#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Freitag den 30.05.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 30.05.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
W (a-z)
Samstag und Sonntag Gewitter mit Unwetterpotential. Samstag zunächst im Westen,
zum Sonntag in den Osten und Süden verlagernd.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
Freitag… liegen wir unter einer antizyklonalen westlichen Strömung am Rand
eines breiten Höhenrückens, der von SW Europa nach Mitteleuropa reicht. Eine
beginnende Austrogung über dem Nordatlantik hat noch keine unmittelbaren
Auswirkungen. Am ehesten stützt Warmluftadvektion den Rücken bei uns und drückt
ihn im weiteren Verlauf langsam nach Osten. Die Frontalzone verläuft über
Nordeuropa nach Osten und aufgrund deren Nähe und einer über Südskandinavien
schleifenden Kaltfront überwiegt im Norden Deutschlands teils mehrschichtige
Bewölkung mit geringen Niederschlägen.
Zudem frischt an der See und etwas landeinwärts der Wind etwas auf, mit
einzelnen Böen Bft 6-7. Ansonsten erfolgt im Randbereich des mit Schwerpunkt
über dem Alpenraum liegenden Hochs Absinken, wodurch sich im Westen und Süden
sowie in Teilen der Mitte längere sonnige Abschnitte einstellen. Hinter der
abgezogenen Warmfront eines Tiefs über Schweden fließt in breitem Strom feucht
warme Luft subtropischen Ursprungs zu uns, die in 850 hPa 10 bis 16°C zu bieten
hat und einen Wassergehalt von 20 bis 28 mm PPW. Die Luft ist zunächst aber noch
einigermaßen stabil geschichtet.
Durch Einstrahlung erwärmt sich die Luftmasse kräftig, so dass 25 bis 29 Grad
erreicht werden. Im Küstenbereich sind Temperaturmaxima um 19 Grad, weiter
landeinwärts im nördlichen und nordöstlichen Binnenland mangels Einstrahlung 20
bis 24 Grad zu erwarten.
Von der Iberischen Halbinsel aus breitet sich tagsüber vor einem Kurzwellentrog
feuchte und labile Luft mit Gewittern Richtung Frankreich und zur Biskaya aus,
die ihren Weg dann weiter nach Nordosten nimmt und nach Typ „Spanish Plume“ uns
in der kommenden Nacht über Benelux erreicht.
In der Nacht zum Samstag bleibt die westliche antizyklonale Strömung bestehen.
Mit dieser gelangt allerdings feuchtere Luft heran (PPW bis 30 mm), die aus
Südwesteuropa stammt. In die westliche Strömung wird eine flache Welle
eingesteuert, die ausgangs der Nacht auf die Nordsee übergreift.
Gleichzeitig verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs aus dem Alpenraum nach
Osten und über Frankreich setzt in der wärmsten Luft Druckfall ein. Hierdurch
verstärkt sich die Zufuhr feuchtwarmer Luft, die oberhalb der stabilen
Grundschicht labiler geschichtet ist. Hebungsimpulse sind aber Mangelware und
eine kleine Sperrschicht bei 700 hPa ist auch noch nicht getilgt, sodass die von
einzelnen Modellen und Läufen angebotene Konvektion im Westen mit möglichen
Gewittern sehr unsicher ist. Sonst klart es gebietsweise auf, so dass sich
örtlich flache Nebelfelder bilden können.
Samstag… verabschiedet sich der Frühling mit einer sommerlichen (Schwer)
Gewitterlage. Dabei regeneriert sich zunächst der Rücken vorübergehend nochmal,
die insgesamt westliche Strömung gerät aber durch die Annäherung des
atlantischen Troges ins flattern mit leichten Hebungsimpulsen aus etwas PVA und
WLA. Die Anfeuchtung der Luftmasse und die Labilisierung machen Fortschritte,
die Grenzschichtfeuchte steigt auf 10 bis 12 g/kg, die Lapse Rates sinken
weiter.
Durch die kräftige Einstrahlung werden 1000 bis über 2000 J/kg MU-CAPE
generiert. Zudem weist im Westen und der Mitte die Luftmasse einen Gehalt an
niederschlagbarem Wasser bis über 30 mm auf. Ausgehend von den Mittagsstunden
und dem Westen kommen Gewitter in Gang, die sich über die Mitte nach Osten
ausbreiten. Zudem sind vor allem nachmittags konvergente Strukturen bei weiter
fallendem Bodendruck zu finden und es kommt nicht nur niedertroposphärisch
Scherung auf. Demnach sind auch organisierte Strukturen der Konvektion möglich,
bis hin zu Superzellen, die auch größeren Hagel, mit mehr als 3 cm Durchmesser
sowie schwere Sturmböen, bringen können. Auf den Organisationsgrad und die
rotierenden Zellen liefern auch numerische Produkte deutliche Hinweise in der
Updraft Helicity.
In Bezug auf Starkregen ist die relativ rasche Verlagerung der Konvektionszellen
zu berücksichtigen – Mengen um 30 mm innerhalb weniger als einer Stunde und bei
mehreren Entwicklungen kleinräumig auch noch mehr, sollten aber drin sein. Am
stärksten betroffen dürfte ein Bereich sein, der etwa von NRW und RLP über
Hessen bis Thüringen reicht. Hier bietet sich durch das steigende
Unwetterpotential auch eine Vorabinformation an.
Der Norden sollte von konvektiven Umlagerungen verschont bleiben, dort ist die
Luftmasse nicht labil und feucht genug. Auch ganz im Süden sind konvektive
Umlagerungen unwahrscheinlicher, da dort die Hebung unter dem Rücken fehlt und
die Luft trockener ist. Mit Hilfe der Orografie sind dort aber einzelne starke
Gewitter durchaus möglich.
Die Temperaturen steigen noch etwas an und liegen meist bei 25 bis 31°C, bei
zunehmender Schwüle. Nur im Norden sind die Temperaturen nach wie vor
gedämpfter.
In der Nacht zum Sonntag zieht der Rücken ab und die Strömung dreht auf Südwest.
Weitere flache Tröge folgen und in der übergreifenden Bodenrinne zeichnet sich
eine Konvergenz ab, die von Westen her auf Deutschland übergreift. Die
Konvektion dürfte sich dann vor allem Richtung Norden und Nordosten ausbreiten,
wo es feuchter und labiler wird. Aufgrund der sich ausbreitenden Scherung (LLS,
DLS) sind bis weit in die Nacht hinein organisiertere Strukturen möglich, die
Unwetter bringen können. Im Laufe der Nacht geht es in abgehobene Konvektion
über, die bei zunehmender Verclusterung der Zellen weniger Hagel und Sturmböen
bringt, dafür teils mehrstündigen Starkregen bis Unwetter.
Lediglich ganz im Nordwesten Deutschlands kann sich stabilere Luft durchsetzen,
was dort eine Wetterberuhigung zur Folge hat. Auch der Süden und Südosten
Deutschlands sollte von konvektiven Umlagerungen kaum betroffen sein.
Sonntag… startet der Sommer wie der Frühling aufgehört hat; freilich mit
anderen Gewitterschwerpunkten. Die Achse des Troges schwenkt von Westeuropa zur
Nordsee, was bei uns die südwestliche Strömung zyklonaler werden lässt. Im
Warmsektor des ins Nordmeer ziehenden Tiefs gelangt weiter eine instabile und
sehr feuchte Luftmasse zu uns. Erst im Nachmittagsverlauf greift die Kaltfront
mit einer Stabilisierung auf den Nordwesten Deutschlands über. Aber auch in der
Luftmasse davor gibt es Unterschiede. Die labilste und wahrscheinlich feuchteste
Luft liegt im Bereich der in den Warmsektor eingelagerten Konvergenz und davor,
was dann auch der Bereich sein dürfte, in dem die stärksten Gewitter zustande
kommen. An der Konvergenz dreht der Wind nach West und bei etwas abnehmender
Feuchte stabilisiert es leicht.
Ansonsten ändern sich die Luftmasseneigenschaften zunächst mal nicht viel, PPW
um 30 mm, hohe Labilität und vermehrt Scherung sind nach wie vor gegeben.
Zünglein an der Waage könnten aus der Nacht verbleibende Konvektion oder
Regenfälle sein, die mit Bewölkung regional die Einstrahlung und Labilisierung
der Luft dämpfen. Dennoch sollen sich vor allem im Osten und Süden, ausgreifend
bis in die Landesmitte wieder zahlreiche Schauer und Gewitter bilden, die
Unwetterpotential besitzen. Dabei besteht die Gefahr von heftigem Starkregen,
Hagel und Sturmböen. Eine gewisse Überschneidung von Scherung mit hoher
Instabilität scheint im Südosten und der östlichen Mitte gegeben, wo Potential
für rotierende Strukturen, Superzellen gegeben ist.
Erneut steht ein Gewitter/Unwettertag an, zu dem eine Vorabinformation nötig
werden kann, dann allerdings eher nach Südosten orientiert.
Im Norden und Nordwesten sind die Temperaturen gedämpft, sonst ist es schwülwarm
bei 25 bis 29°C. Der auf West drehende Wind lebt im Tagesverlauf auch abseits
der Konvektion auf mit einzelnen 7er Böen im höheren Bergland und an der
Nordsee.
In der Nacht zum Montag wird die feuchteste und labile Luft in den Süden
gedrückt, wo sich Schauer und Gewitter länger halten. Sonst lassen diese rascher
nach und es beruhigt sich, bei fortschreitender Abtrocknung und Stabilisierung
von Westen her. Auch Richtung Nordsee bleibt eine leicht instabile Schichtung
erhalten mit schwächeren Schauern und vereinzelten Gewittern.
Modellvergleich und -einschätzung
Die großräumigen Strukturen werden ähnlich simuliert. Deutliche Abweichungen
sind in den Details, in erster Linie die Konvektion betreffend vorhanden. Die
Gewitter Samstag früh sind in den meisten Modellen nicht mehr vorhanden; auch
wenn die Zutaten nicht ganz weg sind. Die Frage bleibt: Wie sollen diese
ausgelöst werden?. Antriebe gibt es kaum.
Die Gewitter Samstagnachmittag und Abend haben Unwetterpotential aufgrund der
Zutaten, auch wenn nicht alle Modelle dies offensiv simulieren. Die ENS stützen
die schweren Gewitter aber mit Starkregensignale über Westdeutschland. Die
entsprechende Vorabinformation kann heute Nachmittag geschaltet werden. Auch der
Sonntag bietet Unwetterpotential, dann allerdings nach Südosten hin.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner