bildung eines flachen Tiefs (etwas
unter 1014 hPa), das am frühen Morgen irgendwo in Südwestdeutschland aufschlagen
soll. Auf seiner Westflanke wird eine excellent funktionierende Gegenstromlage
in Gang gesetzt, die harmonisch mit hochreichend gesättigter Luft interagiert.
Daraus resultiert über Frankreich, Belgien und Luxemburg ein größerer
Regencluster (im Grunde ist es eine Art MCS) mit eingelagerten Gewittern (vor
allem auf französischer Seite lassen sich einige Soundings mit meist
abgehobener, teils sogar bis in die Grundschicht reichender Labilität finden)
und/oder konvektiven Verstärkungen sowie hohem Starkregenpotenzial. In den
frühen Morgenstunden greifen die (Stark)Regenfälle dann auch auf deutsches
Hoheitsgebiet über (BaWü, RP, Saarland, NRW).

Weiter östlich füllt sich die Rinne auf und das zugehörige Regenband zerbröselt
vollständig. Daraus resultiert unterschiedliche Bewölkung, hier und da ein
Nebelfeld bei teils einstelligen Tiefsttemperaturen.

Dienstag… schwenken der Randtrog und das korrespondierende Bodentief (das
zunehmend einen rinnenartigen Charakter annimmt) nordostwärts über Deutschland
hinweg. Dabei beginnt sich das PVA-Maximum abzuschwächen, bleibt aber existent.
Gleiches gilt für den Gegenstrom auf der West- und Südwestflanke des Tiefs bzw.
der Rinne. Dort kommt es zu weiteren, teils mit Gewittern durchsetzen und
kleinräumig konvektiv verstärkten Regenfällen mit vor allem am Morgen und am
Vormittag erhöhter Starkregengefahr. Die mehrstündigen Mengen, die dort von
einigen Modellen angeboten werden, sind schon in der Nacht beginnend nicht ohne.
Lokal werden bis zu 60 l/m² oder mehr innert 3-6 Stunden angeboten, Areale mit
30 bis 50 l/m² im selben Zeitraum sind etwas größer. Das Problem ist nach wie
vor die genaue Regionalisierung der Regenschwerpunkte, die modellübergreifend,
aber auch in der internen Konsistenz ziemlich volatil behandelt werden. Bei
aller noch gegebenen Unschärfe zeichnet sich die größte Wahrscheinlichkeit für
unwetterartigen Starkregen in einem Gebiet ab, das etwa vom Niederrhein bis
hinunter zur Pfalz verläuft. Für diese Regionen ist eine Vorabinformation
Unwetter Starkregen ausgegeben worden. Darüber hinaus gilt es noch zu beachten,
dass der westliche Wind auf der Süd- und Südwestflanke des flachen Tiefs in den
Morgenstunden kurzzeitig auffrischt (Gradient, Druckanstieg). Wahrscheinlich
reicht es nur in einigen Höhenlagen (Schwarzwald, Alpen) für stärkere Böen bis
8/9 Bft. Sollte das Tief aber etwas kräftiger ausfallen oder sich ein
ordentlicher Cold-Pool bilden, sind auch tiefere Lagen windanfällig.

Ansonsten bleibt nur noch zu berichten, dass sich der Regen auf seinem Weg in
die östliche Mitte sowie in den Norden zum Nachmittag hin merklich abschwächt.
Dafür können sich an bzw. nordöstlich der Elbe im Bereich der vorankommenden
Rinne einzelne markante Gewitter mit Starkregen, kleinem Hagel und Böen 7-8 Bft
entwickeln. Auch in der postfrontal in den Süden und Westen einfließenden
subpolaren Meeresluft sind trotz beginnender Abtrocknung zunächst noch einzelne,
vielleicht sogar elektrische Schauer möglich. Während im Westen z.T. nur noch 17
oder 18°C erreicht werden, wird es im Osten noch mal bis zu 25 oder 26°C warm.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der Randtrog nordostwärts ab. Von Westen her
rückt aber bereits das nächste Exemplar nach, wobei es sich dabei genau genommen
um den Haupttrog handelt. Bevor die Nummer zwo bei uns aufschlägt, schiebt sich
ein flacher Rücken dazwischen, der für eine Wetterberuhigung sorgt. Einzig im
Nordosten bleibt die Nacht etwas unruhiger, was im Grunde an der andauernden
Blockierung des fennoskandischen Hoch liegt. Das verlagert seinen Schwerpunkt
zwar in den Nordwesten Kontinentalrusslands, viel Spielraum für zyklonale
Aversionen ergibt sich daraus aber nicht. Mit anderen Worten, die Bodenrinne
verweilt lange über dem Nordosten, Schauer und einzelne Gewitter inklusive.

Im großen Rest des Landes gibt sich die Nacht unterschiedlich, vielfach stark
bewölkt, aber meist trocken. Dort, wo es mal etwas länger aufklart, bildet sich
Nebel. Insbesondere im Westen kühlt es vielfach in den einstelligen Bereich ab
(Eifel bis zu 6°C).

Mittwoch… greift der neue Trog nur sehr langsam auf den Vorhersageraum über
(ihr wisst schon, Blockade über Ost- und Nordosteuropa), was aber ausreicht, um
einen nicht unerheblichen Impact zu initiieren. Konkret wird mit Unterstützung
der alpinen Topografie ein neues flaches Tief generiert, das bis
Donnerstagmorgen unter Intensivierung man kann sagen Vb-mäßig vom Alpenrand
nordwärts Richtung Ostsee zieht. Ob es das auf ostdeutscher Seite tut oder knapp
weiter östlich, steht noch nicht final fest. Auf alle Fälle abermals eine
synoptisch hochinteressante Lage, bei der auch der Gegenstrom wieder ordentlich
mitmischt. Im Gegensatz zur Entwicklung tags zuvor ist die Luftmasse aber
weniger labil, was die Wahrscheinlichkeit von Gewittern verringert. Trotzdem
kann es zu regional begrenzten Starkregenfällen kommen, vor allem in der Nacht
im Osten, wenn sich das Tief verstärkt. Die Regenfälle breiten sich aus der
Schweiz und Österreich heraus nord-nordostwärts aus, wobei bis Donnerstagfrüh im
Süden und Osten bzw. der östlichen Mitte durchaus 10 bis 30 l/m², örtlich auch
mehr innert 24 Stunden zusammenkommen können. Weitgehend oder sogar gänzlich
trocken bleibt es im Westen und Nordwesten, wo auch häufiger die Sonne
vorbeischaut (das tut sie auch im Nordosten, wo der Regen ja erst in der Nacht
ankommt). Dort, also im Nordosten muss in den Frühstunden vornehmlich an der
Ostsee mit auffrischendem Ostwind gerechnet werden, je nach genauer Lage und
Intensität des Tiefs.

Die Temperatur erreicht im Süden bei einsetzendem Dauerregen z.T. nur 16 oder
17°C (in höheren Lagen weniger). Dafür stehen im Raum Berlin sowie an der Grenze
zu Polen 25 oder 26°C auf der Karte.

Modellvergleich und -einschätzung

Während die grundlegende Entwicklung sehr ähnlich gesehen wird, tun sich bei den
Details nicht unerhebliche Unschärfen auf. Vor allem die bevorstehenden Regen-
respektive Gewitterereignisse werden in puncto Timing, räumlicher Verteilung
(hier besonders die Schwerpunkte) und Intensität weder kongruent noch konsistent
gerechnet. Das erschwert freilich das prophylaktische Warnmanagement. Die
Wahrscheinlichkeit ist aber unbestritten hoch, dass im Westen und Südwesten –
wenn auch räumlich begrenzt – ab kommender Nacht hohe bis sehr hohe Regenmengen
(Unwetter) in relativ kurzer Zeit (einige Stunden) fallen. Um ein frühzeitiges
Zeichen zu setzen, wurde eine Vorabinformation als das Mittel der Wahl
auserkoren, wohlwissend, dass das wieder mal nicht von allen richtig verstanden
wird. Gut möglich, dass diese Vorabinfo im Tagesverlauf in Abhängigkeit neuer
Modellläufe angepasst bzw. aktualisiert wird.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann