S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.09.2024 um 10.30 UTC

Der Herbst kommt mit Pauken und Trompeten. Nach noch gemächlichem Wochenbeginn
folgen ab Donnerstag Wind und Sturm, Gewitter, eventuell auch Dauer- und
Starkregen. In der Folge kühlt es deutlich ab.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 28.09.2024

Der Mittelfristzeitraum beginnt am Dienstag mit einem Langwellentrog über
Europa, dessen Hauptachse sich genau über Deutschland befindet. Das zugehörige
steuernde Bodentief befindet sich dabei über Südskandinavien und zieht entlang
der Trogvorderseite nach Norden ab. Die zugehörige, bereits okkludierte
Kaltfront hat Deutschland dabei bereits überquert. Damit bestimmt eine kühlere,
maritime Luftmasse das Geschehen. Mit etwa 6-8°C in 850 hPa ist sie aber noch
nicht übermäßig herbstlich temperiert, insgesamt zeigt sich aber ein Trend zur
rückseitigen Labilisierung. Nachdem also die mit dem vorangegangenen Durchzug
die daran gebundenen Regenfälle ostwärts abziehen und zunächst nachlassen,
kommen im Tagesverlauf von Westen erneute Schauer und eventuell auch Gewitter
auf. Diese dürften aber im Zuge des nun herrschenden Kaltluftregimes kaum
signifikanten Charakter aufweisen, eventuell fällt aber lokal nochmal etwas
Starkregen in Größenordnungen um 15 l/m².

Am Mittwoch wird dann ein neues Tiefdrucksystem über den Atlantik in die
Zirkulation mit eingebunden. Dieser Prozess sorgt dafür, dass sich der
Langwellentrog auf seiner Rückseite über dem Atlantik regeneriert. Dabei findet
auch bodennah signifikante Zyklogenese statt. Dabei bildet sich rasch ein
markantes Tief vor der irischen Südküste, dessen Umfang sich anschließend über
große Teile Europas erstreckt. Deutschland liegt dabei auf der Vorderseite in
einer großflächigen südwestlichen Strömung, in deren Folge Warmluftadvektion
einsetzt, was sich durch Temperaturanstieg auf über 10°C in 850 hPa im Süden
bemerkbar macht. Dabei dürfte auch leichte Föhnunterstützung eine Rolle spielen.
Rückseitig weist das Zentraltief über dem Atlantik hyperbarokline Strukturen
auf, in deren Folge der Weg für einen umfassenden arktischen Kaltluftvorstoß
bereitet wird. Bei uns wird es dabei nochmal recht warm. WLA- und föhngestützt
erreichen die Temperaturen tagsüber vor allem im Süden nochmals verbreitet über
20°C. Mit Annäherung des Irlandtiefs nimmt aber auch der Gradient bereits zu.
Damit sind vor allem im westlichen Bergland und an der Küste bereits erste
Windböen von Bft 7 bis exponiert Bft 8 denkbar.

Am Donnerstag zieht das Tief von Irland weiter über die Britischen Inseln hinweg
Richtung Nordsee und Dänemark. Dabei vertieft es sich weiter. An der
Südwestseite zeigt sich durch den sich verstärkenden Temperaturgradienten eine
erhöhte Neigung zur Randtiefbildung, die bereits über mehrere Modellläufe hinweg
sichtbar wird. Es bildet sich eine markante Kaltfront aus, die im Tagesverlauf
über große Teile Deutschlands hinwegzieht. Sie wird von kräftigen und teils
gewittrig durchsetzten Regenfällen begleitet. Während vorderseitig durch WLA und
Föhn die 850 hPa-Temperaturen noch auf 12 bis 18(!) Grad ansteigen, fließt
rückseitig in einem ersten Schub deutlich kühlere Meeresluft mit T850 von 4 bis
6 Grad ein. Entlang dieser doch recht scharfen Luftmassengrenze zeigt sich eine
Tendenz zur Bildung einer durchlaufenden Randwelle von Südwest nach Nordost.
Durch die Nähe zum Nordseetief frischt der Wind ohnehin deutlich auf, sodass
verbreitet mit Böen Bft 7-8 insbesondere bei Frontdurchgang zu rechnen ist. Eine
auftretende Randwelle würde das Windfeld entsprechend verstärken und zumindest
regional für stürmische Verhältnisse sorgen. Entsprechend der Lage der Kaltfront
lässt sich somit das zeitweise Auftreten von Sturmböen Bft 9 bis exponiert Bft
10 im Süden Deutschlands nicht ausschließen. Allerdings sind derartige, teils
schon mesoskalige synoptische Strukturen traditionell mit großen Unsicherheiten
behaftet. Dazu in den nachfolgenden Abschnitten mehr.

Am Freitag erreicht uns in den Frühstunden das bereits für den Donnerstag
erwähnte nachlaufende Randtief. Auch dieses verstärkt sich während der
Nachtstunden und weist fast schon kommaartige Strukturen auf. Daran gekoppelt
ist eine zweite markante Kaltfront, die einen weiteren Schwall polarer Kaltluft
zu uns führt. Diese ist mit T850 bis 0°C schon äußerst herbstlich temperiert.
Mit Annäherung dieses Randtiefs frischt der Wind an der Küste nach nur kurzer
Pause bereits wieder deutlich auf bis in den stürmischen Bereich. Angesichts der
im Modell gezeigten scharfen Trogachsen von Boden- und Höhentief sind kurzzeitig
auch Böen Bft 10 bis 11 nicht völlig ausgeschlossen. Mit der raschen
mitteltroposphärischen Abkühlung geht auch erneute Labilisierung einher, sodass
insbesondere an der gleichzeitig durchgehenden zweiten Kaltfront erneut Schauer
und Gewitter zu erwarten sind, in deren Zuge es potentiell zu teils schweren
Sturmböen, wenn nicht sogar orkanartigen Böen im Bereich der Küste kommen
könnte.
Im weiteren Verlauf des Freitags schwächt sich dieses Randtief aber rasch ab,
sodass das Windmaximum nur für kurze Zeit Bestand hat und rasch wieder
nachlässt. Nichtsdestotrotz bleibt es insbesondere im Küstenumfeld weiter windig
bis stürmisch (Bft 7-8). Tagsüber gibt es im Land recht verbreitet
schauerartigen Regen und vereinzelte Gewitter, die zum Abend und der Nacht hin
allmählich nachlassen.

Am Samstag gelangen wir schließlich endgültig in den Bereich der Tiefrückseite,
wo von Nordwest auf West drehende Strömung das Land mit polarer Kaltluft flutet.
T850 sinkt bis auf -1°C ab, nur im äußersten Süden bleibt es etwas milder. Die
intensive KLA stützt durch einsetzendes Absinken eine größerskalige atlantische
Keilentwicklung, deren erste Ausläufer bereits den Süden erreichen. Nach
anfänglich noch zahlreichen Kaltluftschauern und einzelnen -gewittern beruhigt
sich das Wettergeschehen somit zusehends von Süden her. Auch der Langwellentrog
verliert dabei an Kontur und ist zusehends nur noch im Norden wirksam. Die
Strömung zonalisiert dabei, allerdings ist in dem Zuge zunächst keine Milderung
erkennbar, sodass das nächste Wochenende ganz im Zeichen polarer Meeresluft
steht. Das Thermometer dürfte kaum über die 15°C hinauskommen, insbesondere im
Süden werden unter Hochdruckeinfluss und Aufklaren die Nächte frisch. Für ersten
Luftfrost sollte es aber noch nicht reichen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Das generelle Witterungsregime in der kommenden Woche scheint festzustehen. Der
signifikante Luftmassenwechsel hin zu deutlich kühleren Temperaturen wird
konsistent gezeigt. Unterschiede gibt es noch in Intensität und Ausprägung der
damit in Verbindung stehenden Sturmtiefentwicklungen und damit auch bei den
auftretenden signifikanten Wettererscheinungen. In den letzten Läufen zeigt sich
ein Intensivierungstrend, bei dem die einfließende Luftmasse zuletzt mit jeder
neuen Modellrechnung kühler wird.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Globalmodelle (betrachtet werden IFS, ICON, GFS, UK10) zeigen die Umstellung
auf kühlere Herbstwitterung durch die Bank ziemlich einheitlich. Wie immer liegt
der Teufel dabei aber im Detail. Insbesondere die Randtiefentwicklung am
Mittwoch/Donnerstag entlang einer sekundären Trogachse bereitet Schwierigkeiten
und könnte – geht man nach GFS – den Kaltfrontdurchzug deutlich bis in den
Freitag hinein verzögern. Komplett fraglich ist auch noch die Randwellenbildung
entlang der Luftmassengrenze. Potential dafür ist da, aber die Numerik hat mit
derartigen Entwicklungen immer so ihre lieben Probleme, sodass die aus IFS
heraus beschriebene Synoptik noch mit vielen Fragezeichen versehen ist.
Nichtsdestotrotz sollte man ein Auge auf der Lage behalten, denn aufgrund der
grundsätzlich hochbaroklinen Konfiguration sind warntechnisch äußerst
unangenehme Überraschungen in Form von unvorhergesehenen Randtiefs und
Schnellläufern erstmal nicht auszuschließen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die bereits beschriebene Modelleinigkeit findet sich entsprechend auch in den
Ensembles von IFS wieder. Die erste leichte Abkühlung zu Wochenanfang ist
ohnehin gesichert, aber auch der Temperatursturz in der zweiten Wochenhälfte ist
kaum noch aufzuhalten. Auch dass es nass wird, ist gesichert. Die Frage ist nur:
Wie nass? Die Niederschläge haben größtenteils konvektiven Charakter, sodass es
regional zu großen Unterschieden kommen kann. Entsprechend verrauscht sind auch
die Signale.

GFS schlägt im Wesentlichen in die selbe Kerbe, sodass es hier nichts neues mehr
zu berichten gibt.

Die Cluster zeigen bis t+96h ein durchweg konsistentes Signal für +NAO. Kaum
überraschend bei der Lage. Immerhin werden drei verschiedene Szenarien
angeboten, die sich aber kaum wesentlich voneinander unterscheiden. Die Anzahl
der Member ist dabei auch gleich verteilt.
Bis t+196h ändert sich daran nichts signifikantes. Auffällig ist die deutlich
negative Geopotentialanomalie über Mitteleuropa, bei der die Clustervielfalt
(ebenfalls drei) auf deren Ausprägung nach Süden hin beruht.
Bis t+240h nehmen die Unsicherheiten deutlich zu. Insgesamt stehen hier 5
Cluster zu Buche, wobei das wahrscheinlichste mit 16 Membern ein Szenario mit
atlantischem Rücken zeigt. Dies deutet sich auch in der Deterministik an.
Gleichwohl ist auch ein Andauern der Troglage im Bereich des Möglichen.

Fazit:
Der Herbst kommt. Anfangs gemächlich, in der zweiten Wochenhälfte dann mit
Pauken und Trompeten. Mehrere Kaltfrontdurchgänge in Begleitung von Sturmböen
und Gewittern stehen auf der Speisekarte. Wie intensiv diese Entwicklung
insgesamt wird, ist dabei aber noch mit Fragezeichen versehen. Ignorieren kann
man die Andeutungen der Modelle aber kaum. Es gilt also, die erste Wochenhälfte
noch etwas zu „genießen“, bevor es Richtung Wochenende auf Talfahrt geht. An
diesem heißt es dann: Vollherbst.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Gewitter:
Am Dienstag geringe Wahrscheinlichkeit für markante Gewitter mit Starkregen in
der Mitte und im Süden.
Am Mittwoch einzelne Gewitter im Nordseeumfeld in Verbindung mit Sturmböen und
Starkregen bei wiederholtem Auftreten nicht ausgeschlossen.
Am Donnerstag zeitweise kräftige Gewitter mit Starkregen und Sturmböen
wahrscheinlich.
Am Freitag an der Nordsee weitere Gewitter mit Sturmböen, bei wiederholtem
Auftreten zusätzlich mit Starkregen nicht ausgeschlossen.

Sturm:
Am Mittwoch an der Küste und im Bergland vor allem in windexponierten Lagen
stürmische Böen Bft 8 gering wahrscheinlich.
Am Donnerstag und Freitag großräumige Windlage. Verbreitet stürmische Böen Bft 8
gering wahrscheinlich. An der Küste Sturmböen Bft 8-9 wahrscheinlich. Sonst
Sturmböen Bft 9, im Bergland exponiert schwere Sturmböen Bft 10 gering
wahrscheinlich. An der Nordsee zeitweise einzelne orkanartige Böen Bft 11 nicht
ausgeschlossen.

Dauerregen:
Am Donnerstag im Schwarzwald konvektiv durchsetzter Dauerregen, Mengen von über
30 l/m² in 24 Stunden nicht ausgeschlossen.

Starkregen:
Am Donnerstag und Freitag an der Nordsee mehrstündiger Starkregen im Zuge
wiederholt auftretender kräftiger Schauer nicht ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-IFS, ICON, GFS, UK10; jeweils entsprechende Ensembles + COSMO-LEPS

VBZ Offenbach / M.Sc. Felix Dietzsch