SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.08.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
HB

Abgesehen vom Nordwesten vereinzelt starke oder schwere Gewitter, in den
kommenden Tagen mehr und mehr in den Süden zurückziehend. Schwerpunkt auf
Starkregen, aber auch Hagel und Sturmböen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC

Freitag… liegt Deutschland bei insgesamt schwachen Geopotentialgegensätzen auf
der Vorderseite eines flachen Troges, der vom Nordmeer nach Süden weist und
zumindest bis nach Benelux und Nordfrankreich reicht. Von Süden drückt gegen
diesen Trog ein Keil, der, ausgehend von Nordwestafrika, bis in die Biskaya und
nach Frankreich ausgreift. Während der Rücken im Tagesverlauf außer einer
moderaten Kräftigung keine nennenswerten Veränderungen erfährt, insbesondere was
seine Position angeht, läuft der Trog um den Rücken herum, so dass seine Achse
bis zum Abend auf den Nordwesten Deutschlands übergreift. Zum Rücken ist zu
ergänzen, dass er sich über Frankreich in zwei Äste aufspaltet, wobei der erste
nach Irland und weiter ins Seegebiet südlich von Island (wo er das großräumige
Hoch KYRA stützt), der zweite dagegen über Süddeutschland und das Böhmische
Becken hinweg bis zur westlichen Ukraine weist. Mit dem Trog steht ein
Tiefdruckgebiet (QUILL) in Verbindung. Dieses schafft es im Verlauf des Tages
von der Norwegischen See bis nach Nordschweden. Seine Front (wobei man geneigt
sein könnte, gleich mehrere Fronten zu erkennen, da die Rückseitig gelagerte
kältere Luft in Schüben einfließt) hat den Nordwesten Deutschlands erreicht. Im
Verlauf des Tages kommt sie bis in die Mitte, also etwas auf eine Linie
Stettiner Haff – Eifel voran. Schon der Blick auf die 850er Temperaturen deutet
die Unterschiede in den Luftmassen an. Während postfrontal nur noch Werte um
15°C erwartet werden, sind es präfrontal um die 18, im Südosten sogar bis zu
20°C. Da zu der Stabilisierung durch die Kaltluft auch noch das Hoch für
Absinken sorgt, bleibt es im Nordwesten, im Tagesverlauf dann im gesamten Norden
und Nordwesten, trocken. Einzig an der Nordsee können durch
niedertroposphärische Anfeuchtung der Luft bei auflandigem Wind an der
Nordostflanke des Hochs und der sich in der Folge ausbildenden Küstenkonvergenz
ein paar Tropfen fallen. Präfrontal gestaltet sich das ganze deutlich anders.
Die Luftmasse dort ist schon ohne Trogeinwirkung thermisch labil geschichtet.
Die Werte des niederschlagbaren Wassers dort liegen bei 30 bis 40 mm, wobei sich
Maxima unmittelbar präfrontal und auch über dem Südwesten abzeichnen (wo der
zweite Ast des Keils ein schwaches Potentialminimum aufweist.) Dort können die
PPWs in der Spitze auch durchaus Werte jenseits der 40 mm annehmen, dazu kommen
in diesen Regionen die höchsten CAPE-Werte (CAPE-ML nach ICON-EU dort 1500 bis
2000 J/kg, lokal auch mehr. Die Luftmasse gibt also durchaus Schwergewitter her,
wobei der Schwerpunkt eindeutig durch die in allen Höhenstufen gradientschwache
Situation auf dem Starkregen, eventuell auch auf kleinerem Hagel, dann eventuell
auch mit größeren Hagelansammlungen, liegt. Die globalen Modelle sind bezüglich
der zu erwartenden Niederschläge sehr zurückhaltend (ICON in der Spitze unter 5
l/qm, IFS in der Spitze um 10 l/qm). Lediglich GFS deutet mit punktuell über 30
l/qm DAS Potential der Luftmasse adäquat ab. Da liefern die höher auflösenden
Modelle wie ICON-D2 (bis 50 l/qm) oder AROME (bis 30 l/qm) bessere Anhaltspunkte
für das Erwartbare, was auch von den Ensembles von ICON-D2 oder ICON-RUC
gestützt wird. Zum einen, weil schon in der zurückliegenden Nacht „Extremes
Unwetter“ gezogen werden musste. Zum anderen, weil, sofern die starke Deckelung
erstmal weg ist, die Luftmasse unwetterartige Entwicklungen einfach hergibt.
Insofern wird warnstrategisch wohl erstmal mit „markant“ (Mengen bis 25 l/qm)
operiert werden, was auch insofern gerechtfertigt scheint, als im scherungsarmen
Umfeld vor allem mit Einzelzellen, die eventuell etwas verclustern, zu rechnen
ist. Dann würde bei Bedarf Unwetter oder Extremes Unwetter draufgesattelt
werden. Von einer Vorabinfo wird allerdings Abstand genommen, schließlich würde
eine solche das Unwetterpotential regional deutlich überzeichnen. Der Wind
spielt bei den Gewittern ganz klar eine untergeordnete Rolle. Allerdings
zeichnet sich gebietsweise niedertroposphärisch eine inverse V-Struktur ab.
Somit sind durch Fallböen Windspitze im Bereich Bft 8 (stürmische Böen um 70
km/H), wenn es dumm läuft Bft 9 (Sturmböen um 80 km/h) und wenn es ganz extrem
dumm läuft auch Bft 10 (schwere Sturmböen, um 90 km/h) nicht auszuschließen.
Letztendlich wird es wieder ein Tag des Nowcastings werden. Und ein Tag mit
verbreitet großer Hitze. Von der Oder bis zur Saar sowie südlich dieser Linie
liegen die Höchstwerte bei 32 bis 36°C, nördlich einer Linie Usedom – Eifel
dagegen nur bei 26 bis 31°C – und an den Küsten ist es noch erträglicher.

In der Nacht zum Samstag kommt die Front etwa bis zur Mainlinie und nach Sachsen
voran. Rückseitig stabilisiert die Schichtung und die Gewitter lassen nach. Dann
bleibt in den postfrontalen Bereichen eine geringe Chance auf ein paar Tropfen
an den Küsten, dort ändert sich die Situation gegenüber dem Tage nicht
wesentlich. Allerdings frischt der Wind auf der Nordostflanke des Hochs, dessen
Schwerpunkt zum Morgen mit über 1030 hPa nordwestlich von Schottland zu finden
sein wird, stark böig auf, was für die Nordfriesische Küste durchaus die eine
oder andere Böe Bft 7 (um 55 km/h) zur Folge haben sollte. Der Süden und
Südosten bleibt dagegen noch zum größten Teil in der labilen Heißluft, wobei aus
der Höhe Hebungssupport durch den Trog zustande kommt, der den zweiten Ast des
Rückens allmählich anknabbert. Damit werden die Gewitter wohl nicht abklingen.
Einzelne kräftige Entwicklungen sind über die gesamte Nacht möglich, Unwetter
sind ebenfalls nicht ganz ausgeschlossen. Auch eine Verclusterung der Zellen ist
denkbar, so dass auch das Unwetterkriterium bezüglich mehrstündigen Starkregens
im Auge behalten werden muss. Bei Tiefstwerten von Süd nach Nord zwischen 19 und
13°C kann man zumindest im Norden wieder nachts durchamten.

Samstag… verlagert sich die Front zögerlich nach Süden, zum Abend schaut sie
sich die Donau immer noch von Norden her an. Vom Schwarzwald bis nach Ostbayern
sinkt zwar im Vergleich zum Vortag die thermische Labilität (Lapse-Rates nur
noch knapp unter -0,6 K/100m im Vergleich zu punktuell unter -0,7 K/100m am
Vortag) und auch die potentielle Energie ist mit in der Spitze 1500 J/kg unter
dem „alten“ Level, aber die PPWs sind immer noch im Bereich 30 bis 40 mm. Damit
ist immer noch Unwetterpotential gegeben, was erneut auch die hochauflösenden
Modelle ICON-D2 (punktuell bis 100 l/qm) oder AROME (punktuell um 50 l/qm)
bestätigen. Diesmal lassen sich aber auch die Globalmodelle nicht lumpen. Bis zu
30 l/qm haben ICON, IFS oder GFS auf dem Zettel. Gestärkt wird der Eindruck,
dass es etwas kräftiger zur Sache gehen wird als heute, auch von den Ensembles,
wobei beispielsweise ICON-D2-EPS einstündig für Mengen von mehr als 15 mm / 25
mm / 40 mm Wahrscheinlichkeiten von bis zu 50% / um die 40% / bis 20% anbietet.
Getriggert wird die Hebung weiterhin durch den Höhentrog, dessen Achse vom
Westen bis zum Main vorankommt, dann, am Nachmittag, aber etwas an Kraft
verliert, weil von Westen der Rücken dagegendrückt. Für adäquate Hebungsimpuls
reicht es aber noch aus, so dass über dem Süden die Auslöse auch mit seiner
Hilfe bewältigt werden wird. In der Summe ist erneut der Fokus auf den
Starkregen zu legen, wobei das Potential für Unwetter, lokal und punktuell auch
für Extremes Unwetter gegeben ist. Dazu kommt wieder der kleine Hagel, eventuell
auch Hagelansammlungen. Dazu sind Sturmböen durch eine bodennah inverse
V-Struktur nicht ausgeschlossen. Im Bodendruckfeld zieht das Tief nach Finnland,
der Schwerpunkt des Hochs überquert Schottland und erreicht die schottische
Nordseeküste. Damit bleibt der Gradient über der Nordsee angeschärft, bis zum
Abend und in die Nacht zum Sonntag hinein treten an der Nordfriesischen Küste
Böen Bft 7 auf. Abseits der Gewitter sollen der Nordwesten und der Südosten am
wenigsten Sonne abzubekommen. Im Nordwesten löst sich der postfrontal
auftretende Stratus nur zögerlich auf, im Südosten hälft sich aus der Nacht
heraus noch dichtes Gewölk. Die höchsten Sonnenanteile sollen der Nordosten und
der Südwesten bekommen. Die Höchstwerte im Südwesten schaffen es mit viel Sonne
in den Bereich 29 bis 31°C mit den höchsten Werten am Oberrhein. Um die Nordsee
herum werden es keine 20°C mehr, ansonsten liegt die Messlatte bei 21 bis 28°C.

In der Nacht zum Sonntag greift der Trog auf Südosteuropa über. Dadurch wird ein
dort bzw. über dem zentralen Mittelmeer befindliches Höhentief in die
Zirkulation des Haupttroges über Skandinavien und dem Baltikum einbezogen.
Insofern herrscht über der Osthälfte Europas tendenziell niedriges, über der
Westhälfte tendenziell hohes Geopotential vor. Der Höhenrücken über Westeuropa
weist dabei eine lausige Wellenlänge auf, da er von dem Trog über Osteuropa und
einem Trog über dem nahen Ostatlantik in die Zange genommen wird. Seine Kraft
reicht aber aus, um weiterhin das Bodenhoch zu stützen, welches sich zwar kaum
verlagert, dabei aber immerhin einen sich moderat kräftigenden Keil nach
Deutschland schiebt. Damit gerät auch die immer noch über dem Süden befindliche
Front unter Absinken, ihre Kontur im Theta-Feld verwischt allmählich. Trotzdem
kommt sie bis über die Donau voran, südlich der Donau bleibt es auch in der
Nacht schauer-regnerisch oder gewittrig. Erneut können sich die Gewitter bis in
die zweite Nachthälfte halten oder zu (ungewittrigen?) Clustern zusammenwachsen.
Im übrigen Land bleibt es trocken, mit Ausnahme vielleicht der Nordseeküste, wo
einzelne Schauer möglich sind. Die Tiefstwerte bewegen sich zwischen 16 und 9°C.

Sonntag… und in der Nacht zum Montag schieben sich die Trog-Rücken-Strukturen
träge nach Osten. Auf der Vorderseite des Rückens bzw. zwischen Trog und Rücken
und damit über dem Osten Deutschlands läuft ein kurzwelliger Troganteil von Nord
nach Süd ab, ohne dass dieser Warnrelevanz hätte. Er ist noch nicht einmal
sonderlich wetteraktiv, immerhin soll der Sonntag auch im Osten sehr sonnig
werden – ebenso wie in der gesamten Südhälfte. Der Nordwesten wird wieder von
durch das Nordsee- und Nordatlantikhoch induzierten Stratusfelder behelligt,
durch die sich die Sonne erst mal durcharbeiten muss. Da sich im Voralpenland
wie auch von dort in Richtung Niederbayern noch Reste der inzwischen deutlich
„runtergekühlten“ Gewitterluft halten (T850 um 12°C, PPWs um 25, CAPE-ML bis 500
J/kg) sind kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Deren Unwetterpotential ist aber
nunmehr arg beschränkt. Dazu weht an der Nordsee ein kräftiger, aber aller
Wahrscheinlichkeit nach nicht warnwürdiger Wind. Die Höchstwerte pendeln sich
zwischen 20 und 28°C ein, bei den Tiefstwerten in der Nacht zum Montag sind es
13 bis 8°C.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die Abläufe sehr ähnlich. Unterschiede ergeben sich
traditionell in der Verteilung und Intensität der Niederschläge. Diesbezüglich
wurden im Text schon detailliertere Angaben gemacht. Das Potential für punktuell
kräftige Gewitterentwicklungen bis in den Unwetter / schweren Unwetterbereich
lässt sich aus allen Modellen ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas