S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.09.2024 um 10.30 UTC

Kommende Woche nach Norden hin antizyklonal und wieder wärmer (Richtung
Altweibersommer), nach Süden hin leicht wechselhaft und kühler.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 19.09.2024

Nachdem im Kurzfristbereich die Wetter-Schlagzeilen sicher wie das Amen in der
Kirche sind (Stichwort Extremniederschläge im östlichen Mitteleuropa + Austria),
startet die Mittelfrist am kommenden Sonntag bei uns mit einem fiesen
Täuschungsmanöver. Auch hier regnet und schneit es ab Freitag vom Alpenrand bis
hoch zur Lausitz ganz ordentlich, wenn auch – glücklicherweise – weniger als bei
unseren Nachbarn. Beginnend im Laufe des Samstagnachmittags, vor allem aber in
der Nacht zum Sonntag schwächen sich die Niederschläge aber deutlich ab bzw.
hören sogar ganz auf, so dass ein jeder denkt, das warŽs. Nein liebe LeutŽ, das
warŽs noch nicht. Wer kann denn aber auch mit den Launen des wetterbestimmenden
Tiefs rechnen, das irgendwelche Zacken in beliebige Richtungen schlägt und sich
auch nicht so schnell totkriegen lässt. Zwar legt das Bodentief unter
Abschwächung immer mehr Distanz zwischen sich und dem Vorhersageraum (Kurs gen
Rumänien), doch man sollte nie die Rechnung ohne das Höhentief machen. Ausgehend
vom Drehzentrum über Ungarn sendet es einen veritablen Randtrog mit nicht minder
veritabler WLA in den Osten und Südosten, die dort für neue Niederschläge sorgt.
Zwar steht aktuell nicht fest, wie viel mit diesem zweiten Schub noch mal
abgeladen wird. Laut IFS können sich vor allem Ostsachsen und die Lausitz auf
weitere 20 bis 30 l/m² in 24 Stunden gefasst machen, laut ICON und GFS sogar auf
noch mehr (40 bis 50 l/m²).

Je weiter der Blick Richtung Westen geht, desto antizyklonaler das Setup. So
befindet sich über großen Teilen des Ostatlantiks eine zonal exponierte
Hochdruckzone, die von einem breiten Potenzialrücken gestützt wird. Die Zone
nimmt im Laufe des Sonntags Fühlung zu einem fetten Sibirienhoch auf, was
schlussendlich in eine Brückenkonstellation mündet.

Am Montag liegen weite Teile des Landes am Rande der Hochdruckbrücke, deren
Divergenzachse knapp nordwestlich von uns verläuft. Der o.e. Randtrog schwenkt
südwärts über die Alpen hinweg gen westliches Mittelmeer, während sich Höhen-
und Bodentief über Rumänien weiter auffüllen (aber nicht auflösen). Die
Regenfälle aus dem Osten kommen noch etwas westwärts voran, schwächen sich dabei
aber merklich ab bzw. ziehen sich mehr und mehr in den Süden zurück. Mit
850-hPa-Temperaturen um 5°C (nur im Nordosten etwas höher) bleibt das thermische
Niveau bei vielen Wolken zunächst noch ziemlich verhalten (max. 20°C).

Am Dienstag weitet sich die Hochdruckbrücke etwas nach Süden aus und auch der
korrespondierende Rücken tätigt einen kleinen Schwenk im Uhrzeigersinn. Damit
wird die Gesamtkonstellation bei uns etwas antizyklonaler und auch die
Temperatur steigt etwas an (T850 am Abend 8 bis 11°C). Das zyklonale
Damoklesschwert ist aber noch immer präsent. So bildet sich aus den Resten des
alten Höhentiefs und dem o.e. Randtrog ein neues Drehzentrum, das vom
Tyrrhenischen Meer nach Sardinien und Korsika zieht. Wenn man so will, die
Entstehung einer High-over-Low-Situation. Der Wirkungsradius reicht locker über
den Alpenhauptkamm hinweg nach Norden, was im Süden und Südosten für einigen
Verdruss sorgen dürfte. Auch wenn es nicht viel ist, wird es immer mal wieder
regnen.

Im weiteren Verlauf der Woche bis Donnerstag ändert sich an der
Grundkonstellation nicht allzu viel: in der Nordhälfte Fortdauer der
antizyklonalen Brückensituation mit Zügen von Altweibersommer, nach Süden und
Südosten zu störungsanfällig und damit leicht wechselhaft (und kühler als im
Norden).

In der erweiterten Mittelfrist bis zum übernächsten Wochenende deutet sich bei
aller noch gebotener Vorsicht eine langsame Ausweitung der Hochdruckzone/-brücke
bis nach Süddeutschland an. Warten wirŽs ab…

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz der jüngsten Modellläufe von IFS (ECMF) ist nicht gerade
berauschend. Es ist offensichtlich, dass die Kontroverse zwischen dem
Tiefdruckeinfluss über dem östlichen Mitteleuropa bzw. dem Balkan
(verantwortlich für die exorbitant hohen Niederschlagsmengen ab Freitag bei
unseren östlichen und südöstlichen Nachbarn) auf der einen und hohem Luftdruck
über dem Ostatlantik sowie Nordosteuropa auf der anderen Seite nicht einfach zu
lösen ist. Nicht nur IFS selbst korrigiert seine Vorhersagen immer wieder, auch
andere Globalmodelle haben so ihre Probleme damit.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Wie so oft in der Mittelfrist zeigen die anderen Globalmodelle zwar ähnliche
Muster, trotzdem gibt es z.T. erheblich Differenzen im Detail. Im vorliegenden
Fall findet man in allen Szenarien die Hochdruckbrücke wieder. Auch steht am
Ende eine wie auch immer geartete „High-over-Low-Konstellation“ zu Buche, bei
dem sich das Druck- und Potenzialminimum irgendwo im mediterranen Raum befindet,
während die Hochdruckzone über Nord- und Ostsee verläuft (+/- etwas nach Norden
oder nach Süden verschoben).
Unterschiedlich wird derzeit auch noch das Comeback des Regens von Sonntag auf
Montag simuliert. So bieten ICON (von 00 UTC) und GFS eine offensivere Variante
an, bei der der Regen weiter westwärts ausgreift und im deutsch-polnischen
Grenzbereich bzw. in Sachsen zudem etwas intensiver fällt (40 bis 50 l/m² innert
24 h). UK10 wiederum hält wenig von Offensive und sendet nur Streifschüsse in
den äußersten Osten. Mittlerweile ist auch ICON zurückgerudert (06-UTC-Lauf) und
hat sich IFS angepasst.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen repräsentativer Städte in Deutschland zeigen eigentlich
bis zum Ende hin (Wochenende 21./22.9.) sehr gutmütige Kurvenverläufe mit
vergleichsweise geringer Spreizung respektive nur wenigen Ausreißern. Zwar wird
das Delta nach hinten raus etwas größer, der Trend ist aber absolut belastbar.
Heißt konkret, Pot500 und etwas verzögert auch T850 steigen je nach Region schon
am Samstag, nach Südosten hin erst am Sonntag an, um in der nächsten Woche eine
Seitwärtsbewegung zu beschreiben. Dabei werden in der Nordhälfte nur wenige
Niederschlagssignale angeboten, während nach Süden hin die Dichte höher ist,
aber nicht überbordend hoch. Das entspricht im Wesentlichen den Vorstellungen
des Hauptlaufs, der sich nach hinten raus aber am unteren Rand der Kurvenschar
bewegt.

Bei der Clusterung ist das erste Zeitfenster (T+72…96h) aufgrund nicht
vorhandener Unterschiede zu ignorieren. Von Dienstag bis Donnerstag (T+120…168h)
stehen fünf Cluster auf der Karte (alle Strömungsmuster „Blockierung“), die aber
alle das gleiche Muster anbieten: Brücke vom nahen Atlantik bis nach
Nordosteuropa, Trog mit eingelagertem Drehzentrum über dem Mittelmeerraum und
dem Balkan. Passt zur geringen Streuung der Ensemblelösungen, beantwortet aber
noch nicht alle Fragen. Ab Freitag (T+192…240h) stehen nur noch drei Cluster im
Schaufenster. CL 1 (24 Fälle) und CL 2 (15 Fälle + HL) setzen das Muster fort,
wobei CL 1 bei uns eher den zonalen Trog von Süden in der Favoritenstellung
sieht, während CL 2 stärker auf die Brücke setzt. CL 3 (12 Fälle) baut die
Brücke ab und schafft dafür eine Verbindung zwischen dem Mittelmeertrog und
einem von Skandinavien südwärts vorstoßenden Trog. Lösung „muss nicht sein“.

FAZIT:
Das IFS-EPS stützt im Großen und Ganzen die Geschichte des Hauptlaufs. Auch im
Modellvergleich ist der Trend klar. Es geht in Richtung „High-over-Low“ mit
Brücke knapp nördlich von uns und Trog/Höhentief südlich. Der Weg dahin weist
allerdings unterschiedliche Biegungen auf, von denen man noch nicht weiß, für
welche sich die Atmosphäre am Ende entscheidet. Grundsätzlich lässt sich aber
konstatieren, dass sich die Wetterlage nach den kräftigen Niederschlägen an den
Alpen vom Wochenende zusehends beruhigt, wobei der Norden antizyklonaler und
wärmer daherkommt als der Süden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Musik spielt eindeutig im Kurzfristzeitraum (siehe Synoptische Übersicht
Kurzfrist). Eine kleine Unbekannte stellt der Sonntag/Montag dar mit der zweiten
Regenwelle von Osten. Wie schwach bzw. wie stark diese ausfällt, bleibt noch
etwas abzuwarten. Gut möglich aber, dass für ein kleines Areal in Ostsachsen
bzw. im Grenzbereich zu Polen noch mal eine markante Dauerregenwarnung
nachgeschoben werden muss. Ob das auch für die Regionen südlich der Donau am
Montag noch gilt, ist mehr als fraglich.

Ansonsten deuten sich im Verlauf der nächsten Woche keine signifikanten
Wettererscheinungen an.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit MOS-Mix bei der Temperatur.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann