SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.12.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Kommende Nacht verbreitet Frost, örtlich Glätte und Nebel. Morgen von Westen her
Regen mit Glatteisgefahr. Nachfolgend Milderung, zunehmend stürmisch und sehr
regnerisch.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … liegt Deutschland im Bereich eines langwelligen Troges, der
allerdings mit nicht allzu viel Höhenkaltluft aufwartet. So liegen die
Temperaturen in 500 hPa meist bei -26 bis -30°C, in 850 hPa bei -4 bis -6°C, was
auch nicht für allzu viel Labilität in der eingeflossenen maritimen Polarluft
spricht. Immerhin ist aber vor allem die östliche Hälfte Deutschlands von
leichter Schauertätigkeit geprägt. Dabei fällt der Luftmasse entsprechend nur in
höheren Lagen des Berglandes Schnee.

Der Blick nach Westen zeigt eine recht straffe Westströmung über dem Atlantik,
die sich im Bereich Schottlands in einen Nordast und einen Südast splittet,
wobei letzterer unseren Höhentrog umhüllt. Bodennah sieht die Lage wesentlich
antizyklonaler aus: Vom Azorenhoch schiebt sich ein Keil bis ins südöstliche
Mitteleuropa, über Südfrankreich gibt es sogar eine abgeschlossene Hochzelle
(Dustin II). Ein weiteres Hoch liegt über Fennoskandien und dazwischen liegen
noch die kümmerlichen Reste des Tiefs Ute, das sich östlich des Stettiner Haffs
allmählich auffüllt. Deutschland liegt in der Folge in einer recht schwachen
westlichen Strömung.

Auf dem Atlantik tritt aber schon ein Sturmtief namens Vivien in Erscheinung,
das gesteuert von einem Kurzwellentrog in der kräftigen Westströmung das
Seegebiet zwischen Schottland und Island erreicht und uns dann morgen
beschäftigen wird.

In der Nacht zum Donnerstag zieht oben erwähnte Vivien weiter ostwärts Richtung
Nordmeer und mausert sich mit Vertiefung unter 960 hPa zu einem echten
Orkantief. Dies macht sich bei uns insofern bemerkbar, dass in der zweiten
Nachthälfte in der Nordwesthälfte eine allmähliche Gradientverschärfung
eintritt, so dass ein in den Frühstunden im Bereich der Nordfriesischen Küste zu
den ersten steifen Böen aus Süd reicht. Dagegen verlagert sich Dustin II von
Frankreich nach Süddeutschland und sorgt dort in der Nacht noch für
Hochdruckeinfluss.

Dies wird durch leichten Geopotentialaufbau unterstützt, der sich durch kräftige
Warmluftadvektion auf der Vorderseite von Vivien ergibt. Die WLA sorgt auch in
der Nacht im Westen schon für den Aufzug von hoher und mittelhoher Bewölkung,
die aber von teils gar nicht sichtbar ist, da auch noch sehr viel tiefe
Bewölkung im Spiel ist.

Aus dieser fällt bei noch leichter Labilität vor allem im Nordosten, am
Erzgebirge und an den Alpen noch etwas Niederschlag. Die Schneefallgrenze liegt
im Erzgebirge um etwa 400 m, dort fällt aber nur noch wenig Niederschlag, so
dass in den höheren Lagen eine kaum nennenswerte Neuschneeauflage zustande
kommt. In den Alpen schneit es bis in die Täler, dort können vor allem ab etwa
800 m meist 1 bis 5 cm Neuschnee zusammenkommen, in einigen Staulagen auch bis
zu 10 cm.

Ansonsten verläuft die Nacht ziemlich ruhig, bei einigen Wolkenlücken kann auch
die Temperatur etwas absinken, so dass in weiten Landesteilen abgesehen vom
Norden und Nordosten leichter Frost zwischen 0 und -4°C zu erwarten ist. Noch
etwas kälter mit bis zu -7°C wird es im südlichen und östlichen Bergland.
Ansonsten kühlt es auf 4 bis 0°C ab. In der Südhälfte kann es vor allem bei
anfangs größeren Auflockerungen auch zur Ausbreitung von Nebelfeldern kommen.
Diese können dann ggf. für lokale Glätte sorgen, ebenso wie auch örtlich
überfrierende Restnässe. Reif dürfte von untergeordneter Bedeutung bleiben, da
es meist nicht allzu lange klar bleibt. Aber auch insgesamt wird die
Glättethematik in der kommenden Nacht nicht die ganz große Rolle spielen.

Am Donnerstag … zieht der Höhentrog weiter nach Osten ab und von Westen setzt
sich die Frontalzone allmählich bei uns durch. In dieser nähert sich von Westen
ein weiterer Kurzwellentrog, der am Nachmittag die Britischen Inseln erreicht.
Orkantief Vivien überschreitet dagegen ihren Zenit und nistet sich im Seegebiet
östlich Islands ein. Ihr Frontensystem nähert sich unserem Land und okkludiert
im Bereich der Nordsee. Die verbliebene Kaltfront wird aber rasch wieder als
Warmfront nordwärts geführt, weil sich auf der Vorderseite des Kurzwellentroges
ein neues Tief bildet, das sich am Abend im Seegebiet östlich Schottlands
erheblich intensiviert. Zudem fällt auch an der Kaltfront selbst der Druck und
dort bildet sich auch am Ausgang des Ärmelkanals noch einmal eine flache Welle.

Diese trägt zusätzlich dazu bei, dass sich im Laufe des Tages der Druckgradient
über Deutschland verschärft und der südliche Wind deutlich zunimmt. Vor allem im
Bereich der Nordsee treten im Tagesverlauf steife Böen auf, an der
nordfriesischen Küste auch stürmische Böen und auf Helgoland Sturmböen. Ebenso
trifft es die Mittelgebirge mit steifen Böen, die Hochlagen auch stürmischen
Böen und Sturmböen. Der Brocken dürfte im Tagesverlauf schwere Sturmböen
abbekommen.

Mit dem auffrischenden Wind dürften sich Nebel und Hochnebel recht zügig
auflösen, am längsten dauert es noch im Süden, wo das Hoch erst am Nachmittag
allmählich abzieht. Dann dürfte insbesondere in der Osthälfte die Sonne zwischen
hohen Wolkenfeldern noch eine zeitlang zum Zuge kommen. Im Westen verdichten
sich dagegen die Wolken weiter und ab dem späten Vormittag kommt im Westen
Niederschlag auf der Vorderseite der Warmfront auf. Dieser erreicht bis zum
Abend schon eine Linie von Mecklenburg bis zum Allgäu. Dabei kann anfangs in den
Hochlagen einiger Mittelgebirge noch Schnee fallen, bald setzen sich aber
mildere Temperaturen durch und der Schnee geht in Regen über. Somit wird es
allenfalls in Hochlagen vorübergehend etwas Schneeglätte geben. Bei dort
vereinzelt noch unter dem Gefrierpunkt liegenden bodennahen Temperaturen kann
auch vorübergehend etwas gefrierender Regen nicht ausgeschlossen werden. Am
Abend erreicht dann die Warmfront den Westen des Landes und der Regen lässt
nach.

Dort erreicht die Temperatur schon bis zu 8°C, im Osten 4°C, im Südosten steigt
das Quecksilber teils nur mit Mühe über den Gefrierpunkt, insbesondere bei zäher
Nebelauflösung.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Trog rasch von den Britischen Inseln nach
Deutschland herein. Die Welle am Ausgang der Ärmelkanals vertieft sich schnell
und entwickelt sich zu einem kleinen, aber giftigen Bodentief, das auch das
andere Tief östlich Schottlands in seine Zirkulation einbezieht. Es zieht dann
recht rasch nordostwärts und schlägt in den Frühstunden im Bereich Sylt/Rømø
auf. Dieses Tief sorgt im Bereich Deutschlands für einen weiter zunehmenden
Gradienten und damit weiter auffrischenden Wind, der später im Westen dann auch
auf West dreht. Das bedeutet, dass an der Nordsee zunehmend verbreiteter
stürmische Böen zu erwarten sind, auf Helgoland dann sogar schwere Sturmböen.
Auch an der Ostsee frischt der Südwind auf und dort treten bei ablandigem Wind
steife Böen auf. Auch in den Bergen legt der Wind weiter zu und zunehmend treten
in Hochlagen Sturmböen bis schwere Sturmböen auf, auf dem Brocken, den
Schwarzwaldhöhenlagen und den Alpengipfeln auch orkanartige Böen oder Orkanböen.
Im Flachland gerät vor allem der Westen in den Fokus, wo verbreitet steife Böen,
vielleicht sogar stürmische Böen erwartet werden.

Der Regen kommt rasch nach Osten und Südosten voran, wobei vor allem im
östlichen Bergland und in Bayern nach einer kurzen Schneephase die Gefahr für
gefrierenden Regen etwas größer einzuschätzen ist als tagsüber. Je nach
Temperaturentwicklung kann dort in einigen Regionen morgen schon mit Vorlauf die
Ausgabe einer Ocker-Warnung angedacht werden. Am Ende stellt sich die Frage, wie
schnell die Kaltluft ausgeräumt werden kann. Sollte dies ein Weilchen dauern,
reichen die Niederschlagssummen aus, im östlichen Bergland oder Ostbayern
eventuell auch eine Unwetterwarnung rechtzufertigen.

Mit dem sehr schnell heranziehenden Trog fällt in 500 hPa die Temperatur auf
gebietsweise unter -25°C, was bei 850-hPa-Temperaturen um 0°C für etwas
Labilität sorgt, die zusammen mit hoher Feuchte sogar im Westen regional etwas
CAPE produzieren kann. Damit dürften sich die Regenfälle vor allem vom
Nordwesten bis in die Mitte auch vorübergehend konvektiv verstärken. Dabei
können auch abseits der Mittelgebirge mal um 20 l/qm innert 6 Stunden
zusammenkommen, in der Fläche sind es oft 5 bis 15 l/qm. In den Staulagen
einiger Mittelgebirge sind es vielfach um 25 l/qm innert 12 Stunden, so in etwa
im Bergischen Land, Harz oder Schwarzwald. Das liegt alles recht nah an den
Schwellenwerten, die aber nach aktuellem Stand eher nur an einzelnen Stationen
überschritten werden, so dass sich eine Warnung aktuell nicht aufdrängt. Die
Regensituation muss aber weiter gemonitort werden.

Die Tiefstwerte liegen zwischen 6°C im Westen und -4°C im östlichen Bergland,
wobei vor allem in den östlichen Regionen im Verlauf der Nacht ein
Temperaturanstieg zu erwarten ist, so dass dort morgens die Temperaturen höher
liegen sollen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Am Freitag … wurde in der Frühübersicht bereits hinreichend beschrieben. Zu
erwähnen ist noch der in der gesamten Südwesthälfte auffrischende Wind, wenn das
oben beschrieben Bodentief von Jütland Richtung Polen zieht. Dann kann es in
größeren Regionen zu steifen bis stürmischen Böen kommen.

Modellvergleich und -einschätzung

Insbesondere was die Windentwicklung angeht, gibt es durchaus noch leichte
Unterschiede zwischen den Modellen, die die genaue Lage der Tiefkerne in den
nächsten Tagen noch sehr unsicher ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann