#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Freitag, den 29.11.2024 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 29.11.2024 um 10.30 UTC
Wechselhaft mit kurzen trockenen Phasen und mäßig kalt bis mild. In den Nächten
meist leichter Frost und regional Glätte.
Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 06.12.2024
Bezüglich der Hintergrundbedingungen ergaben sich seit der ersten Monatshälfte
nur wenig Änderungen. Der damalige Hinweis der eigentlich förderlichen NAO+
Bedingungen zum Monatsende zeigt sich nun mittlerweile in Form eines etwas
progressiveren Wellenverhaltens, wenngleich wir momentan noch im neutral/leicht
negativen NAO Bereich verbleiben, mit optimistischen NAO+ Vorhersagen der
jeweiligen Ensembleverfahren (allerdings ohne gröberen Amplitudengewinn) in
Richtung „Anfang Dezember“.
Bemerkenswert ist die Schwankungsbreite/Inkonsistenz bei der NAM Vorhersage, die
insgesamt gebündelt eher im neutralen Bereich verbleibt, wenngleich noch mit
einigen positiven Ausreißern. Der Polarwirbel in der Stratosphäre gibt weiter
Gas und ist auf dem besten Weg in den extremen Intensitätsbereich vorzustoßen,
ohne jedoch mit der Troposphäre eine nachhaltige Kopplung eingehen zu wollen.
Dies drückt die NAM Vorhersage auch weiterhin und rechnet man diese auf den
gesamten Bereich der Troposphäre hoch, dann verbleiben wir auf absehbare Zeit im
negativen Bereich, inklusive leicht negativ zonal gemittelter
Zonalwindanomalien. Der Wirbel in der oberen Troposphäre verschiebt seinen
Schwerpunkt nun zunehmend in den grönländisch, ggf. auch isländischen Bereich,
mit dort allgemein fallendem Geopotenzial.
Etwas spannender ist nun aber das Signal, das sich aus der mittlerweile deutlich
positiv verlaufenden Globalimpulsbilanz ergibt, was so nicht zu erwarten war. Es
scheint einen nicht unerheblichen Eintrag des Reibungsanteils nach der raschen
MJO Amplifikation in Sektor 2 um den 18/20. November herum gegeben zu haben, der
wiederum aus der konstruktiven Interferenz unterschiedlich frequenter Wellen im
tropischen Sektor forciert wurde. Sicherlich ist das noch nicht alles an
Begründungsmaterial, doch die Folge ist nun eine recht eindrückliche Signatur
für anstehende Blockierungslagen in mittleren/hohen Breiten.
Bauen wir noch die aktuelle MJO Welle (von Phase 4 zu 5 wandernd) mit rein, dann
erfolgt bei gleichzeitiger neutraler ENSO tendenziell eine kräftige Blockierung
über dem Nordostatlantik bis Grönland und negativen Werten des Geopotenzials
über Skandinavien. Zwar scheint die MJO nun doch nicht den klassischen Maritime
Continent Barrier effect überwinden zu können und verliert an Amplitude, doch
spielen sich nun sowohl die tropische Telekonnektion, wie auch die Impulsbilanz
gegenseitig in die Karten und fördern eine zunehmende Blockierungstendenz u.a.
im nordatlantischen Sektor. Natürlich dominiert die synoptische Entwicklung und
modifiziert die Geometrie der blockierenden Antizyklone, doch folgendes weckt
das Interesse an dieser Konstellation in Richtung Monatsmitte (tief in der
erweiterten Mittelfrist):
a) Das Potenzial für Korrekturen in Richtung weiter nordwärts ausgreifender
Antizyklonen ist gegeben und könnte den Zustrom polarer Luftmassen nach
Skandinavien/Teilen Europas ermöglichen (allerdings über zu warmen
Meeresoberflächen mit entsprechend effektiver Modifikation der Luftmasse). Da es
sich jedoch nicht nur um eine Blockierung rein aus dem synoptischen Sektor
handelt, könnte das mit der Zeit und mit nordwestlicher Anströmung dem Bergland
recht üppig Schnee bescheren.
b) Konträr dazu könnte sich aber auch das Potenzial für eine kräftige
Westwindautobahn erhöhen, dank der markanten positiven Geopotenzialanomalie über
dem nordöstlichen Atlantik und dem sich etablierenden Teilwirbel des
Polarwirbels in der oberen Troposphäre. GFS 00Z z.B. hebt zum 11.11. mit einem
Wert von knapp 87 m/s (über 300 km/h) in 150 hPa einen potenziell sehr
dynamischen Jet hervor, der zu dem Zeitpunkt die höchsten Werte auf der gesamten
Nordhemisphäre aufweisen würde. Rapide Zyklogenesen wären dann im Bereich
Island/Neufundland bis Nordwesteuropa recht wahrscheinlich. Allerdings wäre die
Zuversicht für diese Option mit einem gekoppelten Polarwirbel deutlich höher.
c)Die Blockierung wird nicht rein aus der Synoptik entwickelt, sondern erfährt
aus den genannten anderen Bereichen ebenfalls einen support, sodass mit einer
länger anhaltenden Blockierung über Teilen des Nordostatlantiks zu rechnen ist.
Die Frage ist nun, wie sich die Blockierung entwickelt und wie weit sie nach
Norden ausgreifen kann, was uns in eine der beschriebenen Richtungen bringt. Die
Blockierung im Atlantik ist auch gut im Zeit-Längen Diagramm des IFS-EPS
hinterlegt, wobei dies eben recht beständig andauern könnte (ggf. bis zur
Monatsmitte).
Doch bevor die Spannung jenseits dieses Mittelfristzeitraums zuzunehmen scheint,
schauen wir uns noch die aktuell anstehende Mittelfrist vom Montag, den 2.
Dezember bis Freitag, den 6. Dezember an.
Montag und Dienstag stehen im Zeichen der Trog- inklusive einer
Kaltfrontpassage, die ggf. über Süddeutschland ins Schleifen gerät. Dabei regnet
es am Montag von West nach Ost immer wieder etwas, besonders bei einer
Verwellung der Front kann der Regen im Süden auch länger anhalten. Anfangs kann
in Richtung Oberfranken/Niederbayern regional gefrierender Regen nicht
ausgeschlossen werden.
Zum Dienstag geht der Niederschlag postfrontal in Schauerform über, wobei die
Schneefallgrenze von Nordwesten bis in mittlere Lagen sinkt (bei kräftigen
Schauern im Norden natürlich auch bis ganz runter). Südlich des Mains bleibt die
Schneefallgrenze bei 800-1000 m hängen, sodass dort nur im oberen Bergland etwas
Schnee fällt.
Am Mittwoch verläuft der Tag dank eines stark aufgeweichten
Geopotenzialgradienten und einem leicht antizyklonalen Touch der Bodenströmung
recht wolkenverhangen, im Nordwesten auch mit größeren Auflockerungen. Einzelne
Schauer sind weiter mit von der Partie. Es sei der dezente Hinweis erlaubt, dass
IFS mit einer recht westlichen französischen Kurzwellenpassage deutlich
trockener verläuft, während Modelle wie GFS/UK10 dem Südwesten deutlich mehr
Nass bescheren. Leider kann man bei den großen Sprüngen beim IFS (auf die
Kurzwelle bezogen) noch von keiner richtigen Konsistenz sprechen, sodass die
beschriebene Wetterberuhigung besonders im Südwesten noch mit einigen
Fragezeichen versehen ist.
Auch der Donnerstag tagsüber verläuft noch recht stabil mit einem nur geringen
Schauerrisiko, allerdings viel Hochnebelgrau und Hochnebelnässe, bevor ab der
Nacht zum Freitag mit Passage einer teilokkludierten Kaltfront ein wieder
wechselhafter Witterungsabschnitt eingeleitet wird. Je nach Grad der Okklusion
sind bei Frontpassage im Norden/Osten auch Nassschneefälle bis in tiefe Lagen
nicht auszuschließen und bei frostigen Bedingungen muss auch ein Blick auf die
warme Nase geworfen werden (regional gefrierender Regen?).
Zum Freitag nehmen die Unsicherheiten zu, wobei auch ein stürmisches Ende
besonders im Norden nicht ausgeschlossen werden kann.
Die Mittelfrist beginnt im Westen am Montag teils sehr mild mit Maxima von 9 bis
12 Grad, in Richtung Franken/Niederbayern bleibt es mit Höchstwerten von nur
wenig über 0 Grad deutlich kälter.
In der Folge gleichen sich die Maxima im Bereich mäßig kalt bis mild an (1 bis 7
Grad), wobei besonders bei zähem Hochnebel die tiefsten Werte erwartet werden.
Dies gilt auch für den Nordosten, wo mit T850 hPa Werten von -3 bis -8 Grad
unter der richtigen Kombination aus nächtlicher Auskühlung und zähem
Nebel/Hochnebel am Tag auch mal überregional leichter Dauerfrost auftreten kann
(z.B. Donnerstag).
Die Nacht zum Dienstag verläuft noch in der Fläche gesehen meist frostfrei,
bevor nachfolgend leichter, im Bergland sowie regional im Osten teils auch
mäßiger Frost zu erwarten ist. Je nach Nässe der Straßen (was bei Schauern stark
variieren kann) tritt dabei regional Glätte auf. Nebel spielt zur Wochenmitte in
Form von Bodennebel/Hochnebel wieder eine größere Rolle, wobei besonders im
Bergland in Verbindung mit Frost Glätte und Reifbildung auftreten können.
Der Wind dreht küstennah von Südwest rasch auf Nord und später über Ost wieder
auf Süd, wobei er insgesamt recht böig, zeitweise auch stürmisch daherkommt. Im
Binnenland muss abseits vom Brocken und Fichtelberg mit keinen nennenswerten
Windereignissen gerechnet werden. Erst zum Ende der Mittelfrist gewinnt der
Südwestwind insgesamt wieder an Kraft.
In der erweiterten Mittelfrist richten sich die Blicke dann auf die Blockierung
über dem Atlantik und wie weit diese polwärts ausgreifen kann. Insgesamt bleibt
es wechselhaft, wobei tendenziell die Zufuhr modifizierter Luftmassen aus
subpolaren Breiten ermöglicht werden sollte: Schnee im Bergland und je nach
Bodentiefpassage zeitweise auch Schnee bis in tiefe Lagen. Die Nähe zur
Antizyklone bestimmt dann, wie schnell des postfrontal dann jeweils abtrocknet.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Vom groben Fahrplan her beginnen die jüngsten 5 EZ-Modellläufe recht homogen und
zeigen am Montag/Dienstag eine unspektakuläre Trogpassage von West nach Ost. Zur
Wochenmitte und rückseitig des Troges wird der Gradient im 500 hPa Geopotenzial
regelrecht auseinandergerissen dank steigendem Druck über Skandinavien und einer
markanten Kurzwelle, die über Frankreich südostwärts zieht. Diese Welle wird
jedoch noch äußerst unsicher bezüglich aller Variablen berechnet
(Zugbahn/Verlagerungsgeschwindigkeit/Amplitude), sollte jedoch recht zügig in
Richtung Italien ziehen und sich dort zu einem veritablen Höhentrog mausern.
In der Folge steigt das Geopotenzial über dem Nordostatlantik und zusammen mit
insgesamt neutral bis leicht negativen Geopotenzialanomalien über
Mittel-/Südeuropa könnte sich eine wechselhafte nordwestliche Strömung
etablieren. Die Unsicherheiten nehmen jedoch über die Wochenmitte hinaus
deutlich zu.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die anderen internationalen Modelle sehen das recht ähnlich. Die Trogpassage zum
Beginn der Mittelfrist wird mit einer geringen Phasenverschiebung gezeigt (ICON
etwas progressiver als IFS/UK10) und auch bei der Kurzwellenpassage über
Frankreich zur Wochenmitte ergeben sich gröbere Diskrepanzen, die vor allem dem
Westen/Südwesten zur Wochenmitte deutlich mehr Nass bescheren könnten, als es
z.B. IFS momentan andeutet.
In der Folge werden nach einer kurzen Keilpassage zum Ende der Mittelfrist ein
Sturmtief südlich von Island inklusive eines markanten Troges über
Nordwesteuropa für uns wetterbestimmend, sodass die Mittelfrist recht
wechselhaft endet. Zu diesem Zeitpunkt nehmen die Unsicherheiten rasch und
nachhaltig zu, teils mit Bodendruckdiskrepanzen von mehr als 40 hPa über
Nordwesteuropa.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bei der Clusteranalyse beginnt die Mittelfrist mit einem Cluster und dem
klimatologischen Regime der NAO+. Die progressive Trogpassage wird
modellübergreifend und auch im Ensemble sehr gut erfasst, sodass der
wechselhafte Beginn der Mittelfrist recht sicher erscheint.
In der Folge werden 4 Cluster mit einem deutlichen NAO+ Überhang angeboten,
wobei jedoch noch die Geometrie der Antizyklone bei/östlich der Azoren recht
variabel gezeigt wird. Entsprechend unterschiedlich effektiv fällt auch ein
Übergreifen eines markanten Troges zum Ende der Mittelfrist aus. Das
vorübergehende Aufbauen eines gradientarmen Bereiches über Mitteleuropa zur
Wochenmitte wird im Cluster recht homogen hervorgehoben. Nur Cluster 2 versucht
eine Brückenbildung zwischen dem Azorenhoch und einer Antizyklone im Bereich des
Urals zu etablieren, weicht damit jedoch von den anderen Clustern ab und lässt
auch den Trog bei Island deutlich schwächer ausfallen. Wenngleich an zweiter
Position bei der Anzahl der Member, so fällt eine insgesamt recht homogene
Verteilung der Member in allen 4 Clustern auf, sodass grob dreiviertel der
Member keine Brückenbildung bevorzugen.
Zum Ende der Mittelfrist und besonders beim Blick in die erweiterte Mittelfrist
springt einem dann die zunehmende Blockierung im Nordostatlantik ins Auge, die
in der Folge beständig gerechnet wird (da eben nicht nur aus der Synoptik heraus
forciert). Offen ist noch die Geometrie dieser Antizyklone und wie weit sie nach
Osten reicht, doch das Grundmuster ist nicht uninteressant, denn je nach
Ausrichtung der Blockierung ist von einem winterlichen bis stürmischen Abschnitt
alles möglich. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung es geht, tendenziell
würde ich momentan eher auf die Blockierung setzen.
Die Meteogramme heben den recht milden Einstieg in die Mittelfrist durchweg
hervor, bevor es in der Folge kälter wird. Bei Nachtfrost und zähem Hochnebel am
Tag sind auch frostige Episoden besonders im Nordosten denkbar und das gilt
natürlich allgemein für das Bergland. Der leicht wechselhafte Charakter schwenkt
zum Ende der Mittelfrist in einen deutlich nasseren Abschnitt um. Die
Rauchfahnen gehen im Verlauf der Mittelfrist zwar auseinander, was vor allem an
der Geometrie der Antizyklone westlich von uns liegt mit einem HRES, der
insgesamt eher am unteren Ende der Memberschar anzutreffen ist. Da dieser die
Intensität von Druckgebilden und somit die advektive Komponente besser im Griff
haben sollte, würde eine Anpassung der Memberschar an den HRES in der Folge
nicht verwundern.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Signifikante Wettererscheinungen sind kaum welche auszumachen und das gilt auch
beim Blick auf den EFI (abgesehen von etwas zu hohen Temperaturwerten am
Montag).
Entlang der Küsten frischt der Wind zum Beginn der Woche zeitweise stürmisch auf
(Bft 8) und im exponierten Bergland treten Böen Bft 9 aus Südwest auf (Brocken
Bft 10), doch der Wind beruhigt sich im Binnenland nachfolgend rasch. Zum
Freitag ist mit einer Windzunahme zu rechnen, wobei die Ausprägung noch variabel
gezeigt wird. Zumindest im Bergland und entlang der Küsten sind dann wieder
markante Böen zu erwarten, doch auch markante Böen im norddeutschen Binnenland
sind nicht ausgeschlossen, allerdings noch sehr unsicher.
Inwieweit am Montagvormittag in Teilen Bayerns gefrierender Regen regional
auftreten kann ist noch sehr unsicher.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, GEFS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy