#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 03.09.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 030800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 03.09.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
SWz (Südwest zyklonal)
Wechselhafte, spätsommerliche warme Südwestlage. Am Donnerstag und in der Nacht
zum Freitag gebietsweise Starkregen, im Süden nochmal erhöhtes Unwetterpotential
durch z.T. schwere Gewitter. Zum Wochenende hin Wetterberuhigung.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
Mittwoch… liegen wir weiterhin am Rande eines komplexen und sich immer wieder
regenerierenden Tiefdruckkomplexes, der weite Teile Grönlands, des Nordmeeres
bis zu den Britischen Inseln umspannt. In der südwestlichen Höhenströmung sind
auch in der Folge mehrere Kurzwellentröge eingelagert, die das Wettergeschehen
bei uns komplex, leicht wechselhaft, aber auf einem spätsommerlich warmen
Temperaturniveau gestalten.
Das eigentliche Steuerungszentrum ULRICH liegt dabei zwischen Schottland und
Island und dessen Ausläufer sind für uns nicht mehr relevant und ostwärts
abgezogen. Vielmehr entscheidend ist für uns das neue Randtief VOLKHARD, das mit
einem Kerndruck unter 990 hPa die Irland erreicht hat. Auf dessen Vorderseite
hat bereits in den Nachtstunden eine schwache Okklusion Deutschland aus Westen
erreicht, die nun in einen flachen Rücken über der Mitte Deutschlands
hineinläuft und daher kaum noch wetterwirksam ist. Bis auf ein paar Spritzer
hier und da fällt nicht viel raus. Alsbald wird die Okklusion von der Warmfront
VOLKHARDS eingeholt, die mit weit ost-nordostwärts ausgreifender WLA auch der
Grund für die vorübergehende Aufwölbung des flachen Rückens ist. Die Warmfront
erstreckt sich zur Mittagszeit etwa von der Elbmündung bis nach Oberschwaben und
ist was thermische Gegensätze, hochreichende Feuchtigkeit und Wetteraktivität
abgeht ebenfalls (für die Sommersaison üblich) nicht sonderlich stark
ausgeprägt. Vor allem im Nordwesten fällt mit Passage mit stärkster Nähe zum
Tiefkern zeitweise etwas Regen.
So richtig spannend wird es aber erst in den Abendstunden mit Annäherung der
Kaltfront von Benelux her. Im Warmsektor fließt eine schwül-warme, potentiell
instabile Luftmasse in einem extrem stark gescherten Umfeld zu uns ein. Sowohl
die DLS > 30 m/s als auch die Low Level Shear erreichen mit > 20 m/s sehr hohe
Werte, was vor allem auf die rasche Geschwindigkeitszunahme mit der Höhe
verbunden ist. Aber auch ein leichtes Veering von Süd auf Südwest ist in den
untersten Niveaus zu finden. Allerdings ist die Luftmasse leicht gedeckelt und
der durchschwenkende Kurzwellentrog in der Höhe erreicht uns mit seiner Achse
über der Deutschen Bucht erst kurz nach 18 UTC also 20 Uhr Ortszeit, wo der
Tagesgang schon mehr oder weniger endet. Der Fokus gut organisierter Schauer-
und Gewitterlinien mit hohem Sturmpotential dürfte demnach eindeutig über
Benelux und Nordfrankreich liegen, die langlebigen Systeme werden aber selbst in
abgeschwächter Form den Weg Richtung Eifel, Niederrhein und Emsland finden. Dann
muss in jedem Falle mit Böen um 80 km/h (Bft 9), vereinzelt mit schweren
Sturmböen bis 100 km/h (Bft 10) gerechnet werden. Das ICON-D2 EPS belässt die
Signale dafür aber durchweg weiter westlich außerhalb unserer Landesgrenzen.
Wind ist aber ein gutes Stichwort, denn der erreicht im Nordwesten immerhin 40
Knoten in 925 hPa. Dementsprechend sind bereits erste Gipfel- und Leelagen
angesprungen und mit der Durchmischung tagsüber kommen weitere tiefe Lagen
zwischen Eifel, Sauerland und Nordsee mit dazu. Auf den Nordseeinseln und auf
exponierten Gipfeln treten neben steifen auch stürmische Böen aus südlichen
Richtungen auf.
Für weite Landesteile wird es ein freundlicher Spätsommertag. Vor allem von der
Ostsee bis zum Erzgebirge sowie in Süddeutschland scheint nach anfänglichen
Nebelfeldern oder Restgewölk der sich auflösenden Okklusion längere Zeit die
Sonne. Im Warmsektor steigt die Temperatur in 850 hPa auf über 10°C, im Süden
bis 14°C an. Das reicht auch Anfang September noch für einen Sommertag (Tmax >
25°C), der an zahlreichen Stationen vermeldet werden dürfte.
In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Kurzwellentrog über der Deutschen Bucht
unter Abschwächung nordostwärts und die südwestliche Höhenströmung glättet
einmal durch. Unterdessen erreicht ein im Trogbereich eingelagertes kleines
Drehzentrum vom Atlantik in den Frühstunden Wales. Es dürfte angesichts der
Dynamik und Baroklinität ein sehr ästhetisches Komma abbilden. Die Kaltfront
VOLKHARDS schwenkt mittlerweile (zunehmend inaktiv ostwärts, wird aber durch
eine Wellenbildung im Bereich des Zentralmassivs zurückgehalten.
Vorderseitig gelangt in den Südwesten eine abgehobene Mischungsschicht, was sich
in etwas MU CAPE äußert. Die Hebungsimpulse sind zwar gering, trotzdem durchaus
denkbar, dass sich gerade über dem Schwarzwald oder entlang der Schwäbischen Alb
einzelne Schauer entwickeln.
Sonst ist es wechselnd bewölkt, teils klar und es gibt nur vereinzelt etwas
Regen aus den Konvektionsresten des Tages. Auch der Wind lässt deutlich nach,
lediglich über der freien Nordsee ist er noch mit Böen der Stärke 7 unterwegs.
Mit 18 bis 13°C bleibt die Nacht vielerorts lau. In Niederbayern geht es bis auf
8°C runter. Dort bleibt die Nebelneigung wie in der vergangenen Nacht erhöht.
Donnerstag… stößt das Kommatief unter Abschwächung zur Nordsee vor.
Rückseitige KLA sorgt für eine effektive Ausweitung des Landgwellentroges über
den Britischen Inseln südwärts. Dadurch steilt die Strömung im Endeffekt ein
Stück weiter auf und dreht in der Höhe bis auf südliche Richtungen zurück.
Zusätzlich findet dadurch auch föhnbedingt niedertroposphärisch eine weitere
Erwärmung statt, was die Lapse Rates vor allem im Südosten des Landes weiter
verschärft.
Da der Feuchtenachschub im Bereich der wellenden Front aus Westen ebenfalls
gesichert ist, kann sich bei einem prognostizierten morgendlichen Sonnenfenster
bis zum Nachmittag für die Jahreszeit nochmal satt ML CAPE aufbauen mit Werten
von teils 1000-1500 J/kg vom Hochrhein und den Alpen über Niederbayern bis nach
Sachsen und Brandenburg. Die Scherungsverhältnisse sind dabei zwar nicht so
stark wie noch am Vortag im Nordwesten. Gleichwohl reichen etwas mehr als 15 m/s
potentiell für die Bildung einzelner Superzellen aus. Insbesondere durch die
Bildung eines flachen Leetiefs über Bayern kommt nun auch einiges an
Richtungsscherung mit ins Spiel. Die konvektionserlaubenden Modelle reagieren
darauf mehrheitlich mit einem potentiellen Starkregenstreifen, in dem einzelne
Gewitter eingelagert sein können, der sich etwa von Baden-Württemberg bis zum
Abend bis nach Thüringen ausweitet. Zwischendurch reißt dieser aber auch immer
mal wieder ab bzw. läuft in die vormittägliche Depression (Gewitterminimum)
hinein. Von daher drängt sich aus heutiger Sicht prophylaktisch eine
Starkregenwarnung erstmal nicht auf. Zum späten Nachmittag und Abend simulieren
dann ICON-D2 und AROME recht einheitlich die Entstehung einer Superzelle im
Bereich des Bodensees, die sich im weiteren Verlauf als eine Art Squall Line bis
zum bayerischen Wald fortsetzt. Neben großem Hagel besteht dann auch die Gefahr
von Böen bis Orkanstärke und heftigem Starkregen. Sollten sich diese Szenarien
verfestigen, muss morgen Früh ernsthaft über eine Vorabinformation nachgedacht
werden.
Postfrontal ist die Luftmasse deutlich trockener und stabiler, so dass vor allem
von Mecklenburg und Schleswig-Holstein bis nach NRW neben einem Mix aus Sonne
und Wolken nicht allzu viel passiert. Erst zum Abend nimmt auch dort die
Wahrscheinlichkeit für einzelne Schauer und Gewitter mit Annäherung der Reste
des „Kommas“ zu.
Die Höchstwerte erreichen bis nahe 30°C in der Lausitz sowie bei Passau, aber
auch postfrontal ist es mit 21 bis 25°C alles andere als kühl.
In der Nacht zum Freitag stößt die Trogachse Richtung Benelux und zur Schweiz
vor, ist noch immer sehr weit nach Süden amplifiziert. Erste Abtropftendenzen
werden sichtbar, was die Divergenz auf der Vorderseite etwas erhöht. Die
Hebungsantriebe nehmen also aus der Höhe heraus etwas zu. Das Leetief über
Süddeutschland, das sich durch fortschreitende verclusternde Konvektion zu einem
MCS umformt, zieht bis zum Morgen entlang der Oder, womit die rückseitig
beteiligte Front immer mehr Anacharakter annehmend wird.
Auf der kalten Seite fallen länger anhaltende, teils gewittrig durchsetzte
Regenfälle, die bei PPW’s um 35 mm und strömungsparalleler Verlagerung leicht
warnwürdige Mengen zwischen 25 und 40 l/qm binnen weniger Stunden produzieren
können. So sieht es auch der Großteil der Deterministik, wenn auch mit
unterschiedlichen räumlichen Schwerpunkten. Das UK10 macht eine sehr westliche
Variante mit Schwerpunkt über dem östlichen Niedersachsen bis Ostholstein.
ICON06 sieht den Schwerpunkt hingegen weit östlich von Dresden bis nach Usedom.
Die Ensemble sehen (wenig überraschend?) den Mittelweg als wahrscheinlichste
Lösung an (BaWü, Unterfranken, Thüringen, Sachsen-Anhalt bis ins westliche
Brandenburg. Dies dürfte dann auch den Bereich markieren, die morgen dann mit
Vorlauf eine markant ausgereizte Starkregenwarnung erhalten dürfte, so sich die
Signale in der Richtung weiter verfestigen. Sind eingelagerte Gewitter mit im
Spiel, sind auch Unwetter nicht ausgeschlossen.
Auch in der Westhälfte ziehen Schauer oder vereinzelte Gewitter durch, ohne
nennenswerte Begleiterscheinungen.
Freitag… gelangt Deutschland inmitten des abtropfenden Trogbbereichs. Sogar
etwas Höhenkaltluft mit unter -20°C in 500 hPa ist vorhanden. Auf der Rückseite
weitet sich NVA bedingt eine Bodenhochzelle mit über 1020 hPa von Frankreich bis
nach Süddeutschland aus. Die bodennahe Strömung bleibt also vielerorts eine
westliche.
Nachdem die letzten Frontenreste aus dem Nordosten und dem Alpenraum abgezogen
sind, was durchaus bis in die Nachmittagsstunden hinein dauern kann, wird rasch
die Auslösetemperatur erreicht und es bilden sich Quellwolken mit Obergrenzen
deutlich unter -10°C, gebietsweise bis -30°C heran. So bilden sich postfrontal
rasch zahlreiche Schauer und kurze „Kaltluftgewitter“, bevor sich zum Abend aus
Westen immer mehr eine Stabilisierung der Lage bemerkbar macht.
In der einfließenden, stark erwärmten Atlantikluft hält sich die Abkühlung
insgesamt mit Höchstwerten um 20°C in Grenzen. Dazu weht ein mäßiger und
zeitweise stark böiger Westwind. Für warnwürdige Böen reicht es aber wohl nicht.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Basisfelder sind allesamt ähnlich simuliert. Über die
Gewitter-/Starkregenschwerpunkte und deren Unterschiede wurde ausführlich im
Text hingewiesen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen