#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 16.07.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 160800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 16.07.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM
Heute wechselhaft mit teils kräftigen Gewittern, inklusive Starkregenpotenzial.
Im Südosten zum Nachmittag teils kräftige Gewitter mit Sturmböen und einem
geringen Tornadorisiko. In der Folge im Nordosten wechselhaft, von Südwesten
trockener und zunehmend sommerlich warm.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
Mittwoch… erfolgt die Passage eines zonal ausgedehnten Höhentiefs über
Norddeutschland von Nordwest nach Südost. Das begleitende Bodentief mit dem
Namen HORST füllt sich dabei weiter auf und wandelt sich in eine offene Welle
um. Peripher dieses Höhentiefs wird über den Nordostatlantik aus subtropischen
Bereichen eine außergewöhnlich feuchte Luftmasse an dessen Südflanke geführt mit
PW Anomaliewerten um 200 % zur Hintergrundklimatologie. Diese extrem feuchte
Luftmasse mit PWs zwischen 35 und 40 mm erreicht uns zwar nicht ganz und bleibt
über Frankreich liegen, spiegelt aber eine äußerst dynamische Südflanke dieses
Troges wider mit einem Anstieg der dynamischen Tropopause (2PVU) von Nordost
nach Südwest um 200hPa. Begleitet wird diese stark geneigte Frontalzone von
einem für diese Jahreszeit imposanten Windfeld, das in rund 300 hPa Höhe mit
lokal bis zu 120 kt aufwartet, was ebenfalls einer deutliche Abweichung zur
Klimatologie entspricht. Dieses Windfeld weitet sich in etwa bis 850 hPa aus und
bestimmt heute auch die Windentwicklung im Süden der Republik.
Doch starten wir der Reihe nach und heißen HORST willkommen, der sich aktuell
(05Z) über die Niederlande und Belgien nach Nordwestdeutschland verlagert und
von einem größeren (jedoch nicht warnrelevanten) Niederschlagsgebiet begleitet
wird, das den Westen aus der Nacht heraus beeinflusst. Im Osten startet der Tag
hingegen unter einer schwachen Keilpassage mit größeren Wolkenauflockerungen, im
Nordosten regional auch wolkenfrei und meist trocken. Am Alpenrand regnet es
staubedingt noch etwas.
In der Folge weitet sich der eher skalige Niederschlag unter Abschwächung bis
zur Mitte aus, bevor dieser zunehmend in einen dominant konvektiven Charakter
übergeht. Abseits dieses Bereichs muss hingegen von der Früh weg zunehmend mit
Schauern gerechnet werden, einzig im Süden (Ausnahme der Alpenrand) und östlich
der Elbe bleibt es bis zur Mittagszeit meist trocken.
Im Nachmittagsverlauf nimmt dann über weiten Bereichen von Deutschland die
Gewitterwahrscheinlichkeit rasch zu, davon ausgenommen der äußerste Nordosten
sowie der von der stabilisierenden Frontalzone erfasste Südwesten.
Folgende Schwerpunkte lassen sich herausarbeiten.
An der Ostflanke des (dann wohl Ex-) HORST bzw. des Höhentiefs wird eine
Schliere mit erhöhten Feuchtewerten aufgebaut, die bei recht kühlen
Temperaturwerten in der mittleren Troposphäre immerhin für 400 bis 800 J/kg
MUCAPE gut ist. Interessant ist nun, dass sich zur Mittagszeit im Nordosten
zunehmend eine Art Gegenstromlage im Windfeld aufbaut mit westlichen Winden in
den untersten 3 bis 4 km AGL und auf Ost drehenden Winde darüber – beide in
ähnlicher Stärke um 20 kt. Effektiv setzt dies die zu erwartende storm motion in
den Hodographen nahe 0 m/s. Somit entwickelt sich in einem Streifen grob
südöstlich von Hamburg über die nördliche Altmark bis in die Lausitz eine
schmale Zone mit teils kräftigen Schauern und einigen Gewittern, die bei PW
Werten um 25 mm und geringer Verlagerung vor allem durch ein hohes
Starkregenpotenzial aufwarten, hier und da bis in den Unwetterbereich. Dieser
Streifen wird auch sehr gut in den Ensembleverfahren hervorgehoben mit 20 bis
30% für unwetterartige Mengen. Dies betrifft wohl auch Berlin im
Nachmittagsverlauf. Also keine überregionale Unwetterlage, aber lokal für einige
hohe Regenmengen gut. Im Zusammenspiel mit vorhandener Einstrahlung wird
ausreichend Labilität in den untersten 2-3 km AGL aufgebaut, sodass man sich
zudem nicht über den einen oder anderen Funnel oder kurzen Tornado wundern darf
(Typ 2).
Ansonsten blubbert es im Westen und über der Mitte eifrig, meist sind es
(warntechnisch) gelbe oder markante Gewitter durch Starkregen (besonders bei
Mehrfachtreffern oder entlang der Orografie sind punktuell unwetterartige
Regenmengen nicht ausgeschlossen).
Zuletzt sei noch ein Bereich über der Mitte südwärts erwähnt (grob
Hessen-Franken südwärts), wo geringe bis mäßige Labilitätswerte mit deutlich
zunehmender Scherung überlappen. Gewitter, die sich im Nachmittagsverlauf in
etwa über Südhessen und Franken entwickeln weisen eine erhöhte
Wahrscheinlichkeit für Rotation auf (teils in Form von low-topped Superzellen),
die lokal mit etwas Hagel und stürmischen Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis 9)
einhergehen. Im späten Nachmittagsverlauf sollte sich die Konvektion in Form von
Liniensegmenten vor allem über Bayern südostwärts ausbreiten. Dabei müssen hier
auf jeden Fall die Geschwindigkeitsfelder im Radar bezüglich Rotationen im Auge
behalten werden, denn diese Ausgangslage im linken Auszug eines kräftigen
Höhenjets mit abendlicher Konvektion und regional auf rund 800 bis 600 m
absinkendem Hebungskondensationsniveau sind nicht unbekannt für das eine oder
andere Tornadoereignis (wenngleich die Grenzschichtfeuchte etwas grenzwertig
ausfällt). Dies wird ebenfalls durch hohe LLCAPE Werte um 200 J/kg gestützt,
deren Umsetzung aber von etwas Einstrahlung am Nachmittag abhängt und auch
forciert werden durch eine Schliere von 2m Taupunkten um 14 Grad, die von
Frankreich ost-/ südostwärts advehiert werden. Zusätzlich wird bis zu 20 kt
storm relativer Inflow in die optionalen Mesozyklonen angedeutet, was diese
ebenfalls recht kräftig ausfallen lassen würde. Im Nowcast muss der Überlapp
dieser Parameter verfolgt werden, um das finale Risiko abschätzen zu können.
Starkregen ist dank der raschen Verlagerung eher lokal bei Zellverschmelzungen
ein Thema.
Abseits der Konvektion spielt der Westwind besonders über Süddeutschland am
Südrand des Höhentiefs eine nennenswerte Rolle, wobei aus dem Gradienten heraus
wiederholt Bft 6 bis 7 Böen, strichweise auch einzelne stürmische Böen Bft 8
erwartet werden mit einem Schwerpunkt vom Kraichgau, Hohenloher Ebene bis zur
Fränkischen Alb. Im Bergland werden je nach Höhenlage markante Böen Bft 8 bis 9
aus West erwartet, eine einzelne Bft 10 kann man bei 850 hPa Winden von teils um
40 kt nicht gänzlich ausschließen.
Nördlich der zentralen Mittelgebirge weht der Westwind mäßig, im Küstenumfeld
zeitweise auch frisch bis stark.
Die Maxima liegen zwischen 18 und 24 Grad.
In der Nacht zum Donnerstag zieht das Höhentief nach Polen ab, beeinflusst aber
weiterhin weite Bereiche von Deutschland mit seinem zyklonalen Einfluss.
Dabei wird die rege Konvektion in Form von Schauern und Gewittern weiter in
Richtung Alpen geführt, wobei der Winkel zwischen der Ausrichtung der Konvektion
zur Hintergrundströmung immer kleiner wird, sodass die Bänder zunehmend
strömungsparallel besonders an den östlichen Alpenrand geführt werden. Hier
macht die Ausgabe einer mehrstündigen Gewitterwarnung ggf. Sinn (bei weniger
Konvektion auch nur Starkregen). Die Ensembles springen eher inneralpin lokal
auf unwetterartige Mengen an, die kann man aber punktuell auch auf deutscher
Seite im Stau nicht ausschließen. Ansonsten fällt in weiten Bereichen der Mitte
und des Südens von Bayern 12 std. um 10 l/qm Nass.
Ansonsten sorgt schwacher Hochdruckeinfluss im Rest des Landes für eine
vorübergehende Wetterberuhigung. Kaum Schauer, meist trocken und das bei teils
stark bewölkten, teils klaren Bewölkungsverhältnissen.
Im Norden beruhigt sich das Wetter jedoch kaum, denn dort wirkt sich die Nähe zu
einer besonders in der mittleren Troposphäre recht scharf konturierten zonal
ausgerichteten Trogachse anfällig für Hebung und folglich auch für Niederschläge
aus, die im Verlauf der Nacht von Norden auf die äußerten nördlichen Bereiche
Norddeutschlands übergreifen. Dabei wird eine sehr feuchte Luftmasse angezapft,
die über Skandinavien lagert, sodass höhere Regenraten in den Fokus rücken.
Allerdings ist die Numerik weiterhin (wie auch gestern schon) recht
inkonsistent, wie weit und wo genau diese Niederschläge auf Deutschland
übergreifen. Aus heutiger Sicht ist davon besonders Schleswig-Holstein
betroffen, wobei ein kurzes Gewitter im Grenzbereich zu Dänemark nicht
ausgeschlossen ist.
Die Minima liegen zwischen 14 und 10 Grad, im Bergland um 8 Grad und küstennah
um 16 Grad.
Der Westwind schwächt sich im Süden besonders nach Abzug der Konvektion rasch ab
und kommt sonst schwach bis mäßig daher.
Donnerstag… driftet das Höhentief weiter nach Osten, lenkt die feuchte
Luftmasse aus Skandinavien weiter südwärts und sorgt dort als Art herumgeholte
Warmfront für Aufgleitniederschläge, die sich südwärts bis zum Erzgebirge
ausweiten. Erneut ergeben sich aber noch größere Modelldiskrepanzen, wobei AROME
die defensivste Variante bezüglich der Südausdehnung aufzeigt.
Meist handelt es sich dabei um skalige Niederschläge, wobei jedoch am Nordrand
der Niederschläge mit etwas Einstrahlung rund 400-800 J/kg MUCAPE generiert
werden, sodass dann auch zum Nachmittag und Abend einige Gewitter nicht
ausgeschlossen sind. Diese bringen lokal Starkregen, während sonst die 12 std.
Niederschlagsmengen im Nordosten mit 5 bis 10 l/qm, lokal um 15 l/qm nicht
warnrelevant ausfallen.
Im Westen und Süden sorgt die Nähe zu einem über Frankreich liegenden Keil für
stabile Verhältnisse, wobei sich die anfangs recht ausgedehnte (teils
hochnebelartige) Bewölkung im Tagesverlauf rasch auflockert, sodass der Tag
besonders von der Eifel über die Südpfalz bis nach Oberschwaben freundlich oder
gar sonnig verläuft.
Dort werden auch wieder sommerliche Höchstwerte von 25 bis 28 Grad erwartet,
während diese sonst verhalten zwischen 18 und 24 Grad verbleiben. Der Wind kommt
schwach bis mäßig, am Nachmittag zeitweise auch frisch aus West bis Nordwest mit
einzelnen stürmischen Böen (Bft 8) auf dem exponierten Brocken.
In der Nacht zum Freitag ändert sich nichts Grundlegendes an der Ausgangslage,
sodass im Osten (besonders Nordosten) weitere Niederschläge auftreten, die im
Stau des Erzgebirges 10 bis 15 l/qm Nass in 12 Stunden bringen können (EZ gar
mit markanten Mengen, was aber vom Konvektionsanteil abhängt). Sonst fallen die
Mengen unbedeutend aus.
Im Westen und Süden bleibt es mit der Nähe zum Keil überwiegend klar und
trocken. Die Minima liegen unter der schützenden Wolkendecke im Nordosten (auch
dank des hohen Feuchtegehalts der Luftmasse) bei 17 bis 14 Grad und gehen
besonders im Südwesten auf bis zu 7 oder 8 Grad zurück (Reste einer stark
gealterten subpolaren Luftmasse). Der Wind kommt schwach bis mäßig aus West, im
Nordosten aus Nordwest bis Nord und im Südwesten aus wechselnden Richtungen. Im
Norden können sich gebietsweise dichte Nebelfelder ausbilden.
Freitag… gelangen wir zwar deutschlandweit zunehmend unter einen breiten
Höhenkeil, der die 850 hPa Temperaturwerte im Südwesten auf über 15 Grad
ansteigen lässt. Diese Konstellation bringt dem Westen und Süden der Republik
den Sommer zurück mit Höchstwerten von 25 bis 31 Grad, mit den höchsten Werten
in Richtung Oberrhein und Saarland. Dabei sorgt das Zusammenspiel aus noch recht
trockener Grenzschichtfeuchte und einer stabilen Schichtung innerhalb der
mittleren Troposphäre für trockene Verhältnisse, wenngleich ein lokales
konvektives Ereignis zum Abend entlang des Hochschwarzwaldes nicht ganz
ausgeschlossen werden kann.
Im Nordosten dominiert noch der zyklonal geprägte Einfluss des Höhentiefs mit
einer Schliere aus reichlich Feuchte, die sich durch regen Schauertätigkeit
auszeichnet, hier und da von einzelnen Gewittern begleitet. Bei kaum vorhandener
Zellverlagerung muss lokal mit Starkregen gerechnet werden. PW um 30 mm heben
dabei ein geringes/punktuelles Starkregenrisiko bis in den Unwetterbereich
hervor. Besonders über Schleswig-Holstein deutet sich auch eine meridional
ausgerichtete Bodenwindkonvergenz innerhalb erhöhter Labilität (surface based
CAPE, SBCAPE) an, was für ein lokales Tornadoereignis (Typ 2) gut sein kann.
Ansonsten fallen die Mengen in der Fläche gesehen unbedeutend aus, wobei es mit
24 bis 27 Grad sommerlich warm wird.
Die Nacht zum Samstag verläuft unter Hochdruckeinfluss meist klar und trocken.
Einzig im Norden bilden sich dichte Nebelfelder, teils auch Hochnebelfelder aus.
Die Minima liegen zwischen 16 und 10 Grad und der Wind weht meist schwach aus
Südost, im Nordosten aus Ost bis Nordost.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Numerik hat die Gesamtentwicklung weiterhin gut im Griff. Gröbere
Diskrepanzen ergeben sich beim Übergreifen des Niederschlags von Norden am
Donnerstag, die auch von der genauen Geometrie, Lage und Intensität der zonal
ausgerichteten Geopotenzialrinne bei Dänemark abhängen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy