SXEU31 DWAV 041800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 04.09.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Bis in die Nacht hinein noch einzelne kräftige Gewitter mit Unwetterpotenzial
vor allem aufgrund von Starkregen, später rasch abklingend.
Am Donnerstag im Südwesten, eventuell auch an den Alpen erneut einzelne kräftige
Gewitter, Unwetter (Starkregen) nicht ausgeschlossen, am Freitag bis zur Mitte
ausgreifend, aber gleichzeitig deutlich abschwächend.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland zwischen einem Höhentief über Westeuropa
(Drehzentrum etwa über der Irischen See) und einer umfangreichen, vom mittleren
Skandinavien über die Ostsee bis nach Nordwestrussland reichenden
Höhenantizyklone unterhalb einer relativ glatt konturierten südsüdöstlichen
Höhenströmung. Im Laufe der Nacht und der Frühstunden verlagert das Höhentief
sein Drehzentrum langsam zum Westausgang des Ärmelkanals, während ein
zugehöriger Randtrog über Südfrankreich und dem westlichen Mittelmeerraum
allmählich nordostwärts zieht. Dadurch kippt die Höhenströmung hierzulande mehr
auf Nordost, gleichzeitig weitet sich über Nordwesteuropa ein vom Höhenhoch
ausgehender Keil über die Norwegische See hinweg rasch westwärts aus und nimmt
in Form einer langgestreckten Potenzialbrücke Verbindung mit dem Azorenhoch auf.

Das mit der Höhenantizyklone korrespondierende umfangreiche fennoskandische
Hochdruckgebiet „QUENTIN“ über dem Nordwesten Russlands verstärkt sich noch
etwas (abgeschlossene 1035 hPa-Isobare) und verlagert seinen Schwerpunkt ein
wenig nach Südosten. An dessen Südwestflanke strömt sehr warme bis heiße und
trockene Luft kontinentaler Prägung (T850 hPa 17 bis 19 Grad) über das östliche
Mitteleuropa auch in den Osten/Nordosten des Vorhersagegebietes, wo heute bei
strahlendem Sonnenschein auch gleich mehrere Tmax-Septemberrekorde gerissen
wurden (Doberlug-Kirchhain: 35,2 Grad, Potsdam: 35,0 Grad).
Dieser Luftmasse steht weiter westlich und südlich, also im Großteil des Landes
feuchte und sehr warme Luft subtropischen Ursprungs gegenüber mit hohen PPWs
zwischen 35 und 40 mm, örtlich darüber und einer spezifischen Feuchte innerhalb
der unteren 500 m von 13 bis nahe 15 g/kg. Die Luftmassengrenze markiert eine
Tiefdruckrinne, die sich zum heutigen 18 UTC-Termin etwa vom Erzgebirge bis nach
Ostholstein erstreckt. Rückseitig dieser Rinne hat sich zwar ganz im Westen
inzwischen eine etwas stabilere, vor allem aber kühlere Luftmasse durchgesetzt,
dennoch kann von einem Luftmassenwechsel noch nicht die Rede sein, zumal die
wellende Front, die diese Subtropikluft von maritimer Subpolarluft trennt, grade
so die belgisch-niederländische Küste bzw. Nordwestfrankreich erfasst hat.
Die höchste potenzielle Instabilität war erwartungsgemäß unmittelbar westlich
der Rinne (etwa vom Alpenvorland nordwärts in einem schmaler werdenden Streifen
über Franken, Thüringen, Sachsen-Anhalt und das östliche Niedersachsen hinweg
bis nach Ostholstein) auszumachen; bei viel Sonnenschein konnten in diesen
Regionen gebietsweise 1000 bis über 1500 J/kg ML-Cape generiert werden.
Weiter westlich, also zwischen wellender Front und Tiefdruckrinne, verlief der
Tag dagegen wolkig bei stark bewölkt und im Tagesverlauf verlagerte sich ein
konvektiv durchsetztes, allmählich aber in einzelne Schauer- und Gewitterlinien
„zerfallendes“ Regengebiet vom westlichen Baden-Württemberg, das Saarland und
Rheinland-Pfalz über NRW und das westliche Niedersachsen hinweg nordwärts bis
zur Nordsee bzw. nach Nordfriesland.
Um die Mittagszeit gab es dann knapp westlich der Rinne, in den oben genannten
Regionen mit der höchsten potenziellen Instabilität, meist ausgehend von den
Mittelgebirgen, erwartungsgemäß die ersten kräftigen Gewitter, die bei kaum
vorhandener hochreichender Scherung (lediglich nach Norden zu war bzw. ist
einiges an bodennaher Richtungsscherung vorhanden, so dass man sich nicht über
einen Typ II-Tornado wundern bräuchte) schnell zu relativ kleinen
Multizellensystemen verclusterten und nur eine geringe
Verlagerungsgeschwindigkeit aufwiesen, sich zudem auch noch strömungsparallel
bewegten. Im Laufe des Nachmittags starteten dann auch die Zellen an den Alpen.
Schnell waren – allerdings jeweils sehr kleinräumig – die Warnschwellen für
Starkregen-Unwetter überschritten (Eichstätt an der Donau sogar um 50 l/qm), und
auch aktuell ist diesbezüglich noch einiges unterwegs.

Soweit erst einmal zum aktuellen Zustand. Im Laufe der kommenden Nacht setzt mit
der Südverlagerung des fennoskandischen Hochs auch über dem Norden und Osten des
Vorhersagegebietes von Osten her Druckanstieg ein, während der Randtrog über dem
westlichen Mittelmeerraum im Westalpenraum sowie in Südwestdeutschland Druckfall
induziert. Während sich dort eine von Frankreich bis ins Alpenvorland reichende
Tiefdruckrinne etabliert, kommt die Rinne im Nordosten nach Westen voran, füllt
sich dabei aber rasch auf. Somit kann die trockene Festlandsluft mit dem sich
dadurch verschärfenden Gradienten und entsprechend auch auffrischendem Ostwind
einiges nach Westen zu an Boden gut machen. Außer im Westen und Südwesten sowie
in Teilen der Mitte sinken die PPWs im Laufe der Nacht auf unter 30 mm.
Die anfangs noch teils kräftigen Gewitter verlagern sich im Laufe der ersten
Nachthälfte allmählich nordwestwärts bzw. aus den Alpen heraus eher
nordnordwestwärts, wobei vor allem dort die Unwettergefahr bzgl. Starkregen noch
längere Zeit recht hoch bleibt. Ansonsten schwächen sich die Gewitter aber nicht
nur tagesgangbedingt, sondern auch aufgrund des zunehmenden Entrainments
trockener Luftmassen von Osten her mehr oder weniger rasch ab. Spätestens im
Laufe der zweiten Nachthälfte dürften sich dann auch die letzten Gewitter
auflösen bzw. aus dem Vorhersagegebiet herausziehen.
Vor allem im Osten und Norden bleibt es überwiegend gering bewölkt bzw.
wolkenlos bzw. klart der Himmel auf, aber auch sonst gibt es durchaus auch mal
größere Lücken, wobei sich besonders dort, wo es Regen bzw. Gewitter gegeben
hat, auch Nebel bilden kann. Die Minima liegen zwischen 20 Grad gebietsweise an
der Ostsee bzw. in Ostsachsen und 13 Grad im südwestdeutschen Mittelgebirgsraum
bzw. an den Alpen.

Donnerstag … greift der Randtrog unter Amplifizierung bis zum Abend auf
Nordwestitalien und die Adria über, während sich an der Potenzialbrücke weiter
nördlich nur wenig ändert. Die Höhenströmung dreht über dem Vorhersagegebiet
somit mehr auf Ostsüdost, wobei vor allem über Südwesten mit Übergreifen des
Randtroges aufgrund von PVA etwas dynamischer Hebungsantrieb wirksam werden
kann.
Im Bodenfeld verstärkt sich dadurch vorübergehend der Druckfall im Südwesten und
Süden des Landes und die abends in etwa von der Eifel bis ins Berchtesgadener
Land reichende Rinne kann sich noch etwas vertiefen. Da sich gleichzeitig das
kräftige fennoskandische Bodenhoch nur wenig abschwächt, führt dieser Prozess zu
einer deutlichen Gradientverschärfung vor allem über dem Norden und Osten,
teilweise aber auch über der Mitte des Landes. Vom Osten Bayerns über Sachsen
und Thüringen bis zur Ostsee sowie in Schleswig-Holstein und im Nordseeumfeld
frischt der Ostwind vielerorts mit steifen Böen (Bft 7) auf, in einigen
Mittelgebirgskammlagen kann es auch stürmische Böen (Bft 8) geben.
Mit dem Ostwind kann sich die trockene Kontinentalluft vor allem über
Norddeutschland weiter nach Westen durchsetzen mit PPWs meist um 25 mm, Richtung
Oder auch darunter. Dagegen hält sich im Rinnenbereich und südwestlich davon
noch die feuchtere ehemalige Subtropikluft mit PPWs teils deutlich über 30 mm.
Während es unmittelbar an der Grenze zu Frankreich wohl meist stark bewölkt
bleibt, scheint auch im Rinnenbereich zunächst vielerorts die Sonne, so dass bei
zunehmend labiler Schichtung erneut 500 bis 1000 J/kg, örtlich bis nahe 2000
J/kg ML-Cape generiert werden können. Allerdings weist diese Luftmasse vor allem
im Nord- und Ostteil der Rinne, also in einem Bogen vom Rheinland über Hessen
und Franken bis ins Alpenvorland aufgrund kräftiger niedertroposphärischer WLA
(die 850 hPa-Temperatur steigt dort auf 18 bis 20 Grad) einen recht veritablen
Deckel auf, dazu ist kaum dynamische Hebung, die Auslöse forcieren könnte,
vorhanden. Zugleich verstärkt sich auch dort trotz der hohen potenziellen
Instabilität bodennah das Entrainment trockener Luftmassen von Osten her. Somit
dürfte Auslöse weiter südlich bzw. südwestlich stattfinden, zumindest dürfte der
dort vorhandene dynamische Hebungsantrieb (siehe oben) im Zusammenspiel mit der
Orographie ausreichend sein. Entsprechende Signale liefern auch die Konvektion
erlaubenden Modelle, die durch die Bank weg Auslöse auf der Agenda haben, meist
aber erst im Laufe des (späteren) Nachmittags. Die Begleiterscheinungen der
meist als Einzelzellen startenden, sich dann aber zu kleineren
Multizellensystemen organisierenden Gewitter dürften sich meist im markanten
Bereich abspielen (Starkregen, Hagel bis 2 cm, stürmische Böen), wobei
angesichts der hohen PPWs und der Tendenz der Zellen, strömungsparallel zu
ziehen bzw. anzubauen, kleinräumig sicherlich wieder die Unwetter-Warnschwellen
für Starkregen überschritten werden. I-D2-EPS liefert entsprechende Signale vor
allem von Südbaden bis zum Bodensee, andere Modelle lassen die Gewitter noch
etwas weiter nach Norden, bis zum Saarland und der Südpfalz, bzw. nach Osten,
ins Allgäu bzw. Werdenfelser Land ausweiten. Bei frischen Entwicklungen kann
kurzzeitig auch mal Hagel um 3 cm mit von der Partie sein, bei größeren
Multizellensystemen (wenn es denn welche gibt) mit entsprechendem Cold-Pool vor
allem an der Grenze zur trockeneren Luftmasse (höherer Spread bzw. mehr D-Cape)
zusätzlich die ein oder andere Sturmböe.
Im großen Rest des Landes verläuft der Tag dagegen überwiegend gering bewölkt,
in der Nordosthälfte allgemein sonnig. Die sehr warme bis heiße Luftmasse kann
sich noch etwas weiter nach Westen vorarbeiten, während es ganz im osten nicht
mehr ganz so heiß wird wie am Vortag. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 27
und 33 Grad, lediglich an den Küsten – vor allem bei auflandigem Wind – sowie
mit den etwas dichteren Wolken im Südwesten wird es mit 23 bis 26 Grad nicht
ganz so warm.

In der Nacht zum Freitag verlagert das Höhentief sein Drehzentrum zur Biskaya
und der Randtrog greift auf den Alpenraum über. An dessen Nordflanke werden
flache kurzwellige Troganteile über die Südhälfte Deutschlands hinweg westwärts
geführt. Im Bodenfeld kann sich die Tiefdruckrinne ebenfalls etwas nach Norden
vorarbeiten, füllt sich aber ein wenig auf und erstreckt sich morgens etwa vom
Niederrhein bis nach Niederbayern. Nördlich davon nimmt der Ostwind in den
Niederungen mit Entkopplung der Grundschicht allmählich ab, an den Küsten sowie
auf den Bergen bleibt es aber windig mit Böen Bft 7, in den Kammlagen der
Mittelgebirge kann es vor allem im Bereich lokaler Low Level Jets auch Böen Bft
8, vereinzelt Sturmböen Bft 9 geben. Später fächert der Gradient aber allgemein
etwas auf und ist ausgangs der Nacht dann auch an den Küsten meist nicht mehr
warnrelevant.
Die Gewitteraktivität im Südwesten schwächt sich nur zögerlich ab, kommt aber
wohl die ganze Nacht nicht zur Ruhe, wobei die Gewitter mehr und mehr zu
größeren Multizellensystemen verclustern, die sich mit der Rinne auch etwas nach
Norden bzw. Osten vorarbeiten können. Zunehmend steht nur noch der Starkregen
als Begleiterscheinung im Fokus, eventuell auch mehrstündig, wobei das sowieso
nicht sonderlich hohe Unwetterpotenzial allmählich abnimmt.
Im Norden und Osten sowie in Teilen der Mitte bleibt es dagegen gering bewölkt
bis wolkenlos. Die Minima liegen meist zwischen 19 und 13 Grad.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … ist den Ausführungen in der Frühübersicht nichts Substanzielles
hinzuzufügen. Die Lage der Tiefdruckrinne über der Mitte des Landes ist im
Detail noch unklar, dennoch lässt die nicht mehr allzu hohe potenzielle
Instabilität eine gegenüber den Vortagen deutlich abnehmende Unwettergefahr
erwarten. Die vorliegenden Konvektion erlaubenden Modelle (vor allem SuperHD)
haben sogar kaum mehr Gewitter auf der Agenda, eventuell fällt gebietsweise auch
schauerartiger „ungewittriger“ Regen, wobei es dann schwer wird, überhaupt auch
markante Mengen zu erreichen.
Während es im Rinnenbereich und vor allem südwestlich davon eher bewölkt bleibt,
scheint im Norden und Osten die Sonne, dazu bleibt es sommerlich warm bis sehr
warm, die 30 Grad werden am ehesten noch von Brandenburg bis ins östliche
Niedersachsen knapp überschritten.

Modellvergleich und -einschätzung

Bzgl. der synoptischen Basisfelder unterscheiden sich die Modelle nicht
wesentlich. Im Detail gibt es die üblichen Differenzen, die Verteilung und
Intensität der konvektiven Niederschläge betreffend.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff