#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Dienstag den 27.05.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 270800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.05.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Ww (Winkelwest)
Heute der (zahme) PETER, morgen der (wilde) OLE – wechselhaft und mäßig warm. Am
Mittwoch reichlich Schauer und Gewitter. An Christi Himmelfahrt
Zwischenhocheinfluss (VANESSA) mit Schwächen im Westen und Nordwesten
(Warmfront).
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
Dienstag… befinden sich Mitteleuropa und somit auch Deutschland weiterhin am
östlichen Ausgang der für Ende Mai gut ausgeprägten Frontalzone über dem
mittleren Nordatlantik. Dabei zeigt das Isohypsenfeld bei uns eine diffluente
Struktur, die von einem Trog über dem östlichen Mittel- respektive dem nahen
Osteuropa „ausgebremst“ wird, weshalb das GWL-Muster auch eher auf Seiten von
Winkelwest und weniger bei West zyklonal steht. Zwar präsentiert sich die
Frontalzone auf den ersten Blick ziemlich glattgebügelt, trotzdem lösen sich
immer wieder flache unscheinbare Sekundärtröge, die beim Erreichen des
Kontinents an Kontur gewinnen und einen nicht unerheblichen Impact auf den
hiesigen Wetterablauf erzeugen. Korrespondieren tun die Sekundärtröge mit
flachen Bodenwellen, die auf der Südflanke des zentralsteuernden Tiefs NORMAN
(heute früh satte 980 hPa im Kern, nördlich der Färöers gelegen) von West nach
Ost schlingern und dabei ebenfalls ihren Beitrag zur Wechselhaftigkeit des
Wetters beitragen.
Aktuell hat ein okkludierendes Frontensystem von NORMAN die Nordsee erreicht, um
von dort später auf Nordwestdeutschland überzugreifen. Die Okklusion ist in
einen ausgeprägten Bodentrog eingebettet, aus dem sich direkt an der Front ein
kleines Teiltief entwickelt (PETER), welches gegen Mittag die Südspitze
Norwegens erreicht. Bis dahin haben Okklusion und Kaltfront die deutsche
Nordseeküste bereits hinter sich gelassen, allerdings wird die Kaltfront auf
ihrem Weg nach Südosten alsbald ausgebremst. Grund ist nicht nur der über dem
Süden und den Alpen positionierte Azorenhochkeil VANESSA, der nicht kampflos
weichen will. Grund ist auch die nächste flache Welle über dem nahen Atlantik
(OLE), die Irland/UK ansteuert und in deren Warmfront die Kaltfront übergeht,
wodurch sie klassisch ausgebremst wird. Liest sich diffizil, ist es auch, aber
nun, so läuftŽs nun mal in der Wetterküche.
Zum heutigen Wetter, wo ein präfrontales Regengebiet (WLA + PVA) den Westen und
Nordwesten des Landes bereits erreicht hat. Es wird noch ein bisschen
ost-südostwärts vorankommen, sich dabei aber abschwächen. Im Tagesverlauf nimmt
der Regen im Nordwesten dann mehr und mehr konvektiven Charakter an, zumal ein
Schwall erwärmter Meeresluft subpolaren Ursprungs (mPs) eingespeist wird. Die
Luftmasse ist in Ermanglung höhenkalter Luft nicht besonders labil, trotzdem
könnte die bis auf 700-650 hPa hinaufreichende Labilitätsfläche so gerade
reichen (auch wenn -10°C nur schwerlich erreicht werden), am Nachmittag ein bis
zwei Gewitter mit Böen 7-8 Bft und Graupel bzw. kleinem Hagel im äußersten
Norden und Nordwesten, vornehmlich im Nordseeumfeld sowie an der westlichen
Ostsee zu generieren. Schauer hin, Gewitter her, aufsummiert über 12 Stunden
kommen im Westen und Nordwesten bis heute Abend meist keine 5 l/m² zusammen, nur
örtlich fällt etwas mehr Regen.
Noch dünner als im Nordwesten fällt die Regenausbeute in der Südosthälfte aus,
wo die Luftmasse nicht nur trockener ist, sondern auch sonst das Setup
ungünstiger ausfällt. Da macht sich doch der leichte Zwischenhocheinfluss
bemerkbar, der von einem flachen, von Frankreich bis nach Süddeutschland
vorrückenden flachen Höhenkeil gestützt wird. Zuvor schwenkt aber noch ein
Randtrog von West nach Ost, der insbesondere südlich der Donau ein paar Akzente
in Form von Schauern bzw. schauerartigen Regen setzt. Auch sonst sind bei
wechselnder bis starker Bewölkung einzelne schwache Schauer nicht ganz
ausgeschlossen, häufig bleibt es aber trocken.
Zurück noch mal in den Nordwesten, wo der Südwestwind heute vorübergehend stark
bis stürmisch auffrischt mit Böen 7 Bft, an der Nordsee 8 Bft, auf dem Brocken 9
Bft. Schon am Nachmittag nimmt der Wind aber wieder ab, da der Gradient
postfrontal merklich aufweicht.
Bei der Temperatur wird weiterhin mit atlantischer Zurückhaltung agiert, mehr
als 16 bis 22°C sind nicht drin.
Am Abend und in der Nacht zum Mittwoch setzt über UK/Irland und der Nordsee eine
im Potenzialfeld zunächst nur schwer zu erkennende Austrogung an. Die
Interaktion mit bzw. die Phasenlage zur zugehörigen Bodenwelle (OLE) ist mäßig,
so dass am Ende nicht mehr als bestenfalls ein 1005-hPa-Wellentief dabei
herausspringt, das am Morgen die südliche Westküste der Kimbrischen Halbinsel
erreicht, und nicht ein unangenehmer Frühlingsschnellläufer. Ohne ist der OLE
trotzdem nicht, advehiert er doch eine sehr feuchte Atlantikluft mit tropischem
Touch nach Deutschland, in der das PPW teilweise auf rund 30 mm hochgeht. Für
ausreichend Hebungsantriebe wird auf der diffluenten Vorderseite auch gesorgt,
teils durch WLA, vor allem aber durch PVA-Maxima, die für ordentlich
Höhendivergenz sorgen.
Kurzum, schon ab den Abendstunden setzen im Westen und Nordwesten skalige
Regenfälle ein, die sich rasch auf weite Teile des Vorhersageraums ausbreiten.
Weitgehend außen vor bleiben wohl nur die Gebiete südlich der Donau. Schon bald
nehmen die Regenfälle zunächst im Nordwesten und Norden, dann auch zunehmend in
der Mitte konvektiven Charakter an, weil die Kaltfront schleifend südwärts zieht
und rückseitig ziemlich feuchte und labil geschichtete Meeresluft subpolaren
Ursprungs (mit subtropischer Note) einströmt. Dabei können neben Schauern auch
einzelne Gewitter an den Start gehen, die trotz Zug von Starkregen um oder etwas
über 15 l/m² sowie Böen 7-8 Bft begleitet sein können. Auch die Schauer leisten
einen nicht zu verachtenden Beitrag zur Niederschlagsakkumulation, so dass recht
verbreitet 5 bis 10, gebietsweise sogar 10 bis 20 und in einigen Weststaulegen
der westlichen und zentralen Mittelgebirge sogar um 25 l/m² innert 12 Stunden
herausspringen.
Darüber hinaus legt der Südwestwind auf der Südflanke des Wellentiefs wieder zu,
was vor allem in höheren Lagen zu spüren sein wird. Auf exponierten Kämmen und
Kuppen stehen Böen 8-9 Bft auf dem Programm, der Brocken dürfte sogar die 10 Bft
schaffen. Unsicher ist z.Zt. noch, inwieweit der Wind auch an der Nordsee noch
mal auffrischt. Externe Modelle wie IFS und UK10 simulieren im Gegensatz zu ICON
Böen 7 Bft, weil der Scheitel des Tiefs etwas weiter nördlich durchgeht und
zudem 1-2 Hektopascal niedriger simuliert wird.
Mit 15 bis 8°C bleibt die Nacht ziemlich mild.
Mittwoch… intensiviert sich der Höhentrog über dem Vorhersageraum noch etwas,
heißt, er vergrößert seine Amplitude, wobei er weiter ostwärts schwenkt.
Gleichzeitig überquert OLE Jütland ostwärts, wo er dicht an Südschweden vorbei
Richtung Baltikum zieht. Die zugehörige Kaltfront hat Süddeutschland erreicht,
wo sie schleifend, aber doch mit Vortrieb in Richtung Alpen konvergiert.
Rückseitig strömt eine labile, zunächst noch sehr feuchte und alles andere als
kalte Atlantikluft ein (T850 3 bis 7°C), in der es verbreitet zu regen
konvektiven Umlagerungen in Form von Schauern und Gewittern kommt, welche den
Richtung Österreich und Tschechien abziehenden stratiformen Regen ablösen. Erst
am Nachmittag, wenn der Wind nach Passage eines Bodentrogs im Norden beginnt,
auf Nordwest zu drehen, gelangt von der Nordsee eine trockenere Luftmasse ins
Landesinnere, in der die Schauerneigung deutlich zurückgeht.
Schaut man sich die Rahmenbedingungen für das morgige konvektive Geschehen an,
trifft man auf einige sehr interessante Zutaten. Neben Labilität und Feuchte (=>
einige hundert Joule pro Kilogramm CAPE) gesellt sich eine vor allem in der
Mitte und im Süden ausgeprägte Scherung (LLS teils bis zu 20 m/s!, DLS 20 bis 30
m/s). Auch wenn die Geschwindigkeitsscherung überwiegt, lassen sich doch gerade
in orografisch gegliedertem Gelände Hodographen mit einem gewissen Veering in
der untersten Troposhäre finden. Hinzu kommt ein durch den vorherigen Regen
relativ niedriges HKN vielfach unter 1000 m. Außerdem gelangen Teile der
südlichen Mitte und des Südens unter den linken Ausgang eines im Tagesverlauf zu
den Alpen gerichteten Jetstreaks, was dort die Höhendivergenz und die
Hebungsprozesse erhöht. Nicht immer ist die Überlappung der Zutaten „günstig“,
gleichwohl muss man davon ausgehen, dass sich morgen zahlreiche Gewitter
entwickeln, die markanten Kriterien genügen. Neben Starkregen (trotz ziehender
Zellen), kleinem Hagel (für größere Klumpen dürfte zu wenig CAPE vorliegen) und
Böen 8-9 Bft (im Süden, wo die Höhenwinde mit bis zu 45 Kt auf 850 hPa am
stärksten sind, evtl. 10 Bft) liegt in Teilen (südliche Mitte bis Süden) sogar
ein leicht erhöhtes Tornadorisiko vor. Zarte Hinweise auf rotierende Zellen sind
jedenfalls vorhanden (z.B. Signale bei der Aufwindhelizität), auch wenn die
Zellen morgen sicherlich nicht durch besonders üppige vertikale Streckung und
Überpopulation auffallen. Klassischer Fall von Low Probability/High Risk.
Noch ein paar Gedanken zum Niederschlag. Summiert man die 24-stündigen Mengen
bis Mittwochabend auf, fallen einem die westlichen und zentralen Mittelgebirge
ins Auge, wo in Staulagen die neuralgische 30-l/m²-Marke für Dauerregen
überschritten wird. Da sich die Mengen aber aus einem skaligen und einem
konvektiven Anteil zusammensetzen, die Überschreitungswahrscheinlichkeiten nur
sehr kleinräumig ausfallen und wir eine ziemlich trockene Vorgeschichte haben,
wird auf eine Dauerregenwarnung verzichtet. Der konvektive Anteil wird zu einem
Teil über Gewitterwarnungen abgebildet.
Ansonsten bliebe nur noch zu konstatieren, dass der südwestliche, später auf
Nordwest drehende Wind mitunter böig auffrischt, wobei sich der Löwenanteil aus
dem konvektiven Anteil, weniger aus dem Gradienten rekrutiert. Gerade für den
Westen wird es voraussichtlich aber eine Windwarnung der Marke „in Schauernähe
Böen 7 Bft“ geben, der Rest geht über die Gewitter.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 15 und 21°C.
In der Nacht zum Donnerstag (Christi Himmelfahrt) zieht der Höhentrog nach Osten
raus. Von Südwesten her steigt das Potenzial an und kündigt einen breiten aber
flachen Rücken an, der sich langsam vom nahen Atlantik zum Kontinent vorschiebt.
Die Kaltfront wird über die Alpen weggedrückt und der zuvor arg gebeutelte
Azorenhochkeil VANESSA bekommt wieder Luft. Bis zum Morgen weitet sich der Keil
bis zur Nordsee aus, wodurch ein klassisches Zwischenhochmuster entsteht, das
die Lage beruhigt. Schauer und Gewitter ziehen sich mehr und mehr in den Süden
zurück, wo an den Alpen aber gut abgeladen wird. Berücksichtigt man, was
tagsüber schon gefallen ist, kommt man in einigen Staulagen auf 30 bis 50 l/m².
Donnerstag… gelangt Deutschland auf die Vorderseite des Rückens unter eine
nördliche Höhenströmung. Am Boden spiegelt sich das Zwischenhoch wider, das
ausgehend von Frankreich seine Fühler bis nach Südskandinavien ausstreckt. Das
ändert aber nichts an der Tatsache, dass von Westen her die nächste Attacke
gefahren wird. Absender ist QUINTO, das nächste Tief, das am Mittag mit nahe
1000 hPa im Kern über Schottland und den Hebriden liegt. Die zugehörige
Warmfront überquert Benelux und die südwestliche Nordsee, bevor sie gegen Abend
den äußersten Westen erreicht. Vorauseilende, den Rücken überlaufende WLA sorgt
im Westen und Nordwesten für eine baldige Eintrübung und nachfolgend leichten
Regen. Dazu frischt der auf Süd rückdrehende Wind am Abend über der Deutschen
Bucht auf mit Böen 7 Bft.
Schauerartig regnen tut es anfangs auch noch im äußersten Südosten, vor allem
Richtung Alpen. Ansonsten geht der Feiertag aber trocken über die Bühne mit der
meisten Sonne im Nordosten sowie in Südbaden.
Höchstwerte 17 bis 24°C mit den höchsten Werten im Südwesten.
Modellvergleich und -einschätzung
Der Fahrplan steht im Großen und Ganzen, die Abläufe werden modellübergreifend
sehr ähnlich gerechnet. Gleichwohl kommt der morgige Mittwoch einer kleinen
Wundertüte nahe, die spannende und vielleicht sogar „überraschende“ Aktivitäten
zu bieten hat. Warten wirŽs ab.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann