S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 01.09.2024 um 10.30 UTC

Am Mittwoch abgesehen vom Nordosten teils schwere Gewitter mit hohem
Unwetterpotential, insbesondere bezüglich Starkregens. Am Donnerstag in der
Mitte und dem Süden, am Freitag vornehmlich über dem Süden weitere Gewitter,
aber bei deutlich reduziertem Unwetterpotential. Wochenende meist trocken und
länger freundlich. Nachts gebietsweise Nebel.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 08.09.2024

Am Mittwoch zeichnet sich ein Abtropfprozess über dem Nordmeer ab. Das zentrale
Höhentief wandert im Tagesverlauf von den Orkney-Inseln nach Osten vor die
Südküste Norwegens, über England bildet sich aber ein zweites schwaches
Höhentief, das bis zum Abend die Nordküste der Bretagne erreicht. Der
Langwellentrog, in den beide Höhentiefs eingelagert sind, reicht bis zur
Iberischen Halbinsel, damit liegt Mitteleuropa auf der Vorderseite desselbigen.
Im Bodendruckfeld korrespondiert mit dem Langwellentrog ein Tief über dem
Nordmeer. Dieses weist als Appendix eine nach Südosten gerichtete Tiefdruckrinne
auf, die über Dänemark und den Nordosten Deutschlands in Richtung Böhmisches
Becken ausgerichtet ist. Da im Bereich des Cut-Off-Prozesses und damit über der
Nordsee der Druck ansteigt, bleibt zum Abend ein flaches Tief über dem Osten
Deutschlands und dem Westen Polens als mitteleuropäisches Hauptdruckgebilde
übrig. In den Westen schiebt sich dagegen der Keil eines kräftigen Hochs
südwestlich von Irland. Bevor sich die Wirkung des Keils in der zweiten
Nachthälfte deutlicher bemerkbar macht, ziehen schon aus der Nacht heraus teils
kräftige Schauer und Gewitter mit Unwetterpotential vom Südwesten bis etwa zur
Elbe sowie nach Schleswig-Holstein. Die Moderat vorhandene Scherung lässt auch
Hagel und Sturmböen erwarten, der Focus liegt bei extrem feuchten Bedingungen
mit PPWs bis knapp 50mm aber eindeutig beim Starkregen, der u. U. auch bis in
den extremen Unwetterbereich gehen kann. Die flache Druckverteilung am Boden
führt trotz unserer Position an der nicht immer klar definierten Westflanke des
Tiefs nicht zu einem nennenswerten Einsickern kühlerer Luftmassen. Somit bleibt
es warm bis heiß mit 850er Temperaturen von gut 10°C im Nordwesten und bis zu
18°C im Ostsachsen. Das lässt auf Höchstwerte von gut 20°C im nassen westlichen
Bergland und bis 34°C im sonnigen Osten, insbesondere an Oder und Neiße,
schließen.

In der Nacht zum Donnerstag schreitet der Abtropfprozess voran, das südliche
Höhentief erreicht unter Verstärkung die Biskaya, das nördliche hingegen weist
kaum noch Verlagerungstendenzen auf. Das Bodentief schwächt sich sehr zögerlich
ab, was dem Hochkeil die Möglichkeit einräumt, noch etwas nach Osten
vorzustoßen. Mit dieser leichten Verschiebung der Drucksysteme ist eine sehr
moderate Abkühlung in 850 hPa von etwa 1K verbunden. Die Schauer und Gewitter
lassen von Süden her nach, die Tiefstwerte sollten sich zwischen 18 und 11°C
einpendeln, was lokal durchaus auch dichtere Nebelfelder bedeuten kann.

Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag schiebt sich das norwegische
Höhentief zusammen mit dem nördlichen Trogresiduum nach Osten, das Höhentief
erreicht Südschweden, der Trog die Westliche Ostsee, ohne dass beiden eine
überbordende Wetterwirksamkeit beschieden wäre. IFS simuliert zumindest dichtere
Bewölkung und etwas schauerartigen Regen, die übrigen Modelle setzen dagegen im
Nordwesten auf insgesamt freundliche Bedingungen. Über Südosteuropa dreht sich
das abgetropfte Höhentief ein, seine zeitweise vorhandene Doppelstruktur, die
ihm eine elliptische Form verleiht, liegt schwerpunktmäßig über Südfrankreich
und Nordspanien. Über dem Löwengolf sinkt in der Folge der Druck, so dass sich
dort in der Nacht ein eigenständiges Tief ausbildet. Auch über Süddeutschland
ist ein leichter Druckfall zu beobachten, im Gegensatz zum Norden, wo der Keil
weiter Boden gutmacht, wenn auch nur verhalten. Letztendlich baut sich dadurch
über dem Südwesten ein etwas stärkerer Druckgegensatz auf, so dass dort der Wind
auffrischt, wenn auch nach Lage der Dinge nicht warnwürdig. Ansonsten sind die
Druckgegensätze gering, was sich auch in der verhaltenen Windsituation
widerspiegelt. In der warmen Luftmasse kommt es erneut zu teils kräftigen
Gewittern, die aber nicht mehr das Potential des Vortages aufweisen, wobei
lokale Unwetter dennoch nicht auszuschließen sind. Zwei Schwerpunkte
kristallisieren sich heraus, die von den Modellen unterschiedlich betont werden.
Dies sind einerseits Mitteldeutschland, wo vor allem IFS mit Unterstützung des
aber immer schwächer werdenden Tiefdruckeinflusses Gewitter simuliert,
andererseits der Südwesten, wo die übrigen Modelle wie z.B. ICON oder GFS den
Niederschlagsschwerpunkt ansetzen. An den 850er Temperaturn ändert sich nichts
Wesentliches, im Nordwesten bleibt es bei knapp 10°C, über dem Osten gehen sie
um 1-2K zurück, über dem Süden steigen sie dagegen um 1-3K an. Damit ist auch
die Temperaturspanne ähnlich wie am Vortag: 20°Cim Westen, bis 33°C im Osten
sind angesagt.

Am Freitag und in der Nacht zum Samstag kräftigt sich der Hochkeil weiter, in
der Nacht zum Samstag greift er bis nach Polen aus. Das Absinken sorgt für ein
eine Erwärmung in 850 hPa und ebenso für eine Abtrocknung der Luftmasse über dem
Norden, was sich schön am Rückgang der Äquivalentpotentiellen Temperatur
erkennen lässt. Mit tiefem Geopotential über Südskandinavien und der Iberischen
Halbinsel sowie hohem Geopotential über Westeuropa (Hochkeil) und – sehr schwach
erkennbar – über Osteuropa stellt sich ein Viererdruckfeld ein, so dass sich
über Deutschland nunmehr deutlicher eine Luftmassengrenze herauskristallisiert,
die feucht-labile Luft in der Südosthälfte von trockenerer Luft im Nordwesten
trennt. Entsprechend können sich über dem Südosten wieder Gewitter mit moderatem
Unwetterpotential bilden, im Nordwesten bleibt es dagegen zumeist trocken. Im
Osten erreichen die Höchstwerte nochmals über 30°C, im Westen sind es teils nur
22°C.

Am Samstag und Sonntag dominiert im Bereich des Hochkeils bzw. einer
Hochdruckbrücke, die sich von Russland bis zum Atlantik reicht, ruhiges Wetter.
Erst zum Sonntagabend kann es im Südwesten auf der Vorderseite eines neuen von
Westen hereinschwenkenden Langwellentroges erneut Schauer und Gewitter geben.

Die erweitere Mittelfrist deutet auf einen dann wieder wechselhafteren
Witterungsabschnitt hin, der abgesehen vom Nordwesten auch wieder Schwergewitter
bringen könnte.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Schon zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraumes am Mittwoch zeigen sich
größeren Unterschiede zwischen dem aktuellen IFS-Lauf und seinen Vorläufen. Der
Abtropfprozess bzw. das sich bildende Höhentief werden nunmehr deutlich
schwächer simuliert als noch in den letzten Läufen. Zwar pendelt sich die
Position des Höhentiefs dann am Donnerstag innerhalb eines Radius von 250 km im
Bereich der Biskaya/Nordspanien ein, aber Intensität und auch die Form und damit
auch das Ausgreifen nach Osten weisen eine hohe Streuung auf. Dies hat natürlich
Auswirkungen auf das Bodendruckfeld und auf die Stärke des Keils, der sich von
Westen zu uns hereinschiebt.

Zum Wochenende nimmt die Streuung in Bezug auf das südwesteuropäische Höhentief
wieder zu. Dies gilt insbesondere für die Positionierung, die sich dann in einem
Radius von 400 km bewegt. Statt eines von Westen hereinreichenden Hochkeils
simuliert der gestrige 12-UTC-Lauf noch eine von Nord nach Süd verlaufende
Tiefdruckrinne über Westeuropa.

Diese Unterschiede manifestieren sich dann auch in den Temperaturfeldern,
Abweichungen von mehr als 5°C in 850 hPa sind keine Seltenheit.

Letztendlich ergibt sich aus der Konsistenzbetrachtung das Bild einer noch
unsicheren Vorhersage.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Um es kurz zu machen: Den Abtropfprozess haben neben IFS auch GFS, ICON und UK10
im Programm. Wie auch beim Konsistenzvergleich ergeben sich deutliche
Unterschiede in der Lage, Form und Intensität des Höhentiefs. Da IFS die Lage
des Höhentiefs ganz klar am weitesten südlich ansetzt, verläuft bei diesem
Modell auch die Hochdruckbrücke bzw. der von Westen hereinragende Keil am
weitesten südlich.

Der sich daraus ergebende Einfluss des Keils auf den Nordwesten, später dann
auch auf den Norden Deutschlands ist folglich bei IFS am klarsten ausgeprägt.
Die anderen genannten Modelle sehen die Hochdruckbrücke eher über
Südskandinavien und Deutschland in der zweiten Wochenhälfte und zum Wochenende
damit eher unter Tiefdruckeinfluss, und sie bieten am Samstag ein kleinräumiges
Tief südlich von Irland und GB an. Dies ist bemerkenswert, da die „anderen“
Modelle damit einheitlich gegen IFS wetten. Wir werden sehen, ob sie Recht
behalten

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Für den Zeitraum +72 bis +96 Stunden gibt es vier Cluster im Angebot, alle
durchweg in der Kategorie „Blocking“. Zwischen einem atlantischen und einem
Skandinavischen Rücken ist bei allen aber auch der Abtropfprozess zu finden.
Neben der Frage, wie weit das Höhentief nach dem Abtropfen nach Süden vorankommt
und damit genau der Frage, die schon in der Konsistenzbetrachtung und im
Modellvergleich thematisiert wurden, werfen die Cluster auch die Frage auf, ob
und wie das nördliche Residuum am Ende aufgestellt sein wird. Immerhin zeigen
die 12 Member in Cluster drei das skandinavische Höhentief nicht mehr und setzen
stattdessen am Mittwoch auf eine glatte Höhenströmung über dem südlichen
Nordmeer. Bei dieser Lösung soll allerdings das abgetropfte Höhentief nicht so
weit nach Süden vorankommen – das entspricht dann der ICON-, GFS- oder
UK10-Lösung.

Im Zeitfenster +120 bis +168 Stunden bleibt die Blockierung das Maß der Dinge.
Sechst Cluster, alle durchweg in der Blockierungslage, diesbezüglich sprechen
die Cluster eine klare Spreche! Aber: Die südlich gelegene Lösung für die
Hochdruckbrücke zeigen vor allem die kleinen Cluster Nummer vier bis sechs mit
7, 7 und 5 Mitgliedern. Dabei liegt der Hauptlauf in Cluster vier. Die Tatsache,
dass die größeren Cluster auf die nördlichere Variante für die Hochdruckbrücke
setzen zeigt auch, dass diesbezüglich noch Spielraum herrscht.

„Blocking“ herrscht auch durchweg im Zeitfenster +192 bis +240 Stunden vor.
Dabei sind unter diesem „Dach“ durchaus deutlich unterschiedliche Szenarien zu
finden. In Cluster zwei stünde am Montag das erste Sturmtief des Herbstes bei
den Britischen Inseln parat, nach Cluster eins würden wir bei insgesamt
schwachen Luftdruckgegensätzen unter moderatem Tiefdruckeinfluss liegen.

Die Rauchfahnen für Offenbach zeigen ab Donnerstag eine geradezu
explosionsartige Zunahme der Streuung bei der 850 hPa-Temperatur. Liegt die
entsprechende Bandbreite am Mittwoch noch bei etwa 6K, steigt sie bis
Donnerstagabend auf 16K. Diesbezüglich bildet der Hauptlauf den „gesunden“
Mittelweg ab, er liegt mit etwa 11°C von Donnerstag bis in den Sonntag hinein an
der Untergrenze der „Kernzone“ der Verteilung. Beim Geopotential verhält es sich
ähnlich. Deutliche Steigerung der Streuung, und der Hauptlauf mittendrin.

Die Ensembles des GFS zeigen auch ab Donnerstag eine klare Spreizung der
Verteilung. Unterschied: Der Hauptlauf liegt nicht in der Mitte, sondern am
Oberrand der Verteilung. Im Mittel zeigt sich hier wie da ab Donnerstag ein
leichter Anstieg der 850er Temperaturen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WÄRME
Der EFI zeigt von Mittwoch bis Freitag im Osten teils signifikante Signale über
0,75 für deutlich erhöhte Temperaturen, am Samstag dann entsprechend moderate
Signale für den Norden.

Laut COSMO-LEPS liegen am Mittwoch im Osten die Wahrscheinlichkeiten für mehr
als 30°C Maximaltemperaturen bei bis zu 100%. Am Donnerstag erreicht sie nur
noch knapp 50%.

GEWITTER/STARKREGEN
EFI zeigt für Mittwoch über der Mitte Signale für außergewöhnlich hohe
Niederschläge.

COSMO-LEPS zeigt am Mittwoch über der Westhälfte und im östlichen Bergland
Wahrscheinlichkeiten von bis zu 20% für mehr als 20 l/qm in 6 Stunden. Be
ICON-EU finden sich entsprechend starke Signale vor allem über dem Norden und
Nordwesten. In der Nacht zum Donnerstag schieben sich die Starkregengebiete mit
ähnlichen Wahrscheinlichkeiten in Richtung Nordosten bis etwa zur Elbe.

Erst in der Nacht zum Freitag tauchen im Südwesten erneut geringe Hinweise auf
Starkregen auf.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas