SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.07.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Reste von TrM (Trog Mitteleuropa), Übergang zu HNFz (Hoch Nordmeer
Fennoskandien zyklonal)

Eier-Sommer vom Feinsten – höhentiefbestimmtes Wetter bis Sankt-Nimmerlein, von
Osten her zunehmend unbeständig mit Starkregenpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC

Donnerstag… ist die Zirkulation wieder mal so was von gestört und es spricht
nichts, aber auch wirklich gar nichts dafür, dass sich das in nächster Zeit
ändert. Bis weit in die Mittelfrist hinein wird das eine „Eierei“ par
excellence, dass der Osterhase vor Neid erblasst. Höhentief von Osten, Höhentief
vorn Westen, Fusion der Höhentiefs, kreiselnde Sekundärtröge/-tiefs und das
alles unter dem Deckmantel eines beständigen Blockadehochs über Nordeuropa, na
herzlichen Glückwunsch. Solche Großwetterlagen sind naturgemäß nicht vor
Überraschungen gefeit, auch nicht vor unangenehmen (Stichwort Starkregen), dafür
bringen sie in der Regel nicht die überbordende Hitze. Doch genug der
Spökenkiekerei, zum Stand der Dinge.

Aktuell thront ein umfangreiches Höhentief (HT) mit korrespondierendem Bodentief
GABRIEL über dem Grenzbereich Polen-Belarus-Ukraine. Die Tiefs müssen sich wie
in einer engen Gefängniszelle fühlen, gehtŽs doch weder richtig vor noch zurück.
Über Russland ein Potenzialrücken, über dem nahen Atlantik ein weiterer – wat
willste da machen als von Haus aus schon träger Wirbel. Dessen Stationarität ist
übrigens für die Westukraine, Ostpolen und Teile von Belarus keine gute
Nachricht. Unter Einbeziehung ursprünglich mediterraner, sehr feuchter und
labiler Luftmassen kommt es dort zu schweren Gewittern und Starkregenfällen.
Dagegen gibt sich das deutsche Wetter vergleichsweise handzahm, wenn auch nicht
vollständig warnfrei. Zwischen dem HT und dem atlantischen Rücken hat sich eine
indifferente, nach Ostern hin zyklonal konturierte nord-nordwestliche
Höhenströmung eingestellt, mit der in loser Folge (und mit jedem Modelllauf
leicht phasenverschoben) Sekundärtröge süd-südostwärts durchgeschleust werden,
die für eine gewisse Abwechslung sorgen. Da nutzt es auch nur bedingt was, dass
sich am Boden ein breiter Keil des Azorenhochs bis nach Deutschland vorgeschoben
hat (etwas über 1020 hPa; Gott zum Gruße DORLE). Okay, im Westen und Südwest
schlägt DORLE heute nachhaltig zu, sprich, sorgt für leichtes Absinken und
Sonnenschein, der von einigen Quellungen unterhalb der zwischen 800 und 750 hPa
positionierten Absinkinversion garniert wird. T850 steigt im Tagesverlauf von
anfangs 7-8°C auf rund 11°C, was auch auf 2 m Höhe nicht unbemerkt bleibt. Dort
kann sich die eingeflossene maritime Polarluft auf Höchstwerte zwischen 24 und
27°C erwärmen.

In den großen Rest des Landes gelangt mit schwachen bis mäßigen nordwestlichen
Winden eine ziemlich feuchte und besonders nach Osten hin leidlich labil
geschichtete maritime Polarluft (mP), die für wechselnde bis starke Bewölkung
sorgt. Die Sonnenbrandgefahr ist also nicht allzu hoch außer ganz im Nordosten,
wo sich allmählich der Skandenföhn durchsetzt, der von der Ostsee her für eine
Abtrocknung mit zunehmenden Sonnenanteilen sorgt. Ansonsten wird gerade zwischen
Vorpommern und Ostsachsen sowie in Ostbayern etwas CAPE generiert (in BB
gebietsweise etwas über 500 J/kg), das zu Schauern und einzelnen Gewittern
verarbeitet werden kann. Die Überlappung mit ohnehin nicht überbordender
Scherung ist nicht berauschend, so dass es sich meist um pulsierende
Einzelzellen handelt. Angesichts von PPWs um oder sogar über 25 mm kann im Osten
eine gewisse Starkregengefahr nicht negiert werden (15 bis 25 l/m² innert kurzer
Zeit). Böen 7 Bft sind ebenfalls drin, mit geringer Wahrscheinlichkeit reicht es
in Einzelfällen auch mal für Böen 8 Bft und/oder kleinen Hagel. Auffallend ist,
dass die meisten externen Modelle auch im Nordwesten schwache Schauer respektive
zeitweilig leichten Regen simulieren, während sich die deutsche Modellkette in
vorsichtiger Zurückhaltung übt. Die Schichtung ist relativ stabil mit Inversion
bei 750 hPa, die aktuell beobachtete Bewölkung recht stratiform. Am Ende läuft
es wahrscheinlich darauf hinaus, dass hier und da ein paar Tropfen fallen, nicht
mehr und nicht weniger. Weniger warm als im Südwesten wird es auf alle Fälle, 19
bis 25°C stehen als Höchsttemperatur auf dem Zettel.

In der Nacht zum Freitag ändert sich an der großräumigen Druck- und
Potenzialverteilung nicht allzu viel. Über UK/Irland spaltet sich eine
eigenständige Hochparzelle ab, die Fühlung zu einem weiteren Hoch mit Zentrum
über dem Weißen Meer aufnimmt. Derweil schaffen es GABRIEL nebst HT, ihre
Vertikalachse bis in den Grenzbereich Polen-Litauen zu verlagern, was beweist,
dass selbst in engen Gefängniszellen etwas Spielraum gegeben ist. Auf der
Westflanke greift von der Ostsee der nächste KW-Trog über, der eine gewisse
Wetteraktivität in Teilen des Landes am Laufen hält. Zwar nimmt die
Gewitterwahrscheinlichkeit ab, vom Norden bis in die Mitte sowie im Südosten
muss aber noch mit dem einen oder anderen Schauer gerechnet werden. Trocken und
wolkenarm bis wolkenlos verläuft die Nacht im Nordosten und Südwesten. Die Luft
kühlt auf 16 bis 7°C ab (am kühlsten die südwestlichen Mittelgebirge + Allgäu).

Freitag… präsentiert sich uns ein ähnliches Bild wie heute. Im Osten das große
HT, das sein Drehzentrum geringfügig, aber erkennbar nach Westen verschiebt. Das
Bodentief steuert den Raum Kaliningrad an, wo es am Mittag auf knapp über 1000
hPa im Kern kommt, was nicht schlecht ist für ein sommerliches Kontinentaltief.
Der nächtliche KW-Trog schwenkt Richtung Alpen durch, bevor vor allem der Osten
möglicherweise von einem weiteren Sekundärtrog gestreift wird. Die
Hauptlabilität verlagert sich in den Süden, wo insbesondere auf bayerischer
Seite einige hundert Joule pro Kilogramm CAPE generiert werden können. Bei
relativ schlechten Scherungsbedingungen werden sich einzelne Schauer- und
Gewitterzellen entwickeln, die lokal mit Starkregen einhergehen können.
Teilweise treten die Gewitter aber auch nur im schlichten gelben Kleid ohne
nennenswerte Begleiterscheinungen auf. Hagel und stärkerer Wind sind jedenfalls
nur wenig wahrscheinlich.

Schauer dürfen wir im Tagesverlauf auch wieder in den östlichen Landesteilen
begrüßen. Dort ist die Schichtung stabiler als im Süden, trotzdem haben einige
Modelle (u.a. ICON-D2, SuperHD) auch einzelne Gewitter im Angebot. Schaut man
sich daraufhin die prognostizierten Vertikalprofile an, lässt sich eine etwa bis
650-600 hPa hinaufreichende Labilitätsfläche erkennen. Die Cloud-Top-Temperatur
liegt meist über den neuralgischen -10°C, was jetzt nicht unbedingt für Elektrik
spricht. Nevertheless, die Theorie ist das eine, die Praxis das andere. Kurzum,
einzelne Gewitter (gelb) können nicht ausgeschlossen werden.

Heiter, teils wolkig und trocken verläuft der Freitag in Teilen Norddeutschlands
sowie im Südwesten. Die Temperatur steigt landesweit auf 20 bis 27°C mit den
höchsten Werten am Oberrhein. Der Wind weht schwach bis mäßig, mitunter leicht
böig auflebend aus nördlichen Richtungen. Nicht ausgeschlossen, dass zum Abend
hin an der vorpommerschen Ostseeküste erste starke bis steife Böen 6-7 Bft
auftreten.

In der Nacht zum Samstag setzen Boden- und Höhentief ihren seichten Westkurs
fort, wobei Monseigneur GABRIEL Gewichtsprobleme bekommt und sich beginnt
aufzufüllen („Hüftspeck“). Egal, Fakt ist, dass die synoptisch-skaligen
Hebungsprozesse (zunächst WLA, später mit dem nächsten KW-Trog evtl. auch PVA)
auf der Westflanke des Tiefs mehr und mehr auf den Vorhersageraum, namentlich
auf den Osten und Nordosten übergreifen. Darüber hinaus wird dort eine sehr
feuchte, um den Tiefkern herumgeholte Luftmasse serviert, in der das PPW auf
locker über 30 mm ansteigt. Folgerichtig kommt es vermehrt zu schauerartig
verstärkten Regenfällen, die voraussichtlich noch unterhalb der Warnschwellen
für Starkregen bleiben, gleichwohl aber das Zeug dazu haben, gebietsweise 10 bis
20 l/m² abzulassen. Was übrigens wünschenswert wäre, aber das nur nebenbei. Ob
auch einzelne Gewitter in den Regen eingelagert sind, muss angezweifelt werden.
Zwar wird etwas MU-CAPE durch abgehobene Labilität angeboten, aber es ist sehr
fraglich, ob das für elektrische Entladungen reicht. Fraglich ist auch, ob der
Nord-Nordwestwind an der Ostsee soweit auffrischt, dass eine kleine Windwarnung
(7 Bft) fällig wird.

Der große Rest der Nation verbringt die Nacht unter leichtem Hochdruckeinfluss,
heißt, teils wolkig, teils klar, weitgehend trocken. Tiefsttemperatur im ganzen
Land 17 bis 9°C.

Samstag… nähert sich die Großwetterlage immer mehr dem Muster HNFz (Hoch
Nordmeer Fennoskandien zyklonal). Von UK/Irland bis hoch zur Norwegischen See
und von dort weiter bis hinüber in den Nordwesten Russlands erstreckt sich eine
langgezogene Hochdruckzone, die von einen bogenförmigen Rücken gestützt wird.
Als Gegenspieler fungieren ein fetter Potenzialtrog über dem Ostatlantik mit
Drehzentrum südwestlich von Island (wird mittelfristig noch interessant) sowie
unser schon bekanntes Höhentief (+ den Resten von GABRIEL) aus dem Osten, das
sich immer mehr dem Nordwesten Polens nähert. Im Norden das Hoch, südlich davon
das Tief, eine klassische High-over-low-Konstellation, von der wir noch länger
was haben werden.

Doch bleiben wir beim Samstag bzw. in der Nacht zum Sonntag, wo der zyklonale
Einfluss von Osten her kontinuierlich zunimmt. In der um den Tiefkern
herumgeholten modifizierten und sehr feuchten Warmluft kommt es schubweise (also
mit unterschiedlicher Intensität) zu schauerartigen Regenfällen, die sich unter
Abschwächung westwärts bis in die Mitte und den Nordwesten ausbreiten. Vor allem
nach Osten hin sind auch einzelne Gewitter mit von der Partie. Noch werden die
Schwerpunkte – wenig überraschend – modellübergreifend unterschiedlich gesehen,
es kann aber als unstrittig angesehen werden, dass die Starkregengefahr zunimmt:
nicht zwingend gewittrig, teils auch mehrstündig, lokale Unwetter nicht
ausgeschlossen. Für dezidiertere Aussagen bedarf es aber noch einiger
Modellläufe. Thermisch läuft es auf Maxima zwischen 19 und 24°C hinaus. Dazu
weht im Norden und Osten ein mäßiger, an der Ostsee mitunter auch frischer Wind
(Böen 6-7 Bft) aus den Sektoren West bis Nord.

Außen vor bleiben der gesamte Südwesten und große Teile Süddeutschlands, wo bei
geringen Luftdruckgegensätzen tendenziell leichter Hochdruckeinfluss wirksam
ist. Dort scheint vielerorts für längere Zeit die Sonne bei Tageshöchstwerten
zwischen 24 und 28°C.

Modellvergleich und -einschätzung

Wie so oft an dieser Stelle gilt auch heute. Die Basisfelder werden kongruent
simuliert, die daraus resultierende Entwicklung gilt als unstrittig. Wo es
hapert – keine Kritik, reine Feststellung – sind die Feinheiten sowie die
Auswirkungen. Das geht los bei den kurzwelligen Anteilen (siehe auch weiter
oben) und endet beim Niederschlag bzw. der Konvektion (Timing, Raum,
Intensität).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann