S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.11.2024 um 10.30 UTC

Nach hochdruckbestimmtem Wochenende wieder unbeständiger, dabei mäßig kalt bis
mild.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 04.12.2024

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden ersten
Adventswochenende (+ Monatswechsel + meteorologischer Winteranfang) präsentiert
sich die Atmosphäre bei uns vorweihnachtlich friedlich gestimmt, nachdem sie
zuvor (Mittwoch/Donnerstag) in Form des kleinen vorwitzigen Sturmtiefs TELSE
(siehe dazu auch Synoptische Übersicht Kurzfrist von heute Vormittag) noch auf
Krawall gebürstet war. Davon ist am Samstag nichts mehr übrig. Stattdessen hat
sich bei uns eine brückenartige Hochdruckzone etabliert, die – gestützt von
einem langgezogenen Rücken – von der Iberischen Halbinsel über weite Teile
Mitteleuropas bis weit nach Russland reicht. Da sich der Schwerpunkt des Hochs
östlich von uns befindet, kommt hier eine niedertroposphärisch milde südliche
Strömung auf (Anstieg T850 auf rund +6°C). In der Grundschicht setzt sich –
klassisch für die Jahreszeit möchte man hinzufügen – die milde Luft nicht
überall durch, so dass dort, wo zäher Nebel oder Hochnebel sie Szenerie
bestimmen, die Tagestemperatur (teils nach Nachfrost) niedrig bleibt. Um hier
aber nicht gleich wieder in den typisch deutschen Pessimismus zu verfallen, es
wird am Wochenende auch Profiteure der Wetterlage geben, wo sich die Sonne
durchsetzt. Vor allem, aber nicht ausschließlich seien hier die Hoch- und
Leelagen des Berglands genannt. Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt
bleiben, dass am Rande der Hochdruckzone im Norden und Nordwesten zeitweise
Wolkenfelder durchziehen. Dabei handelt es sich quasi um handzahme Vorboten
eines ausgewachsenen Potenzialtrogs mit korrespondierender Tiefdruckzone über
dem nahen Atlantik, deren (richtiger) Auftritt bei uns aber erst in der neuen
Woche beginnt.

Da nämlich ziehen sich Hoch und Rücken mehr und mehr nach Osteuropa zurück,
wodurch der Trog zunächst auf die Nordsee, Benelux und Frankreich, am Dienstag
dann vollständig auch auf Deutschland übergreifen kann. Vorgeschaltet ist eine
schleifende Kaltfront, die uns bereits am Montag erfasst, südostwärts zieht und
bis Dienstagabend vollumfänglich überquert haben wird. Die Kaltfront gehört zu
einem kleinen Tief, das von England via Nordsee nach Jütland zieht, von wo aus
es sich rinnenartig über die Ostsee hinweg bis zum Baltikum ausdehnt.
Postfrontal wird eine Portion maritimer Polarluft (mP) zu uns gespült, in der
T850 bis Mittwoch 00 UTC auf Werte zwischen -1°C im Südosten und bis zu -7°C im
Nordwesten zurückgeht. Während die frontalen Niederschläge überwiegend als Regen
fallen, kommt bei den troggebundenen Schauern zumindest im Bergland zunehmend
die feste Phase ins Spiel. Zudem sind in der höhenkalten Luft (T500 im Laufe des
Dienstags auf bis zu -30°C im Nordwesten absinkend) einzelne kurze
Graupelgewitter möglich.

Im weiteren Verlauf der Woche ab Mittwoch deuten sich von der Nordsee und
Westeuropa her weitere Randtröge an, die für eine Fortdauer des unbeständigen
Wettercharakters sorgen. Am Donnerstag soll dabei vorderseitig einer neuen
Bodentiefdruckzone kurzzeitig mal mildere Luft mit positiven
850-hPa-Temperaturen eingespült werden, bevor danach wieder erwärmte
Meereskaltluft den Weg zu uns findet.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des IFS-Modells vom ECMF kann insgesamt als gut bezeichnet
werden, auch wenn im Laufe der nächsten Woche die Diskrepanzen allmählich
zunehmen. Grob lässt sich die Mittelfrist in zwei Teile teilen, wonach nach sich
einem hochdruckbestimmten Wochenende ein unbeständiger, tendenziell nasskalter
Wetterabschnitt mit zeitweiligen, teils in Schauerform auftretenden
Niederschlägen (im Bergland durchaus als Schnee) anschließt. Was die genauen
Abläufe angeht, nehmen die Unschärfen zur Wochenmitte zu. Im Gegensatz zu
gestern 00 UTC, wo zumindest zur Wochenmitte mal ein Hoch bei uns vorbeischauen
sollte, deutet sich heute eine nahtlose Fortsetzung des zyklonalen Geschehens
an.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Letztere Aussage lässt sich allerdings nicht auf alle an dieser Stelle für
gewöhnlich begutachteten Globalmodelle projizieren. Zwar starten alle mit
derselben Ausgangslage (Hochdruck am Wochenende), danach beginnen die einzelnen
Läufe aber zu divergieren. Sowohl das Timing als die Geometrie des zu
Wochenbeginn übergreifenden Potenzialtroges werden inkl. der KI-Modelle jeweils
etwas anders simuliert. Bei ICON beispielsweise tropft er über der Schweiz ab,
so dass bereits ab Dienstag das nächste fette Hoch von Westen übergreift, wenn
auch nur vorübergehend. Bei UK10 lässt sich Ähnliches in etwas abgeschwächter
Form erkennen, während GFS eher dem IFS folgt.
Kurzum, rein auf deterministischer Basis fällt es schwer, spätestens ab Dienstag
einen Prognosekonsens zu finden, wenn man nicht vollständig in Allgemeinplätze
abdriften möchte.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Nicht groß anders sieht es aus, wenn man sich die Ensembles anschaut. So zeigen
die Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte sowohl von IFS-EPS als auch von
GFS-EPS ein ähnliches Bild mit einem enggebündelten Wochenende, dem schon ab
Montag beginnend erst bedingt, später stärker auffächernde Kurvenverläufe
(Potenzial 500 hPa und Temperatur 850 hPa) folgen. Der Trend ist allerdings
unstrittig, gehtŽs doch nach dem „Bergfest“ am Wochenende (hohes Potenzial, hohe
Temperatur) erstmal bergab, bevor sich im weiteren Verlauf eine
Seitwärtsbewegung mit mehr oder weniger wellenden Einzellösungen abzeichnet. Das
Grundrauschen, das sich ab Montag beim Niederschlag durch die ganze Woche zieht,
deutet darauf hin, dass der Wettercharakter ein unbeständiger ist, was
zwischenzeitlichen Hochdruckeinfluss freilich nicht ausschließt.

Vor diesem Hintergrund schaut man gespannt auf die Clusterung von IFS-EPS, die
für alle drei relevanten Zeitfenster jeweils nur zwei Schubladen aufmacht.
Fenster #1 (T+72…96h, Samstag/Sonntag) bedarf aufgrund der bei uns nahezu
gegebenen Deckungsgleichheit keiner weiteren Erörterung. Der Hauptunterschied in
Fenster #2 (T+120…168h, Montag bis Mittwoch) liegt darin, dass der von Westen
übergreifende Trog in CL 1 (30 Fälle + HRES) etwas progressiver und intensiver
ausfällt als in CL 2 (21 Fälle). Oder anders formuliert, das CL2-Szenario kommt
etwas antizyklonaler daher, weshalb nach hinten raus das großräumige
Klimaszenario auch von NAO+ auf Blockierung wechselt.
Bliebe noch Fenster #3 (T+192…240h, Donnerstag bis Samstag), in dem die
Unterschiede noch größer werden. Während CL 1 (30 Fälle + HRES; NAO+) einen
neuerlichen, sich amplifizierenden Trog auf Deutschland mit maritimen Luftmassen
übergreifen lässt, hält CL 2 (21 Fälle) an der Blockierung fest, was sich bei
uns in einem „High-over-low-Muster“ mit östlicher Grundanströmung und Zufuhr
kontinentaler, aber nicht zwingend trockener Luft widerspiegelt.

FAZIT:
Nach einem unstrittigen Start (hochdruckbestimmtes erstes Adventswochenende mit
typischen Grundschichtphänomenen) wechselt der Wettercharakter zu Beginn der
neuen Woche mit hoher Wahrscheinlichkeit in Richtung unbeständig mit
zeitweiligen Niederschlägen. Weniger belastbar sind Aussagen zur
Detailentwicklung (am Montag gehtŽs noch) und vor allem wie es nach Wochenmitte
weitergeht. Atlantikbestimmte Abwechslung ist leicht favorisiert,
„high-ober-low“ als Alternative ist aber alles andere als ein krasser
Außenseiter.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Auch wenn es nächste Woche wieder zyklonaler wird, ist auf dem Feld
signifikanter Wettererscheinungen aus heutiger Sicht nicht allzu viel zu holen.
Der Wind bleibt im Großen und Ganzen geschmeidig, was die ein oder andere Böe
der Stärke 8 bis 9 Bft an der See sowie in exponierten Hochlagen nicht
ausschließt. Ob es nach Wochenmitte (erweiterte Mittelfrist) auch mal mehr wird,
ist hochgradig ungewiss und eher unwahrscheinlich.
Dass es in der einströmenden maritimen Polarluft im Bergland mitunter mal
schneit, ist Anfang Dezember eigentlich keine große Überraschung, auch wenn man
bei Hören der Verkehrsmeldungen manchmal einen anderen Eindruck gewinnt. Große
Packungen und hohe Neuschneemengen deuten sich nicht an.

Basis für Mittelfristvorhersage
Alles und nichts, aber IFS-EPS als Leitfaden.

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Jens Hoffmann