#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Sonntag den 08.12.2024 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 081800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.12.2024 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
„High-over low“ – vergleichsweise unspektakulärer Wochenstart mit leichten
Niederschlägen, an der See lebhafter Nordostwind.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
Aktuell … hat der Wind in Deutschland gegenüber gestern eine 180°-Wende aufŽs
Parkett gelegt – klares Zeichen, dass sich die Großwetterlage deutlich geändert
hat. Tief XAVERIA (int. Darragh), auf dessen Vorderseite wir den gestrigen
Samstag verbracht haben, ist über Zentralfrankreich mittlerweile zu einem
Rudimentärwirbel vierter Klasse verkommen, der – glücklicherweise möchte man vor
dem Hintergrund der Geschehnisse in Westeuropa hinzufügen – keinen weiteren
Schaden mehr anrichtet. XAVERIA wird im Laufe der Nacht zu einem Randtrog
mutieren, der auf die Pyrenäen zuläuft, bevor sie ganz von der Bildfläche
verschwindet.
Die Hauptrolle auf der europäischen Wetterkarte haben inzwischen das atlantische
Monumentalhoch ERNST sowie eine quasistationäre hochreichende Zyklone mit
Drehzentrum über Mittelitalien und der Adria übernommen. Das Hoch, heute Abend
immerhin mit über 1040 hPa im inneren Bereich ausgestattet, wird von einem
fetten Potenzialrücken gestützt, der weite Teile des Ostatlantiks überdeckt und
sich wie das Bodenhoch auch bis zum Europäischen Nordmeer erstreckt. Von dort
werden beide bis Montag südostwärts schwenken, dabei Südskandinavien okkupieren
und am Ende eine Brücke zum Russlandhoch DUSTIN schlagen. Deutschland liegt
genau zwischen den beiden Systemen („high-over-low“) in einer nordöstlichen
Grundströmung, mit der feuchte und gerade mal mäßig kalte Luftmassen
(Rückwärtstrajektorien lassen auf eine Herkunft vom Balkan respektive dem
Schwarzmeerraum schließen) zu uns gelangt (T850 am Montag 06 UTC zwischen -2 und
-6°C).
In der Nacht zum Montag verschärft sich der Druckgradient im Norden etwas, was
vor allem an den Küsten von Nord- und Ostsee einen spürbar auffrischenden
Nordostwind mit steifen bis stürmischen Böen 7-8 Bft zur Folge hat. An der
Ostsee sind an exponierten Stellen auch ein paar glatte Sturmböen 9 Bft möglich.
Hinzu kommt der andauernde Nordost-Fetch, der das Wasser vor allem in die
südwest-nordost-exponierten Buchten drückt und dabei für erhöhte Wasserstände
sorgt. Für die Lübecker Bucht ist für Montag sogar ein Sturmhochwasser mit
Abweichungen von ca. 100 bis 125 cm gegenüber dem mittleren Wasserstand
vorhergesagt.
Wettertechnisch kommt es im Süden ausgehend vom Italientief zu leichten, aber
kontinuierlichen Aufgleitprozessen, die vor allem südlich der Donau, in BaWü
aber auch deutlich nördlich des Flusslaufs von Ost nach West ausweitend für
Niederschläge sorgen. Oberhalb etwa 600 m (je nach Intensität +/-) fallen 1 bis
5, in höheren Lagen teils um oder etwas über 10 cm Schnee.
Weiter nördlich, vornehmlich in der östlichen Mitte sowie im Nordosten, kommt es
ebenfalls zu zeitweiligen Niederschlägen, bei denen sich die Phasenbestimmung
als etwas tricky erweist. Auslöser ist ein kleines, von Polen übergreifende
Höhentief, das Züge eines Kaltlufttropfens aufweist (PVA/NVA-Pärchen,
rückseitige WLA). Im Tiefland fällt bei positiver Luft- und Belagstemperatur
durchweg Regen oder Nieselregen, in Vorpommern gebietsweise etwas über 5 l/m².
Diffiziler sieht es in den Hochlagen der Mittelgebirge aus, wo Luft und Beläge
z.T. leicht negativ temperiert sind. Da die vertikale Durchfeuchtung der Luft
zunächst limitiert ist und die Temperatur an der Wolkenobergrenze höher als
-10°C liegt, mangelt es an Eiskeimen. Der Niederschlag dürfte dort also zunächst
als gefrierender Nieselregen fallen, auch wenn Schneegriesel freilich nicht
kategorisch ausgeschlossen werden kann. Im Laufe der Nacht nimmt die vertikale
Durchfeuchtung der Luftmasse weiter zu, so dass – vielleicht sogar initiiert
durch Seeder-Feeder-Effekte (Schneeflocken fallen in feuchte und unterkühlte
Grundschicht) – die Wahrscheinlichkeit für Schneegriesel oder „normalen“
Schneefall zunimmt. Insbesondere im Harz stehen die Chancen gar nicht schlecht,
dass bis Montagmittag oberhalb 500 bis 600 m 5 bis 10 cm, im Nordoststau lokal
vielleicht bis zu 15 cm Neuschnee zusammenkommen.
Montag … füllt sich das Tief über Südeuropa etwas auf bei gleichzeitiger
Verlagerung nach Westen bzw. Nordwesten. Am Tagesende dürfte das Drehzentrum des
Höhentiefs so gerade das Ligurische Meer erreichen. Derweil setzen sich die
Expansionsgelüste des Kollegen ERNST über Südskandinavien in Richtung Osten
fort. Für uns ändert sich dadurch nicht viel. Der mitunter böig auflebende, im
Norden lebhafte und an der Küste teils stürmische Nordostwind serviert uns
bodennah nach wie vor feuchte und mäßig kalte Luftmassen (erwärmte Polarluft
xPs), in der die Wolkendecke nahezu geschlossen bleibt. Das Höhentief hat
inzwischen die Form eines kleinen Sekundärtroges angenommen, der westwärts über
den Vorhersageraum hinwegzieht und in den Mittagsstunden bereits Benelux sowie
Nordostfrankreich erreicht. Auf der Rückseite gelangt eine Schliere
niedertroposphärisch milderer Luft in den Norden, in der T850 auf Werte um 0°C
ansteigt. Im Süden dagegen wird das Niveau von -4 bis -7°C gehalten.
Der an den Sekundärtrog gekoppelte Hauptniederschlag verlagert sich noch am
Vormittag in den Westen und Nordwesten, bevor er ganz rauszieht. Rückseitig
kommt es aber wie im Süden zu weiteren zeitweiligen Schnee- und Regenfällen
meist leichter Intensität. Neben der Südwestseiten der Mittelgebirge (Leeeffekt)
stechen die Gebiete zwischen Main und Donau mit nur geringer
Niederschlagsneigung heraus. Die Schneefallgrenze dürfte grob zwischen 400 und
600 m, die Schneegrenze (also dort, wo auch was liegenbleibt) bei 600 bis 800 m
zu verorten sein. Dort reicht es tagsüber aber auch nur – wenn überhaupt – für
eine wenige Zentimeter dünne Neuschneeauflage.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 1 und 7°C, oberhalb 600 bis 800 m
herrscht leichter Dauerfrost.
In der Nacht zum Dienstag ändert sich nicht viel an der Grundkonstellation.
Deutschland wird weiterhin von Nordosten angeströmt und mit feuchten Luftmassen
versorgt. Zwar fächert der Gradient etwas auf, so dass der Wind an den Küsten an
Stärke verliert. Dafür könnte es in einigen Hochlagen der Mittelgebirge durch
Low-Level-Effekte eine Windzunahme geben (7-8 Bft, exponiert 9 Bft). Mit
Ausnahme des Nordens und Nordwestens, wo es weitgehend trocken bleibt, kommt es
zu zeitweiligen leichten Niederschlägen, wobei die Schneefallgrenze in der Mitte
und im Harz etwas ansteigt (T850 am Morgen nur noch -1°C). Viel Schnee fällt
nicht, am ehesten kommen im Nordoststau von Thüringer Wald und Harz oberhalb 600
bis 800 m bis zu 5, lokal vielleicht bis zu 10 cm zusammen, wennŽs gut läuft.
Leichter Nachfrost beschränkt sich auf höhere Lagen der Mittelgebirge sowie
Teile Süddeutschlands. Sonst stehen Tiefstwerte zwischen 5 und 0°C auf der
Karte.
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Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC
Dienstag … bleibt es ziemlich langweilig. WenŽs genauer interessiert, greife
zur Synoptischen Übersicht von heute früh und verknüpfe sie mit der Synoptischen
Übersicht Mittelfrist von heute Mittag, wo sogar der Hunga Tonga-Hunga Ha,apai
erwähnt wird. Na wenn das nichts ist…
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle simulieren das Geschehen sehr ähnlich. Kleine Fragezeichen bleiben
bei der Phase der apostrophierten Niederschläge.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann