S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.08.2024 um 10.30 UTC

Am Mittwoch abgesehen vom Nordosten Schwergewitter wahrscheinlich mit (heftigem)
Starkregen, Sturmböen und Hagel. Heiß.

Am Donnerstag im Osten und Süden Schauer und Gewitter mit lokalem
Unwetterpotential. Im Osten und Süden teils noch heiß.

Danach insgesamt Wetterberuhigung und zurückgehende Temperaturen. Geringes
Gewitterrisiko allenfalls im Süden.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 18.08.2024

Am Mittwoch liegt Deutschland auf der Vorderseite eines Langwellentroges in
einer feucht-heißen Luftmasse, bei der im Norden und Westen die 850er
Temperaturen um 16°C, diejenigen im Süden sogar bei bis zu 20°C liegen. Der
Langwellentrog tropft zögerlich nach Süden in Richtung Balearen ab, der
Druckgradient über Deutschland ist allgemein schwach aufgestellt. Im
Tagesverlauf soll sich laut IFS-Hauptlauf durch schwache dynamische
Hebungsimpulse, vor allem aber durch Einstrahlung und die damit einhergehende
Überhitzung ein kleinräumiges Tief über dem östlichen Niedersachsen bilden, das
bis zum Abend bis nach Schleswig-Holstein vorankommen soll. Letztendlich bildet
das Tief den Schwerpunkt einer Tiefdruckrinne, die sich von Dänemark bis zum
Erzgebirge erstreckt. Insbesondere auf der Westflanke der Rinne und damit grob
von der Nordsee und Schleswig-Holstein bis zu den Alpen und zum Westerzgebirge
soll es im Tagesverlauf zu kräftigen Schauern und Gewittern kommen, was auch der
Tatsache geschuldet ist, dass dort die mit PPW-Werten von bis zu 50 mm (!)
feuchtesten Luftmassen zu finden sein sollen. Dazu kommen CAPE-ML-Werte von
teils über 2000 J/kg, so dass die Unwetterschwelle, insbesondere bezüglich
(heftigen) Starkregens, problemlos überschritten werden kann, was sich auch auf
die langsame Zuggeschwindigkeit der Zellen schieben lässt. Immerhin ist die
Scherung mau, was auf einen eher geringen Organisationsgrad der Gewitterzellen
schließen lässt. Dennoch muss auch mit Hagelansammlungen sowie (schweren)
Sturmböen gerechnet werden, größerer Hagel ist aber eher unwahrscheinlich. In
der schwülheißen Luft steigen die Temperaturen auf 30 bis 35 Grad, an den Küsten
und im Bergland bleibt es etwas kühler.
In der Nacht zum Donnerstag schreitet der Abtropfprozess voran, insbesondere
über Zentralfrankreich steigt dabei das Geopotential. Entsprechend kann von dort
ein Hochkeil in den Westen und Süden Deutschlands übergreifen, der die
Tiefdruckrinne und damit auch die feucht-heiße Luft nach Osten schiebt. Die
Rinne ist zum Morgen etwa auf einer Linie Südschweden – Stettiner Haff –
Südwestpolen zu finden. Auf der Nordflanke des Hochkeils wird mit einer
west-südwestlichen Strömung mildere Luft advehiert, in der Westhälfte liegen die
850er Temperaturen zum Morgen schon nur noch bei 10 bis 14°C. Auch wenn das
nördliche Trogresiduum von Benelux her nach Norddeutschland und zur Nordsee
schwenkt, ist der dynamische Hebungsantrieb doch limitiert, was zur Folge hat,
dass die Gewitter in der Nacht teils rasch, teils zögerlich zusammenfallen. Dort
wo die (Unwetter-)Gewitter bis weit in die Nacht hinein anhalten sollen sie
teils verclustern und in ungewittrigen Starkregen übergehen. Insbesondere in den
Ballungsgebieten ist eine Tropennacht zu erwarten.

Am Donnerstag ist der Abtropfprozess abgeschlossen, die Höhenströmung über
Westeuropa glättet durch, allerdings hat sie weiterhin einen deutlich
Erkennbaren zyklonalen „Drive“ mit schwachen kurzwelligen Anteilen. Dazu gesellt
sich eine über dem Norden Deutschlands diffluente Struktur. Da dort, ebenso wie
im Süden, die feucht-heiße Luftmasse nur verzögert ausgeräumt wird (T850 im
Osten und Süden am Tage noch bei 14 bis 17°C), kommt es insbesondere – grob
abgeschätzt – von der Ostsee bis zum Erzgebirge sowie südlich der Maillinie
erneut zu kräftigen Schauern und Gewittern. Unwetter sind dann sicher vereinzelt
wieder mit von der Partie, sie sind aber unwahrscheinlicher als am Vortag. Dies
liegt zum einen an den nur noch im Süden Werte von 1500 J/kg erreichenden
CAPE-Werten, zum anderen aber auch am Feuchtegehalt der Luft, der sich in
PPW-Werten von nur noch 35, im Süden lokal bis 40 mm widerspiegeln. Im Süden und
in der Lausitz werden durchaus nochmal um 32°C als Höchsttemperatur erreicht, in
weiten Teilen des Nordens und Westen sind es dagegen nur noch um 28°C.
In der Nacht zum Freitag bleibt es im Süden und in der Mitte unter
Hochdruckeinfluss trocken (nachdem die letzten Schauer und Gewitter
zusammengefallen sind), in den Norden schiebt sich allerdings schleifend ein
Frontensystem, das vom Emsland über Schleswig-Holstein bis an die
mecklenburgische Küste etwas Regen bringt. Die Tiefstwerte bewegen sich meist um
17°C, im Bergland um 14°C.

Am Freitag bildet sich in der bisher recht glatten und nur schwach zyklonal
gekrümmten Höhenströmung eine markante Achse aus, die vom Seegebiet westlich von
Irland bis nach England und in die nördliche Nordsee vorankommt. Vorderseitig
dieses nunmehr dominanten Troges wird ein Wellentief verstärkt, das von
Nordengland über die Nordsee nach Dänemark zieht. Zwar ist dieses Wellentief
großräumig betrachtet nur ein Randtief des steuernden Zentraltiefs über dem
Nordatlantik, gleichwohl hält es das in der Nacht keck in den Norden
hereinlinsende Frontensystem von einem weiteren Ausgreifen nach Süden ab.
Insofern bleibt es auch am Freitag bei etwas Regen vom Emsland bis zur Ostsee,
ansonsten kann sich allenfalls über dem südlichen Bergland mal ein Schauer oder
Gewitter entwickeln. Da im Süden und Osten kein Luftmassenwechsel stattfindet,
sind dort erneut Temperaturen bis 32°C möglich. Im Nordwesten werden unter
Wolken teils nur um 24°C erreicht.
In der Nacht zum Samstag kommt das Regengebiet, das bis dato vor allem den
Nordwesten und Norden ärgerte, bis in die Mitte voran, da das Wellentief weiter
nach Südschweden zieht und folgerichtig das Frontensystem dann als Kaltfront
nach Süden gedrückt wird. Der Langwellentrog greift auf den Westen über, und mit
dem über Frankreich fallenden Geopotential wird auch das abgetropfte Höhentief
bei den Balearen wieder eingefangen. Mit der Kaltfront sinken die 850er
Temperaturen, an der Nordsee liegen diese am Morgen nur noch um 7°C, im
äußersten Südosten aber weiterhin um 16°C.

Am Samstag kommt die Front weiter in den Süden voran, dabei gerät sie aber mehr
und mehr ins Schleifen, so dass mit ihrer Verlagerung nach Süden spätestens in
der Nacht zum Sonntag etwa im Bereich der Donau Schluss sein sollte. Insofern
bewegen sich am Samstag und Sonntag die 850er Temperaturen im äußersten Süden
auf einem nur mäßig reduzierten Niveau von um die 14°C, während es am
Sonntagmittag an der dänischen Grenze nur noch um 6°C sein sollen. Im
Küstenbereich ziehen, induziert von durchschwenkenden Troganteilen, immer wieder
Wolken durch, die auch etwas Regen bringen können. Im Süden können sich in der
weiterhin feuchten, warmen und labilen Luft Schauer und Gewitter bilden. Im
großen Rest des Landes bleibt es zumeist trocken. Die Höchstwerte werden am
Samstag bei 21 bis 290°C, am Sonntag bei 21 bis 27°C (jeweils Nord nach Süd)
erwartet.

In der erweiterten Mittelfrist ab Montag dominiert Hochdruckeinfluss mit zumeist
freundlichem, sonnigem Wetter.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der aktuelle Lauf des IFS deckt sich bis in den Freitag hinein recht gut mit
seinen Vorläufen. Ab Freitag werden die Modellunterschiede aber größer.
Insbesondere der Langwellentrog über Westeuropa wird nach aktuellem Lauf
deutlich kräftiger ausgeprägt sein als dies die Vorläufe angenommen haben. Damit
greift er weiter nach Süden aus und die Hebungsimpulse auf seiner Vorderseite
sind kräftiger als bei seinen Vorgängern. Mithin ergibt sich daraus auch eine
deutlich südlichere Lage des Wellentiefs, das an der Frontalzone über der
südlichen Nordsee abläuft. Die Lage des Wellentiefs, das im gestrigen
00-UTC-Lauf noch vor der schottischen Nordseeküste liegen sollte, wird nach
jetziger Sicht der Dinge an der Südostküste Irlands verdrahtet, was immerhin
einer Distanz von 800 km entspricht. Aus der Südlicheren Zugbahn resultiert
letztendlich auch, dass der Norden Deutschlands am Freitag etwas Regen
abbekommt, die entsprechenden Feuchteschwerpunkte (rel. Feuchte 700 hPa) waren
in den Vorläufen noch weiter nördlich vorhergesagt worden.

Auch der Blick auf andere Parameter offenbart größere Modellunterschiede. So hat
sich der gestrige 12-UTC-Lauf noch deutlich schwerer damit getan, die heiße Luft
nach Südosten zu schieben. Bei besagtem Lauf verlief die 15°C-Isotherme im 850
hPa-Niveau von der Mitte Deutschlands bis nach Nordostpolen. In dem Bereich
hatte der gestrige 00-UTC-Lauf noch die 10°C-Isotherme verplant, also ein
Unterschied von 5°C. Und der aktuelle Lauf liegt näher am gestrige 00- als am
gestrigen 12-UTC-Lauf, was als Zeichen einer gewissen Unstetigkeit in den
Vorhersagen gewertet werden kann.

Auch mit Blick in die kommende Woche finden die Modelle nicht zusammen.
Immerhin: Den Hochdruckeinfluss, den der aktuelle Modellauf für besagten
Zeitraum anbietet, den hatte auch schon der unmittelbare Vorlauf auf der Agenda.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Das Positive zuerst: Bezüglich des Abdrängens der heißen Luft sind sich die hier
betrachteten Modelle (ICON, IFS, GFS, UK10) einig. Der massive Heißluftbatzen
soll spätestens am Freitag und in der Nacht zum Samstag nach Osten abgedrängt
werden. Dabei liegen die drei externen Modelle mit ihrer Prognose der 850er
Temperasturen über Mitteleuropa in der Nacht zum Freitag in einer sehr engen
Range. Einzig ICON modelliert die Abkühlung zögerlicher. Damit zeigen sich bei
ICON gewisse Ähnlichkeiten zu den IFS Vorläufen. Der Eindruck verstärkt sich
beim Blick auf das Bodendruckfeld. Nach Sichtweise von ICON soll das Wellentief
in der Nacht zu Freitag vor der schottischen Nordseeküste liegen und damit etwa
so positioniert sein, wie die der gestrige 00-UTC-Lauf von IFS berechnet hat.
Aber ICON ist mit dieser Sichtweise nicht allein, auch GFS und UK10 lokalisieren
das Wellentief in ihren aktuellen Läufen dort.

Mal schauen, wer am Ende die Nase vorne hat. Diese Frage stellt sich auch im
Hinblick auf die kommende Woche. Denn die Lösung mit einem kräftigen Hochkeil,
der sich von den Azoren nach Deutschland hineinschiebt, ist international
keineswegs Konsens. Diese von IFS favorisierte Variante deutet auch ICON an, GFS
dagegen ist diesbezüglich zurückhaltender, auch, weil dieses Modell am Sonntag
einen Trog auch Mitteleuropa übergreifen lässt, was natürlich das Ausgreifen
eines Keils zu uns verhindert oder zumindest erschwert.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Für das Zeitfenster +72 bis +96, das den kommenden Mittwoch überdeckt,
simulieren die IFS-Ensembles drei Cluster, die alle durchgängig in der Kategorie
„Blockierung“ liegen. Dies scheint sich mit den angedachten Schwergewittern
nicht zu decken, allerdings wird durchgängig der Keil betont, dessen Achse
östlich von uns liegt und der weit nach Norden ausgreift. Damit liegen wir trotz
Blockierung auf der Vorderseite des westeuropäischen Hochs mit entsprechendem
Gewitterpotential.

Für Donnerstag und Freitag (+120 bis +168 Stunden) steht dann der Wechsel zur
„Positiven NAO“ an, den alle (erneut drei) Cluster mitgehen. Der erste und der
dritte Cluster (20 und 13 Member, deterministischer Lauf und Kontrolllauf in
Cluster 1) gehen sogar noch weiter und wechseln im letzten Zeitschritt zum
„Atlantischen Rücken“, was eine mehr nordwestliche Strömung ergibt. Wie auch
immer: Mit dieser Umstellung wird die Hitze Abgedrängt, und durch die Bank ist
dies die Sichtweise aller Member (siehe Rauchfahnen).

In der ersten Hälfte der kommenden Woche (+192 bis +240h) wieder dann
„Atlantischer Rücken“ und „Positive NAO“ serviert. Damit ist der Hochkeil, den
der deterministische Lauf berechnet, noch nicht in trockenen Tüchern.
Insbesondere die beiden kleinsten der insgesamt vier Cluster mit jeweils 11
Mitgliedern sehen nur einen Keil, der in den Süden gerichtet ist. Für den Norden
sehen diese beiden Cluster eher Tiefdruckeinfluss.

Die IFS-Rauchfahnen zeigen für Offenbach nach dem Maximum am Mittwoch einen
Rückgang der 850er Temperaturen, der, wenn auch unter leichten Schwankungen,
deutlich ausfällt. Am Markantesten ist dabei der Rückgang von 6°C in der Nacht
zum Donnerstag, wenn die Heißluft ausgeräumt wird. Danach geht es insgesamt nur
noch zögerlich abwärts, bevor am Sonntag der Hauptlauf eine Trendumkehr
einläutet, die, wie die deutliche Zunahme der Streuung zeigt, noch keineswegs
als gesichert gelten kann.

Für die kommende Woche stützen die GFS-Rauchfahnen weitgehend die Aussagen der
IFS-Rauchfahnen. Für die übernächste Woche gilt dies nicht. Während der
IFS-Hauptlauf auf steigende Temperaturen setzt und dabei von seinem Ensemble
auch halbherzig unterstützt wird, setzt der GFS-Hauptlauf auf einen
Kälteeinbruch mit nochmals 7°C weniger in 850 hPa (Rückgang von 11°c auf 4°C.
Allerdings: Der GFS-Hauptlauf ist damit in seinem Ensemble selbst der Ausreißer.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

HITZE:
Der EFI deutet für Dienstag, Mittwoch und Donnerstag die oben schon
angesprochene hohe Wärmebelastung ebenfalls an.

COMO-LEPS liefern in den großen Flusstälern des Südwestens und Westens
Wahrscheinlichkeiten von um 50% für mehr als 35°C am Dienstag. In den übrigen
Regionen werden nur lokal Wahrscheinlichkeiten von um die 10% für Temperaturen
über 25°C simuliert, insbesondere im Süden. Am Mittwoch gibt es nur noch
punktuell sehr geringe Wahrscheinlichkeiten für mehr als 35°C.

GEWITTER/STARKREGEN:
Obwohl, wie oben beschrieben, die Zutaten für Schwergewitter am Mittwoch und –
in reduzierter Form – am Donnerstag vorhanden sind, reagieren die Modelle
bezüglich des Starkregens darauf sehr verhalten. Sowohl COSMO-LEPS als auch
ICON-EU und IFS liefern am Mittwoch und Donnerstag nur Wahrscheinlichkeiten von
bis zu 20% für mehr als 20 l/qm in 6 Stunden.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas