SXEU31 DWAV 081800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.09.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
In der Nacht zum Montag gebietsweise kräftige Regenfälle, teils mit
eingelagerten Gewittern. Ab Montag wechselhaft und kontinuierlich kühler.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Aktuell … ist die Atmosphäre emsig damit beschäftigt, die Weichen für die
bevorstehende, seit Tagen vermarktete Wetteränderung zu stellen. Eine
Wetteränderung, die es in sich hat – au revoir Sommer, bienvenue Herbst.
Hauptimpulsgeber der Änderung sind ein Höhentief, das in der Nacht von
Südostengland Richtung Niederlande steuert sowie ein breiter Potenzialtrog über
Nordwesteuropa, der sich immer weiter südostwärts ausweitet. Die Kaltfront des
korrespondierenden Bodentiefs YONCA hat die Mitte des Vorhersageraums erreicht,
wo sie unter der südlichen Höhenströmung vorübergehend ausgebremst wurde. Die
unterschiedlichen Luftmassen, die die Front trennt, sind sehr schön an der
nachmittäglichen Temperaturverteilung zu erkennen: im Osten noch immer die
trockenwarme bis -heiße Kontinentalluft mit Temperaturen um oder über 30°C
(xS/cS), im Westen die frische subpolare Meeresluft (mPs) mit meist unter 25°C.
Auf der warmen Seite der Front hat sich eine langgestreckte, meridional
exponierte Rinne gebildet, die von Österreich bis nach NO-Deutschland reicht.
Darin hat sich in Oberösterreich ein flaches Leetief gebildet, das in den
nächsten Stunden via Tschechien gen deutsch-polnische Grenze zieht. Am
westlichen Rand der Rinne entwickelt sich eine veritable Gegenstromlage mit
west-nordwestlichen Winden unten und diffluenter! südlicher Strömung weiter
oben. Damit sind beste Voraussetzungen für großräumige synoptisch-skalige
Hebungsprozesse geschaffen, die auf eine ziemlich feuchte, aber nicht
überbordend labile Luftmasse treffen. Und genau da liegt die Schwierigkeit,
nämlich eine ausgewogene Beurteilung vorzunehmen, wie viel von den sicher
auftretenden üppigen Niederschlägen skalig-stratiform motiviert und wie viel
Konvektion mit am Start ist. Dass beides wahrscheinlich ist und wir uns auf ein
hybrides Ereignis einstellen müssen, wird offensichtlich, wenn man sich ein paar
Prognosesoundings anschaut. Vor allem zur warmen Seite lässt sich über einem
stabilen, recht weit unten angesiedelten Aufgleitprofil eine mehr oder weniger
ausgeprägte abgehobene Mischungsschicht (elevated mixed layer ELM) ausmachen, in
der sich etwas MU-CAPE verbirgt.

Kommen wir zum Fahrplan für die kommende Nacht zum Montag, in der sich die
Gewitter und Regenfälle, die am Nachmittag größtenteils aus Österreich und der
Schweiz eingeführt wurden, über die Mitte weiter gen Norden ausbreiten und sich
mit den vorlaufenden Schauern und Gewittern verbinden. Die Andauer der
Niederschläge im Verbund mit den konvektiven Verstärkungen respektive Gewittern
sorgen zum Teil für üppige Regenmengen innerhalb weniger Stunden. Insgesamt sind
die Modelle aber etwas zurückgerudert und auch der Gewitteranteil wurde schon
mal höher gerechnet. Jedenfalls sind in einem Korridor, der etwa von Nordbayern
über Thüringen, Teile Sachsen-Anhalts und das östliche NDS bis in den Hamburger
Raum sowie Ostholstein und Westmecklenburg reicht, gebietsweise Mengen zwischen
20 und 35 l/m² innert 6-9 Stunden zu erwarten. Auch sind noch höhere Regensummen
von bis zu 60 l/m² nicht aus der Luft gegriffen, wobei diese stark von den
schwer einzuschätzenden konvektiven Verstärkungen abhängen.

Ansonsten bliebe noch zu konstatieren, dass der äußerste Osten und Nordosten
weitgehend niederschlagsfrei bleiben, während im Westen und Südwesten in den
frühen Morgenstunden neue, aber deutlich weniger ergiebige schauerartige
Regenfälle auftauchen. Dann wäre da noch eine Druckanstiegswelle zu erwähnen,
die – nachdem sich das Leetief abgelöst hat – über das Alpenvorland und den
Bayerischen Wald ostwärts zieht und dabei für eine vorübergehende Auffrischung
des westlichen Windes sorgt (Böen 7-8 Bft, worst case 9 Bft, Alpengipfel bis 10
Bft).

Montag … verlagert sich das Höhentief zur Mitte Deutschlands, wo es mehr und
mehr zu einem Randtrog des sich weiter südostwärts ausweitenden
nordwesteuropäischen Haupttrogs mutiert. Das Bodentief zieht unter
Intensivierung auf rund 995 hPa über die westliche Ostsee hinweg gen
Südschweden. Damit verlagern sich die Regenfälle aus der Nacht zunehmend in den
Nordosten bzw. den äußersten Osten, bevor sie am Nachmittag auf die Ostsee
rausziehen. Die Gewitterwahrscheinlichkeit ist nur noch gering und auch die
Starkregengefahr nimmt stetig ab. Trotzdem sind am Vormittag von Ostholstein
über MV bis in den Norden BBs bzw. den Berliner Raum gebietsweise Mengen
zwischen 20 und 35 l/m² möglich, was dort aber eher Segen denn Fluch ist.
Darüber hinaus frischt der westliche Wind an der Südwestflanke des Tiefs
zeitweise auf. Während sich im nordostdeutschen Binnenland eine Warnung trotz
einzelner 7er-Böen nicht unbedingt aufdrängt, dürfte die Ostseeküste sicher
eingefärbt werden (Böen 7-8 Bft, exponiert 9 Bft). Zum Abend hin zieht der Wind
auch über und an der Deutschen Bucht an mit Böen 7 bis 8 Bft aus Nordwest.

Im großen Rest des Landes gestaltet sich das Montagswetter in der frisch
einfließenden subpolaren Meeresluft (T850 um 8°C) sehr wechselhaft. Die
schauerartigen Regenfälle aus der Nacht breiten sich über die Mitte und den
Süden ostwärts aus, wobei sich mit Unterstützung des Tagesgangs einige kurze
Gewitter (meist in Gelb gehalten) dazugesellen. Direkt unter dem Höhentief bzw.
dem, was davon noch übriggeblieben ist, wäre ein TypII-Tornado keine
Überraschung (kaum Höhenwind, wenig Scherung, hohe Labilität im untersten
Bereich). Der Südwest- bis Westwind frischt insbesondere im Süden BaWüs bis
hinüber nach Schwaben mitunter böig auf. In höheren Lagen stehen Böen 7-8 Bft,
auf dem Feldberg vielleicht sogar 9 Bft auf der Karte, weiter unten sind es
meist 7er-Böen (vor allem am Hochrhein).

Einige Auflockerungen gibt es im Nordwesten und im Südosten. Trotzdem wird es
landesweit nicht wärmer als 17 bis 22°C, in den Mittelgebirgen noch etwas
darunter.

In der Nacht zum Dienstag findet der Rest des Höhentiefs endgültig Anschluss an
den nordwesteuropäischen Trog. Unter dem Strich steht am Ende ein einziger,
negativ geneigter Potenzialtrog, der sehr langsam ostwärts schwenkt. Deutschland
gelangt bis zum Morgen auf die Rückseite der Hauptachse unter eine westliche
Höhenströmung. An den Alpen setzt leichter Stau ein, der für länger andauernden
Regen sorgt. Das Überschreiten von Warnschwellen ist aber eher unwahrscheinlich.
Ansonsten kommt es bei unterschiedlichen Bewölkungsverhältnissen noch zu
weiteren, meist schauerartigen Regenfällen, bevor es später von Westen her
beginnt abzutrocknen. Während der westliche Wind an der Ostsee allmählich
schwächer wird, durchlebt er an und auf der Nordsee ein Auf und Ab. Am Abend
Böen 7-8 Bft, später vorübergehend etwas nachlassend und gegen Morgen wieder
auflebend (7-8 Bft, exponiert 9 Bft), dabei von Nordwest auf Südwest
rückdrehend.

Die Temperatur geht auf 15 bis 10°C, in den Mittelgebirgen bis in den
einstelligen Bereich zurück.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag … Es gelten im Großen und Ganzen die Ausführungen der Frühübersicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Was die Regenmengen der kommenden Nacht angeht, bleibt die deutsche Modellkette
zusammen mit AROME am aggressivsten aufgestellt. Allerdings sind die
EPS-Überschreitungswahrscheinlichkeiten für markanten und unwetterartigen
Dauerregen etwas zurückgegangen. Gebietsweise dürfte die Unwetterschwelle aber
überschritten werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann