SXEU31 DWAV 221800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 22.08.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Am Freitag im äußersten Norden und Nordwesten Sturmlage, an der Nordsee schwere
Sturm- oder orkanartige Böen möglich. Ansonsten ruhiges Wetter.
Am Samstag verbreitet heiß, später von Westen Gewitter mit Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland am Rande des hochreichenden, steuernden,
aber leider namenlosen Zentraltiefs nahe Island in einer langsam aufsteilenden
und Fahrt gewinnenden südwestlichen Höhenströmung. Ein kurzwelliger Troganteil
schwenkt dabei über die Nordsee nach Skandinavien. Dieser korrespondiert mit
einer Kaltfront, die bis zur Deutschen Bucht gedrückt wird, dann aber ins
Schleifen gerät. Verantwortlich dafür zeigt sich ein weiterer, deutlich schärfer
konturierter Randtrog, der im Nachtverlauf zu den Britischen Inseln zieht. Auf
der Vorderseite des Randtroges kann sich eine Frontalwelle unter Wirkung von PVA
zu einem kräftigen Wellen-, respektive Randtief mausern, das sich vom
Nordatlantik über Südirland und die Irische See nach Nordengland verlagert. Der
Kerndruck des auf URSULA getauften Sturmtiefs (international: LILIAN) variiert
von Modell zu Modell zwischen 982 und 986 hPa. Unmittelbaren Einfluss auf unser
Wetter hat die für die Jahreszeit ungewöhnlich starke Zyklone noch nicht,
allerdings führt die schleifende Front im Zusammenspiel mit anhaltender WLA im
Norden und Nordwesten zu mehrschichtiger Bewölkung, aus der es auch zeitweise
leicht regnen kann. Der Luftdruckgradient fächert im Vergleich zur Nacht nur
vorübergehend etwas auf, an der Nordsee sind fortwährend steife, exponiert
stürmische Böen (Bft 7-8) zu erwarten.
Der Rest des Landes verbleibt im Einflussbereich einer Hochdruckbrücke, die nur
langsam Richtung Alpen verdrängt wird. Folglich bleibt es trocken und teils auch
klar. Bevorzugt im windschwachen Süden können sich gebietsweise Nebelfelder
bilden.
Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 18 Grad an der Nordsee und örtlich 7 Grad
im Süden.

Freitag … schwenkt der Randtrog über die Nordsee nach Südskandinavien. Das
korrespondierende Randtief URSULA gelangt unter die Trogachse und zieht ohne
weitere Intensivierung über die mittlere Nordsee zum Oslofjord. An dessen
Südflanke verschärft sich der Gradient über der gesamten Nordwesthälfte. Mit
Unterstützung des Tagesganges muss vornehmlich nordwestlich einer Linie
Eifel-Vorpommern sowie im zentralen Mittelgebirgsraum mit steifen bis
stürmischen Böen (Bft 7-8) gerechnet werden. Das Hauptsturmfeld des Randtiefs
erfasst mit 850-hPa-Winden zwischen 50 und 65 Knoten ab dem späten Vormittag die
Deutsche Bucht. Die Modelle variieren bei der Positionierung des Tiefs und des
Sturmfeldes noch leicht, es ist allerdings ziemlich wahrscheinlich, dass die
deutsche Nordseeküste zumindest gestreift wird. Sturmböen (Bft 9) sind bis ins
angrenzende Binnenland und im Norden Schleswig-Holsteins wahrscheinlich, direkt
an der Nordsee ist vorübergehend mit schweren Sturmböen (Bft 10) zu rechnen. Mit
der Passage der Kaltfront von Nordwesten ab dem frühen Nachmittag erfolgt zudem
eine Labilisierung der unteren Troposphäre (bis ca. 900/850 hPa), sodass es im
Zuge dessen bzw. in Verbindung mit Schauern durch effektiven vertikalen
Impulsstransport zu orkanartigen Böen (Bft 11) kommen könnte. Zum Abend zieht
das Sturmfeld zügig nach Nordosten ab und der Wind lässt deutlich nach.
Zum Sturm kommt im Nordseeumfeld und im Norden von Schleswig-Holstein bedingt
durch WLA zunächst noch leichter Regen, ab dem Nachmittag greift mit der
Kaltfront ein schmales Band mit schauerartigem Regen von Nordwesten über und
erreicht bis zum Abend etwa eine Linie vom Niederrhein bis nach Mecklenburg.
Weiter südöstlich verläuft der Tag unter fortwährend schwachem Hochdruckeinfluss
trocken und freundlich, durchweg sonnig wird es (nach wahrscheinlich zügiger
Nebelauflösung) im Süden und Südosten.
Unter den Wolken im Norden und Nordwesten werden Höchsttemperaturen zwischen 20
und 25 Grad, ansonsten zwischen 25 und 31 Grad erreicht.

In der Nacht zum Samstag zieht das Randtief weiter nach Nordskandinavien ab.
Gleichzeitig schwenkt ein etwas umfangreicherer, stärker amplifizierter über dem
nahen Ostatlantik in Richtung Irland und forciert die Entwicklung einer flachen
Frontalwelle über der Biskaya. Die Kaltfront von URSULA kommt in der weiter
aufsteilenden Südwestströmung über dem Nordwesten ins Schleifen und wird als
Warmfront der nächsten Frontalwelle wieder rückläufig. Die Regenfälle an der
Front lassen mangels Antrieb aber eher nach, allerdings bleibt es in weiten
Teilen des Nordens, Nordwestens und Westen stärker bewölkt. Eingangs der Nacht
sind an der See noch steife bis stürmische Böen (Bft 7-8) möglich, bis
Mitternacht sollten infolge einer deutlichen Gradientauffächerung aber keine
warnrelevanten Böen mehr auftreten.
In weiten Teilen der Südosthälfte geht die Nacht gering bewölkt oder klar über
die Bühne, mit wieder leichter Nebelneigung.
Die Tiefsttemperaturen liegen bei rund 18 Grad unter den Wolken im Westen und
bei lokal 10 Grad im Süden.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag … gibt es keine signifikanten Änderungen zur Frühübersicht. Es steht –
mit Ausnahme des Nordwestens – ein verbreitet sonniger und heißer Tag bevor. In
teils labiler Luft entwickeln sich ab dem Nachmittag vornehmlich entlang der
übergreifenden Kaltfront der o. e. Frontalwelle im Westen und Nordwesten (mit
geringer Wahrscheinlichkeit auch an den Alpen) Gewitter. Bei mäßiger bis starker
Scherung sind organisierte Entwicklungen möglich (Superzellen, Bow-Echos),
sodass neben örtlich heftigem Starkregen auch bezüglich der Böen und des Hagels
Unwetterpotenzial besteht. Eine überregionale Unwetterlage deutet sich aber noch
nicht an.
In der Nacht zum Sonntag verlagern sich die gewittrigen Niederschläge unter
Abschwächung ostwärts, im Südwesten könnte es entlang der ins Schleifen
geratenden Kaltfront zu nicht-gewittrigem Stark-/Dauerregen kommen.

Modellvergleich und -einschätzung

Bezüglich des kleinen Randtiefs über der Nordsee am Freitag bestehen noch
kleinere Diskrepanzen bezüglich der Position und der Intensität. Bei ICON und
IFS (06 UTC) zieht der Schwerpunkt des Sturmfeldes direkt über die Deutschen
Bucht, ICON-D2 (12UTC), UK10 und GFS (06 UTC) rechnen das Tief und das Sturmfeld
etwas nördlicher. Entsprechend gibt es auch bei den Böen an der Nordsee noch
Spielraum. Davon abgesehen ist die Gefahr eines vertikalen Impulsstransportes
entlang der Kaltfront mit Böen Bft 10-11 aber durchaus erhöht im Nordwesten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser