#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Dienstag den 05.08.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 050800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 05.08.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu einem Mittelding zwischen Wa und BM (West antizyklonal/Brücke
Mitteleuropa)
Heute Südrand Sturmtief NING mit schleifender Kaltfront, stürmischer Küste,
frontalem Regen sowie post- und präfrontaler Konvektion. Danach Comeback des
Sommers, nach Norden hin aber weiter leicht wechselhaft und weniger warm als im
Süden.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
Dienstag… steht ganz im Zeichen eines veritablen Sturm- respektive Orkantiefs
namens NING (int. Floris), das am frühen Morgen die südnorwegische Westküste
knapp unterhalb Svinöy erreicht hat. Mit einem Kerndruck von unter 980 hPa ist
NING für sommerliche Verhältnisse ein wahres Prachtexemplar und selbst im Winter
hätte das Tief allemal das Zeug dazu, für Schlagzeilen zu sorgen. Der Höhepunkt
seiner bemerkenswerten Karriere hat das Sturmtief allerdings knapp
überschritten, was u.a. an seiner quasisenkrechten Vertikalachse auszumachen
ist. Außerdem hat das Tief nicht untypisch für die Region vor der norwegischen
Küste einen zweiten Kern gebildet, der schon bald die Rolle des
Hauptdrehzentrums einnimmt. Auch hier stehen anfangs noch rund 980 hPa zu Buche,
bevor sich das Tief auf seinem Weg in Richtung Haltenbank ganz allmählich
beginnt aufzufüllen.
Ausgehend vom korrespondierenden Höhentief erstreckt sich heute früh ein
Potenzialtrog in Richtung UK bzw. westliche Nordsee, der im Tagesverlauf
ostwärts schwenkt und somit auch deutsches Territorium okkupiert. Bevor es
allerdings soweit ist, schwenkt ein anfangs sehr gut ausgeprägter Jetstreak
langsam von Nordwest nach Südost. Im Satellitenbild erkennt man eine wunderbar
ausgeprägte, wie mit dem Lineal gezogene Wolkenabbruchkante, wie man sie nicht
alle Tage zu Gesicht bekommt. Ästhetik pur, die kunstvolle Seite der
Atmosphärenphysik! Ansonsten dreht die südwestliche Höhenströmung vor dem Trog
kurzzeitig etwas zurück. Das ist insofern von Bedeutung, als dass die Kaltfront
des Tiefs, die am frühen Morgen etwa eine Linie südliches NRW-Ostvorpommern
erreicht hatte, vorübergehend ausgebremst wird respektive ins Schleifen kommt.
Mit etwas Fantasie lässt sich sogar der Durchgang einer flachen Welle erkennen,
auch wenn das nicht wirklich zur Höhenströmung passt (kein KW-Trog). Wie auch
immer, die Kaltfront generiert ein frontales Regenband, das heute Morgen im
Westen (RP/Hessen) sehr gut definiert ist (excellente Scherungsbedingungen, gut
ausgeprägter Windsprung) mit Stundensummen bis zu 5 l/m², vereinzelt sogar noch
etwas mehr. Richtung Osten divergiert das Regenband, wird deutlich diffuser und
fragiler, was sich im Tagesverlauf mit Durchgang der „Welle“ aber ändern wird.
Der Schwerpunkt des Regens verlagert sich grob in die östliche Mitte und in
einem schmalen Korridor, der etwa von Osthessen über Thüringen und das südliche
Sachsen-Anhalt bis hinüber zur Lausitz reicht, kann es in der sehr feuchten
Luftmasse (PPW deutlich über 30 mm) für einige Stunden durchaus kräftiger regnen
mit Mengen bis 20 l/m², lokal auch darüber (was formal das Kriterium für
mehrstündigen Starkregen erfüllt). Am Nachmittag, wenn der Trog den
Vorhersageraum erreicht, bekommt die Kaltfront einen Kick, der sie langsam aber
stetig Richtung Süddeutschland bzw. Alpen steuert. Mit dabei der frontale Regen,
der sich dabei aber deutlich abschwächt.
Der Grund für die nachlassende Intensität liegt u.a. auch an der weit nach Süden
ausgreifenden und die Bodenfront überlaufenden mitteltroposphärischen KLA, die
sich hebungsdämpfend auswirkt. Auf der anderen Seite sorgt die vorstoßende
Höhenkaltluft für eine allmähliche Labilisierung der präfrontalen Luftmasse, was
modellübergreifend mit der Simulation einzelner, teils kräftiger Gewitter
gewürdigt wird. So darf etwa ab Mittag in gut geschertem Umfeld und wenigen 100
J/kg CAPE (generiert durch vorherige Einstrahlung) etwa südlich einer Linie
Südpfalz-Lausitz mit der ein oder anderen durchaus organisierten Zelle gerechnet
werden, die trotz rascher Verlagerung neben Böen 7-8 (worst case 9 Bft) und
kleinem Hagel auch Starkregen bis 20 l/m² innert kurzer bringen kann.
Konvektive Umlagerungen stehen auch in der postfrontal einfließenden erwärmten
Meeresluft subpolaren Ursprungs (mPs) auf der Karte. Zwar ist die Luft deutlich
trockener als vor der Front, die Labilität (T500 um -21°C, T850 um +5°C) reicht
aber aus, um etwas CAPE zu generieren. Kurzum, schon am Vormittag greifen von
der Nordsee her Schauer und später auch einzelne kurze Gewitter auf das
nordwestliche Tiefland über, die neben Graupel und kurzem Platzregen vor allem
von stürmischen Böen oder Sturmböen 8-9 Bft begleitet werden. Es soll aber nicht
verschwiegen werden, dass große Teile Nord- und auch Westdeutschlands trocken
und mit einer gesunden Mischung aus Sonnenschein (heute Morgen auf dem Festland
teilweise wolkenlos) und flachen bis mittelflachen Kumulanten über den Tag
kommen.
Bliebe noch der Wind, der – wie sollte es in der Peripherie eines Sturmtiefs
anders sein – natürlich eine prominente Rolle einnimmt, auch wenn das
Hauptgebläse freilich weiter nördlich aufgestellt ist. Gradient und Tagesgang
lassen den Westwind ab dem Vormittag an den Küsten, aber auch in Teilen des
nord- und nordwestdeutschen Binnenlands weiter auffrischen. An der Nordsee, der
westlichen Ostsee sowie im Norden von SH muss dabei mit Böen 8-9 Bft gerechnet
werden, während sonst meist steife Böen 7 Bft, in Schauern gerne auch mal 8 Bft
auf dem Zettel stehen. Zum Abend hin lässt der Wind im Binnenland wieder nach.
Temperaturen: 19 bis 24°C, im Süden bis zu 26 oder 27°C.
In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Höhentrog ostwärts durch, was die
Kaltfront an bzw. in die Alpen treibt. Damit wird der gesamte Vorhersageraum mit
der subpolarer Meeresluft geflutet, in der T850 auf 8 bis 5°C zurückgeht.
Darüber hinaus steigt der Luftdruck an, was sich in einem nach Osten
vorstoßenden Hochkeil (Absender ist der atlantische Azorenhochableger INES)
widerspiegelt. Von wenigen Ausnahmen abgesehen beruhigt sich das Wetter,
vielfach klart es auf bzw. treten nur noch wenige Wolken auf den Plan. Lediglich
an den Rändern wird noch was geboten. An den Alpen sorgen Front und Orografie in
der ersten Nachthälfte für Regenfälle und einzelne Gewitter mit
Starkregenpotenzial, bevor sich die Szenerie bis zum Morgen deutlich beruhigt.
Nicht beruhigen tut sich das Wetter an den Küsten sowie im küstennahen
Binnenland. Zwar legt das alternde Sturmtief immer mehr Strecke zwischen sich
und dem Vorhersageraum. Durch den Druckanstieg weiter südlich bleibt aber ein
solider Gradient erhalten, der den westlichen Wind soweit am Leben hält, dass an
den Küsten mit weiteren Böen 7-8 Bft zu rechnen ist. Darüber können an Nord- und
Ostsee noch einzelne Gewitter mit Böen 7-8 Bft durchziehen.
Die Luft kühlt verbreitet auf 12 bis 7°C ab, nur ganz im Norden
(Wind/Meeresnähe) bleibt es milder.
Mittwoch… weitet sich besagter Hochkeil mit etwas über 1020 hPa im Gepäck bis
weit in den Norden aus. Einzig in Küstennähe bleibt noch ein gewisser
Restgradient übrig, der ausreicht, einen flotten und böigen Westwind zu
konservieren. Die Spitzenböen liegen meist im Bereich 7 Bft, an der Ostsee sind
exponiert aber auch ein paar stürmischen Böen 8 Bft drin. Ansonsten präsentiert
sich der Norden weiterhin leicht wechselhaft (Sonne-Wolken-Mix, einzelne
Schauer), was der indifferenten bis leicht zyklonal konturierten
west-nordwestlichen Höhenströmung geschuldet ist. Für Gewitter dürfte es mangels
ausreichend vertikaler Labilität wohl nicht mehr reichen.
Je weiter wir Richtung Mitte und Süden blicken, desto hochdrucklastiger das
Setup. Vor allem am Boden lässt der Keil seine Muskeln spielen, während in der
Höhe nur ein flacher Rücken präsent ist. Der wird gegen Abend von Frankreich her
sogar von einem flachen Trog abgelöst, der mit der stabilen und trockenen
Luftmasse aber nichts anfangen kann. Kurzum, es scheint über weite Strecken des
Tages die Sonne, garniert von einigen Quellungen unterhalb der bei 800 hPa
verorteten Absinkinversion.
Die Temperatur steigt auf 19 (Küste) bis zu 26°C (Süden/Westen).
In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der flache KW-Trog durch, ohne aber
nennenswert was auszurichten. Okay, ein paar hohe, vielleicht auch mittelhohe
Wolkenfelder, die aber keinen Regen bringen. Letzte Schauer an der Ostsee
sollten alsbald Geschichte sein. Im Süden klart es vielfach auf, einige, häufig
flache Nebelfelder inklusive. Vor allem im Süden und in der Mitte wird es
relativ frisch mit verbreitet einstelligen Tiefstwerten lokal bis an 6 oder 5°C
heran. Wir sehen, es konvergiert gen Herbst.
Donnerstag… ist die Geschichte schnell erzählt. Aus dem Hochkeil löst sich
eine eigenständige Parzelle, die zum östlichen Mitteleuropa wandert. Damit
kommen wir auf die warme Flanke des Hochs in eine niedertroposphärisch südliche
bis südwestliche Strömung, die weiten Teilen Deutschlands nicht nur
Sonnenschein, sondern – endlich werden viele sagen – auch wieder sommerliche
Temperaturen bringt. Verbreitet gehtŽs hoch auf 25 bis 30°C (am wärmsten der
Ober- und Mittelrhein), nur ganz im Norden wird es mit 20 bis 25°C weniger warm.
Ohnehin zeigt sich der Norden und auch der Nordwesten leicht anfällig für
zyklonale Nadelstiche. So schiebt sich nicht nur die Frontalzone vom Ostatlantik
bis zur Nordsee vor. Auch ein zentralsteuerndes Tief unweit von Island macht
sich bemerkbar, wenn auch nur in peripheren Ansätzen. Konkret muss mit Durchzug
von Wolkenfeldern gerechnet werden und auch eine paar vereinzelte Tropfen Regen
sollten keine Überraschung darstellen. Gleichwohl, ein gänzlich
wolkenverhangener Tag ist nicht zu erwarten, auch im Nordwesten lässt sich
zeitweise die Sonne blicken.
In der Nacht zum Freitag ändert sich wenig an der Gesamtkonstellation. Heißt für
die Nordhälfte wolkig bis stark bewölkt, hier und da etwas Regen. Nach Süden hin
gering bewölkt oder klar, ein paar Nebelfelder. Bundesweit 17 bis 10°C.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle simulieren die beschriebene Entwicklung sehr ähnlich.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann