SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.08.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Heute Abend und in der kommenden Nacht von West/Südwest nach Ost/Nordost
vorankommende, teils kräftige Gewitter. Dabei Gefahr von Sturmböen oder schweren
Sturmböen. Vereinzelt Unwetter durch orkanartige Böen, aber auch durch
Starkregen nicht ausgeschlossen. Im äußersten Südwesten und Süden bis
Sonntagmittag gebietsweise mehrstündiger Starkregen. Sonst am Sonntag deutliche
Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

Aktuell … liegt Deutschland weiterhin auf der Vorderseite eines
Langwellentroges, der von Island über die Britischen Inseln hinweg bis zur
Iberischen Halbinsel reicht, im Bereich einer südwestlichen Höhenströmung. Im
Bodendruckfeld befindet sich ein umfangreiches Zentraltief mit Kern südöstlich
von Island. Ein daran gebundenes flaches Randtief mit dem Namen VERUCA befindet
sich aktuell etwa über der Deutschen Bucht, von wo aus es in den kommenden
Stunden unter Abschwächung weiter Richtung Skandinavien ziehen wird.
Vorderseitig des Tiefs gelangte heute ein Schwall heißer Subtropikluft zu uns.
Diese Luftmasse wird allerdings rasch wieder ausgeräumt, denn die Kaltfront des
Tiefs VERUCA greift in den nächsten Stunden von Nordwesten auf Deutschland über
und verlagert sich in der Nacht relativ rasch ost-/südostwärts und führt zu
einem markanten Temperatursturz. Aber dazu später mehr.
Nahe der Front im Westen und Nordwesten liegt PPW meist zwischen 30 und 40 mm,
in den weiteren Landesteilen ist die Luftmasse zunächst nicht ganz so feucht.
CAPE ist nicht ganz so hoch und liegt meist zwischen 200 und 700 J/kg.
Mit Annäherung bzw. Übergreifen eines in die südwestliche Strömung eingelagerten
Kurzwellentroges kommt im Bereich der Front sowie knapp vorderseitig vermehrt
dynamische Hebung auf. Dabei deutet sich an, dass einerseits präfrontal erste
Schauer und Gewitter in Form eines MCS vom Nordosten Frankreichs zunächst auf
das Saarland und Rheinland-Pfalz übergreifen und von dort aus in der ersten
Nachthälfte weiter nordostwärts Richtung Hessen und NRW bis nach
Südniedersachsen vorankommen. Ein weiterer Schwerpunkt hat sich unmittelbar
knapp vorderseitig der Kaltfront ausgebildet, wo bei günstigen
Scherungsbedingungen (teilweise über 30 m/s zwischen 0 und 6 km) eine Art
Squallline über Benelux gebildet hat und am Abend auf den Nordwesten und das
Nordseeumfeld übergreift. Diese beiden Systeme treffen hierzulande zum einen auf
eine mit großem Spread ausgestattete untere Troposphäre, zum anderen herrschen
in 850 hPa kräftige Winde teils mit 40 bis 45 Knoten vor. Somit steht bei der
Passage von Schauern und Gewittern vor allem der Wind im Fokus, wobei Böen der
Stärke Bft 8 bis 9 wahrscheinlich sind. Vereinzelt können auch Böen Bft 10
auftreten. Böen der Stärke Bft 11 sind nur wenig wahrscheinlich und am Ehesten
im Bereich Saarland/Rheinland-Pfalz sowie an der Nordseeküste in Betracht zu
ziehen. Die weiteren Begleiterscheinungen spielen sich meist im markanten
Bereich ab, dennoch können örtlich Unwetter durch heftigen Starkregen mit mehr
als 30 l/qm in kurzer Zeit nicht ausgeschlossen werden. Signale hierfür gibt es
seitens der Modelle und I-D2 EPS vor allem in Verbindung mit dem MCS. Aber auch
an der Linie im Nordwesten kann es durch eine leichte frontparallele Verlagerung
der Zellen mal länger und kräftig regnen.
Als kleinen Nebenschauplatz haben sich heute Nachmittag auch an den Alpen lokal
Schauer und Gewitter entwickelt. Dort konnte sich die Luftmasse durch alpines
Pumpen auch etwas anfeuchten. Da es aber leicht föhnig ist, scheint die
Konvektion doch gedeckelt zu sein, sodass allzu kräftige Entwicklungen gering
wahrscheinlich sind und im Laufe des Abends auch zunächst weitgehend zum
Erliegen kommen sollten.
In der zweiten Nachthälfte erreichen die Schauer und Gewitter mit Vorankommen
der Kaltfront auch den Nordosten und Osten Deutschlands, während die Front über
Süddeutschland nach Südwesten zurückhängt. Dort sollten sich die Schauer und
Gewitter mit fortschreitender KLA und Stabilisierung der Grundschicht aber
deutlich abschwächen. Richtung Lausitz und im Südosten Bayerns bleibt es bis in
die Frühstunden wahrscheinlich noch trocken.
Entlang der schleifenden Kaltfront im Südwesten gehen die Gewitter im Laufe der
zweiten Nachthälfte allmählich über in schauerartigen Regen, wobei gebietsweise
(mehrstündiger) markanter Starkregen mit Mengen um 30 l/qm auftreten kann. Auf
Basis von ICON-D2 und D2-EPS sind im Raum Schwarzwald auch unwetterartige Mengen
nicht ausgeschlossen.
Postfrontal erfolgt ein markanter Druckanstieg und bis Sonntagfrüh stößt ein
Hochkeil (PIET II) nach Südwestdeutschland vor. Bereits im Vorfeld frischt der
Wind mit zunehmendem Gradienten aus Südwest bis Süd auf und in freien Lagen
West- bzw. Nordwestdeutschlands sowie in den zentralen Mittelgebirgen gibt es
einzelne Böen Bft 7, auf dem Brocken auch stürmische Böen Bft 8.
Mit Passage der Kaltfront und der damit einhergehenden Druckwelle können auch
außerhalb der Gewitter vorübergehend vielerorts Böen Bft 7, in freien und
höheren Lagen kurzzeitig auch stürmische Böen Bft 8 aus West auftreten. Auf dem
Brocken sind vorübergehend Böen bis Bft 10 möglich. Postfrontal bleibt es dann
vor allem an den Küsten windig mit Böen Bft 7, an exponierten Lagen vereinzelt
Bft 8, auf dem Brocken gibt es noch Sturmböen Bft 9 geben.
Der Kaltfront folgt ein Schwall Subpolarluft, die für eine deutliche Abkühlung
(T850 hPa postfrontal im Nordwesten nur um 5 Grad) und Abtrocknung der Luftmasse
sorgt. So lockert die Bewölkung im Westen und Nordwesten rasch auf. Im
Nordseeumfeld gibt es allerdings mit Passage des Kurzwellentroges noch einzelne
Schauer, auch einzelne kurze Gewitter sind nicht ausgeschlossen.
Die Temperatur sinkt meist auf 16 bis 9 Grad ab. Im Osten und Südosten bleibt
die Nacht bei Werten zwischen 21 und 17 Grad noch milder.

Sonntag … zieht der Kurzwellentrog rasch nordostwärts Richtung Ostsee ab, wir
verbleiben aber weiterhin vorderseitig des Haupttroges über Westeuropa. Die
Kaltfront hat den Osten am Vormittag überquert. Über dem Südosten Deutschlands
kommt sie allerdings nur noch langsam voran, sodass es vom Bodenseeraum und dem
Allgäu bis nach Ostbayern noch längere Zeit schauerartig verstärkt regnen kann.
Dabei kann lokal weiterhin mehrstündiger markanter Starkregen auftreten.
Präfrontal können sich sogar über dem Südosten Bayerns nochmal Gewitter
entwickeln, teils in Verbindung mit Starkregen. Insgesamt nimmt die Gefahr für
Starkregen aber im Laufe des Vormittags bereits ab. Bis zum Abend hat die
Kaltfront den Alpenraum erreicht und die Niederschläge schwächen sich deutlich
ab.
Sonst steigt der Luftdruck weiter an und der Hochkeil PIET II weitet sich über
Deutschland weiter bis nach Polen aus. Er sorgt verbreitet für eine
Wetterberuhigung. Dabei bildet sich etwa zwischen 850 (Süden) und 750 hPa
(Norden) eine markante Absinkinversion aus, unterhalb derer sich flache
Kumulusbewölkung bildet. Im äußersten Nordwesten und Norden kommt es noch zu
einzelnen Schauern, die aber im Tagesverlauf immer seltener werden.
Der Druckgradient fächert im Laufe des Tages wieder auf und der Wind lässt nach.
Anfangs sind an den Küsten aber noch Böen Bft 7, an exponierten
Küstenabschnitten auch noch zeitweise stürmische Böen aus West zu erwarten. Bei
850 hPa-Temperaturen zwischen 5 Grad im Nordwesten und 9 Grad im Südosten werden
„nur“ noch Höchstwerte zwischen 19 und 24 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag kommt die Achse des Höhentroges ein wenig weiter
ostwärts voran, wobei sich über Frankreich erste Anzeichen für ein Abtropfen des
Troges in Richtung Italien zeigen und so die südwestliche Höhenströmung über
Deutschland weiter auffächert. So schleifen die Reste der Kaltfront weiterhin
über dem Alpenraum und im äußersten Südosten Bayerns kann es noch etwas regnen.
Sonst dominiert Hochdruckeinfluss und es bleibt bei vielfach klaren
Verhältnissen trocken. Dies hat auch zur Folge, dass es merklich abkühlt und uns
so bei Tiefstwerten zwischen 11 und 6 Grad, in einigen Mittelgebirgstälern im
Westen sogar noch darunter, eine frische Nacht bevorsteht. Etwas milder bleibt
es im äußersten Südosten unter den Wolken.
Im äußersten Nordwesten nimmt die Bewölkung im Laufe der Nacht mit Annäherung
eines neuerlichen Frontensystems über der Nordsee wieder zu. Ausgangs der Nacht
kann dort auch etwas Regen fallen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag … ergeben sich zu den Ausführungen in der Frühübersicht keine
signifikanten Änderungen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die großräumige Entwicklung der Wetterlage wird von den betrachteten Modellen
sehr ähnlich gesehen. Bezüglich der Konvektion zeigen die hochauflösenden
Modelle eine große Übereinstimmung bzgl. der Schwerpunkte der Gewittertätigkeit.
Die Prognose der maximalen Böen unterscheidet sich noch etwas. Super HD zeigt
für den Cluster, der über den Südwesten und Westen hinweg ziehen soll, leicht
höhere Böen als ICON-D2.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger