SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.05.2025 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNa, Übergang zu NWz
Heute an den Alpen und im Südschwarzwald, am Mittwoch im Süden und Südosten
einzelne markante Gewitter (Fokus auf Starkregen, kl. Hagel).
Mittwoch und Donnerstag im Norden lebhafter West- bis Nordwestwind, an den
Küsten sowie in Schauer- und Gewitternähe stürmische Böen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC

Dienstag… befinden sich weite Teile des Vorhersagegebietes zunächst noch im
Einflussbereich einer flachen Hochdruckbrücke. Ausgehend vom umfangreichen
Hochdruckgebiet „TABEA“ über dem Nordmeer, Südostgrönland und Island reicht
diese über den Westen und die Mitte des Landes hinweg südostwärts und wird
gestützt durch einen von der Nordsee bis in die Osthälfte Deutschlands
reichenden Höhenkeil.
Dieser wiederum wird einerseits flankiert von einem Höhentrogkomplex über Nord-
und Osteuropa, der durch einen von Norden vorstoßenden Randtrog vor allem über
Nordskandinavien regeneriert und in weiterer Folge auch Einfluss auf die
Wetterentwicklung hierzulande nimmt.
Andererseits verlagert sich an dessen Südflanke ein markantes Höhentief vom
Löwengolf zum Ligurischen Meer. Auch dieses tangiert uns zunächst nur am Rande,
trägt aber ebenfalls zum Abbau der flachen Brücke bzw. des Rückens mit bei. Im
Bodenfeld korrespondiert das Höhentief mit einem Tiefdruckkomplex, an dessen
Nordflanke inzwischen ein Schwall recht feuchter und potenziell instabiler Luft
in den Südwesten des Vorhersagegebietes bzw. in den Alpenraum gelangt ist. Dort
beginnt der Tag bereits stark bewölkt und gebietsweise fällt etwas Regen. Im
Tagesverlauf weitet sich von Frankreich her eine flache Tiefdruckrinne über
Südbaden und das Alpenvorland hinweg nach Osten aus. Das führt im Rahmen einer
sich etablierenden Feuchteflusskonvergenz entlang der Grenze zur Schweiz zu
einer weiteren Feuchteanreicherung, die PPWs steigen vor allem vom
Südschwarzwald bis zum Bodensee gebietsweise auf über 25 mm. Im Tagesverlauf
bekommt die Wolkendecke zudem vorübergehend Lücken und es können örtlich mehr
als 500 J/kg Cape generiert werden. Ein dynamischer Trigger für Hebung ist zwar
nicht wirklich vorhanden, dennoch dürfte es mit Unterstützung durch die
Orographie zur Auslöse reichen. Die Folge sind unorganisierte, langsam ziehende
Einzelzellen bzw. Multizellencluster, so dass als Begleiterscheinung der
Starkregen im Fokus steht. Kleinkörniger Hagel ist angesichts der Cape ebenfalls
örtlich von der Partie. Die Begleiterscheinungen dürften sich weitgehend im
markanten Bereich abspielen, auch, wenn I-D2-EPS geringe Wahrscheinlichkeiten
für mehr als 25 l/qm/h speziell im Südschwarzwald auf der Agenda hat.
Diesbezüglich sollte man den Ball aber flachhalten. Selbst, wenn die 25 l/qm mal
ein wenig überschritten werden, hat das keinen Impact.
Auch an den Alpen reicht es eventuell für einzelne Gewitter, wobei sich das
meiste dort eher inneralpin abspielen dürfte.
Im Rest des Landes dominiert dagegen der Einfluss der Hochdruckbrücke. Lediglich
in der Osthälfte macht sich noch die sich abschwächende Okklusion eines Tiefs
über dem Westen Russlands in Form einer Feuchteschliere bemerkbar, die von
Sachsen über Sachsen-Anhalt bis nach Ostniedersachsen reicht. Dort beginnt der
Tag schon örtlich locker bewölkt, im Tagesverlauf bilden sich höher reichende
Quellwolken und am ehesten im Erzgebirge bzw. im Harz gibt es auch einzelne
Schauer. Für Gewitter dürfte es aber wohl eher nicht reichen, wenn, dann aber am
ehesten im Harz.
Ansonsten scheint aber vielerorts bei nur wenigen Wolken die Sonne, allerdings
driftet aktuell ein dichtes Stratusfeld über der Nordsee Richtung Deutsche Bucht
und erreicht eventuell auch Teile der Küste
Die Luftmasse kann sich allmählich erwärmen, in 850 hPa werden bis zum Abend
Werte zwischen 6 Grad im Norden und 10 Grad (Richtung Alpen auch darüber) im
Süden erreicht. Das reicht für Maxima zwischen 20 und 25 Grad, lediglich bei
dichterer Bewölkung ganz im Süden bzw. am Erzgebirge sowie gebietswiese an den
Küsten bleibt es etwas frischer.

In der Nacht zum Mittwoch wird der flache Rücken vollends abgebaut. Das
Höhentief im Süden zieht weiter Richtung Adria, während der markante Randtrog
über Skandinavien allmählich nach Süden vorankommt. In dessen Zirkulation wird
ein Höhentief über Irland eingebunden, das als Randtrog bis Mittwochfrüh
allmählich Richtung Wales zieht. Über Deutschland stellt sich somit eine noch
recht flaue, leicht „flatternde“ westliche Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld kann sich mit Annäherung des Randtroges ein Tiefdruckkomplex mit
Kernen über dem Skagerrak und Südschweden noch etwas vertiefen und kommt
insgesamt ein wenig nach Süden voran. Damit setzt vor allem über dem Norden und
Osten Deutschlands nun ebenfalls Druckfall ein und das dichte Stratusfeld
(markante Absinkinversion in etwa 900 hPa) über der Nordsee driftet bis
Mittwochfrüh mit deutlich auffrischendem West- bis Nordwestwind in die
Norddeutsche Tiefebene. Vor allem im Nordseeumfeld kann es dabei ausgangs der
Nacht auch erste steife Böen (Bft 7) geben.
Auch in der Mitte und im Süden werden die Wolken allmählich etwas dichter, wobei
dort in die Höhenströmung eingebettete flache kurzwellige Randtröge ein wenig
dynamischen Hebungsantrieb bieten. Ein solcher führt auch dazu, dass die
Konvektion im äußersten Süden nicht komplett zum Erliegen kommt, vor allem von
Südbaden über Oberschwaben bis ins Oberallgäu leben die schauerartigen
Regenfälle in der zweiten Nachthälfte sogar wieder etwas auf und weitet sich ein
wenig nach Norden aus. Kurze Gewitter sind nicht ausgeschlossen, für Starkregen
dürfte es aber kaum reichen.
Auch in der Osthälfte kann es hier und da noch ein paar Tropfen geben, ansonsten
bleibt es aber weitgehend trocken. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 11 und
5 Grad.

Mittwoch… stößt der Trog über Skandinavien weiter nach Süden vor, dessen
Drehzentrum befindet sich abends über Mittelschweden. Der Geopotenzialverlust
über dem Vorhersagegebiet setzt sich weiter fort und ein weiterer kurzwelliger
Randtrog greift im Tagesverlauf auf Westdeutschland über. Auf dessen Vorderseite
steilt die Höhenströmung vorübergehend etwas auf und dreht über Süddeutschland
auf Westsüdwest. Somit kann die dort lagernde potenziell instabile Luftmasse
weiter nordwärts vorankommen und erfasst vorübergehend noch die Südpfalz,
Südhessen, ganz Bayern sowie den Thüringer Wald und das südliche Sachsen. Bei
PPWs um oder knapp über 20 mm und etwa 100 bis 500 J/kg ML-Cape reicht es erneut
für einzelne Gewitter. Die Scherungsbedingungen verbessern sich gegenüber dem
Vortag etwas (DLS 15 bis 20 m/s und in den unteren 1 bis 2 km örtlich auch
leicht gekrümmte Hodografen), so dass es überwiegend für kleinere
Multizellencluster reichen dürfte. Starkregen und kleinkörniger Hagel stehen
erneut im Fokus, auch für einzelne stürmische Böen, im Extremfall Sturmböen
könnte es, je nach Organisationsgrad, reichen.
Derweil kommen die mit dem Trog über Skandinavien korrespondierenden Bodentiefs
nach Südosten bzw. Osten voran und erreichen abends Südschweden bzw. die
mittlere Ostsee. An deren Westflanke verschärft sich der Gradient über
Norddeutschland mit Passage eines Bodentroges und der westliche Wind frischt
weiter auf. Bis ins nördliche Binnenland reichend dürfte es vor allem mittags
und nachmittags steife Böen geben, später mit Winddrehung auf Nordwest an der
Nordseeküste auch einzelne stürmische Böen.
Mit dem Bodentrog gelangt von Nordwesten her ein Schwall maritimer Polarluft
nach Norddeutschland, die in etwa 850 bis 800 hPa aber noch stark gedeckelt ist,
so dass es maximal für ein paar Tropfen reicht, es sonst aber trocken bleibt.
Die Grundströmung dreht im weiteren Tagesverlauf aber auch weiter südlich, über
den mittleren Landesteilen, auf West bis Nordwest, so dass die potenziell
instabile Luftmasse weiter südlich nachmittags bereits wieder nach Süden
abgedrängt wird. Somit gibt es auch noch gewisse kleinere Modelldifferenzen, wie
weit diese Luftmasse überhaupt nach Norden vorankommt und wann sie von Norden
her wieder beginnt abzutrocknen.
In der Mitte und im Norden bleibt es somit weiterhin überwiegend trocken und vor
allem nach Nordosten zu – im Lee des Norwegischen Küstengebirges gelegen –
scheint häufig die Sonne. Erst mit Passage des Randtroges ziehen auch dort
dichtere Wolken auf. Auch in den mittleren Landesteilen lässt sich immer wieder
die Sonne blicken, während es im Süden und im Nordwesten eher stärker bewölkt
bleibt.
Die Luftmasse kühlt niedertroposphärisch auch in der Mitte und im Süden von
Nordwesten her allmählich ab, in 850 hPa sinkt die Temperatur bis zum Abend auf
Werte zwischen 2 Grad in Schleswig-Holstein und 8 Grad an den Alpen. Die Maxima
liegen somit – je nach Sonne – zwischen 18 und 23 Grad, im Nordwesten, vor allem
im Nordseeumfeld, werden aber kaum 15 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag stößt an der Südflanke des nun quasistationären
Troges ein scharfer Randtrog Richtung mittlere Nordsee, Dänemark und westliche
Ostsee vor. Damit hat sich die Umstellung auf eine zyklonale Nordwestlage nun
endgültig vollzogen. Im Zuge des Trogvorstoßes kommt es im Lee des Norwegischen
Küstengebirges auch im Bodenfeld zu Zyklogenesen, die von den Modellen noch mit
recht großen Differenzen simuliert werden und deutlichen Einfluss auf die
Windprognosen haben. IFS (und GFS haben dabei stärkere Entwicklungen auf der
Agenda als ICON und simulieren um 06 UTC Bodentiefs über der westlichen Ostsee
mit einem Kerndruck nahe 995 hPa, ICON-EU dagegen nur eine von der mittleren
Ostsee bis dorthin reichende Rinne. Nach Lesart des ICON-EU reicht es somit an
den Küsten lediglich für Böen Bft 7, vereinzelt Bft 8, nach GFS bzw. IFS muss
man ausgangs der Nacht durchaus auch mit Sturmböen (Bft 9) aus West bis Nordwest
rechnen.
Die maritime Polarluft kommt nun rasch zumindest bis in die mittleren
Landesteile voran, über Süddeutschland gibt es dagegen noch weitere
schauerartige Regenfälle, die sich langsam in die Regionen südlich der Donau
zurückziehen. Anfangs können auch noch einzelne Gewitter mit von der Partie
sein, Hinweise auf warnrelevante Mengen tauchen in den Modellen aber nicht auf.
Ansonsten bleibt es meist trocken, da die Polarluft zunächst nur flach einfließt
(T850 hPa um 06 UTC zwischen -3 Grad im Norden und +5 Grad südlich der Donau).
Mit Annäherung des Randtroges reicht die Labilitätsfläche ausgangs der Nacht
über dem Norden/Nordwesten des Landes aber etwas höher, im Nordseeumfeld reicht
es dann eventuell für erste Schauer.
Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 11 und 5 Grad.

Donnerstag… greift der Randtrog auf Norddeutschland über. Ein weiterer
Randtrog zieht von Zentralfrankreich langsam nach Südostfrankreich; auf dessen
Vorderseite bleibt über dem Alpenraum dynamischer Hebungsantrieb wirksam, der
sich bis in den äußersten Süden des Vorhersagegebietes noch auswirken kann.
Südlich der Donau, vor allem an den Alpen und im südlichen Vorland, gibt es
somit weitere schauerartige Regenfälle, die sich nur langsam nach Süden
zurückziehen. Warnrelevante Mengen stehen aber nicht auf der Agenda, an den
Alpen werden meist 5 bis 10 l/qm, nach Osten zu auch um 15 l/qm in 12 Stunden
simuliert, und auch für Gewitter sollte es nicht mehr reichen.
Dennoch wird die Kaltfront mit der maritimen Polarluft im Gepäck über
Süddeutschland vorübergehend eingebremst und wird wohl erst zum Abend hin
allmählich auf die Regionen südlich der Donau übergreifen. Sie erweist sich nach
wie vor als wenig wetteraktiv, da die polare Luftmasse postfrontal zunächst nur
flach einströmt. Vor allem in den mittleren Landesteilen setzt sich somit
zumindest zeitweise die Sonne durch.
Über Norddeutschland dagegen ist der Witterungscharakter eher herbstlich
geprägt. Der Gradient an der Westflanke der sich nach Lesart des GFS und IFS
langsam auffüllenden und nach Osten ziehenden Leetiefs fächert erst im weiteren
Tagesverlauf allmählich auf, der Höhepunkt der Windentwicklung ist nach beiden
Modellen am Vormittag zu erwarten. IFS hat im Bereich Nordfriesland sogar
schwere Sturmböen (Bft 10) aus Nordwest auf der Agenda und bietet somit die
offensivste Lösung, ICON-EU belässt es dagegen nur bei Bft 7 bis 8, GFS bei Bft
8 bis 9. Für Bft 7 dürfte es auch noch bis in die Norddeutsche Tiefebene
reichen. Zum Abend hin flaut der Wind dann aber allgemein ab.
Mit dem Trog labilisiert die Luftmasse über Norddeutschland im Tagesverlauf
deutlich; in 500 hPa sinkt die Temperatur auf -30 bis -34 Grad bei -2 bis -3
Grad in 850 hPa. Die Folge sind zahlreiche Schauer und auch kurze Gewitter mit
Graupel und auch im küstennahen Binnenland mit einzelnen stürmischen Böen.
Innerhalb der einströmenden Polarluft reicht es lediglich noch für Höchstwerte
zwischen 14 und 19 Grad, an Rhein und Neckar können mit Sonne die 20 Grad noch
erreicht bzw. knapp überschritten werden. An den Küsten und im küstennahen
Binnenland werden dagegen lediglich 12 bis 14 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag ändert sich an der Konstellation nur wenig; der
Höhentrog verlagert sein Drehzentrum nur langsam Richtung Südskandinavien,
innerhalb der westnordwestlichen Höhenströmung überqueren ein bis zwei
kurzwellige Troganteile im Laufe der Nacht den Norden und Osten Deutschlands mit
einzelnen Schauern, kurze Gewitter nicht ausgeschlossen, am ehesten an den
Küsten. Der Gradient weicht insgesamt etwas auf, so dass sich steife Böen
weitgehend auf die Küstenregionen beschränken.
An den Alpen klingen die Regenfälle weiter ab, 1 bis 5 l/qm können aber noch
fallen, die Schneefallgrenze sinkt langsam auf nahe 1500 m. Ansonsten bleibt es
trocken und vor allem in den mittleren Landesteilen lockern die Wolken auch mal
stärker auf. Dort kann es dann in ungünstigen Lagen leichten Frost geben.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Unterschiede, die Windentwicklung im Norden, insbesondere an den Küsten in
der Nacht zum und am Donnerstag betreffend, wurden im Text angesprochen.
Ansonsten haben die Modelle aber einen einheitlichen Kurs auf der Agenda.
I-D2 simuliert an den Gewittern am morgigen Mittwoch örtlich schwere Sturmböen,
die nicht wirklich nachzuvollziehen sind.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff