S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 02.01.2025 um 10.30 UTC

Am Sonntag markante Warmfrontpassage mit Schnee, nachfolgend in teils
gefrierenden Regen übergehend. Nach kurzer Milderung im Laufe der kommenden
Woche zumindest im Bergland wieder winterlicher, sonst nasskalt.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 09.01.2025

Im Namen des gesamten Teams wünschen wir unserer Leserschaft ein frohes und
gesundes Jahr 2025!

Bereits der Übergang von der Kurz- in die Mittelfrist hält eine brisante
Wetterlage für uns parat. So gleitet am kommenden Sonntag aus Südwesten eine
massive Warmfront auf die gerade erst gealterte eingeflossene Meeresluft
arktischen Ursprungs auf. Sie gehört zu einem Tief bei den Britischen Inseln,
dessen weit aufgespannter Warmsektor weite Teile Westeuropas umspannt und erst
westlich der Biskaya von der Kaltfront gefolgt wird. Immerhin hat nördlich und
östlich davon doch mal ein hochreichender kräftiger Kaltluftvorstoß bis runter
zum Schwarzen Meer stattgefunden.

So setzen bereits in der Nacht zum Sonntag aus Südwesten Niederschläge ein, die
bei gesättigten Profilen komplett unterhalb der 0°C-Isotherme zunächst als
Schnee fallen, dann im Verlauf aber immer mehr in Regen in übergehen, der über
einen längeren Zeitraum noch gefrierend ausfallen dürfte. Grund dafür ist eine
nach Südosten, Osten und Norden hin nur dürftig ausfallende Durchmischung und
eine präfrontal recht starke Rückdrehung des Windes auf Ost. Zum anderen liegt
in den Gebieten teils Schnee aus den Vortagen, wodurch die vorgelagerte
Kaltschicht an Qualität und Mächtigkeit nicht zu unterschätzen sein dürfte. Im
Falle einer nur sehr kurz andauernden Schneephase, sind unwetterartige Zustände
bezüglich eines ausgeprägten Eispanzers nicht ausgeschlossen. Insgesamt
entschärft aber der zunächst fallende Schnee die Situation, so dass wir
voraussichtlich von einer schlimmeren Unwetterlage (anders als noch vor rund 1
Jahr) verschont bleiben. In den zentralen und östlichen Mittelgebirgen können
durchaus 5 bis 10 cm Neuschnee binnen weniger Stunden fallen.
Bis zum Abend erreichen die Niederschläge auch den äußersten Nordosten, zugleich
klingen sie ganz im Südwesten in der milden Südwestströmung wieder ab. Eine
durchgreifende Milderung von NRW bis nach BaWü ist als sehr wahrscheinlich
einzustufen bei teils zweistelligen Höchstwerten. Nordöstlich davon bleibt es im
Dauerniederschlag auch dank Entzug von Schmelzwärme bei Temperaturen unweit des
Gefrierpunktes.

Am Montag zieht das Tief unter Vertiefung Richtung Küste Südnorwegens und
erreicht einen Kerndruck wohl nahe 960 hPa – ein ganz schöner Brummer also. Die
Kaltfront gelangt durch eine Wellenbildung über dem Löwengolf ins Schleifen,
womit wir mehrheitlich im Warmsektor verbleiben und sich nun auch im äußersten
Nordosten die Milderung durchsetzt. Durch die stramme Südwestströmung auch in
der Höhe stellt sich eine schwache Föhnlage ein. Rückseitig findet recht
effektive KLA von den Britischen Inseln Richtung Biskaya und Iberische Halbinsel
statt. Durch ein stationäres Tief bei Neufundland wird ein schmaler, aber sehr
weit nördlich ausgreifender Rücken, der bis nach Grönland und die Labradorsee
reicht, gefüttert. Damit ist der atlantische Einfluss vorerst gekappt und
zumindest die Rückkehr eines Berglandwinters nur eine Frage der Zeit. Bei sehr
milden 7 bis 14°C verläuft der Tag vielfach trüb, windig und zeitweise nass. An
der Nordsee und in den Bergen ist es teils stürmisch. Föhnbedingt sind längere
Auflockerungen am ehesten im Alpenvorland zu erwarten.

Am Dienstag wird das Tief über Mittelschweden achsensenkrecht und hat damit
seinen Höhepunkt überschritten. Die Kaltfront überquert Deutschland mit Bildung
einer Genuazyklone größtenteils bereits in der Nacht ostwärts. Die rückseitig
einfließende Meereskaltluft ist zwar arktischen Ursprungs, aber noch sehr weit
über die Norwegische See und den nahen Ostatlantik herumgeholt mit T850 um die
-5°C. Die Achse des Höhentroges, der mit hochreichender Kaltluft unter -35°C in
500 hPa angefüllt ist, liegt noch knapp westlich von uns, ein Bodentrog aber
genau über Deutschland. So ziehen bei wechselnder, meist aber starker Bewölkung
gebietsweise schauerartige Niederschläge durch, wobei die Schneefallgrenze auf
400 bis 600 m absinkt. Durchaus möglich, dass in den Bodentrog sogar ein
eigenständiges, kleinräumiges Tief eingelagert ist. Das erhöht die
Niederschlagsintensität und damit auch die Wahrscheinlichkeit für
vorübergehenden Nassschneefall bis in tiefe Lagen und nebenbei das Potential für
Wind- und Sturmböen an dessen Südflanke über der Südhälfte Deutschlands.

Am Mittwoch stößt die Trogspitze zum Balkan vor, während über Russland ein
massiver Warmluftvorstoß nordwärts stattfindet. Damit ergibt sich in Summe eine
immer mehr negativ geneigte Trogachse. Große Teile Deutschlands verbleiben dabei
im Trogbereich innerhalb hochreichend labil geschichteter Meereskaltluft. Die
Südwestflanke des Troges ist dabei aber ziemlich baroklin konzipiert, bodennah
hält sich im Südwesten Deutschlands aber voraussichtlich noch schwacher
Zwischenhocheinfluss. Sonst hält sich am Rande des Skandinavientiefs
wechselhaftes Schauerwetter mit Schnee und Graupel teils bis in tiefe Lagen,
wobei die Aktivität im Vergleich zum Vortag etwas reduziert ist. Im Südwesten
bleibt es weitgehend trocken. Die Höchstwerte liegen bei nasskalten 2 bis 6°C,
im höheren Bergland herrscht leichter Dauerfrost.

Am Donnerstag kann sich der Trog voraussichtlich durch einen kurzwelligen Anteil
nördlich von Schottland regenerieren. Unklar ist, ob eine flache Welle über
Frankreich und dem Alpenraum für unser Wetter relevant wird. In diesem
Zusammenhang könnte es zu meist leichten Schneefällen in Süddeutschland kommen.
Regen-, Schnee und Graupelschauer bleiben vor allem in der Nordhälfte ein Thema.
In den Nächten muss verbreitet mit Frost und örtlich Glätte durch überfrierende
Nässe gerechnet werden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Angesichts der komplexen Lage ist die Konsistenz durchaus beachtlich. Das
Übergreifen einer Warmfrontwelle, die im gestrigen 9z Lauf am kommenden Mittwoch
noch recht weit nördlich über NRW und RPL angesetzt hat, ist in den jüngsten
Läufen unwahrscheinlicher geworden.

Auch bei Übergang in die erweiterte Mittelfrist bleibt ein neuerlicher
Warmluftvorstoß aus Südwesten weiterhin im Programm, allerdings unter einer
nordwestlichen Höhenströmung, wodurch das Ablösen einer Warmfrontwelle mit
erhöhten Wahrscheinlichkeiten für die mehr feste denn flüssige
Niederschlagsphase festzuhalten bleibt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Das amerikanische GFS hat am Montag eine dipolartige Struktur des Nordseetiefs
im Programm, was letztlich die nachfolgende Kaltfront noch weiter zeitlich und
räumlich verzögern würde. Auch das Sturmfeld könnte im Nordwesten dadurch noch
etwas giftiger ausfallen, momentan ist aber ein nicht allzu dramatisches
Szenario mit verbreitet Bft 7-8, exponiert 9 Bft am realistischsten.

Nachfolgend hat das GFS auch kleinere polar-low ähnliche Gebilde im Trogbereich
für die Wochenmitte auf dem Schirm, die übrigen Modelle zumindest recht scharfe
Kurzwellentröge. Das könnte den ein oder anderen kräftigeren Flockenwirbel mit
angematschten Verhältnissen bis „ganz runter“ bringen.

Bezüglich der Welle am Mi/Do hat sich die südlichere Variante vom IFS auch bei
der Mehrzahl der anderen Globalmodelle durchgesetzt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Bei den Plumes wurden die Unsicherheiten bezüglich Temperatur und Geopotential
über der Nordhälfte des Landes in der gesamten Mittelfrist inzwischen nahezu
vollständig getilgt. Anhand der Standorte Freiburg und München finden sich ab Mi
aber noch zahlreiche milde Lösungen mit T850 hPa bis +10°C. Dort hat auch der
Hauptlauf keine Mehrheit als kalte Lösung, womit diese Entwicklung noch weiter
abgewartet werden muss.

Nennenswerte und durchgreifende Niederschlagspausen finden sich kaum, wenngleich
die Raten mit Ausnahme der Warmfrontpassage am Sonntag aufgrund des
Schauercharakters nächste Woche eher gering sind im wenige mm-Bereich binnen 24h
sind.

CLUSTER:
Das Regime der Troglage über Nord- und Mitteleuropa und dem atlantischen Rücken
ist unstrittig. Vor allem Cluster 2 von 4 will weiterhin eine recht intensive
und weit nördlich ansetzende Welle zur Wochenmitte, Cluster 3 noch an Ansätzen.
Beide zusammen repräsentieren etwa die Hälfte aller Member, was die Unsicherheit
verdeutlicht.

In der erweiterten Mittelfrist sind derzeit nahezu alle gängigen Regime
vorstellbar und eine genauere Bewertung noch nicht möglich.

FAZIT:
Am Sonntag markante Warmfrontpassage aus Südwesten mit massivem Aufgleiten und
zäher Kaltluftschicht am Boden. Folglich einsetzende Schneefälle, in Regen
übergehend und teils über mehrere Stunden hinweg gefrierend anhaltend mit
erheblicher Glatteisgefahr (Unwetter nicht ausgeschlossen). Nachfolgend
deutliche Milderung zum Wochenstart bei zweistelligen Höchstwerten. Bis zur
Wochenmitte dann wechselhaftes und windiges Schauerwetter. Dann wieder
Temperaturrückgang, im Flachland zunehmend nasskalt, im Bergland winterlich.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

SCHNEE:
Für Mengen bis in den markanten Bereich reichen die Warmfrontschneefälle und
auch die nachfolgenden Schauer aller Voraussicht nach nicht aus. Der EFI springt
zumindest für die zentralen Mittelgebirge etwas an. In den EPS liefert der
Median meist um 5 cm, das Maximum vom IFS immerhin bis 15 cm, das Max von
ICON-EU und COSMO-LEPS sogar an die 30 cm, was aber übertrieben erscheint.

GLATTEIS:
Beginnend mit der Nacht zum Sonntag deutet vieles auf eine großräumige,
mindestens mal markante Glatteislage über Deutschland hin beim Übergang von
Schnee in Regen. Den äußersten Nordosten erreichen die Niederschläge erst ab
Sonntagabend. Ob sich gar eine Unwetterlage zusammenbraut, hängt entscheidend
davon ab, wie mächtig die bis dahin aufgebaute Kaltluftschicht sein wird und wie
lange die Schneephase mit Einsetzen der Niederschläge anhält.

DAUERREGEN/TAUWETTER:
Am Sonntag und Montag sind im Verbund mit Tauwetter in den Südweststaulagen der
westlichen Mittegebirge, des Schwarzwaldes sowie von Harz und Thüringer Wald
abflussrelevante Summen um 30 l/qm binnen 24 Stunden nicht ausgeschlossen.

STURM:
Nahezu im gesamten Mittelfristzeitraum treten vor allem an der Küste und im
höheren Bergland immer mal wieder einzelne Sturmböen (Bft 8-9) auf. Ein Maximum
zeichnet sich am Montag ab, an dem auch größere Landesteile in der Westhälfte
betroffen sein dürften – zumindest von steifen bis stürmischen Böen (Bft 7-8)
aus Südwest. Dann geht auch der EFI auf über 0.5 bei positiver SOT. Ein
markantes oder gar unwetterartiges Sturmevent droht aber voraussichtlich nicht.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen