S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 30.08.2024 um 10.30 UTC

Weiterhin sehr warm, teils schwül-heiß und zunehmend gewittrig. In der zweiten
Wochenhälfte aus Osten Wetterberuhigung und angenehmere Nachttemperaturen.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 06.09.2024

Zu Beginn der neuen Woche, dem 2. Tag des meteorologischen Herbstes, lässt sich
der Spätsommer noch lange nicht aus Deutschland vertreiben. Man kann wohl von
Glück reden, dass die Konstellation mit einem ausgehend von Irland weit nach
Süden Richtung Nordspanien reichenden Troges sich nicht 1 bis 1,5 Monate früher
eingestellt hat. Dann würden wir vermutlich über neue Temperaturrekorde
diskutieren. Mal schauen aber, was insgesamt in heißen Tagen im September so
alles angesammelt wird. Die Jahre 1947 und 2023 haben mit 10 Tagen im Raum
Mannheim ganz gut vorgelegt. Konzentrieren wir uns aber erstmal auf den näher
liegenden Mittelfristzeitraum, der in der Modellwelt noch ganz gut „zu fassen
ist“.

So wird der beschriebene Trog über Westeuropa durch einen gewaltigen Block hohen
Geopotentials deutlich nach Norden jenseits der Azoren verschoben „abgeklemmt“.
Weitere Drehzentren befinden sich im Raum Stockholm sowie in deutlich
schwächerer Ausprägung über Bulgarien und dem Tyrrhenischen Meer. Das ehemalige
Blocking über de Baltikum hat sich inzwischen Richtung Lappland zurückgezogen.
Ausgehend von einem achsensenkrechten kräftigen Bodentief dicht nordwestlich der
Irischen Küste erstreckt sich eine Tiefdruckrinne angereichert mit schwül
heißer, gewitterträchtiger Luftmasse über die Doggerbank und Benelux bis in den
Westen und Süden Deutschlands. Stabilere und kühlerer Luftmassen halten mit
Ausfließen aus dem Hoch über Lappland mit östlicher Strömung noch in den
Gebieten nordöstlich der Elbe dagegen, wo es überwiegend sonnig und trocken
bleibt. Sonst treten im Tagesverlauf vermehrt teils kräftige Schauer und
Gewitter auf – vor allem bezüglich Starkregens punktuell bis in den
Unwetterbereich hinein. Anfangs wirkt noch ein flacher Keil zwischen den beiden
Drehzentren in der Höhe hemmend, dieser wird aber im Tagesverlauf mit Annäherung
des Höhentiefs bei Irland immer mehr abgebaut. Die Scherung bleibt zunächst noch
gering. Die Höchstwerte liegen zwischen schwülen 28 bis 32°C, an der See und im
Nordosten angenehmeren 23 bis 27°C. In der Nacht zum Dienstag droht bei
ausbleibendem Regen in den Ballungszentren wieder eine Tropennacht mit
Tiefstwerten nicht unter 20°C.

Am Dienstag umspannt das Höhentief über Westeuropa umfassend die kompletten
britischen Inseln und weitet sich auch ein Stück nach Süden und Osten aus. Wir
liegen damit komplett auf dessen Vorderseite in einer süd-südwestlichen
Strömung. Die Tiefdruckrinne am Boden mit einem markanten Windsprung von Ost auf
Südwest schwenkt im Tagesverlauf auch in den äußersten Nordosten des Landes,
womit die Niederschlagsneigung landesweit zunimmt. Eine erste Kaltfrontstaffel
erreicht später den Westen des Landes. Es muss vielfach mit schauerartigen
Regenfällen und teils kräftigen Gewittern gerechnet werden. Ob es für eine
überörtliche Unwetterlage inklusive Vorabinfo reicht, kann heute noch nicht
abschließend beurteilt werden, bei zunehmender Scherung und Forcing aus der Höhe
ist das aber durchaus denkbar. Je nach Timing dürfte es vor allem im Osten heiß
werden mit Höchstwerten bis 32°C, im Westen etwas kühler, aber dennoch schwül
bei rund 25°C.

Am Mittwoch zieht das Drehzentrum über Skandinavien nordwärts Richtung
Spitzbergen ab und unter permanenter Warmluftzufuhr auf der Vorderseite kann
sich das Hoch über Lappland und Westrussland wieder kräftigen. Zusammen mit dem
Cut-Off über dem Schwarzen Meer (das über dem zentralen Mittelmeerraum wurde
mittleiweile „geschluckt“) etabliert sich eine Omega-ähnliche Konfiguration aus.
Durch die neue Blockierung rutscht das Tief über Westeuropa lediglich etwas nach
Süden, womit auch die Kaltfront über Westdeutschland ins schleifen bzw. wellen
kommt. Bei leicht rückdrehender Höhenströmung verbleiben wir nahezu im gesamten
Bundesgebiet unter schwachem Tiefdruckeinfluss in einer schwül-warmen bis heißen
und gewitterträchtigen Luftmasse. Lokal sind erneut unwetterartige Entwicklungen

  • vor allem bezüglich des Starkregens – zu erwarten. Genauere Details folgen
    wohl erst in der Kürzestfrist/Nowcasting. Ein gewisser Temperaturkontrast
    zwischen West und Ost bleibt in der Höhe ausgeprägt, weshalb die 30°C Marke
    weiterhin tendenziell am ehesten von Mecklenburg-Vorpommern bis nach Bayern
    gebietsweise überschritten wird. Aber auch sonst bleibt es teils drückend
    schwül.

Am Donnerstag wird das Blocking an der Nordflanke von einem kleinen, aber
intensiven Tief über Nordskandinavien überlaufen. Im Gegenzug kann sich aber das
Absinken kompensatorisch über Südskandinavien verstärken und es bildet sich eine
gewaltige Brücke aus, die vom Ural bis ins Seegebiet nördlich der Azoren reicht.
Dem Cut-Off über der westlichen Biskaya wird damit auf Sicht die
„Lebensgrundlage“ entrissen, ist es nun schließlich von sämtlichen
Advektionsvorgängen abgeschnitten. Im Bereich des zentralen Omegakerns, der
kurzzeitig auch mal Züge einer High-over-Low Lage trägt, steigt auch das
Geopotential über Deutschland wieder an, die Luftmasse altert in der Folge und
wird aus Osten trockener. Der Höhepunkt der Schauer- und Gewittertätigkeit ist
damit überschritten. Vor allem im westlichen und südlichen Bergland wird es sie
aber wohl noch geben.

Am Freitag setzt sich der Druckanstieg über Südskandinavien fort und an dessen
Südflanke auch das Absinken und Abtrocknen der Luftmasse. Damit werden die
Nächte zwar angenehmer bei Tiefstwerten von 16 bis 10°C, die Tage bleiben aber
heiß bei Höchstwerten nahe 30°C.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der aktuelle IFS 0z Lauf ist hinsichtlich der Basisfelder im Großen und Ganzen
recht konsistent zu seinen Vorgängern. Die Kaltfrontannäherung/-passage im
Westen am Dienstag wurde verlangsamt beziehungsweise ein Stück nach Westen
geschoben. Wahrscheinlich bleiben weite Landesteile in der instabilen
schwül-warmen Luftmasse. Die zunehmend trockene, aber weiterhin warme Tendenz
zum Ende der Mittfrist wurde in den jüngsten 2 Läufen bestätigt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis auf kleinere Unsicherheiten mit der erwähnten Kaltfront am Dienstag
bestätigen die meisten Lösungen der anderen Modelle den IFS Hauptlauf, sogar das
ICON diesmal bis +180h.

Nur das amerikanische GFS fährt – in letzter Zeit durchaus gehäuft zu beobachten

  • eine eigene Variante bei der das Höhentief im Norden die Brücke nicht
    überläuft, sondern sich bis nach Südschweden reinbohrt. Damit würde es bei
    Nordwest antizyklonal früher trockener und landesweit deutlich kühler werden bei
    Höchstwerten meist unter 25°C.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Wie nahezu „angetackert“ die Plumes unweit der 15°C-Isotherme in 850 hPa
verharren ist schon etwas beängstigend und führt auf die eingangs erwähnte Frage
zurück, wie viele Hitzetage im September deutschlandweit wohl angesammelt
werden. Es dürften einige sein. Im Westen erfolgt unter größerer Unsicherheit
der kleine Einbruch mit Annäherung der Kaltfront am Dienstag, unter 10°C in 1500
m sollte es aber wahrscheinlich nicht gehen. Insofern hält sich die Abkühlung
auch dort arg in Grenzen.

Auch das Geopotentialniveau bleibt mit rund 580 gpdm vergleichsweise hoch, das
Tief kommt also ziemlich sicher nicht bis zu uns ran.

Die Niederschlagssignale sind recht diffus, warnwürdige Mengen in der Fläche
drängen sich erstmal nicht auf. Selbst Richtung nächstes Wochenende gibt es noch
zahlreiche Member mit Regensignalen, der wahrscheinlich erst mit weiterer
Annäherung an den Zieltermin ausgedünnt werden.

CLUSTER:
Bei den Clustern ist Blocking Trumpf, den roten Rahmen gibt es in jedem Szenario
gratis dazu. Mit rund 25% Wahrscheinlichkeit liegt das Tief am Freitag noch
immer in Reichweite über Frankreich und könnte im Westen und Süden des Landes
für einzelne Schauer oder Gewitter sorgen. Als wahrscheinlicher gilt aber, dass
es bis dahin zur Biskaya abgedrängt ist. In der erweiterten Mittelfrist gibt es
aber durchaus ernstzunehmende Optionen, dass sich die Rinne aus Süden
regenerieren kann, wohingegen von UK über Skandinavien bis nach Russland
Hochdruckeinfluss überwiegt (High-over-Low).

FAZIT:
Das spätsommerlich warme, teils schwül-heiße Wetter setzt sich trotz
meteorologischem Herbstbeginn nahtlos fort. Schauer und Gewitter werden dabei
zunächst häufiger und erfassen bis Wochenmitte nahezu alle Landesteile, lokal
mit Unwetterpotential vor allem hinsichtlich heftigen Platzregens. In der
zweiten Wochenhälfte beruhigt sich das Wetter von Osten allmählich wieder, es
bleibt aber zumindest tagsüber sehr warm mit Höchstwerten nahe 30°C. Zumindest
die Nächte werden dann aber wieder angenehmer.

Ob sich Richtung 2. Septemberdekade aus Süden und Südwesten neue Schauer und
Gewitter nähern und die Temperaturen dann mal nachhaltiger zurückgehen, bleibt
noch abzuwarten.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER (UNWETTER):
Am Montag östlich der Elbe noch meist trocken, nachfolgend aber auch dort teils
kräftige Gewitter, Höhepunkt wohl zum Dienstag/Mittwoch. Häufig markante
Entwicklungen mit Starkregen, kleinkörnigem Hagel und stürmischen Böen.
Punktuell aber auch Unwetter vor allem bezüglich heftigen Starkregens
wahrscheinlich bei hohem Wassergehalt der beteiligten Luftmasse und teils
strömungsparallelen Windkomponenten. Die EPS’s sowie der EFI CAPE / CAPE SHEAR
und Precipitation sind aktuell (noch?) unauffällig. Die Zutaten sollten aber
zumindest für punktuelle Unwetterentwicklungen absolut ausreichen.

HITZE:
Durch Schwüle und Hitze bleibt die Wärmebelastung vor allem in Teilen Ost- und
Süddeutschlands kommende Woche hoch – auch wenn es nicht überall für die Ausgabe
von Hitzewarnungen reichen dürfte.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen