#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 23.04.2025 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 231800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 23.04.2025 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Bis zum späteren Abend noch teils kräftige Gewitter mit Starkregen, im Laufe der
Nacht im Süden örtlich auch „ungewittriger“ und mehrstündiger Starkregen.
Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag in den mittleren Landesteilen teils
konvektiv durchsetzter Dauerregen, einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
Aktuell … reicht an der Ostflanke eines Höhenrückens, der sich über den nahen
Ostatlantik und Island nordwärts bis nach Grönland erstreckt, ein flacher
Randtrog mit mehreren eingebetteten Drehzentren von der Nordsee über Benelux bis
nach Ostfrankreich. Als prominentestes Gebilde hat sich dabei ein Höhentief
etabliert, dessen Drehzentrum sich in 500 hPa inzwischen über Nordostfrankreich
befindet und im Laufe der kommenden Nacht über die Westalpen Richtung
Ligurisches Meer/Toskana austropft. Vorderseitig des Höhentiefs hat die
südsüdwestliche Höhenströmung vor allem über Süd- und Westdeutschland eine
deutlich diffluente Kontur angenommen, entsprechend wird dort durch PVA recht
markante dynamische Hebung induziert.
Der flauen Potenzialverteilung in der Höhe entsprechend kommt auch die
Druckverteilung im Bodenfeld über dem Vorhersagegebiet flach daher.
Nichtsdestotrotz lassen sich dennoch ein paar Strukturen herausarbeiten: Durch
das Überströmen der Alpen hat sich im Alpenvorland ein ausgeprägtes Föhn- bzw.
Leetief gebildet, von dem aus eine flache Rinne bogenförmig über Mittel- und
Nordbayern, Mittelhessen bis nach NRW (Niederrhein) reicht. Mit dieser Rinne hat
sich fast landesweit eine maritim erwärmte Subpolarluftmasse ausgebreitet,
lediglich in den äußersten Nordosten und Osten (insbesondere auch nach
Nordostbayern) wird mit auf Nordost drehenden Bodenwinden allmählich eine etwas
trockenere kontinental geprägte Luftmasse advehiert. Ansonsten ist die Luftmasse
leidlich labil geschichtet (T850 hPa zwischen 2 Grad im Südwesten und 5 bis 8
Grad von der Mitte bis in den Südosten) und zeichnet sich vor allem im Bereich
von Feuchteflusskonvergenzen innerhalb der Rinne durch PPW-Werte von knapp über
20 mm aus. Entsprechend haben sich dort, aber auch etwas abgesetzt davon, vor
allem im Bereich von durch die Orographie getriggerten lokaler Bodenkonvergenzen
zahlreiche Schauer und Gewitter entwickelt, vor allem im Westen fällt auch etwas
flächiger schauerartiger Regen. Bei hochreichend maximal nur mäßigen
Scherungsbedingungen, aber teils recht ausgeprägter bodennaher Richtungsscherung
handelt es sich meist um zu Multizellenkomplexen verclusterten Einzelzellen, so
dass als Begleiterscheinung in erster Linie der Starkregen im Fokus steht,
teilweise gibt es auch größere Hagelansammlungen. Dabei kann eingangs der Nacht
nicht ganz ausgeschlossen werden, das noch einmal irgendwo sehr kleinräumig das
Unwetterkriterium für Starkregen (über 25 l/qm/h) gerissen wird.
Eine Ausnahme stellte allerdings eine Zelle dar, die sich am Nordrand des
Harzes, zwischen Bad Harzburg und Osterwiek, entwickelt hat, lange Zeit
quasistationär blieb, deutliche Rotation im Aufwindbereich aufwies und dann
rechtsausscherend langsam nach Osten zog. Ein klassisches Beispiel, wie sich
auch bei wenig vorhandener hochreichender Scherung Superzellen entwickeln
können, wenn im Bereich einer Konvergenz genügend bodennahe Richtungsscherung
und SRH zur Verfügung stehen. Diese Zelle musste sogar mit Unwetter bewarnt
werden.
In Süddeutschland waren die Scherungsbedingungen aufgrund des Bodentiefs und der
etwas stärkeren hochreichenden Scherung etwas günstiger für Superzellen als
weiter nördlich, allerdings weist die Luftmasse dort vielerorts lediglich
Taupunkte zwischen 5 und 10 Grad auf, was für stärkere Entwicklungen am
Nachmittag im Großen und Ganzen zu wenig war. Erst nach Osten zu (Alpenrand bzw.
Alpenvorland östlich der Isar) reicht es für zweistellige Taupunkte. Der
aktuelle I-D2-Lauf simuliert für diese Region in den Abendstunden entsprechend
auch eine Superzelle, die über das Chiemgau ost- später nordostwärts zieht und
sich dann im Laufe des späteren Abends rasch abschwächt. Diese dürfte dann
durchaus auch Unwetterpotenzial aufgrund von größeren Hagel (3 cm) aufweisen.
Aktuell hat eine Zelle, die eindeutig Indizien für eine Superzelle aufweist, das
Isartal und den Sylvensteinsee überquert und den Tegernsee erreicht. Mangels
Impact und aufgrund grenzwertiger Begleiterscheinungen wurde bisher auf eine
Unwetterwarnung verzichtet.
Mit Abzug des Höhentiefs bleibt im Laufe der Nacht die Potenzialrinne nahezu
quasistationär über Benelux bzw. dem äußersten Westen Deutschlands liegen, bis
Donnerstagfrüh etabliert sich ein weiteres Drehzentrum in etwa über
Rheinland-Pfalz bzw. Belgien/Südholland. Gleichzeitig kann sich ein flacher
Höhenkeil verstärken, der von Südpolen kommend, über die Osthälfte Deutschlands
nordwestwärts bis zur Deutschen Bucht reicht. Somit bleibt die auf Südsüdost
drehende Höhenströmung vor allem über Süd- und Westdeutschland diffluent
konturiert und entsprechend auch der dynamische Hebungsantrieb aufrecht.
Im Bodenfeld zieht das Leetief über Südostbayern rasch ostwärts ab, mit Passage
der Druckwelle kann es im Alpenvorland in der ersten Nachthälfte vorübergehend
steife, exponiert stürmische Böen aus West geben. Somit nimmt die Rinne
zunehmend West-Ost- Ausrichtung an, kommt aber kaum mehr nach Norden voran und
reicht morgens etwa vom Vogtland bis zum Westmünsterland.
Tagesgangbedingt klingen die Gewitter somit zwar rasch ab, dynamische Hebung,
das konvergente Windfeld und die Gegenströmung (Südsüdost in der Höhe,
Westnordwest am Boden) führen aber vor allem an der Südflanke der Rinne bzw. im
unmittelbaren Rinnenbereich zu weiteren, teils konvektiv durchsetzten, also
schauerartig verstärkten Regenfällen, kurze Gewitter sind dabei nicht komplett
ausgeschlossen.
Vor allem dort, wo die drei oben genannten Parameter (Hebung, Konvergenz,
Gegenstrom) günstig überlappen, werden sicherlich auch die Warnschwellen für
mehrstündigen Starkregen gerissen. In der ersten nachthälfte dürfte das in
Teilen Süddeutschlands der Fall sein (etwa von der Ostalb bzw. Oberschwaben bis
ins südliche Alpenvorland), in der zweiten Nachthälfte deutet sich dann ein
zweites Maximum über dem nördlichen Niedersachsen an; wahrscheinlich ist dort
die Gegenstromlage am deutlichsten ausgeprägt. Zumindest I-D2 und I-D2-EPS haben
auch dort sehr kleinräumig mehr als 20 l/qm in 6 Stunden auf der Agenda.
In den Nordosten und Osten breitet sich im Laufe der Nacht von Osten her bereits
die trockenere, kontinental geprägte Luftmasse aus, lediglich nach Südsachsen
schwappt mit der Tiefdruckrinne von Süden her etwas feuchtere Luft und es kann
auch dort später etwas flächiger regnen.
Südwestlich der Rinne, im Südwesten und später auch in Südbayern, klingen die
Regenfälle bzw. Schauer – soweit vorhanden – dagegen ab, es bleibt aber
innerhalb der feuchten Meeresluftmasse überwiegend bewölkt.
Im Nordosten lockern die Wolken dagegen bereits stärker auf und die Temperaturen
sinken dort gebietsweise auf nahe 5 Grad. Sonst bewegen sich die Minima meist
zwischen 11 und 7 Grad.
Donnerstag … wandert das neue kleine Höhentief bis zum Abend (nach Lesart des
I-D2) allmählich nach Nordbaden. Die Tiefdruckrinne nimmt bis dahin eine
komplett zonale Ausrichtung an, kommt also über der Osthälfte etwas nach Norden
voran, während sie im Westen ein wenig nach Süden abgedrängt wird. Abends reicht
sie etwa von der Eifel bis zur Oberlausitz.
Nördlich davon weitet sich die trockene Luftmasse über der Norddeutschen
Tiefebene allmählich nach Westen aus, so dass auch im Nordwesten bis zum späten
Nachmittag/Abende die Regenfälle aufhören. Ansonsten konzentriert sich die
Hauptniederschlagsaktivität nach wie vor auf den unmittelbaren Rinnenbereich,
wobei die Regenfälle vor allem an deren Nordflanke im Tagesverlauf durch das
Entrainment etwas labilerer Luftmassen (immerhin können mit ein wenig
Einstrahlung gebietsweise mehrere 100 J/kg ML-Cape generiert werden) zunehmend
konvektiv durchsetzt sind und sogar von vereinzelten Gewittern begleitet werden
können. Da sich die Rinne auch in der Nacht zum Freitag nur wenig nach Süden
bewegt, dürften durchaus flächiger die Kriterien für Dauerregen überschritten
werden, kleinräumig können auch mal mehr als 50 l/qm in 24 Stunden
zusammenkommen, was dann Unwetter wäre. Angesichts der trockenen Vorgeschichte
kann aber diesbezüglich der Ball flachgehalten werden.
Zwar wird die räumliche Verteilung der Niederschläge inzwischen recht
einheitlich simuliert (breiter Streifen von NRW über Nord- und Mittelhessen,
Thüringen, das südliche Sachsen-Anhalt bis nach Sachsen und eventuell noch bis
ins nördliche Franken), allerdings lassen sich lokale, durch die Konvektion
induzierte Schwerpunkte nur sehr schwer herausarbeiten, was wohl eine recht
großflächige Warnung vor Dauerregen zur Folge haben dürfte. Eventuelle
Gewitterwarnungen (durchaus auch mit Starkregen, die PPWs bewegen sich knapp
über 20 mm) werden dann draufgesattelt.
Nach Süddeutschland gelangt nach wie vor eine recht feuchte maritim geprägte
Luftmasse. Dort bleibt es meist stark bewölkt und im Tagesverlauf können sich
vor allem in der Peripherie des Höhentiefs einzelne Schauer entwickeln. Kurze
Gewitter können nicht ausgeschlossen werden, stellen aber wohl eher die Ausnahme
dar.
Im Norden und Nordosten lockern die Wolken dagegen allmählich auf, vor allem an
den Küsten sowie in Ostvorpommern lässt sich auch länger die Sonne blicken. Die
850 hPa-Temperatur bewegt sich meist zwischen 2 und 5 Grad, mit den höheren
Werten an der Neiße und in der Lausitz. Somit erreichen die Höchsttemperaturen
bei starker Bewölkung im Westen, Süden und in der Mitte meist nur Werte zwischen
11 und 15 Grad, im Norden und Osten können mit etwas Sonne zumindest abseits der
Küsten 15 bis 18 Grad erreicht werden.
In der Nacht zum Freitag kommt der Höhenrücken über Westeuropa zwar langsam nach
Osten voran und greift von GB auf die westliche Nordsee über, unser Höhentief
über BaWü verlagert sich aber trotzdem kaum und befindet sich in den Frühstunden
in etwa über Oberschwaben bzw. dem Unterallgäu.
Mit dem Rücken streckt allerdings das Nordmeerhoch nun verstärkt seine Fühler
Richtung Britische Inseln und Nordsee aus, so dass auch über dem
Vorhersagegebiet der Druck steigt und die Tiefdruckrinne allmählich nach Süden
abgedrängt wird. Morgens reicht sie mit ihrer Achse etwa von Nordbaden bis nach
Oberfranken.
Die stärkste Niederschlagsaktivität spielt sich nach wie vor am Nordrand der
Rinne ab und nach wie vor sind die Regenfälle konvektiv durchsetzt. Das erklärt
auch die unterschiedliche Schwerpunktsetzung der Modelle bei ähnlicher
räumlicher Verteilung der Niederschläge. I-EU und I-D2 haben in der Nacht
Thüringen und Sachsen im Fokus, GFS auch noch das südliche Brandenburg, wobei
die Intensität im Laufe der zweiten Nachthälfte nach Lesart aller Modelle dann
allmählich zurückgehen soll. Nichtsdestotrotz hat vor allem I-D2 im Zeitraum
Donnerstag, 12 UTC bis Freitag, 00 UTC in Thüringen, im südlichen Sachsen-Anhalt
und in Sachsen kleinräumig durchaus unwetterartige Mengen auf der Agenda.
Mit dem Höhentief gibt es auch südlich der Rinne, vor allem in Baden-Württemberg
sowie an den Alpen weiterhin gebietsweiser schauerartige Regenfälle, die
Warnschwellen werden dort aber bei Weitem nicht erreicht. Lediglich im
Schwarzwald fallen gebietsweise 10 bis 20 l/qm in 12 Stunden.
Im Norden bleibt es dagegen im Zustrom kontinentaler Luftmassen trocken und auch
in der Mitte trocknet die Luftmasse zusehends ab. Vor allem in
Schleswig-Holstein und in Vorpommern ist es teils schon gering bewölkt und die
Minima erreichen örtlich Werte unter 5 Grad mit Bodenfrostgefahr in ungünstigen
Lagen. Sonst bleibt es mit 11 bis 6 Grad noch etwas milder.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
Freitag … ist den Ausführungen in der Frühübersicht nichts Substanzielles mehr
hinzuzufügen. Die Regenfälle ziehen sich bis zum Abend auf die Regionen südlich
der Donau, in der Nacht zum Samstag dann zum Alpenrand zurück und sind nicht
mehr warnrelevant.
Von Norden her setzt sich ansonsten die trockene Luft durch, die Sonne tut sich
aber in vielen Regionen noch schwer, vor allem im Nordosten und Norden ist es
dagegen schon überwiegend sonnig. An den Höchstwerten ändert sich gegenüber dem
Vortag nur wenig, in der Nacht zum Samstag kann es aber vor allem in der
Nordosthälfte bei klarem Himmel örtlich leichten Frost geben.
Modellvergleich und -einschätzung
Der grobe Fahrplan steht zwar, bzgl. der lokalen Schwerpunkte der Niederschläge
gibt es aber durchaus noch Modelldifferenzen. Diese wurden im Text bereits
ausführlich beschrieben.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff