#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Sonntag den 29.12.2024 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 291800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.12.2024 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Zunehmend unbeständiger und windiger, ab dem Jahreswechsel mit Südweststurm.
Zuvor in der Mitte und im Süden Frost und Glätte, lokal Glatteis.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
Aktuell … können die Hochs HERWIG und GÜNTHER, die eine Hochdruckzone vom
Atlantik bis zum Schwarzen Meer aufspannen, die Frontalzone noch auf Abstand
halten. Doch durch die zahlreichen Tiefentwicklungen entlang der
Luftmassengrenze, die sich vom Nordatlantik über Schottland und Dänemark bis zum
Baltikum erstreckt, kann die Frontalzone den Hochs langsam aber sicher Gebiete
klauen und sich südwärts schieben.
Bis Silvester (31.12) wird das IFS-EPS auch noch komplett von der Wetterlage Wa
für West antizyklonal geprägt, was übersetzt bedeutet, dass die westliche
Grundströmung durch die Hochs noch ausreichend antizyklonal geprägt ist. Doch
wenn man in die Details blickt, so trifft diese Einschätzung nur noch in Teilen
auch für Deutschland zu und ist vielmehr ein Grundmuster für Europa und den
Atlantik. Ab den Neuen Jahr soll sich die Wetterlage schließlich etwas
umstellen. Anstatt aus Westen sollen dann überwiegend nordwestliche Winde
vorherrschen, die je nach EPS-Lauf zyklonal oder antizyklonal geprägt sind.
Doch zunächst zurück zum heutigen Sonntagabend und der Nacht zum Montag. In
jenem Zeitraum wandert ein kleines Tief von den Shetland Inseln nach
Südnorwegen, wo es vom steuernden Tief geschluckt wird. Durch die Entwicklung
kann sich über der Nordsee und Dänemark sowie schließlich auch den Norden
Deutschlands der Gradient verstärken. Einhergehend lebt der wind im Umfeld von
Nord- und Ostsee auf und produziert erste Windböen der Stärke 7. Ob sich die
warnwürdigen Böen der Stufe 1 schon in der Nacht zum Montag soweit ins
Binnenland schieben, wie es die Warnungen vorgeben, muss abgewartet werden.
Grundsätzlich bilden die Warnungen bis Montagmittag aber die Ergebnisse der
Modelle und der probabilistischen Produkte großzügig aber ordentlich ab.
Das restliche Land ist aber weiter in den Fängen von Hoch GÜNTHER II. Allenfalls
eine schwache, sich zunehmend auflösende Kaltfront, die vom Westen bis in den
Nordosten quer über dem Norden und Nordwesten Deutschlands liegt mischt das
Geschehen etwas auf. Grundsätzlich bleibt aber die Grenzschichproblematik
zunächst erhalten. Wie sich diese im Detail entfaltet und wie man dieser evtl.
entkommt, kann gerne meinem Vorredner entnommen werden. Hier möchte ich nur kurz
auf potentielle, warnwürdige Phänomene nochmals genauer eingehen.
Demnach kann die schwächelnde Kaltfront zwar keine signifikanten Niederschläge
auslösen, die Hebungsimpulse reichen aber aus die Hochnebeldecke zu heben und so
Sprühregen auszulösen. Solange sich dieser im Norden und Nordwesten befindet ist
dieser zwar unangenehm aber nicht weiter tragisch. Im Mittelgebirgsraum sieht
dies jedoch anders aus. Dort sind die Temperaturen aufgrund des Dauergraus im
Frostniveau geblieben, sodass auch der Boden auskühlen konnte. Am Abend sprüht
es vor allem in Hessen und NRW vor sich hin, wobei dieser im Rothaargebirge und
in Hessen gefrieren kann. Da sich die stündlichen Mengen bisher nur bei 0,0 bis
0,1 befanden, sollte die ausgegebenen gelbe Grundwarnung vor Glätte ausreichen.
In der Nacht kann sich der Sprühregen aber weiter ausdehnen (HE, RP, SL, BW, BY)
und gebietsweise auch an Intensität zunehmen, sodass streckenweise eine
Okker-Warnung vor gefrierendem Regen möglich ist.
Zudem kann auch über die Nacht hinweg regional sogenannter Industrieschneefall
auftreten, der tagsüber schon Teile von Offenbach und Frankfurt angezuckert hat.
Montag … bleibt die Wetterlage noch beständig. Während der Süden weiter die
Grenzschichtproblematik vorgesetzt bekommt, gelangt der Norden in den
Einflussbereich des neuen Randtiefs GINETTE I, welches von Schottland in die
südliche Ostsee zieht. Die Passage des Tiefs über Dänemark wird dabei gegen
Abend (18 UTC) erwartet. Einhergehend sollte der Wind ab dem Mittag im Norden
aufleben und den Höhenpunkt am späten Nachmittag und Abend erreichen. Dabei sind
im direkten Umfeld von Nord- und Ostsee sowie allg. in der Nordhälfte
Schleswig-Holsteins stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8-9) zu erwarten. Im
angrenzenden Binnenland treten voraussichtlich noch Windböen (Bft 7) auf. Auch
für dieses Windereignis wurden die Warnungen schon ausgegeben und bilden weiter
die Potentiale recht gut ab. Allenfalls die Laufzeit wurde nach den neusten
Berechnungen etwas zu kurz gewählt, sodass eine Abschlusswarnung recht sicher
ist. Neben der Küstenregion sticht wie so oft auch der Brocken wieder heraus und
wurde mit einer Sturmwarnung versehen. Aus diabatischer Sicht ändert sich im
Norden nichts. Um es in den Worten der Frühübersicht zu sagen, wird der gesamte
Norden, aber auch große Teile Westdeutschlands mit einer vergleichsweise milden
(Anstieg T850 auf 4 bis 8°C), vor allem aber feuchten und wolkenreichen (tiefe
Bewölkung mit Obergrenze bei rund 900 hPa) maritimen Subtropikluft (mSp)
versorgt. Hebungsprozesse für potentiellen, sifnifikanten Niederschlag gibt es
allenfalls in der Nacht zum Dienstag, wenn der Frontenzug den Norden von
Schleswig-Holstein tangiert und dort etwas Regen produziert.
Wie dicht die Nebelsuppe in der Südhälfte ist und wo es die Möglichkeit auf
etwas Sonnenschein gibt kann wieder im Detail der Frühübersicht entnommen
werden. Recht sicher scheint jedoch, dass auch in der Nacht zum Dienstag in der
Südhälfte bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt verbreitet eine Frost- und
eine Glättewarnungen ausgegeben werden muss. Die Glättewarnung würde dann sowohl
das Potential für Reif und geringem gefr. Sprühregen abbilden. Ob es erneut
lokal zu einer Okker-Warnung vor gefr. Regen reicht, kann derzeit nicht
abschließend erörtert aber gleichermaßen nicht ausgeschlossen werden.
Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC
Dienstag … steht dann im Zeichen von Tief GINETTE II, welches sich von
Schottland zum Baltikum bewegt und aufgrund der eigenen Stärke auch ein
ordentliches Sturmfeld im Schlepptau hat. Da es weiter gewisse Unschärfen
bezüglich der Konfiguration, Zugbahn und des Timings des/der tief(s) gibt, soll
hier die synoptische Entwicklung nicht im Vordergrund stehen, sondern
entsprechend der neusten Berechnungen vor allem ein Blick auf das Warnwesen
gerichtet werden. Die Rahmenbedingungen können erneut der lockeren, gut lesbaren
und genauen Schilderungen der Frühübersicht entnommen werden.
Auch an Silvester und vor allem in der Silvesternacht steht erneut der Wind im
Fokus. Durch eine weitere Gradientverschärfung legt auch der Wind noch eine
Schippe drauf. Demnach sollen in der Silvesternacht vom Münsterland und
Ostwestfalen bis nach Mecklenburg-Vorpommern sowie nordwestlich davon stürmische
Böen oder Sturmböen auftreten. Im Küstenumfeld sowie teils auch bis ins
angrenzende Binnenland hinein sind schwere Sturmböen wahrscheinlich. Auf den
Inseln und auflandig in Nordfriesland sind auch einzelne orkanartige Böen
möglich. Südlich des geschilderten Bereichs sind stürmische Böen oder Sturmböen
allenfalls im höheren Bergland zu erwarten, wobei in einzelnen Gipfellagen auch
schwere Sturmböen bis Orkanböen in Aussicht stehen. Sonst weht der Wind in der
Mitte in Böen stark bis steif (Bft 6-7). Der Süden bekommt von dem Geschehen
abseits der Berge noch nichts von dem Theater mit. Der zunehmende Wind sorgt
jedoch auch dort für mehr Durchmischung, sodass vom Süden bis nach
Mitteldeutschland die Sonne wieder größere Chancen bekommt. Mit dem Abschied des
Dauergraus sagt auch der Dauerfrost vielerorts adieu. Allenfalls in Ostbayern
gibt es neben einigen höheren Berglagen noch Regionen, die es nur zögerlich aus
dem Frost schaffen. Auch nachts ist im Süden eine Frostabschwächung zu
verzeichnen. Neben dem Wind und den Temperaturen sollen auch ein paar Sätze auf
die aufziehenden Niederschläge entfallen. Ab dem Nachmittag greift die
Frontalzone als Kaltfront schleifend auf den Norden über, was tagsüber noch
kaum, nachts dann aber vermehrt Regen zur Konsequenz hat, der sich langsam
südwärts ausbreitet. Wie weit sich der Niederschlag südwärts ausbreiten kann ist
weiter nicht klar. Die neusten Berechnungen zeigen am Neujahrsmorgen etwa ein
Linie Aachen-Marburg-Cottbus, die somit etwas südlicher liegt als noch am Morgen
notiert. Da die Mengen nirgends einen warnwürdigen Charakter annehmen, soll hier
nicht weiter auf diese eingegangen werden.
Modellvergleich und -einschätzung
Grundsätzlich simulieren die Global- und Regionalmodelle die großskaligen
Geopotential- und Luftdruckstrukturen vergleichbar ab. Im Detail gibt es aber
durchaus Unterschiede, die sich auch auf das zukünftige Warnmanagement auswirken
können. Demnach werden das Randtief am Montagabend und in der Nacht zum Dienstag
sowie auch GINETTE II in der Silvesternacht bezüglich der Intensität und
räumlichen Verlagerung leicht abweichend gezeigt. Beim ersten Randtief weist das
ICON die schwächste und IFS die stärkste Entwicklung/Intensität auf. Dafür zeiht
das Tief beim ICON derzeit etwas südlicher als beim IFS. Insgesamt gibt es also
noch etwas Spielraum bei der Entwicklung des Sturmfeldes. Bei GINETTE sind
gleich mehrere kleine Tiefs im Spiel. Die genaue räumliche Einordnung hat dabei
durchaus Einfluss auf den Gradienten und somit die Sturmentwicklung. Vor allem
beim IFS sorgt ein Randtief für etwas Auffächerung und daher einer
Gradientabschwächung, während das ICON und UK10 mit einem nördlicheren Tief eine
glatte Westdröhnung aufweisen. Dafür zeigt das IFS eine raschere Entwicklung mit
einem etwas früherem Sturmmaximum.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel