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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 06.01.2025 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Zunächst teils schwerer Sturm, im Verlauf Schauerwetter, im Bergland Schnee und
Frost/Glätte. Ab Mittwoch regional Dauerregen oder starker Schneefall.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Aktuell … bleibt die Wetterlage spannend und kurzweilig. Denn unser
hochreichendes Tief BERND hat noch einige Trümpfe parat. Doch auch sein
Nachfolger ab Mittwoch will es so richtig wissen und kann für eine
Wetterüberraschungen sorgen. Kurz gesagt heißt es also weiter: Die
Wetterachterbahn läuft heiß!

Am heutigen Montag ist es Tief Bernd, der das Wetter in großen Teilen Europas
nachhaltig im Griff hat. Nach dem Start über den Britischen Inseln konnte sich
Bernd nun in die nördliche Nordsee vorarbeiten, um weiter Kurs auf die Südspitze
Norwegens zu nehmen. Gestützt wird Bernd in der Höhe von einem Höhentief
westlich von Schottland, ausgehend von welchem sich ein Trog von den Britischen
Inseln südwestwärts bis nach Nordwestafrika erstreckt. PVA heizt dabei bodennah
einen markanten Trog inklusive Kaltfront sowie weitere kurzwellige Anteile an.
Am Nachmittag hat der Bodentrog samt Kaltfront schließlich auf den Südwesten
übergegriffen. Vor allem vom Südwesten bis in die Mitte war die Luft zudem
potentiell labil geschichtet, sodass ausreichend Hebungsimpulse vorhanden waren.
Resultierend konnten sich kräftige Schauerstraßen bilden, die auf Deutschland
übergriffen und sich nordostwärts verlagerten. Während auf französischer Seite
auch noch einzelne Gewitter in die eingebettet waren, schafften die Schauer
hierzulande keine Entladung. Dennoch konnten zusätzlich zu dem schon kräftigen
Gradientwind auf der Süd- bis Südostflanke von Bernd auch noch Höhenwinde
heruntergemischt werden. Die Folge war eine Windverschärfung mit verbreitet Bft
9-10 sowie vereinzelt Bft 11. Da die Schauertätigkeit auch rückseitig der
Kaltfront nicht direkt zum Erliegen kommt und der Gradientwind weiter ordentlich
bläst, sind auch rückseitig weiter Bft 7-8, regional 9 zu verzeichnen. Am Abend
und in der Nacht soll sich der Windschwerpunkt bei leichter Abschwächung vom
Westen und der Mitte in den Nordwesten und Norden verlagern. Vor allem in
Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Teilen von Sachsen-Anhalt sowie
Mecklenburg-Vorpommern sollen aber weiter Sturmböen, vereinzelt auch schwere
Sturmböen auftreten. An der nordfriesischen Küste sind auflandig über die Nacht
hinweg auch orkanartige Böen wahrscheinlich. Teilweise können diese sich auch
auf das angrenzende Binnenland ausdehnen. Im Vergleich zu den gestrigen Vorgaben
konnte sich der Bodentrog weiter südlich amplifizieren und somit markanter
ausfallen. Gleichermaßen harmonierten Trog und Kaltfront besser zusammen und
konnten auch gut mit der PVA des Höhentroges interagieren. Resultierend kam es
stärkeren Hebungsimpulsen und Windspitzen, die auch weiter nach Süden
ausgriffen.
In der Nacht schiebt Bernd schließlich höhenkalte Luft in die Nordwesthälfte.
Entsprechend setzt eine kräftige Labilisierung ein, die schließlich in eine
auflebende Schauertätigkeit mündet. Da hinter der Kaltfront erneut maritime
Polarluft einfließt, sinkt auch die Schneefallgrenze wieder auf rund 500 bis 600
Meter ab. Durch die gute Durchmischung bleiben die bodennahen Temperaturen trotz
Werten von 0 bis -6 Grad in 850 hPa abgesehen von den Hochlagen im frostfreien
Bereich.

Dienstag … in kurz: windig bis stürmisch und unbeständig mit Schnee-,
Schneeregen- und Regenschauern. Und weiter prägt Tief Bernd dieses Wetter. Zwar
soll Bernd dann schon über Südnorwegen sitzen, sein Einfluss reicht jedoch bis
zu den Alpen. Auf dessen Südflanke liegt Deutschland in einer westlichen
Grundströmung mit der weiter maritime Luft polaren Ursprungs einströmt. In die
Strömung sind dabei wiederholt kurzwellige Anteile eingebettet. Gleichzeitig
kann sich in der Höhe richtig kalte Luft (-30 bis -40 Grad in 500 hPa) über
weite Teile des Landes ausbreiten. Entsprechend labil geschichtet kommt die
Troposphäre daher. Resultierend ist eine rege Schauertätigkeit zu verzeichnen,
die örtlich auch das eine oder andere Gewitter liefert. Bei Temperaturen in 850
hPa von -1 bis -7 Grad fällt etwa bis 500 Schnee. Da die gute Durchmischung
selbst in Hochlagen der Mittelgebirge Temperaturen um bzw. leicht über dem
Gefrierpunkt bringt, bleibt der Schnee allenfalls in Hochlagen liegen.
Entsprechend würde wohl meist eine Glättewarnung reichen. An den Alpen schleift
die Kaltfront noch etwas länger und sorgt dort etwa oberhalb von 800 Metern zu
längerem Schneefall, der sich vor allem über 1000 m auch gut akkumulieren kann.
Entsprechend wurde schon Schneewarnungen oberhalb von 1000 m geschaltet. Neben
dem Niederschlag bleibt auch der Wind ein Thema. Besonders ruppig geht es Norden
weiter, wo Tief Bernd anhaltenden Sturm produziert. Vor allem auflandig sind
erneut auch einzelne schwere Sturmböen dabei. Im restlichen Land weht es aber
mitunter auch spürbar. Vor allem in Schauernähe werden steife bis stürmische
Böen erreicht, wobei der Schwerpunkt vom Südwesten in die Mitte liegt. Auf den
höheren Bergen fegt schwerer Sturm bis Orkan.
In der Nacht zum Mittwoch soll die Schauertätigkeit und damit auch der Wind im
Binnenland nachlassen. Somit konzentrieren sich die Sturmböen und einzelnen
schweren Sturmböen auf die Gipfellagen und See. Dafür wird es von Frankreich her
wieder spannend. Während Bernd langsam an Einfluss verliert, zieht vom Atlantik
her mit Tief Charly schon neues Unheil auf. Dessen langgezogene Warmfront, die
über dem Golf von Biskaya beginnt zu wellen und modellabhängig eine
Randtiefentwicklung einläutet, schiebt sich näher an den Südwesten Deutschlands
heran, sodass die vorlaufende WLA schon auf den Südwesten übergreifen kann. Bis
Mittwochmorgen soll etwa die Regionen südlich des Mains von den
Aufgleitprozessen betroffen sein. Dabei fällt anfangs und je nach Region Schnee,
der in Regen übergeht. Da wir keine kalte Vorgeschichte haben, sollte
potentielles Glatteis lokal begrenzt, bevorzugt in Südostbayern auftreten.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch … macht sich Bernd aus dem Staub und überlässt das Feld Tief Charly.
Dieser wandert bis Donnerstagmorgen, gestützt von einem Höhentrog, der sich von
den Britischen Inseln südwärts bis den westlichen Mittelmeerraum erstreckt, vom
Seegebiet westlich der Britischen Inseln über Südengland und die südwestliche
Nordsee nach Westdeutschland. Auf der Vorderseite hat Charly analog zu Bernd
wieder eine Menge Warmluft subtropischen Ursprungs im Gepäck, mit der er vor
allem die Südhälfte und Teilen des Ostens flutet. Schneefall wird dabei zunächst
nur auf der kalten Seite etwas erwartet. Etwas größere Mengen Schnee sind in der
Nacht zum Donnerstag im Westen (NRW, N-RP) möglich. Ansonsten ist wohl häufig
die flüssige Phase Trumpf, was mit Blick auf die Temperaturen nicht
verwunderlich ist. Denn in 850 hPa steigen die Werte hinter der Warmfront auf 0
bis +7 Grad an, sodass die Höchstwerte am Mittwoch zwischen 2 und 10 Grad liegen
und die nächtlichen Tiefstwerte auf Donnerstag zwischen -3 in der Nordhälfte und
bis +8 Grad im äußersten Südwesten pendeln. Bei den Regenmengen auf der warmen
Seite steht im südwestlichen Bergland Dauerregen im Fokus. Gleichermaßen frischt
der Wind im Südwesten auf und erreicht zunächst im Bergland Sturm bis schweren
Sturm, in der Nacht sind dann auch in tiefen Lagen des Südwestens steife Böen
möglich.
Der Donnerstag ist zwar hier noch kein Thema verspricht aber Spannung pur. Auf
der Agenda stehen Dauerregen, Starkschneefall und Sturm – nur die räumliche
Einordnung ist derzeit noch nicht geklärt. Schauen wir also was die kommenden
Läufe so zeigen.

Modellvergleich und -einschätzung

Auch andere Globalmodelle simulieren die großskaligen Geopotential- und
Luftdruckstrukturen bis einschließlich Dienstag vergleichbar. Auch im Detail
gibt es nur geringe Abweichungen beim Timing und der Ausprägung von kurzwelligen
Anteilen und entsprechenden Schauerschwerpunkten.

Ab Mittwoch sind sich die Modelle weiter nicht ganz einig. Auch die neuen
Modellläufe bleiben ihrer Linie treu, sodass ICON weiter konträr zu GFS, IFS und
UK10 keine Randtiefentwicklung an der Warmfront des neuen Tiefs sieht und daher
grundsätzlich die Warmluft rascher und weiter nordwärts schiebt. Bis
Donnerstagmorgen wirkt sich dies aber nur geringfügig auf die Wetterentwicklung
hierzulande.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel