SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 10.09.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Herbstlich; Schauer, vor allem im Nordwesten auch Gewitter, teilweise mit
Sturmböen und Starkregen, kommende Nacht und am Mittwoch am ehesten in
Nordseenähe gebietsweise auch mehrstündiger Starkregen.
Im Schwarzwald am Mittwoch markanter Dauerregen möglich.
Bis in die Nacht hinein im Nordseeumfeld, bis Mittwochmittag in einigen
Höhenlagen stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln Sturm- bis schwere
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Aktuell … vollzieht sich der Übergang zu einer unbeständigen, herbstlich
geprägten Wetterlage auf einem für diese Jahreszeit sogar leicht
unterdurchschnittlichen Temperaturniveau.
Verantwortlich dafür ist ein Höhentrog über Nordwesteuropa, der genau genommen
aktuell noch zwei Drehzentren aufweist. Das südöstlichere der beiden – vor Kap
Svinöy gelegen – übernimmt im Laufe der Nacht allmählich die zentralsteuernde
Position, bewegt sich kaum von der Stelle und korrespondiert mit einem
veritablen Sturmtief („ZILAN“), das heute Abend mit einem Kerndruck (ca. 976
hPa) über der nördlichen Nordsee (Seegebiet Viking) gelegen, den Höhepunkt
seiner Entwicklung erreicht. Es verlagert sein Drehzentrum im Laufe der Nacht
allmählich achsensenkrecht unterhalb das des Höhentiefs und füllt sich somit nur
sehr langsam auf.
Die Kaltfront von „ZILAN“ hat inzwischen den Nordwesten Deutschlands erreicht
und kommt – noch weit vorderseitig der Trogachse gelegen und somit nur mit wenig
Schubkomponente ausgestattet – nur zögernd südostwärts voran. Dabei deutet sich
zusätzlich noch die Passage einer flachen Frontalwelle irgendwo über
Nordwestdeutschland an, danach erreicht sie bis Mittwochfrüh aber immerhin in
etwa eine Linie Eifel-Ostvorpommern.
Insgesamt ist die Front zunächst mit einer recht markanten dynamischen
Hebungskomponente (kräftige PVA, die nur zögernd durch KLA teilkompensiert wird)
ausgestattet, unterstützt noch durch eine ausgeprägte frontale Querzirkulation
in einem Umfeld mit massig zur Verfügung stehenden Scherung. Somit dürfte sie
sich vor allem in den kommenden Stunden noch als recht wetterwirksam erweisen in
Form kräftiger schauerartiger Regenfälle mit Frontpassage, wobei sie leichte
Splittingtendenzen aufweist, so dass die schauerartigen Niederschläge
staffelartig erfolgen. Mit der Hebung und dem relativ hohen Gehalt an
niederschlagbarem Wasser im Frontbereich (um 30 mm) steht vor allem im
Nordseeumfeld trotz fehlender Labilität auch noch etwas MU-Cape zur Verfügung,
so dass kurze Gewitter nicht ausgeschlossen Sind. Diese können von einzelnen
Sturmböen begleitet werden, bei wiederholter Schauertätigkeit kann auch
mehrstündiger Starkregen auftreten, am ehesten (nach Lesart des I-D2-EPS) wohl
im Westen von Schleswig-Holstein.
Apropos Wind: An der Südflanke des Tiefs hat sich der Gradient auch über dem
Vorhersagegebiet deutlich verschärft und vor allem im Nordwesten gibt es steife,
im Nordseeumfeld stürmische Böen aus Südwest, auf dem Brocken einzelne
Sturmböen. Mit Frontpassage und Drehung auf West flaut der Wind im Nordwesten
aber erst einmal wieder ab, während er dann präfrontal in de4r Mitte und morgens
auch im Südwesten auffrischt. Dort reicht es aber wohl lediglich in freien und
höheren Lagen für steife Böen aus Südwest, in den Kamm- und Gipfellagen einiger
Mittelgebirge gibt es allerdings stürmische Böen, exponiert Sturmböen, auf dem
Brocken vorübergehend auch schwere Sturmböen.
Mit der Kaltfront kommen die schauerartigen Regenfälle allmählich landeinwärts
voran, im Bereich der flachen Frontalwelle kann es im Westen und Norden
gebietsweise auch mal kräftiger regnen – wo genau, ist aber noch unklar. Die
Warnschwellen für mehrstündigen Starkregen werden aber voraussichtlich nicht
tangiert – 10 bis 20 l/qm in mehreren Stunden sind aber drin. Insgesamt nehmen
die Niederschläge mehr und mehr Anafrontcharakter an, finden also postfrontal
statt, und auch Gewitter sind im Frontbereich im Laufe der Nacht keine mehr zu
erwarten. Präfrontal regnet es nur wenig und etwa von Oberschwaben nach
Südbrandenburg bleibt es wohl noch komplett trocken.
Nach Abzug der Regenfälle lockern die Wolken im Nordwesten morgens wieder auf.
Allerdings geraten der Westen und Norden des Landes zusehends in die Peripherie
des Höhentroges, die 500 hPa-Temperatur sinkt morgens im Nordseeumfeld auf -25
bis -28 Grad, die 850 hPa-Temperatur auf etwa +2 Grad. Entsprechend können sich
einzelne Schauer und eventuell auch bereits erste Graupelgewitter entwickeln.
Der Front folgt übrigens maritime Polarluft auf direkterem Wege als bisher mit 1
bis 4 Grad in 850 hPa. In 2 Meter Höhe erreichen die Minima Werte zwischen 14
und 8 Grad.

Mittwoch … verlagern Boden- und Höhentief ihr Drehzentrum allmählich nach
Norden, wobei sich das Bodentief weiterhin nur langsam auffüllt. Der Trog weitet
sich langsam Richtung Mitteleuropa aus, von Schottland her verlagert sich ein
weiterer markanter Kurzwellentrog bis zum Abend zur südwestlichen Nordsee.
Mit der noch immer westsüdwestlichen Höhenströmung kommt die Kaltfront mangels
Schubkomponente nach wie vor relativ langsam südostwärts voran und erreicht wohl
erst in den Abendstunden die Alpen. Frontale und dynamische Hebung werden durch
die beständige KLA mehr und mehr teilkompensiert, so dass die schauerartigen
Regenfälle an Intensität verlieren. Der Wind weht vor allem unmittelbar
präfrontal und mit Frontpassage noch lebhaft aus Südwest, in den Hochlagen gibt
es stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen, ansonsten reicht es lediglich in
freien Lagen für einzelne steife Böen. Nachmittags lässt der Wind aber auch im
Frontbereich nach.
Erneut deuten einige Modelle aber eine flache Frontalwelle an; sollte die auf
den Schwarzwald treffen, kann es dort in den Staulagen bis zum Abend durchaus
warnrelevanten Dauerregen mit Mengen bis 40 l/qm in 12 Stunden geben. Die
Modelle rudern diesbezüglich aber eher etwas zurück.
Postfrontal gewinnt hingegen die Höhenkaltluft etwas nach Südosten an Raum. In
850 hPa sinkt die Temperatur bis zum Abend auf Werte zwischen knapp über 0 Grad
an der Nordsee und 5 Grad im Südosten, in 500 hPa im Westen und Norden auf -24
bis Grad, im Tagesverlauf labilisiert die Schichtung dort zusehends, die
Labilitätsfläche ist aber nur gering, entsprechend könne auch nur gebietsweise
und – mit Ausnahme des unmittelbaren Nordseeumfeldes – kaum mehr als 100 J/kg
ML-Cape generiert werden.
Somit entwickeln sich vor allem im Nordwesten zahlreiche Schauer, die sich nach
Osten und Süden ausweiten, aber an Häufigkeit und Intensität verlieren. Kurtze
Gewitter sind am ehesten im Nordseeumfeld und in der Norddeutschen Tiefebene
dabei, aber auch weiter südlich nicht ganz ausgeschlossen. Vor allem in einem
Streifen über die Ostfriesische Küste und die Elbmündung hinweg bis in den
Südwesten und die Mitte Schleswig-Holsteins deutet I-D2-EPS aufgrund
wiederholter Schauertätigkeit gebietsweise auch ein Überschreiten der
Warnschwellen für mehrstündigen Starkregen an.
Zwischen der nur langsam abziehenden Front und den Schauern weiter nördlich
bleibt es vom Westen über die (nördliche) Mitte bis in den Nordosten längere
Zeit trocken und auch weiter nordwestlich zeigt sich zwischen den Schauern ab
und zu mal die Sonne, ebenso präfrontal im Südosten Bayerns, wo es noch bis zum
Nachmittag trocken bleibt. Dort wird es mit 17 bis 20 Grad am mildesten, sonst
liegen die Höchstwerte zwischen 13 und 17 Grad, bei Dauerregen, z.B. im Stau des
Schwarzwaldes, kann es sogar noch etwas kühler bleiben.

In der Nacht zum Donnerstag greift der Kurzwellentrog bei zunehmender
Amplifizierung auf Benelux und Frankreich über und erreicht morgens die
Westgrenze des Vorhersagegebietes, wobei er nun die Hauptachse des gesamten
Höhentrogkomplexes markiert.
Vor allem über dem Südosten und Osten Deutschlands steilt die Höhenströmung
somit weiter auf, wodurch die Kaltfront über den Ostalpen, der Slowakei und
Polen ins Schleifen gerät, zumal es über Oberitalien auch noch zu einer
schwachen Zyklogenese kommt.
Da die frontalen Niederschläge nach wie vor Anafrontcharakter aufweisen und
somit an der Nord- und Westflanke der Front stattfinden, regnet es an den Alpen
und im Südosten Bayerns weiterhin, mit der aufsteilenden Strömung können die
Niederschläge später auch auf Teile von Sachsen übergreifen. Mit 10 bis 20 l/qm
in 12 Stunden an den Alpen (im Stau bis 25 l/qm) sowie im südlichen Vorland bis
zum Bayerischen Wald und etwa 1 bis nahe 10 l/qm in den übrigen Regionen bleiben
die Mengen wohl unterhalb der Warnschwellen für Dauerregen. Allerdings wird nun
auch der Alpenraum von der maritimen Polarluft geflutet, die 850 hPa-Temperatur
sinkt dort im Luv durch die Niederschlagsabkühlung auf etwa 0 Grad und die
Schneefallgrenze morgens vorübergehend auf unter 1500 m, in windschwachen
Hochtälern gar auf nahe 1000 m.
Im Norden und Westen, im Einflussbereich des sich nähernden Höhentroges, klingen
die Schauer nur langsam ab, vor allem im Nordseeumfeld dauert über der relativ
warmen Wasseroberfläche die Schauertätigkeit wohl die ganze Nacht über an, wobei
auch kurze Gewitter dabei sein können. Nach wie vor kann dort gebietsweise auch
die Warnschwelle für mehrstündigen Starkregen gerissen werden. Bei kaum
vorhandener hochreichender Scherung, niedrigen HKN und hoher
niedertroposphärischer Labilität können im Bereich kleinräumiger konvergenter
Windfeldern in Bodennähe vor allem ab den Früh- und Vormittagsstunden auch
einzelne Typ-II-Tornados nicht ausgeschlossen werden.
Ansonsten lockern die Wolken vor allem im Westen und in der Mitte auch mal
stärker auf. Insgesamt steht eine herbstlich frische Nacht ins Haus mit Minima
zwischen 10 und 4 Grad, bei Aufklaren in einigen Mittelgebirgstälern darunter,
während es an den Küsten milder bleibt.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag … hat sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht nichts
Substanzielles geändert.
Die Niederschläge rückseitig der schleifenden Front, die auch noch den äußersten
Südosten und Ostend es Vorhersagegebietes betreffen, werden nach Lesart der
aktuellen Läufe so rasch herausgedrängt, dass es wohl auch Richtung Chiemgau und
Berchtesgadener Land nicht für Dauerregen reicht.
Auch die sich im Laufe der Nacht zum Freitag wieder etwas intensivierenden
Stauniederschläge am Alpenrand fallen nicht allzu üppig aus und bleiben weit
unterhalb jeglicher Warnschwellen. Allerdings kann es dann erneut bis auf unter
1500 m oder gar auf nahe 1000 m herab schneien.

Modellvergleich und -einschätzung

Der grobe Fahrplan bis Freitagfrüh steht und auch bzgl. der zu erwartenden
Niederschlagsmengen haben sich die Modelle angeglichen. Dauerregen steht morgen
erst einmal, wenn überhaupt (die Modelle haben diesbezüglich zurückgerudert), im
Schwarzwald auf dem Plan, an den Alpen dürften die Mengen bis Freitagfrüh
dagegen noch nicht reichen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff