SXEU31 DWAV 290800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.05.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
W a – Ab dem Wochenende erste ausgewachsene Schwergewitterlage dieses Sommers.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC

Donnerstag… liegt Deutschland an der Ostflanke eines breiten Höhenrückens, der
sich von der Iberischen Halbinsel bis zur Nordsee erstreckt und sich allmählich
nach Mitteleuropa ausweitet. Nach Osten hin hält sich ein Langwellentrog, der
von den Baltischen Staaten bis zum östlichen Mittelmeer reicht. Dieser wird
wiederum von einem Höhenrücken über Westrussland flankiert. Somit ergibt sich
über Mitteleuropa eine steile nord-nordwestliche antizyklonal gekrümmte
Strömung. In diese läuft die Warmfront eines sich in die nördliche Nordsee
verlagernden schwachen Tiefs herein. Hierdurch kommen im Nordwesten skalige
Niederschläge auf, die bis zum Abend auf Teile der Mitte übergreifen, aber mit
nur wenigen Millimetern nicht warnrelevant sind. Mit dem Übergreifen der
Warmfront frischt an der Nordfriesischen Küste der Wind mit Böen Bft 7 auf.
Darüber hinaus fällt an den Alpen staubedingt noch Regen, der aus einer längst
nach Süden abgezogenen Kaltfront resultiert. Vor allem am östlichen Alpenrand
können noch einmal einige bis etwa 10 mm innerhalb von 12 Stunden
zusammenkommen.
Ansonsten setzt sich im Bereich eines Zwischenhochs, das durch den sich
nähernden Rücken gestützt wird, Absinken durch. Hierdurch kommen größere
Auflockerungen zustande. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 16 bis 20, im
Westen und Südwesten in tieferen Lagen bis 23 Grad.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Rücken ostwärts, so dass sich dessen Achse
Freitagfrüh nach Polen erstreckt. Mit der auf West drehenden Strömung wird die
Warmfront des sich dann nach Südnorwegen verlagernden schwachen Tiefs nach Polen
gesteuert, wodurch dann im Norden und Nordosten Deutschlands ein paar Millimeter
Regen fallen können. Der Gradient weicht dann wieder etwas auf, so dass es dann
an der Nordseeküste kaum noch für warnrelevante Böen reichen sollte.
Vor allem im Südwesten und im Süden Deutschlands klart es gebietsweise auf.
Zudem sind in diesen Gebieten die Luftdruckgegensätze gering. Dort, wo es zuvor
viel geregnet hatte, können sich flache Nebelfelder bilden.

Freitag… erfolgt über dem mittleren Nordatlantik eine Austrogung. Stromab
ergibt sich, gestützt durch einen trogvorderseitigen Warmluftvorstoß,
Geopotentialgewinn. Hierdurch regeneriert sich der Höhenrücken von Westen her,
so dass die westliche antizyklonale Strömung bestehen bleibt. Aufgrund der Nähe
der Frontalzone und der über der Ostsee schleifenden schwachen Kaltfront des in
Richtung Südfinnland ziehenden Tiefs überwiegt im Norden und Nordosten
Deutschlands mehrschichtige Bewölkung mit geringen Niederschlägen. Zudem kann an
der See der Wind etwas auffrischen, so dass mit Böen Bft 7 zu rechnen ist.
Ansonsten erfolgt im Randbereich des mit Schwerpunkt über dem Alpenraum
liegenden Hochs Absinken, wodurch sich im Westen und Süden sowie in Teilen der
Mitte längere sonnige Abschnitte einstellen. Durch Einstrahlung kann sich die
Luftmasse kräftig erwärmen, so dass 25 bis 29, in Rheinnähe bis 30 Grad erreicht
werden. Im Küstenbereich sind Temperaturmaxima um 19 Grad, weiter landeinwärts
im nördlichen und nordöstlichen Binnenland 20 bis 24 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Samstag bleibt die westliche antizyklonale Strömung bestehen.
Mit dieser gelangt zusehends feuchtere Luft in das Vorhersagegebiet, die aus dem
Seegebiet westlich der Biskaya stammt. In die westliche Strömung wird eine
flache Welle eingesteuert, die ausgangs der Nacht auf die Nordsee übergreift.
Gleichzeitig verlagert sich der Schwerpunkt des wetterbestimmenden Hochs aus dem
Alpenraum heraus etwas nach Osten und über Frankreich setzt in der wärmsten Luft
Druckfall ein. Dies lässt die schwache bodennahe Strömung auf Süd drehen.
Hierdurch verstärkt sich die Zufuhr feuchtwarmer Luft, die zusehends labiler
geschichtet ist. Daher können sich, vom Westen teils auch bis auf die Mitte
übergreifend, erste schauerartige Niederschläge, möglicherweise bereits mit
eingelagerten Gewittern, entwickeln.
Nach Süden hin klart es erneut auf, so dass sich noch einmal flache Nebelfelder
bilden können.

Samstag… greift von Westen kommend unter Verkürzung der Wellenlänge erneut ein
Höhenrücken auf Deutschland über. In dessen Bereich kann sich mit einer
antizyklonalen westlichen Strömung feuchtlabile Luft bis nach Osten hin
durchsetzen. Dabei handelt es sich um eine Luftmasse, wie sie in diesem Sommer
noch nicht zustande kam. Einstrahlung in Verbindung mit der vom Atlantik
einfließenden feuchten Luftmasse generiert 1000 bis über 2000, vom Westen bis in
die Mitte hinein 2500 bis 3000 J/kg MU-CAPE. Zudem weist in diesen Gebieten
diese Luftmasse einen Gehalt an niederschlagbarem Wasser von 25 bis deutlich
über 30 mm auf. Ein Kurzwellentrog, der den Rücken überläuft, induziert Hebung,
so dass sich, ausgehend vom Westen, die Gewittertätigkeit in einem breiten Band
bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein ausweitet. Die Scherung ist vor
allem niedertroposphärisch signifikant, so dass auch organisiertere Strukturen
hoch reichender Konvektion vorstellbar sind, sehr wahrscheinlich entwickeln sich
Superzellen, die auch größeren Hagel, durchaus mit mehr als 3 cm Durchmesser
sowie schwere Sturmböen, zustande bringen. In Bezug auf Starkregen ist die
relativ rasche Verlagerung der Konvektionszellen zu berücksichtigen –
Niederschlagssummen um 30 mm innerhalb weniger als einer Stunde und bei mehreren
Entwicklungen über einem kleinräumigen Gebiet bis über 50 mm sollten dennoch
drin sein. Aufgrund des Setups ist eine Unwetter-Vorabinfo auszugeben.
Der Norden sollte von konvektiven Umlagerungen verschont bleiben, dort ist die
Luftmasse nicht hinreichend labil. Auch ganz im Süden sind konvektive
Umlagerungen eher unwahrscheinlich, dort ist zu wenig Feuchte vorhanden. Über
den Gebirgen können jedoch einzelne Überentwicklungen nicht ausgeschlossen
werden.
Gegenüber Freitag ändern sich die Tageshöchsttemperaturen nur unwesentlich,
wobei eine zunehmende Schwüle mit ins Spiel kommt.

In der Nacht zum Sonntag wird der Rücken rasch ostwärts gesteuert, worauf die
Strömung auf Südwest dreht. In dieser laufen weitere kurzwellige Anteile nach
Nordosten ab, wodurch von der Konvektion dann auch die nordöstlichen Landesteile
erfasst werden. Aufgrund der zunehmenden niedertroposphärischen wie auch
hochreichenden Scherung sind bis weit in die Nacht hinein wie bereits tagsüber
organisiertere Strukturen vorstellbar, wobei weiterhin Unwettergefahr besteht.
Ab der zweiten Nachthälfte handelt es sich zusehends um abgehobene Konvektion.
Bei einer zunehmenden Verclusterung wird die Gefahr von größerem Hagel und
(schweren) Sturmböen geringer, dafür tritt mehrstündiger Starkregen bis hin zum
Unwetter eher in den Fokus.
Lediglich im Nordwesten und im Westen Deutschlands kann sich trockenere und
stabilere Luft durchsetzen, was für diese Gebiete eine Wetterberuhigung zur
Folge hat. Auch der Süden und Südosten Deutschlands sollte von konvektiven
Umlagerungen noch weitgehend verschont bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Aussagen zum Schwerpunkt der Niederschlagstätigkeit am Samstag und in
der Nacht zum Sonntag sind noch nicht möglich. Die oben beschriebene Version
entspricht der Konsens-Vorhersage, die sich aus den verfügbaren Modellen
ableiten lässt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann