#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 27.11.2024 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 27.11.2024 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
In den nächsten Stunden Sturm über Norddeutschland mit teils schweren Sturmböen.
Zudem ganz im Norden starker Regen. Morgen mit Temperaturrückgang im Bergland
zunehmend Schnee.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
Aktuell … schwenkt von Westen ein Kurzwellentrog aus Richtung der Britischen
Inseln nach Benelux. Durch dessen rasches Vorankommen ist die Hebung auf der
Vorderseite sehr kräftig und ein Sturmtief namens Telse (international: Conall,
intern auch: Kanalratte) wird durch den Ärmelkanal in die südwestliche Nordsee
gesteuert. Es erreicht am frühen Abend seinen Höhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt
frischt vor allem der südwestliche Wind im Bereich Nordrhein-Westfalens und im
westlichen Bergland deutlich auf. Ebenso frischt im Bereich der Nordsee der
Ostwind stark auf, auch im Bereich Schleswig-Holsteins. Nur ganz im Südosten ist
der Wind noch schwach.
Eine weitere meteorologische Baustelle ist der kräftige Regen, der an der
Nordostflanke des Tiefs durch die dort kräftige Warmluftadvektion induziert
wird. Modellübergreifend werden dabei von der Nordsee bis ins nördliche
Schleswig-Holstein regional 20 bis 30 l/qm Regen simuliert. Punktuell können es
auch 40 l/qm werden, zumal die starke Hebung in Regionen mit recht viel
Labilität in der unteren Troposphäre stattfindet und damit auch einzelne
Gewitter eingelagert sein können.
Auch im Warmsektor selbst fällt gebietsweis schauerartiger Regen, vor allem im
Nordwesten Deutschlands. Die Kaltfront selbst ist weder thermisch sehr stark
ausgeprägt noch besonders aktiv, aktuell lässt sich aber ein nicht allzu starkes
Schauerband finden, das am frühen Abend von den Niederlanden auf den Westen
Niedersachsens übergreift.
Im Rest des Landes ist die Lage eher ruhig und zur Mitte hin schickt unser
Sturmtief einige (teils hohe) Wolkenfelder über den Himmel. Richtung Süden und
Osten ist es teils noch klar.
In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Kurzwellentrog rasch über den Norden
Deutschlands hinweg und erreicht im Morgen Vorpommern. Auf seiner Vorderseite
zieht Sturmtief Telse mit seinem Kern über Ostfriesland und Hamburg bis zur
Mecklenburgischen Seeplatte. Damit gerät es bereits im Laufe der Nacht knapp auf
die Rückseite des Troges und damit in eine entwicklungsungünstige Umgebung. In
der Folge beginnt es sich allmählich aufzufüllen, der Kerndruck steigt von etwa
995 hPa heute Abend an der Westfriesischen Küste auf 1001 hPa über der
Seeplatte.
Auch an der Frontenlage lässt sich erkennen, dass das Tief seinen Höhepunkt
überschritten hat. Die Kaltfront rauscht in den Abendstunden rasch über den
Nordwesten hinweg ost- und nordostwärts und holt schnell die Kaltfront ein.
Dabei wickelt sich die Okklusion um den Kern und zeichnet in der Nacht ein
schönes DWD-Logo über Deutschland. Bis zum Morgen hat dann die vorderste Front
der Okklusion die offene Ostsee und Polen erreicht, im Süden liegt sie über dem
Alpenvorland.
Die Regenfälle ganz im Norden weiten sich bis an die Ostseeküste aus und lassen
im Verlauf der Nacht etwas nach. Aber auch im Nordosten können gebietsweise noch
etwas mehr als 10 l/qm fallen. Über die Mitte rauscht die Kaltfront mit
kurzfristig kräftigen, aber nicht allzu lang andauernden Regenfällen hinweg, so
dass dort nur wenige Liter pro Quadratmeter zusammenkommen. Ganz nach Süden hin
fehlt der Kaltfront dann zunehmend die Schubkomponente und sie kommt dann wieder
zunehmend langsamer voran, so dass dort teils wieder 5 bis 10 l/qm
zusammenkommen können. Im Schwarzwald können dabei teils 10 bis 20 l/qm fallen,
in Staulagen auch bis zu 30 l/qm. Zwar fließt rückseitig der Kaltfront eine
polare Meeresluft ein, die in 850 hPa nur noch -3 bis -4°C aufweist. Diese setzt
sich aber im Süden noch nicht durch, so dass im Schwarzwald zunächst nur in den
allerhöchsten Lagen Schnee fällt.
Rückseitig der Kaltfront sorgt Absinken zunächst für Auflockerungen, später
kommen in labiler Luftmasse im Nordwesten wieder Schauer auf.
Kommen wir nun zum Spannendsten, der Windentwicklung: Rückseitig der Kaltfront
schwenkt an der Südflanke des Tiefs ein Starkwindfeld herein, hier setzt sich
wohl der Cold Conveyor Belt Jet durch. Deswegen kann es auf einem Streifen vom
Emsland bis in die Altmark durchaus verbreitet Sturmböen oder auch schwere
Sturmböen geben. Weiter nach Osten hin schwächt sich dieses Starkwindfeld dann
zusammen mit dem Tief etwas ab. Auch abseits dieses Streifens kann es in der
Nordhälfte vielfach stürmische Böen bis Sturmböen geben. Nach Nordosten hin und
in der Mitte sind es meist nur steife Böen.
Ein zweites Windmaximum erwartet nach Durchzug des Tiefkerns die Nordseeküste,
wo im Bereich Ostfriesland (auch Helgoland) der Nordwind stark auffrischt und an
der Küste für schwere Sturmböen sorgt, vereinzelt kann es auch orkanartige Böen
geben. Auch dieses Sturmfeld schwächt sich weiter nach Osten hin langsam ab. Zu
guter Letzt sei noch erwähnt, dass auch die höheren Berge vielfach schwere
Sturmböen abbekommen, der Brocken, der sehr nahe am Hauptsturmfeld an der
Südflanke des Tiefs liegt, dürfte zumindest vorübergehend auch mal über 140 km/h
abbekommen.
Die Temperaturen gehen bis zum Morgen allgemein auf 8 bis 3 Grad zurück.
Am Donnerstag … weitet sich der Kurzwellentrog bei seiner Verlagerung nach
Osten deutlich nach Südwesten aus, er entwickelt sich zunehmend zu einem
langwelligen System. Das Tief zieht mit geringem Abstand dem Höhentiefkern
hinterher und füllt sich folglich weiter auf. Es erreicht bis zum Abend mit etwa
1010 hPa Zentral- bzw. Nordostpolen.
Über Westeuropa hat sich derweil vorderseitig eines Langwellentroges ein
beachtlicher Höhenrücken aufgewölbt, der im Tagesverlauf die Britischen Inseln
überquert und auf die Nordsee übergreift, wobei sich eine Keilachse bis nach
Südskandinavien bzw. zur mittleren Ostsee ausweitet. Dadurch dreht die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet mehr und mehr auf nördliche Richtungen.
Im Bodenfeld folgt dem Tief durch KLA markanter Druckanstieg, bereits am Abend
gelangen der Westen und Südwesten Deutschlands in den Kernbereich einer von
Südskandinavien bis nach Frankreich reichenden Hochdruckzone mit geschlossener
1030 hPa Kernisobare über Nordostfrankreich. Somit bleibt an der Westflanke des
abziehenden Tiefs noch längere Zeit ein veritabler Druckgradient aufrecht. Vor
allem vom Nordwesten über die nördliche Mitte bis in die Osthälfte gibt es noch
bis in den Nachmittag hinein auch im Binnenland bzw. in den Niederungen steife
bis stürmische Böen aus West bis Nordwest, an der Ostsee Sturmböen aus Nord und
auf den Berggipfeln schwere Sturmböen. Nur zögernd nimmt der Wind von Westen her
ab. Im Westen und Süden spielt der Wind dagegen bezüglich Warnungen (außer auf
einigen Bergen) keine Rolle mehr.
Die Kaltfront überquert nur langsam die Alpen, vor allem am Vormittag regnet es
dort teils noch kräftig, wobei die Schneefallgrenze dann rasch bis ins höhere
Alpenvorland sinkt. Am Nachmittag klingen die Niederschläge zwar ab, dennoch
reicht es in einigen Alpenstaulagen für markante Neuschneemengen.
Die postfrontal einströmende maritime Polarluft ist lediglich über dem Norden
und der Mitte des Landes halbwegs labil geschichtet (T500 hPa bis -28 Grad, T850
hPa um -4 Grad), so dass es vor allem dort noch einzelne Regen- und
Graupelschauer gibt, für Gewitter dürfte es kaum reichen. Unmittelbar hinter dem
Tiefkern kann es vor allem von Vorpommern bis nach Ostsachsen innerhalb der bis
zur mittleren Troposphäre feuchtegesättigter Luft und schwacher WLA auch mal
längere Zeit schauerartig regnen, allerdings ohne warnrelevante Mengen. Schnee
fällt in den Mittelgebirgen oberhalb von etwa 400 m, die Neuschneemengen halten
sich aber in Grenzen. Zunächst im Harz, am Nachmittag und Abend dann aber vor
allem im Erzgebirge dürfte es zumindest in Staulagen durchaus für einige
Zentimeter Neuschnee reichen. Im Erzgebirge sinkt in der Nacht die
Schneefallgrenze noch etwas ab, so dass bis auf etwa 400 m herab auch
Neuschneeakkumulation stattfinden dürfte. Oberhalb etwa 600 m wird es bis
Freitagfrüh wohl für 10 cm Neuschnee reichen.
Im Westen und Südwesten bleibt es dagegen schon weitgehend trocken und zeitweise
kommt die Sonne durch. Dabei werden Höchstwerte zwischen 4 und 10 Grad erreicht.
In der Nacht zum Freitag füllt sich das ehemalige Sturmtief rasch weiter auf und
die Hochdruckzone über dem westlichen Mitteleuropa nimmt zunehmend Verbindung zu
einem Hoch über Südosteuropa auf. Damit steigt nun auch in der Osthälfte des
Vorhersagegebietes der Druck deutlich an und der Wind schwächt sich weiter ab.
In der zweiten Nachthälfte reicht es lediglich auf einigen Erzgebirgsgipfeln für
stürmische Böen.
In den Frühstunden befindet sich dann der Schwerpunkt des Hochs mit mehr als
1030 hPa ziemlich genau über dem Vorhersagegebiet. An dessen Ostflanke kann es
mit nördlicher Strömung im Stau des östlichen Alpengebiets und des Erzgebirges
noch bis in die Vormittagsstunden des Freitags und auch bis in tiefe Lagen etwas
schneien, sonst bleibt es bereits überwiegend trocken.
Wie weit es mit den Auflockerungen bestellt ist, bleibt noch abzuwarten, zumal
sich durch kräftiges Absinken vor allem über den westlichen Landesteilen eine
markante Inversion in etwa 900 hPa etabliert, im Südosten befindet sich diese am
Morgen noch bei 700 hPa. Dennoch dürfte es vor allem im Westen und Südwesten
durchaus für ein paar größere Wolkenlücken reichen, dann muss mit leichtem Frost
gerechnet werden, ebenso in den Mittelgebirgen. Ansonsten liegen die Minima
meist zwischen 5 und 0 Grad.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
Am Freitag … wurde bereits in der Frühübersicht hinreichend beschrieben und es
bedarf keinen weiteren Ergänzungen.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Stärke und Zugbahn des Sturmtiefs Telse wird sehr einheitlich simuliert.
Auch aktueller Sicht kann an dem bestehenden Warnmanagement festgehalten werden.
Auch bezüglich der Entwicklung der Regen- und Schneefälle in der Nacht und
morgen gibt es keine größeren Modellunterschiede.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann