S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.12.2024 um 10.30 UTC

Eher milde und windige West- bis Nordwestlage, zeitweise winterlich nur im
Bergland und an den Alpen.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 23.12.2024

Die Mittelfrist ist gekennzeichnet durch eine zumeist zyklonale gefärbte
Westlage mit vorübergehendem Nordwesteinschlag (W bis NW z). Das bedeutet nicht
nur unbeständiges und windiges, sondern auch ziemlich mildes Wettergeschehen bis
inklusive Weihnachten. Die vorübergehend vorstoßenden Luftmassen polaren
Ursprungs haben einen durchweg maritimen, gut durchmischten Charakter und sind
demnach „zahnlos“ und stark erwärmt, sodass Schneefall inklusive nennenswerter,
nicht direkt wieder abtauender Schneedecke wohl nur auf das Bergland und
insbesondere den Alpenrand beschränkt bleibt. Allerdings kann es je nach Timing
und vorangegangener Auskühlung zumindest regional auch mal die gefrierende
Niederschlagsphase geben. Dahingehend scheint man vor allem den Beginn der
nächsten Woche und Heiligabend (ab 23.12.) im Auge behalten zu müssen. Eine
landesweite oder gar schwere Sturmlage scheint nach aktuellem Stand
unwahrscheinlich. Regional und bevorzugt im Bergland sowie an den Küsten sind
aber zeitweise Sturmböen anzunehmen.

Zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag starten wir noch mit einer relativ stark
mäandrierenden Frontalzone. So folgt einem breit angelegten, nach Osteuropa
abziehenden Rücken ein recht scharfer, sich zugleich aber auch stark
amplifizierender Trog, der ab der zweiten Tageshälfte von Nordwesten her auf
Deutschland übergreift. Am Rande des hochreichenden steuernden Zentraltiefs über
Nordskandinavien schwenkt ein Randtief von Südengland über die südliche Nordsee
und Jütland zur Baltischen See. Die rückseitig in einen scharfen Bodentrog
eingebettete Kaltfront zieht im Laufe der zweiten Tageshälfte südostwärts über
das Deutschland hinweg. Postfrontal fließt eine labile, maritime Polarluft ein
(T850 auf rund -5 °C absinkend).
Am Freitag zieht der Trog langsam nach Osten durch. Ihm folgt ein flacher
Rücken, der im Bodenfeld einen nach Süddeutschland gerichteten Hochkeil stützt.
Dabei beginnt die eingeflossene Polarluft zögerlich zu stabilisieren.
Am Samstag folgt nochmal ein kurzwelliger Trog, der mit einer sich langsam
auflösenden Okklusion korrespondiert. Dahinter zonalisiert die Strömung über
Westeuropa und dem Nordatlantik allerdings, was durch einen zunächst kaum
mäandrierenden, markanten und nach Westeuropa gerichteten Jet-Streak
gekennzeichnet wird. Am linken Ausgang des Jets kann sich ein Sturmtief
entwickeln, was zum Nordmeer zieht und die Funktion eines Zentraltiefs
übernimmt. Der Hochkeil über Süddeutschland wird dabei nach Südosten verdrängt.
Das mit dem Zentraltief verbundene, von Nordwesten übergreifende Frontensystem
okkludiert zwar bereits, dennoch wird ein Schwall milderer Atlantikluft
herangeführt (T850 auf rund +2 Grad ansteigend).
Am Sonntag und Montag kann sich über dem Nordatlantik wieder ein breiter Rücken
aufwölben. Dieser greift auf Westeuropa über und führt stromab zu Ausbildung
eines Troges der zügig über Deutschland ins östliche Mitteleuropa geführt wird.
Rückseitig wird aus Nordwesten erneut ein schwall labiler und maritimer
Polarluft herangeführt (T850 wieder auf rund -5 °C absinkend).
In der erweiterten Mittelfrist ab Dienstag (Heiligabend) liegt Deutschland
zwischen dem langsam nach Osteuropa zurückgedrängten Langwellentrog und einem
breiten, umfangreichen Rücken über dem nahen Ostatlantik und Westeuropa. In der
recht kräftigen nordwestlichen bis westlichen Strömung setzt die Advektion eher
wieder deutlich milderer Luft ein.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Dem IFS kann eine insgesamt gute Konsistenz bescheinigt werden, auch wenn sich
zwischen den letzten Modellläufen vor allem ab dem kommenden Wochenende
(21./22.12.) zunehmend Unterschiede in Phase und Ausprägung des
Trog-Rücken-Musters ergeben. Am generellen Fahrplan muss allerdings dadurch
nicht gerüttelt werden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die anderen an dieser Stelle üblicherweise betrachteten Modelle zeigen keine vom
IFS signifikant abweichende Szenarien. Erwähnenswert ist, dass GFS das Randtief
am Donnerstag etwas schwächer rechnet, als IFS, ICON und UK10. Dafür simuliert
GFS (und UK10) den vorweihnachtlichen Polarluftvorstoß am Sonntag und Montag
etwas kräftiger, was die Chancen auf Schnee bis in tiefe Lage etwas erhöht.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des IFS-EPS zeigen das für eine zyklonale Westlage typische Auf
und Ab der Temperatur und des Geopotenzials. Bis einschließlich Sonntag sind die
Member zudem auch gut gebündelt, sodass es auch bezüglich des Timings kaum
Zweifel gibt. Erst ab Montag weiten sich die Rauchfahnen deutlich auf. Unsicher
scheint wohl zu sein, wie zügig sich zu Weihnachten erneut Warmluft durchsetzen
wird. Während die Mehrheit der Member eine Erwärmung bereits im Laufe des
Montags sehen, rechnet eine nicht zu vernachlässigende Anzahl den Dienstag
(Heiligabend) noch kühl. Der deterministische Lauf nimmt eine sicherlich nicht
unwahrscheinliche Mittelposition ein. Dass die Warmluft kommt, scheint aber
ziemlich sicher, nur sehr wenige Member lassen einen neuerlichen Wärmebuckel
komplett vermissen.

CLUSTER:
Wir starten im Zeitraum +72-96 h (Do-Fr) mit 3 Clustern, in denen ganz klar das
Regime NAO+ dominiert. Nennenswerte Unterschiede ergeben sich mit Blick auf
Deutschland nicht.
Auch im Zeitraum +120-168 h (Sa-Mo) ist NAO+ das Maß aller Dinge. Alle 4 Cluster
rechnen einen neuen Trogvorstoß. Timing und genaue Ausprägung des Troges
variieren nur leicht.
Im Zeitraum +192-240 (Di-Do) wird die Geschichte dann deutlich volatiler.
Cluster 1 und 2 (16+15=31/51 Member) verbleiben im NAO+ Regime. Der vom Atlantik
auf Europa übergreifende Rücken ist ziemlich flach, sodass sich über Deutschland
eine westliche bis nordwestliche Strömung ergibt, mit der wohl eher wieder milde
Luftmassen herangeführt werden. In Cluster 3 und 4 (12+8=20/51 Member) wölbt
sich der Rücken über dem Atlantik bzw. Westeuropa stärker auf und beginnt über
Skandinavien Tuchfühlung mit dem Rücken über Nordwestrussland aufzunehmen.
Dadurch erfolgt ein Übergang zum BLOCKING-Regime. Vor allem Cluster 4 dürfte mit
einer Potenzialbrücke über Nordeuropa und einem bereits über Mitteleuropa
abtropfenden Trog die Hoffnungen auf zumindest ansatzweise winterliches Wetter
noch etwas nähren. Die Wahrscheinlichkeit (8/51 Member) ist aber doch arg
limitiert.

FAZIT:
In der Mittelfrist stellt sich eine zyklonale West- bis Nordwestlage ein die
eher mildes, windiges und allenfalls im Bergland und an den Alpen zeitweise
winterliches Wetter bringt. Ob sich der vorweihnachtliche Kaltluftvorstoß bis
zum Weihnachtsfest oder gar über die Feiertage hinwegrettet, ist äußerst
fraglich. Deutlich wahrscheinlicher ist ein neuerlicher Warmluftvorstoß, bei dem
es sogar dem Schnee im Bergland an den Kragen gehen könnte.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag sind bevorzugt mit Kaltfrontpassage
stürmische Böen bis in tiefe Lagen möglich (mit Ausnahme des Südostens). Im
Bergland und an der See muss mit Sturmböen gerechnet werden, exponiert sind
schwere Sturmböen, auf Berggipfeln je nach Höhenlage orkanartige Böen oder
Orkanböen zu erwarten.
Nach vorübergehender Windabschwächung wird es ab Samstag (bis weit in die
nächste Woche hinein) bevorzugt an den Küsten und im höheren Bergland wieder
zeitweise stürmisch.

DAUERREGEN:
Am Donnerstag kann es im Zuge des Randtiefs und einer eventuell vorübergehend
schleifenden Kaltfront etwas kräftiger regnen. In Weststaulagen der
Mittelgebirge sowie nahe der Spur des Tiefs (Nordwesten/Norden) ist Dauerregen
(>25 mm/12 h) gering wahrscheinlich.

SCHNEE:
Im Laufe des Donnerstags und am Freitag sinkt in der postfrontal einfließenden
Polarluft die Schneefallgrenze bis in mittlere, örtlich sogar bis in tiefe Lagen
ab. Aufgrund des maritimen, gut durchmischten Charakters der Luft ist mit einer
nennenswerten Schneedecke aber eher in Lagen oberhalb von 400-600 m zu rechnen.
An den Alpen sind staubedingt länger anhaltende und markanten Schneefälle mit
Neuschneemengen von 10-20 cm wahrscheinlich.
Nach einem kurzen Warmlufteinschub ist im Laufe des Sonntags und am Montag
erneut mit Schneeschauern bis in tiefere Lagen zu rechnen. Die
„Liegenbleibgrenze“ dürfte aber wieder um einiges höher liegen, in
Nordweststaulagen der (östlichen) Mittelgebirge und an den Alpen kann es wieder
zu markanten Neuschneemengen kommen.

GLATTEIS:
Ab Montagabend und zum Heiligabend deutet sich eine markante Warmluftpassage an.
Je nach Timing und vorangegangener Auskühlung ist nach anfänglicher Schneephase
auch gefrierender Regen und Glatteis möglich. Dies ist aber noch sehr unsicher!

GEWITTER:
Mit Trogpassage ist in der zweiten Tageshälfte des Donnerstags sowie am Freitag
von Nordwesten her mit einzelnen Graupelgewittern zu rechnen. Dabei können
stürmische Böen nicht ausgeschlossen werden. Ähnlich sieht das am Sonntag und
Montag aus.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser