#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Freitag, den 07.02.2025 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.02.2025 um 10.30 UTC
Hochdruckeinfluss mit zahlreichen Schönheitsfehlern in Form eigensinniger
Kaltlufttropfen/Höhentiefs. Regional wechselhaft, u.a. mit etwas Schnee. Nächte
frostig-kalt.
Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 14.02.2025
Bevor wir einen Blick auf die recht ruhige (mitnichten aber gut vorhersagbare)
Mittelfrist werfen sei kurz ein Blick auf die erweiterte Mittelfrist erlaubt,
deuten sich doch gröbere Eingriffe in den Polarwirbel der Troposphäre (tPW) und
Stratosphäre (sPW) an. Die Numerik hat weiterhin erhebliche Probleme die
Umstellung richtig zu erfassen, sodass es noch größere Unsicherheiten gibt.
Mit dem ersten richtig platzierten und langatmigen „Blocking“ über dem
westlichen Asien bis zum Ural inklusive eines Troges im ostasiatischen Raum
findet nun zeitnah ein kräftiger, vertikal gerichteter Wellenfluss peripher
einer vertikal positiv (also westwärts mit der Höhe) geneigten Welle statt. Die
aufwärts gerichtete Wellenenergie über Eurasien (inklusive hoher Werte
vertikaler Wärmeflüsse) wird in der Folge über Nordamerika (teilweise?)
umgekehrt und mit konvergierender, abwärts gerichtete Wellenenergie wird dort
zunehmend eine Verwellung induziert, die jedoch aus aktueller Sicht nicht so
markant ausfällt wie vorherige Ereignisse in diesem Winter. Zusätzlich bildet
sich über dem Nordpazifik eine recht kräftige Höhenantizyklone. Diese Störung
bringt den Polarwirbel in der Stratosphäre zwar ins Straucheln, doch nur soweit,
dass der sPW von seiner rekordverdächtigen Intensität auf klimatologische
Normalwerte zurückgeht.
Einer schwachen Kopplung Mitte/Ende Januar folgt nun wieder eine entkoppelte
Phase mit deutlichen negativen NAM Anomalien im Bereich der Troposphäre.
Die Frage ist nun (und daran scheint die Numerik noch zu knabbern), wie effektiv
diese Störung den Polarwirbel stört und wie rasch sich diese Störung auf die
Troposphäre auswirkt. Da letztere aber eh schon in einem recht amorphen
Grundzustand verweilt, dürfte eine recht deutliche Störung im Bereich des tPW
mittlerweile recht sicher sein.
Weiter oben macht sich diese Störung vor allem im Grenzbereich
Troposphäre/Stratosphäre bis zur mittleren Stratosphäre in Form eines sich
temporär aufspaltenden Polarwirbels bemerkbar, was wohl auf ein minor warming
hinauslaufen wird. Es gibt aber noch Unabwägbarkeiten. Ja, die vertikalen
Wellenflüsse konvergieren und sorgen für eine Verlangsamung des Wirbels.
Gleichzeitig ergeben sich aber auch Anzeichen, dass wir erneut ein (im Januar ja
bereits schon mal beschriebenes) Ereignis einer „wave reflection“ haben, das
besonders den westlichen Ast des Polarwirbels in der Troposphäre kräftigen
würde. Das würde auch die rasant vorhergesagte Erholung des sPW in der Folge
erklären. Sprich, es scheint sich um eine Mischung aus einem „stretched“
Polarwirbel in der oberen Stratosphäre und einem sich aufteilenden Wirbel im
Bereich des tPW bis unteren sPW zu handeln mit einer blockierungsfreudigen
Schwächung zwischen den Wirbeln (stromab vor allem Europa betreffend).
Trotz der Fragen, wie genau diese Störung ablaufen wird, kann schon erwähnt
werden, dass ein recht klassisches retrogrades Verlagern einer umfangreichen
blockierenden Antizyklone über Skandinavien in Richtung Grönland gezeigt wird.
Die zuerst genannte Blockierung wird v.a. forciert durch beständiges Ausströmen
aus weit nordwärts ausgreifenden warmen Förderbändern peripher des anormal
polwärts gerichteten Polarfrontjets. Rege Zyklogenese und deren Outflows (reich
an niedrigen PV Werten) dürften maßgeblich diese Blockierung stützen. Wenigstens
ereignen sich wiederholte Impulse verstärkter „irrotational“, also rein
divergenter Winde, die in die Antizyklone gerichtet sind, was das Gesagte
stützen würde. Die retrograde Verlagerung hingegen wird wohl auch forciert durch
eine konstruktive Interferenz mit einer von Phase 6 zu 7 wandernden MJO.
Die Folge für die erweiterte Mittelfrist? Sollte u.a. der Einfluss der MJO
(neben der Synoptik) in der Tat eine Blockierung über Nordwesteuropa einrichten
(ggf. mit Verbindung der Antizyklone im Bereich Grönland), dann wäre ein
Zeitfenster gegeben, wo zur Monatsmitte mit cross-polarer Strömung peripher des
schwächeren östlichen Wirbels über Russland/Asien Kaltluft nach Europa
ausfließen könnte – dies wäre antizyklonal dominiert. Spannend wäre dann jedoch
die zu erwartende zunehmende Dominanz des westlichen Wirbels in der Folge, der
sich u.a. der synoptischen Aktivität folgend (rege Zyklogenese vor Neufundland)
allmählich in Richtung Nordatlantik verschieben und uns auf seine Vorderseite
bringen würde. Entsprechende Ausgangslagen hatten wir schon mehrfach mit
einhergehendem Potenzial für ereignisreiche Luftmassengrenzen.
So der jüngste Stand mit insgesamt zunehmender NWP Sicherheit. Dennoch bedarf es
nur eines fehlenden Rädchens (wie einer zu schwachen Blockierung über
Nordwesteuropa, einem zu dominanten kanadischen Wirbel) und es gäbe einen weiter
ostwärts ausgreifenden atlantischen Einfluss. Ein reger Wechsel der dominanten
Luftmasse in den numerischen Vorhersagen wird auch die Folgetage für diesen
Vorhersagezeitraum andauern (und ist auch gut in den Vorhersagen der
Einzelmember hinterlegt).
Das hebt auch die Vorhersage der NAO hervor, die nur zögernd in den neutralen
bzw. weiterhin leicht positiven Bereich zurückgeht, während die „high-blocking“
Lage gut durch einen Absturz der NAM hervorgehoben wird.
Bis wir aber zu den genannten Auswirkungen der Störung kommen dominiert die
retrograde Verlagerung der Antizyklone und beschert Mitteleuropa eine insgesamt
ruhige Mittelfrist. Allerdings sorgen eingelagerte Höhentiefs/Kaltlufttropfen
(KLT) inklusive eines ausgeprägten split-flow Regimes für erhebliche
Unsicherheiten, was besonders die Niederschläge betrifft.
Wie wirkt sich das Gesagte auf die zu erwartende Mittelfrist bei uns aus (ohne
bei all den Unsicherheiten zu sehr ins Detail zu gehen)?
Am Montag würde bei der aktuell berechneten Lage und Intensität des
Kaltlufttropfen (KLT) im Südwesten teils länger anhaltende Niederschläge geben,
die bei einer Schneefallgrenze zwischen 400 und 600 m in den entsprechenden
wechselnden Phasen fallen. Dabei wird vor allem die Niederschlagsintensität eine
treibende Rolle für die Lage der Schneefallgrenze spielen, denn advektiv kann
nicht viel Kälte erwartet werden. Je weiter man nach Nordosten kommt, umso
freundlicher und trockener verläuft der Tag. Die mäßigen Unsicherheiten im
IFS-ENS peripher des KLT sind nahezu in allen Quadranten ähnlich
verteilt/erhöht, sodass keine realistische Tendenz abgegeben werden kann, wohin
die Position des KLT in der Folge noch korrigiert werden könnte.
Dienstag und Mittwoch würden im Südwesten leicht wechselhaft mit Schauern und
längeren trockenen Abschnitten verlaufen, wobei eine ähnliche Schneefallgrenze
für etwas Schnee im Bergland und Regen im Tiefland sorgt. Zwar verbleibt der
Nordosten auf der freundlichen Seite, doch zum Mittwoch passiert hier ein
weiterer kräftiger KLT von Polen kommenden den Osten und Norden Deutschlands. In
dessen PVA Bereich sorgt überschaubare Feuchte für geringe
Niederschlagsoptionen, doch etwas Schnee/Schneeregen ist bei dessen Passage
möglich. Spannend wäre die thermische Komponente, geht die T85 Temperatur doch
kurzzeitig auf rund -15 C im Kern des KLT zurück.
Zum Donnerstag und Freitag würde der KLT dann über den Nordwesten und Westen
Deutschlands in der Folge zu den Alpen ziehen. Peripher seines Hebungsinputs
wären dabei leichte Niederschläge zu erwarten, zumeist in fester Phase. Abseits
des KLT wäre dann mit teils freundlichen, teils hochnebelartig bedeckten
Verhältnisse zu rechnen, ohne dass es gröbere Niederschlagssignale gibt.
Die Höchstwerte pendeln Tag für Tag je nach Bewölkungsverteilung und etwaiger
Niederschläge zwischen -2 und +6 Grad, sodass wenigstens regional immer mal mit
Dauerfrost zu rechnen ist.
Die Nächte verlaufen mit leichtem bis mäßigen Frost zwischen -1 und -8 Grad
durchweg frostig. Glätte spielt dabei regional eine Rolle, abhängig vom
Niederschlag am Tag und optionalen Auflockerungen in der Nacht.
Der Wind kommt durchweg mäßig bis frisch aus östlicher bis nordöstlicher
Richtung und frischt besonders im Kammniveau teils stark böig auf. Über der
Deutschen Bucht gewinnt der Ostwind ebenfalls an Kraft und kommt dort stürmisch
daher, zeitweise auch mit voller Sturmstärke, was vor allem Helgoland und die
Küstenabschnitte von der Flensburger Förde bis zur Lübecker Bucht betrifft
(sowie Rügen).
In der erweiterten Mittelfrist wäre einer Fortdauer der leicht wechselhaften
Witterung zu erwarten mit einer nächtlichen Frostverschärfung dank eines neuen
Bodenhochs, das sich u.a. über Deutschland etablieren und eine zarte Brücke mit
einer Antizyklone bei Grönland aufspannen soll.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der aktuelle EZ-Lauf weist zum Beginn (Montag/Dienstag) noch im Vergleich zu den
Vorläufen eine gute Konsistenz auf, wobei sich diese Aussage nur auf die
dominanten Druckgebilde bezieht, wie z.B. eine kräftige Antizyklone, die vom
Europäischen Nordmeer in Richtung Skandinavien wandert. Peripher dieser
Antizyklone vorhergesagte Höhentiefs/Kaltlufttropen über West- und Mitteleuropa
sorgen von Beginn an für erhebliche Sprünge zwischen den Läufen, was u.a. einem
Eintrag von Unsicherheiten aus der Kurzfrist in die Mittelfrist hinein
geschuldet ist.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist das erwartete split-flow Regime über Europa
mit einem schwachen Wellenzug, der in Richtung Mittelmeer gerichtet ist und
einem dominanten Polarfrontjet, der in Richtung Barentssee abgelenkt wird. Dabei
sorgt die kräftige Antizyklone über Skandinavien, entlang der antizyklonalen
Flanke des Höhenjets gelegen, für eine östliche Grundströmung, die irgendwo über
Mitteleuropa auf den südlichen Ast des split-flow Regimes trifft. Zusätzlich
erfolgt mit der Zeit eine retrograde Verlagerung dieser Antizyklone nach
Grönland, sodass ihr Einfluss sukzessive nachlässt. Die eh schon komplexe Natur
der Vorhersage von Höhentiefs/Kaltlufttropfen (KLTs) wird hierbei nochmal
erschwert durch die Frage, in welchem Regime sich welches Höhentief platziert,
um somit entweder nach Westen oder eher nach Südosten zu driften (oder
miteinander zu interagieren).
Zum Mittwoch nehmen auch die Diskrepanzen bei den dominanten Druckgebilden
weiter zu, sodass z.B. der neueste EZ Lauf zum Donnerstag einen ausgeprägten
Kaltlufttropfen über Deutschland erwartet, während in den Vorläufen hier noch
hohes Geopotenzial vorherrschend war. Auch diese Entwicklung kann bezüglich der
Unsicherheiten bis in die Kurzfrist verfolgt werden.
Entsprechend dieser Unsicherheiten kann zum Ende der Mittelfrist von keiner
ersichtlichen Tendenz mehr gesprochen werden.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Schaut man sich die anderen Globalmodelle an, dann ergibt sich kein
grundsätzlich anderes Bild, sodass die Aussagen der EZ Konsistenz auch auf den
Rest der Modellwelt übertragen werden können.
Was jedoch auffällt ist, dass sich die neue EZ Ausrichtung zum Donnerstag mit
einem dominanten Höhentief/KLT über Deutschland recht gut mit den übrigen
Modellen deckt (ICON eher über Benelux, UK10 in Richtung Norddeutschland
platziert und GFS diffus mit einer Art Dipolstruktur). Bei den meisten Modellen
ist dabei zum Donnerstag auch ein allgemeiner Druckfall niedertroposphärisch
auszumachen mit diffusen Signalen im Bodendruckfeld. Zum Ende der Mittelfrist
schwächt sich das Höhentief wieder ab und bei erneut fehlendem Abdruck im
Bodendruckfeld wandelt es sich wieder in einen KLT um, wobei eine zögernde
Ostverlagerung zu erwarten ist dank des nachlassenden Einflusses der Antizyklone
über Skandinavien.
Zusammengefasst kristallisiert sich ein wechselhafter Südwesten und ein eher
stabiler Nordosten heraus, wobei es zum Ende der Mittelfrist mit einer
Ostverlagerung des KLT auch im Nordosten zunehmend wechselhafter wird.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Wegen fehlender EZ Cluster (heutiger 00Z Lauf fehlt zum Zeitpunkt 11Z und es
fehlt auch der gestrige 12Z Lauf) entfällt die heutige Analyse der Cluster.
Die Meteogramme heben den insgesamt niederschlagsarmen Abschnitt hervor,
wenngleich es (mit hohen Unsicherheiten behaftete) Signale während der Passage
der Kaltlufttropfen gibt. Ansonsten ergeben sich beim Verlauf der Temperatur und
beim Wind nur geringfügige Änderungen.
Der HRES liegt besonders zum Ende teils im untersten Bereich der
Memberverteilung, was auch in den Rauchfahnen der 850 hPa Temperatur und des 500
hPa Geopotenzials zu erkennen ist. Spannend wird hier sein, ob der HRES mit als
erstes auf die Umstellung in der Stratosphäre reagiert, während die meisten
Member keine großartige Abkühlung andeuten und bei zunehmenden
Niederschlagssignalen eher auf eine Dominanz der westlichen Grundströmung
hindeuten. Wer wird da am Ende die Nase vorn haben?
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Die Mittelfrist weist nur geringes Potenzial für markante Wetterereignisse auf.
Der Wind frischt im exponierten Bergland zeitweise stürmisch aus Ost auf.
Markante Böen sind wenigstens zeitweise auch auf Helgoland und zwischen der
Flensburger Börde und der Lübecker Bucht sowie auf Rügen zu erwarten.
Regional kann markante Glätte durch Überfrieren nicht ausgeschlossen werden.
Inwieweit es lokal im Südwesten am Montag Chancen für markante Neuschneemengen
gibt ist noch sehr unsicher und wird in den Ensembleverfahren nur durch absolute
Spitzenwerte einzelner Member gezeigt.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, GEFS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy