#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Freitag den 04.04.2025 um 08 UTC
SXEU31 DWAV 040800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.04.2025 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Mittelding zwischen HNa (Hoch Nordmeer antizyklonal) und NEa (Nordost
antizklonal)
Fortdauer der trockenen Hochrandlage (OLIVIA). Heute fast überall, morgen nur
noch in der SW-Hälfte und am Sonntag gar keine frühlingshaften Temperaturen
mehr. Von Nordosten her deutlich kälter mit erhöhter Nachtfrostgefahr!
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
Freitag… zeigt das großräumige Potenzialmuster ein leicht deformiertes
Omegamuster und mithin eine nach wie vor stark gestörte Strömungskonstellation.
Im Mittelpunkt steht dabei ein stark in die Länge gezogenes (deswegen auch
leicht deformiertes) Höhenhoch, das sich von Ostgrönland bis hinunter zum
westlichen Mitteleuropa erstreckt. Flankiert wird die Höhenantizyklone von einem
sich ständig neu regenerierenden Trog über dem Ostatlantik und einem weiteren
Potenzialminimum über Südosteuropa. Hinzu kommt nun noch ein weiterer Trog, der
mit einem arctic outbreak in Verbindung steht und – angefüllt mit Polarluft
arktischer Herkunft – in Kürze von Fennoskandien bis zum östlichen Mitteleuropa
respektive zum Balkan vorstößt. Damit liegt die Hauptstoßrichtung zwar knapp
östlich von uns, trotzdem lässt es sich nicht vermeiden, dass auch Deutschland
ordentlich was auf die Glocke bekommt.
Heute ist davon allerdings noch nichts zu spüren, im Gegenteil, der Frühling
gibt noch mal Vollgas, wobei punktuell sogar schon am ersten Sommertag gekratzt
wird. Am Rande des mit über 1035 hPa zwischen Island und der Haltenbank
thronenden Hochs OLIVIA ist eine sehr trockene, kontinental geprägte Luftmasse
eingeflossen, die ursprünglich polaren Ursprungs war, inzwischen aber durch
kräftige Tageserwärmung modifiziert wurde (xSp; T850 5 bis 9°C). Durch das
starke Absinken ist die resultierende Inversion sehr weit nach unten gedrückt
worden und kann quasi nicht mehr von der nächtlichen Strahlungsinversion
unterschieden werden. Sehr schön erkennbar ist das neben den gemessenen
Radiosondenaufstiegen auch an der nächtlichen Temperaturentwicklung, die einen
hohen Spread aufweist. Teils hat es nicht unter 10°C abgekühlt und dann wieder
gibt es gar nicht mal so weit entfernte Ecken, wo das Thermometer bis in
Gefrierpunktnähe abgesackt ist.
Wie auch immer, im Tagesverlauf heizt die mittlerweile schon recht hoch am
Himmel stehende Sonne ordentlich ein, ohne dass sich ihr nennenswert was in den
Weg stellt. Die flachen Quellwolken, die sich im Osten und Südosten sowie über
einigen Mittelgebirgen bilden, fallen ebenso wenig ins Gewicht wie die hohen
Cirren (350 hPa oder höher), welche am Nachmittag von der Ostsee und Dänemark in
den Nordosten ziehen. Sie sind quasi die Vorboten der o.e. Austrogung, die von
einer Kaltfront angeführt wird. Diese Kaltfront, die am Abend SH und MV
erreicht, hat rein thermisch betrachtet ihren Namen mehr als verdient. Was den
Impact auf das Wetter angeht, handelt es sich aber zumindest bei uns um einen
zahnlosen Tiger, weil jedwede Unterstützung aus der Höhe fehlt, ihr Kurs auf
sehr antizyklonaler Bahn erfolgt und die beteiligten Luftmassen sowohl prä- als
auch postfrontal durch Wasserdampfarmut hervorstechen.
Bevor die Kaltfront hier ihre kalte Luft abladen kann, erwärmt sich die Luft
heute auf satte 18 bis 24°C mit den höchsten Werten im Westen. Einzig in höheren
Lagen sowie ganz im Norden, wo sich der maritime Einfluss bemerkbar macht,
bleibt es frischer.
In der Nacht zum Samstag setzt sich Austrogung ost-nordöstlich von uns fort.
Gleichzeitig kommt die Kaltfront langsam südwestwärts voran, ohne dabei
besonders aufzufallen. Rückseitig strömt mit etwas auffrischendem, aber
keinesfalls warnwürdigem Nord- bis Nordostwind recht flach (etwa bis 850-800 hPa
reichend) die polare Kaltluft ein, in der T850 nordöstlich der Elbe auf 0 bis
-5°C zurückgeht. Ein paar Wolken ziehen auch ins Land, weniger in den unteren
als vielmehr in den oberen Stockwerken der Troposphäre. Im Grunde ist die
einströmende Luftmasse furztrocken mit PPWs von gerade mal 5 bis 8 mm, so dass
wir uns über etwaigen Niederschlag nicht mal im Ansatz Gedanken machen müssen,
obwohl wir den sehr gut gebrauchen könnten.
Trotz der KLA ist Frost in dieser Nacht noch kein Thema im Nordosten, was an der
Bewölkung und am Wind liegt. Weiter südlich und westlich bleibt die Temperatur
ebenfalls überwiegend im Plus, einzig an den Alpen sowie in einigen
höhergelegenen Tälern der süddeutschen Mittelgebirge wird der Gefrierpunkt lokal
leicht unterschritten. Frost in Bodennähe tritt hingegen etwas häufiger auf.
Samstag… gelangt Deutschland unter eine indifferente, nach Osten zu sogar
leicht zyklonal konturierte nördliche Höhenströmung, die sich zwischen weiter
amplifizierenden Trog östlich und dem elliptisch geformten Höhenhoch
west-nordwestlich von uns etabliert. Das stationäre Bodenhoch mit Zentrum
zwischen Island und Südnorwegen verliert zwar etwas an Substanz (nicht mehr über
1035 hPa), bleibt für uns aber das Maß der Dinge. Um das Hoch herum breitet sich
die Kaltluft langsam aber sicher südwestwärts aus, auch wenn die Kaltfront
selbst im Tagesverlauf möglicherweise dem Rotstift zum Opfer fällt, weil sie zu
sehr in antizyklonal vermintes Gelände gelangt. Spielt letztlich aber auch keine
Rolle, weil die Front wettertechnisch eh inaktiv ist, auch wenn sie einige
Wolken ins Land führt.
Damit wird es insgesamt zwar nicht mehr ganz so sonnig wie heute, trotzdem kommt
immer noch ausreichend Globalstrahlung unten an (im Westen und Südwesten mehr
als im Osten und Nordosten). Ob es am Alpenrand mal für einen orografisch
ausgequetschten Schauer reicht, ist äußerst fraglich. Deutlich sicherer hingegen
die Windentwicklung. Unterstützt durch den Tagesgang sowie leichte
Supergeostrophie frischt der Nord-Nordostwind in der Nordhälfte mitunter böig
auf. Dabei sind an der Ostsee ebenso wie an der ostfriesischen Nordseeküste,
aber auch im Erzgebirge und im Grenzbereich zu Polen ein paar steife Böen 7 Bft
drin. Ob diese eine kleine Windwarnung rechtfertigen, wird man spätestens morgen
früh sehen.
Am frappierendsten fällt morgen die Temperaturentwicklung aus. Die 0°C-Isotherme
auf 850 hPa erreicht am Abend eine gebogene Linie
Ostfriesland-Osthessen-Niederbayern. Zu diesem Zeitpunkt sind es ganz im
Südwesten (im berüchtigten „Vier-Bee-Dreieck“ Baden-Baden-Basel-Buchloe) noch
+9/10°C, während gleichzeitig zwischen MV und Ostsachsen Werte um
-8°C aufblinken. Kein Wunder also, dass auch bei der 2m-Temperatur ein sehr
bemerkenswertes SW-NO-Gefälle aufs Scoreboard kommt. Im Nordosten kann man sogar
von einem regelrechten Temperatursturz gegenüber heute sprechen, geht doch die
Temperatur teilweise um rund 10 Kelvin zurück. Am Ende stehen in der NO-Hälfte
nur noch Maxima von 8 bis 14°C auf der Karte, während die SW-Hälfte mit 16 bis
21°C, der Oberrheingraben gar mit bis zu molligen 23°C aufwartet. What a
difference!
In der Nacht zum Sonntag breitet sich die Kaltluft weiter südwestwärts aus, wo
sie aber zusehends modifiziert wird. Ihre vertikale Mächtigkeit – ohnehin nicht
überbordend ausgeprägt (siehe oben) – nimmt kontinuierlich ab, heißt, die
Grundschicht wird immer weiter gestaucht. Damit verliert die Luftmasse ihre
thermische Wucht, die sie bei direktem Auftreffen im Nordosten entfalten konnte
und auch noch kann. So bleibt es im Westen und Südwesten, aber auch in Teilen
Süddeutschlands vielfach frostfrei, obwohl es überwiegend gering bewölkt oder
klar ist. Ein Mitgrund für die limitierte Abkühlungsrate ist der etwas
auflebende Ost-Nordostwind. Die Zone mit dem stärksten Gradienten verschiebt
sich in den Süden und Westen, wo gegen den Tagesgang etwas Wind mit Böen 6-7 Bft
in freien und höheren Lagen aufkommt. Im Südwesten nimmt die Bise Fahrt auf, was
den Hochlagen des Schwarzwalds einige 8er-Böen bescheren könnte. Darüber hinaus
verdichten sich die Anzeichen, dass nun an den Alpen tatsächlich ein paar
Schauer runterkommen und das zunehmend als Schnee.
Im großen Rest der Nation bleibt es einmal mehr niederschlagsfrei, es sei denn,
aus der hochnebelartigen Wolkendecke, die gebietsweise in den Nordosten driftet
bzw. sich dort bildet, krümelt es hier und da etwas raus, was keinesfalls
sicher, aber auch nicht ausgeschlossen ist. Fakt ist, dass es
niedertroposphärisch sehr, sehr kalt wird mit -9 bis -12°C!! auf 850 hPa
zwischen Erzgebirge/Thüringer Wald und Ostsee. Für die irdischen Sphären
bedeutet das verbreitet leichter, lokal sogar mäßige Luftfrost. Noch deftiger
kommt es am Boden, wo die Temperatur im Norden und Osten verbreitet auf -5 bis
-10°C zurückgeht, was überhaupt keine gute Nachricht für die Vegetation ist.
Sonntag… verbringen wir unter dem östlichen antizyklonalen Rand eines
inzwischen lupenreinen Potenzialomegas mit Höhenhoch über UK/Irland. Das
korrespondierende Bodenhoch ist etwas nach Osten versetzt und weist am Mittag 12
UTC zwei Zentren mit knapp über 1030 hPa auf (mittlere Nordsee, Südrand
Norwegische See). Zwischen dem Hoch und einem inzwischen südlich der Alpen auf
der Bühne erschienenen Tief ist der Gradient nach Südwesten hin weiterhin gut
aufgestellt, was die Bise mit Hilfe des Tagesgangs merklich aufleben lässt. Vom
bayerischen Teil Schwabens über Teile BaWüs bis hoch in die Pfalz und ins
Saarland muss mit einigen Böen 7 Bft, in exponierten Hochlagen 8-9 Bft aus
Ost-Nordost gerechnet werden.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass nun auch nach Westen und Südwesten hin
die Temperatur ordentlich gestutzt wird, wenn auch nicht so krass wie weiter
östlich. Obwohl sich die Sonne nach wie vor alle Mühe gibt, wird es in der
Westhälfte nicht wärmer als 9 bis 14°C, am Oberrhein lokal um 15°C. In der
Osthälfte, wo zeit- und gebietsweise auch mal dichtere Wolken unterwegs sind,
stehen lediglich 5 bis 10°C auf der Karte, in den Hochlagen noch weniger und
ganz oben sogar leichter Dauerfrost. Tja, liebe Freunde des Wettersports, so
perfide kann die Atmosphäre im April sein: Erst Frühling antäuschen und dann
noch mal völlig uncharmant den Spätwinter auspacken. Immerhin fällt kein Schnee,
was theoretisch ja auch passieren könnte. Übrigens, vor genau einem Jahr, am
06.04.2024 wurde im oberrheinischen Ohlsbach schon sehr früh im Jahr die
30°C-Marke geknackt (ein Zehntel drüber). So kannŽs auch gehen…
Noch ein, zwei Sätze zur Nacht auf Montag, die deutschlandweit eine sehr kalte
wird. Frische trockene Kaltluft, dazu wenige oder keine Wolken und lahmender
Wind (nur im Südwesten noch etwas Restbise mit Sturm auf den Schwarzwaldkuppen)
liefern die besten Voraussetzungen für langwellige Ausstrahlung und eine starke
Abkühlungsrate. So geht die Temperatur verbreitet in den leichten, nach Osten
hin (gebietsweise) sowie im Bergland mäßigen Luftfrostbereich zurück. Mäßig auch
der Frost in Bodennähe (-5 bis -10°C) und das fast überall, so dass
Erfrierungsschäden an verschiedenen Pflanzen leider vorprogrammiert sind.
Lediglich tief im Westen und Südwesten sowie direkt an der See bleibt es z.T.
frostfrei.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle lassen keine Zweifel daran, dass es so kommt wie beschrieben.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann