S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 09.03.2025 um 10.30 UTC

Luftmassengrenze über Deutschland mit schwieriger Detailvorhersage. Unbeständig
und kühler.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 16.03.2025

In der Stratosphäre tut sich was. Dort findet derzeit eine plötzliche Erwärmung
der Stratosphäre statt. Dabei soll sich der stratosphärische Polarwirbel
aufspalten und es kommt zu einer kompletten Windumkehr in der Stratosphäre. Ob
sich dieser anschließend wieder regeneriert oder ob dies bereits die finale
Erwärmung war, ist derzeit noch unsicher. Auf jeden Fall könnte sich dies mit
einer gewissen Verzögerung auf die troposphärische Zirkulation auswirken.
Normalerweise sollte dies zu einer Blockierungstendenz führen, vielleicht auch
wieder über Grönland, was die Wahrscheinlichkeit von Kaltlufteinbrüchen über
Nord- und Mitteleuropa gegen Ende des Monats erhöhen könnte. Die Modelle zeigen
derzeit aber nichts in diese Richtung und lassen den Polarwirbel in der
Stratosphäre von der Troposphäre entkoppelt.

In der Mittelfrist starten wir am Mittwoch erstmal mit einem Blocking zwischen
Grönland und Island, was jedoch nicht von der aktuellen Stratosphärenwerwärmung
erzeugt wurde. Dabei baut sich über dem Atlantik mit einem Tief nördlich der
Azoren eine High-Over-Low Situation auf. An der Ostflanke des Blocks wird polare
Kaltluft über Skandinavien, über die Nordsee Richtung Großbritannien und nach
Westeuropa geführt. An der Südflanke dieses Kaltlufteinbruchs liegt eine flache
Tiefdruckzone, die sich von Südfrankreich bis nach Suddeutschland und Tschechien
erstreckt. Über Deutschland hat sich eine stationäre Luftmassengrenze etabliert,
mit -5 °Ce Reste der gealterten Subtropikluft im Südosten (850-hPa-Temperatur
bis 6 °C). Der Temperaturgradient ist allerdings stark aufgefächert. Die
Luftmassengrenze ist deshalb auch vergleichsweise wenig wetteraktiv, wird aber
am Mittwoch von einem von Westen aufziehenden Kurzwellentrog aktiviert und
bewegt sich etwas nach Süden. Trogvorderseitig wird eine schwache zyklogenese
ausgelöst, wodurch ein flaches Tief vom Alpennordrand nach Tschechien und Polen
abzieht. Die damit verbundenen schauerartigen Niederschläge, die vornehmlich auf
der warmen Seite der Luftmassengrenze, fallen allenfalls mäßig aus und sind
deutlich schwächer, als es die Druckkonstellation vermuten lässt. Au der warmen
Seite wird im Süden gerade so viel CAPE generiert, dass einzelne Gewitter
möglich sind.

Am Donnerstag flacht der Kurzwellentrog ab und löst sich auf. Das zugehörige
Tief zieht nach Osten in Richtung Baltikum ab, wobei wir uns im Tiefdruckrumpf
über Süddeutschland mit relativ geringer Wetteraktivität befinden. Die
Luftmassengrenze bleibt im thermischen Feld recht aufgefächert über Mittel- bzw.
Süddeutschland, da eine erneute Zyklogenese über der Iberischen Halbinsel dem
Kaltluftvorstoß auf der Rückseite des baltischen Tiefs nach Süden entgegenwirkt.

Am Freitag dehnt sich das Tief über der Iberischen Halbinsel weiter nach Osten
aus, wodurch am Alpennordrand ein stärkerer Druckfall einsetzt und im Südosten
die WLA in Gang kommt, die den Gradienten der Luftmassengrenze verstärkt und
diese mit flachen, kurzwelligen Troge wieder aktiviert.

Am kommenden Wochenende verlagert sich das blockierende Hoch über dem Atlantik
nach Südwesten, sodass der Block nach Großbritannien wandert. Wir bleiben unter
tiefem Geopotenzial, wodurch sich die Tiefdruckaktivität nach Südosteuropa
verlagert. Im neuen IFS-Lauf würde die Luftmassengrenze bis Sonntag bis zu den
Alpen vordringen und die 850 hPa-Temperatur in Deutschland unter 0 °C absinken.

Im weiteren Wetterverlauf würde sich im neuen IFS-Lauf tiefes Geopotenzial über
Grönland festsetzen, der Hochdruckblock sich nach Skandinavien und später
Osteuropa verlagern und wir wieder trogvorderseitig in eine wenig stabile
Südlage gelangen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Luftmassengrenze wurde von den Vorläufern ähnlich gesehen. Aber auch hier
gibt es starke Sprünge in der Lage und im detaillierten Wetterablauf. In den
Vorläufen tauchte immer wieder eine ausgeprägte Troglage am Wochenende auf, die
im neuen Lauft durch ein schnelles durchschwenken des Troges und anschließenden
Block über Südskandinavien ersetzt
wurde.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Luftmassengrenze wird von allen Globalmodellen gezeigt. Ihre genaue Lage ist
jedoch unterschiedlich, da sie stark von den flachen Tiefdruckgebieten und deren
Wechselwirkungen abhängt. Daher sind auch die Niederschlagsprognosen sehr
unterschiedlich. Die anschließende Verlagerung des Hochdruckblocks nach
Südskandinavien wird von allen Modellen einheitlich gezeigt. GFS 6z simuliert im
weiteren Verlauf jedoch keine Südlage, sondern lässt an der Südflanke des Hochs
kontinentale Kaltluft einfließen.
Die meisten AI-Modelle lassen das Hoch erst verzögert auf einer südlichen
Zugbahn nach Mitteleuropa ziehen. Dabei kommt es vorher ab Sonntag zu einer
Austrogung über Mitteleuropa zum nächsten Wochenende, die so ähnlich in den
IFS-Vorläufen gesehen wurde.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Während der Norden in den neuen IFS-Rauchfahnen nun sicher auf der kalten Seite
der Luftmassengrenze und der Süden auf der warmen Seite zu liegen scheinen, gibt
es in der Mitte immer noch eine erhebliche Streuung in der Temperatur, die
bereits ab Donnerstag einsetzt. Die Tendenz zeigt aber auch im Süden einen
generellen Rückgang der 850 hPa-Temperatur zum kommenden Wochenende. Dort aber
mit erheblicher Streuung, wobei der Hauptlauf zu den warmen ENS-Mitgliedern
gehört. Vor allem im Süden treten am Wochenende wiederholt Niederschläge auf,
die aber meist weit von den Warnschwellen entfernt sind. Der anschließende
Anstieg des Geopotentials wird ebenfalls von fast allen Mitgliedern gezeigt.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass die großräumige Wetterlage bis zum Freitag
erstmal sicher ist, es aber große Unterschiede bezüglich der Position der
Luftmassengrenze über der Mitte Deutschlands gibt, die sich nicht vorhersagen
lässt. Ebenso unsicher ist die genaue Lage der Niederschlagsfelder. Zum
Wochenende scheint die Luftmassengrenze unter Trogeinfluss nach Süden durch zu
gehen, wobei IFS und GFS auf der warmen Seite sind.
Im weiteren Verlauf gilt ein Geopotenzialanstieg als wahrscheinlich. Wo die neue
Blockade liegen wird, ist noch unsicher. Dies zeigt sich auch in einer großen
Bandbreite in den Clusteranalysen ab Mitte März, wobei sogar wieder zonale
Cluster auftreten.

Die Extended-IFS Vorhersage tendiert weiterhin zu einem Blocking über Mittel-
und Osteuropa ab Mitte des Monats mit einem deutlich zu warmen Osteuropa. Es
bleibt jedoch abzuwarten, welche Rolle der Polarwirbelsplit für die weitere
Entwicklung spielt und ob die Modelle bald
kippen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Wetterlage bietet trotz der Luftmassengrenze kaum Potenzial für
signifikantes Wetter. Wenige 100 J/kg CAPE werden am Mittwoch, von einigen
Mitgliedern auch am Freitag simuliert. Für markante Gewitter ist das Potenzial
aber meist zu gering.

Bezüglich markanten Dauerregens im Süden am nächsten Wochenende zeigen nur
wenige Ensemblemitglieder eine Überschreitung der Warnschwelle. Gleiches gilt
für markante Schneefälle in den Alpen oberhalb von 1000 m, da der meiste
Neiderschlag auf der warmen Seite der Luftmassengrenze fällt.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-ENS-Mittel, Mosmix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold