S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 22.08.2024 um 10.30 UTC

Nach synoptisch interessantem Wochenende (Regen/Gewitter/Luftmassenwechsel)
Übergang zu hochdruckbestimmtem, aber nicht gänzlich störungsfreiem
Spätsommerwetter.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 29.08.2024

Nachdem das kommende Wochenende pünktlich zum Bundesligastart wettertechnisch
noch mal ordentlich auf die Pauke haut, stellt sich in der kommenden, der
letzten Augustwoche (und somit auch der letzten Woche des meteorologischen
Sommers) eine ruhige, weitgehend antizyklonal geprägte Großwetterlage ein.

Zu den Details, die uns am Sonntag, dem offiziellen Beginn der Mittelfrist,
knapp vorderseitig eines wuchtigen Potenzialtroges sehen, dessen Progression
alles andere als flüssig vonstattengeht. Grund ist seine Neigung, die
Wellenlänge auf Kosten der Amplitude zu verringern. Oder anders ausgedrückt, der
Trog zeigt starke Tendenzen, nach Süden in Richtung Mittelmeer abzutropfen.
Während also in der Höhe die Zeichen noch eindeutig auf zyklonal stehen, sieht
das im Bodenfeld schon etwas anders aus. Die dem Trog vorgeschaltete Kaltfront
eines Nordmeertiefs hat weite Teile des Vorhersageraums bereits hinter sich
gelassen. Allerdings kommt sie im Süden und Osten ins Schleifen (weil der Trog
nicht richtig nachrückt), wodurch sie deutlich Anacharakter annimmt. Es kommt zu
schauerartig verstärkten Regenfällen mit zur warmen Seite (als nach Osten und
Südosten hin) einzelnen kräftigen Gewittern. Im Tagesverlauf werden die
Niederschläge und Gewitter aber mehr und mehr südostwärts abgedrängt, was dem
starken Druckanstieg (KLA) sowie dem damit einhergehenden Vorstoß des nächsten
Azorenhochkeils geschuldet ist. Dieser Vorstoß ist so massiv, dass der Keil
spätestens zum Tagesende eine Brücke zu einem weiteren Hoch über Westrussland
schlägt.
Absolut schlagzeilenträchtig am kommenden Wochenende ist der thermische Verlauf,
der durchaus den Begriff Temperatursturz verdient. Steigt die Temperatur in der
präfrontalen Subtropikluft am Samstag mit Ausnahme des Nordwestens auf heiße 29
bis 34°C (T850 im Süden um 20°C), sind es am Sonntag in frisch einfließender
maritimer Subpolarluft (T850 im Nordwesten um 5°C) nur noch 18 bis 24°C.
Lediglich ganz im Osten und Südosten (Grenzbereich zu Polen, Tschechien und
Austria) könnte es je nach Timing der Kaltfront etwas wärmer werden.

Zu Beginn der neuen Woche festigt sich die Hochdruckbrücke, deren Divergenzachse
diagonal von Südwest nach Nordost über Deutschland verläuft. Beim Geopotenzial
gehtŽs nicht ganz so flott mit der Antizyklonalisierung. Zunächst muss die
finale Abtropfung erfolgen, dann gilt es das nördliche Residuum
durchzuschleusen, was auch etwas Zeit in Anspruch nimmt. Gerade an den Rändern
der Brücke – namentlich die Nordsee + angrenzendes Binnenland sowie die Regionen
zwischen Alpenrand und Bayerischem Wald (dort noch Reste der Kaltfront) –
gestaltet sich das Wetter wechselhaft mit erhöhtem Wolkenanteil und
gelegentlichem Regen bzw. Schauern oder vereinzelten Gewittern (Bergland Süden).
Dazwischen spannt sich aber ein breiter Korridor auf, in dem häufig die Sonne
scheint, begleitet von einigen Quellungen unterhalb der sich etablierenden
Absinkinversion. In der frisch eingeflossenen Meeresluft (T850 5 bis 10°C)
erreicht die Temperatur Höchstwerte zwischen 20 und 26°C.

Im weiteren Verlauf der Woche fällt der Luftdruck schon wieder, wenn auch nur
leicht. Dafür steigt er im baltischen Raum inklusive unmittelbarer Nachbarschaft
kräftig an (ab Mittwoch 1030 hPa oder etwas mehr im Zentrum). Mit anderen
Worten, die Brücke wird immer mehr abgebaut, stattdessen schlittern wir in eine
relativ gradientschwache Hochrandlage. In der Höhe steigt das Potenzial zwar
etwas an, ein astreiner Rücken baut sich aber nicht auf. Löst man die Isohypsen
hoch auf, erkennt man Reste einer Potenzialrinne (Verbindung zwischen
Cut-Off-Tief und Residuum) bzw. rückt der Vorhersageraum in der zweiten
Wochenhälfte zusehends unter den vorderen Rand des nächsten Trogs über dem nahen
Atlantik (SWa Südwest antizyklonal). Unter dem Strich bedeutet das ruhiges,
aber nicht gänzlich störungsfreies Spätsommerwetter, bei dem häufig die Sonne
scheint, sich aber auch einige Wolken bilden. Insbesondere, aber nicht
ausschließlich über dem Bergland nimmt die Wahrscheinlichkeit für einzelne
Schauer oder Gewitter von Tag zu Tag etwas zu.
Zulegen tut auch die Temperatur, die auf 850 hPa bis Donnerstag auf 14 bis 17°C
steigt. Das ist vergleichsweise barotrop und erklärt, warum die Gegensätze im
Land immer weiter abgebaut werden. Am Ende (Mittwoch/Donnerstag) steht da eine
Spanne der Höchsttemperatur von 26 bis 31°C. Nur direkt an der Küste (bei
Seewind) sowie in höheren Lagen wird es etwas weniger warm.

Kurzer Blick noch auf die erweiterte Mittelfrist bis Sonntag (1. September =>
meteorologischer Herbstanfang): von Westen her zyklonaler und wechselhafter
(Annäherung des Troges + Tiefdruckrinne + schleifende Kaltfront). Weiterhin warm
bis sehr warm, aber zunehmend schwül.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

In Bezug auf die grobe Marschrichtung bleibt sich das IFS (ECMF) bei der
Entwicklung der Großwetterlage treu. So kann es als unstrittig angesehen werden,
dass wir in der nächsten Woche in ein antizyklonal geprägtes Szenario
hineinlaufen. Dabei ist zuerst eine Hochdruckbrücke bestimmend, die nach
Wochenmitte in eine Hochrandlage (Hoch mit Zentrum über Nordosteuropa) wechselt.
Unter dem Strich bedeutet das ruhiges, aber nicht komplett störungsfreies
Spätsommerwetter, bei dem es tagsüber warm bis sehr warm (lokal um 30°C) wird.
Zwar bleibt es meist trocken, was einzelne, regional begrenzte Schauer oder
Gewitter aber nicht ausschließt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die anderen etablierten Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UK10) haben die gleiche
Idee wie IFS und unterscheiden sich nur in Nuancen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen bis weit in die
nächste Woche einen eng gebündelten Kurvenverlauf, der sehr gut zum Hauptlauf
passt. Gleiches gilt für die je nach Region am Mittwoch oder Donnerstag
einsetzenden Niederschlagssignale, die nicht hochfrequent, aber doch sichtbar
daherkommen. Erst Richtung übernächstes Wochenende nimmt der Spread zu der
Temperatur- und Potenzialkurven zu, wobei tendenziell ein Übergreifen der o.e.
Kaltfront inkl. des nachfolgenden Troges erkennbar ist.

Bei der Clusterung werden für den ersten Zeitraum von Sonntag bis Montag
(T+72…96h) fünf Schubladen aufgemacht, die bezogen auf unseren Raum aber alle
den nahezu identen Inhalt haben (langsamer Höhentrog, forscher Bodenkeil). Nicht
ganz verständlich erscheint das Angebot von drei Clustern für T+120…168h
(Dienstag bis Donnerstag). Das Grundmuster ist überall nahezu gleich (erst
Brücke, dann Zentrum Baltikum oder Umgebung, dazu Übergang in SWa) und
unterscheidet sich bezogen auf Deutschland nur marginal. Zum Schluss
(T+192…240h, Freitag bis Sonntag) werden dann noch mal sechs Cluster
rausgehauen, die alle dem Obermuster „Blockierung“ zugeordnet werden. Im Großen
und Ganzen bleibt das Setup bei uns antizyklonal geprägt. Dem sich von Westen
durchaus nähernden Trog wird nur bedingt was zugetraut (am offensivsten CL 6,
das aber nur 3 Fälle aufweist).

FAZIT:
Sowohl im Modellvergleich als auch unter probabilistischen Gesichtspunkten wird
die Vorhersage des Hauptlaufs von IFS bis weit in die nächste Woche voll und
ganz gestützt. Demnach stellt sich nach einem zumindest in Teilen brisanten
Wochenende (Kaltfrontpassage mit Regen/Gewittern sowie substanziellem
Luftmassenwechsel) zunehmend Hochdruckeinfluss ein (erst Brücke, dann Randlage).
Es bleibt aber nicht gänzlich störungsfrei bei spätsommerlichen Temperaturen bis
zu rund 30°C.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am aufregendsten in dieser Rubrik scheint es noch am Sonntag zuzugehen. Grund
ist die im Süden und Osten schleifende Kaltfront, von der man noch nicht genau
weiß, wie weit sie tatsächlich vorankommt. Gibt es noch einen präfrontalen Teil
mit instabiler Subtropikluft oder wird diese schon weitgehend getilgt. Aus
heutiger Sicht müssen wir davon ausgehen, dass vor allem im Südosten
(Schwerpunkt Bayern) anfangs noch die Gefahr kräftiger Gewitter, evtl. aber auch
gebietsweise mehrstündigen Starkregens gegeben ist.

Im weiteren Verlauf der Woche reduziert sich die Wahrscheinlichkeit für
signifikante Wettererscheinungen auf ein Minimum, das allerdings nicht bei null
liegt. Insbesondere aus dem Bergland heraus vor allem ab Wochenmitte einzelne
Hitzegewitter entwickeln, über die zu spekulieren es heute aber noch zu früh
ist.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann